J. Gordon Melton

John Gordon Melton (* 19. September 1942 in Birmingham, Alabama) ist ein amerikanischer Religionswissenschaftler. Er ist der Gründungsdirektor des Institute for the Study of American Religion und ist derzeit als Distinguished Professor für amerikanische Religionsgeschichte am Institute for Studies of Religion der Baylor University in Waco, Texas, tätig.[1] Er ist zudem ein ordinierter Pfarrer der United Methodist Church.[2]
Melton ist Autor von über 50 Büchern, darunter mehrere Enzyklopädien, Handbücher und wissenschaftliche Lehrbücher, die sich mit Themen wie amerikanischer Religionsgeschichte, dem Methodismus, Weltreligionen und neuen religiösen Bewegungen befassen.[2] Seine Forschungsgebiete umfassen wichtige religiöse Traditionen, den amerikanischen Methodismus, neue und alternative Religionen, westliche Esoterik (im Volksmund auch als Okkultismus bezeichnet), Parapsychologie, New Age sowie Dracula- und Vampir-Studien.
Frühes Leben und Ausbildung
Melton wurde in Birmingham, Alabama, als Sohn von Burnum Edgar Melton und Inez Parker geboren. Während seines letzten Highschool-Jahres stieß er auf das Buch The Small Sects in America von Elmer T. Clark, was sein Interesse an alternativen Religionen weckte und ihn dazu veranlasste, intensiv zu diesem Thema zu lesen.[3]
Im Jahr 1964 schloss er sein Studium am Birmingham Southern College mit einem Bachelor in Geologie ab. Anschließend schrieb er sich am Garrett-Evangelical Theological Seminary ein, um Theologie und antike Kirchengeschichte zu studieren. Im Jahr 1968 beendete er sein Studium als Jahrgangsbester mit einem Master of Divinity.[2]
Seine erste Ehe ging er 1966 mit Dorothea Dudley ein, die eine Tochter, Melanie, hatte. Die Ehe wurde 1979 geschieden. Seine zweite Ehefrau ist Suzie.[2]
Forschungsschwerpunkte
In seinem Enzyklopädischen Handbuch der Kulte in Amerika traf Melton eine Unterscheidung zwischen der christlichen „Gegenkultbewegung“ und der säkularen „Antikultbewegung“. Als Begründung führte er an, dass beide Bewegungen auf sehr unterschiedlichen Erkenntnistheorien, Motiven und Methoden basieren.[4][5][6] Diese Unterscheidung wurde später auch von Soziologen wie Douglas E. Cowan und Eileen Barker anerkannt.[7][8][9]
Im Jahr 1997 organisierten Melton, Massimo Introvigne und Elizabeth Miller eine Veranstaltung im Westin Hotel in Los Angeles, die rund 1.500 Teilnehmer anzog. Die Veranstaltung umfasste einen Wettbewerb für kreatives Schreiben, Gothic-Rockmusik und Theateraufführungen, wobei einige der Anwesenden als Vampire verkleidet waren.[10]
Aum Shinrikyo-Untersuchung
Im Mai 1995, während der polizeilichen Ermittlungen nach dem Sarin-Anschlag in der Tokioter U-Bahn, kontaktierte die der Tat beschuldigte Gruppe Aum Shinrikyo die amerikanische Organisation AWARE (Association of World Academics for Religious Education), die von dem Religionswissenschaftler James R. Lewis gegründet wurde. Aum Shinrikyo behauptete, dass die Menschenrechte ihrer Mitglieder verletzt würden.[8] Als Reaktion auf diese Behauptungen rekrutierte Lewis den Religionswissenschaftler J. Gordon Melton, den Menschenrechtsanwalt Barry Fisher sowie den Chemieexperten Thomas Banigan. Ihre Reise nach Japan, deren Kosten von Aum Shinrikyo übernommen wurden, wurde mit der Ankündigung verbunden, die Vorwürfe zu untersuchen und die Ergebnisse in Pressekonferenzen zu präsentieren.[11]
In den anschließenden Pressekonferenzen erklärten Fisher und Lewis, dass Aum Shinrikyo das Sarin, mit dem die Angriffe verübt wurden, nicht selbst hergestellt haben könne.[11] Sie gaben an, zu diesem Schluss gekommen zu sein, nachdem sie die von der Gruppe zur Verfügung gestellten Fotos und Dokumente mit ihrem technischen Experten überprüft hatten.[7] Ian Reader, ein Wissenschaftler für japanische Religionen, berichtete in einer detaillierten Analyse des Vorfalls, dass Melton am Ende seines Besuchs von der Beteiligung von Aum überzeugt war.[8]
Der Besuch wurde in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Reader schrieb, dass die Beteiligten ernsthaft über mögliche Bürgerrechtsverletzungen im Zuge der Ermittlungen besorgt gewesen seien. Gleichzeitig stellte er fest, dass der Besuch den Ruf der Beteiligten schädigte und dass sowohl japanische Medien als auch einige Wissenschaftlerkollegen Melton kritisierten. Der kanadische Religionswissenschaftler Stephen A. Kent kritisierte Lewis und Melton ebenfalls und argumentierte, sie hätten den Ruf des gesamten Forschungsbereichs über Neue Religiöse Bewegungen aufs Spiel gesetzt.[8]
Kritik
Meltons wissenschaftliche Arbeiten konzentrieren sich auf die Phänomenologie und nicht auf die Theologie der NRMs. Einige christliche Anti-Kultisten kritisieren Melton dafür, dass er die Gruppen, über die er berichtet, nicht aus evangelikaler Perspektive kritisiert. Sie argumentieren, dass sein Versäumnis, dies zu tun, unvereinbar mit seinen Aussagen zum erklärten Evangelikalismus sei. Einige säkulare Anti-Kultisten, die neue religiöse Bewegungen für gefährlich halten und der Meinung sind, dass Wissenschaftler aktiv gegen sie vorgehen sollten, haben ihn ebenfalls kritisiert.[12] Stephen A. Kent und Theresa Krebs beispielsweise charakterisierten Gordon Melton, James R. Lewis und Anson D. Shupe als voreingenommen gegenüber den Gruppen, die sie untersuchen.[13]
Ebenso hat Perry Bulwer, B.A., LLB. Meltons Forschung zu The Family International als „unzuverlässig“ bezeichnet und behauptet, er sei voreingenommen und unterstütze die NRM.[13]
Die wissenschaftlichen Arbeiten von J. Gordon Melton konzentrieren sich auf die Phänomenologie und nicht auf die Theologie neuer religiöser Bewegungen (NRMs).[14]
Einige christliche sogenannte „Anti-Kultisten“ haben Melton dafür kritisiert, dass er die Gruppen, über die er berichtet, nicht aus einer evangelikalen Perspektive bewertet. Sie argumentieren, dass sein Verzicht auf eine solche Kritik unvereinbar mit seinen Aussagen zum erklärten Evangelikalismus sei. Auch einige säkulare Kritiker, die neue religiöse Bewegungen für gefährlich halten und der Ansicht sind, dass Wissenschaftler aktiv gegen sie vorgehen sollten, haben ihn kritisiert. So charakterisierten beispielsweise Stephen A. Kent und Theresa Krebs Melton, James R. Lewis und Anson D. Shupe als voreingenommen gegenüber den von ihnen untersuchten Gruppen.[13]
Ebenso bezeichnete Perry Bulwer, B.A., LLB., Meltons Forschung zur Gruppe The Family International als „unzuverlässig“ und behauptete, Melton sei voreingenommen und unterstütze die NRM.[15]
Publikationen
- John Gordon Melton: Log cabins to steeples; the complete story of the United Methodist way in Illinois, including all constituent elements of the United Methodist Church. 1974. 417 S. OCLC 995675
- John Gordon Melton: A Directory of Religious Bodies in the United States, A Directory. Routledge, 1. Februar 1992, 326 S. ISBN 978-0-8153-0806-5
- Karl Pruter: An Old Catholic Sourcebook, (Garland Reference Library of Social Science). 1. Auflage, 1. Juli 1983, Garland Science, 265 S. ISBN 978-0-8240-9111-8
- John Gordon Melton: An Open Letter Concerning the Local Church, Witness Lee and The God-Men Controversy. The Institute for the Study of American Religion, 1985, 28 S. OCLC 486014248
- John Gordon Melton: Magic, witchcraft, and paganism in America, A bibliography, compiled from the files of the Institute for the Study of American Religion, Garland Publ.,1982, 231 S. ISBN 978-0-8240-9377-8
- John Gordon Melton, Robert L. Moore: The Cult Experience: Responding to the New Religious Pluralism. Pilgrim Press, 1. Januar 1982, 180 S. ISBN 978-0-8298-0619-9
- John Gordon Melton, Ronald M. Enroth: Why Cults Succeed Where The Church Fails. Brethren Press, 1.1.1985, 227 S. ISBN 978-0-87178-932-7
- J. Gordon Melton: Biographical Dictionary of American Cult and Sect Leaders. Garland Publishing Inc, 1. April 1986, 366 S. ISBN 978-0-8240-9037-1
- John Gordon Melton: The Encyclopedia of American Religions: Religious Creeds: A Compilation of More Than 450 Creeds, Confessions, Statements of Faith, and Summaries of Doctrine of Religious and Spiritual Groups in the United States and Canada. Vol. 1–2. (Detroit, Mi: Gale Research, 1988; republished in three volumes, New York: Triumph Books, 1991).[4][5][6]
- John Gordon Melton, Jerome Clark, Aidan Kelly :New Age Almanac, (Detroit, Mi: Visible Ink, 1991). Visible Ink Press, 1.01.1991, 500 S. ISBN 978-0-8103-9402-5
- John Gordon Melton, James R. Lewis: Perspectives on the New Age. State University of New York Press, 3. November 1992, 384 S. ISBN 978-0-7914-1214-5
- Michael A. Koszegi, John Gordon Melton: Islam in North America, A Sourcebook. Routledge, 12. Januar 2017, 423 S. ISBN 978-1-351-97253-6
- James R. Lewis, John Gordon Melton: Sex, Slander, and Salvation: Investigating The Family/Children of God. Center for Academic Publication, 1. Januar 1994, 288 S. ISBN 978-0-9639501-2-3
- John Gordon Melton: Encyclopedia of Occultism and Parapsychology. 4. Auflage, Gale / Cengage Learning, 1. Januar 1996, ISBN 978-0-8103-5487-6
- John Gordon Melton, Phillip Charles Lucas, Jon R. Stone: Prime-Time Religion: An Encyclopedia of Religious Broadcasting. Greenwood, 16. Januar 1997, 432 S. ISBN 978-0-387-52748-2
- John Gordon Melton: Finding Enlightenment: Ramtha's School of Ancient Wisdom, Atria Books/Beyond Words, 1. Februar 1998, 232 S. ISBN 978-1-885223-61-6
- John Gordon Melton: American Religions: An Illustrated History. ABC-Clio, 8. Dezember 2000. 324 S. ISBN 978-1-57607-222-6
- John Gordon Melton: The Church of Scientology, Studies in Contemporary Religions, 1. Serie, Signature Books, 2000, 80 S. ISBN 978-1-56085-139-4
- John Gordon Melton: The Vampire Book,The Encyclopedia of the Undead. Visible Ink Press, 1999, 919 S. ISBN 978-1-57859-071-1
- David G. Bromley, John Gordon Melton: Cults, Religion, and Violence, Cambridge University Press, 13. Mai 2002, 249 S. ISBN 978-0-521-66898-9
- James A. Beckford, James T. Richardson: Challenging Religion. Taylor & Francis, 2. September 2003, S. 93 The counter-cult monitoring movement in historical perspective, 282 S. ISBN 978-1-134-39204-9
- John Gordon Melton: The Vampire Almanac, The Complete History, Visible Ink Press, 737 S. ISBN 978-1-57859-754-3
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ American Religions Collection. In: UCSB Library. 23. August 2013, abgerufen am 15. November 2024 (englisch).
- ↑ a b c d J. Gordon Melton (retired). In: Baylor University. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 8. August 2025; abgerufen am 5. September 2025 (englisch).
- ↑ J. Gordon Melton: Finding Enlightenment: Ramtha's School of Ancient Wisdom. Hrsg.: Atria Books/Beyond Words. 1998, ISBN 1-885223-61-7 (englisch, 232 S.).
- ↑ a b J. Gordon Melton: Encyclopedia of American religions: A comprehensive study of the major religious groups in the United States. Hrsg.: Triumph Books. Volume, Nr. 1, 1991, ISBN 0-8007-3025-9 (englisch).
- ↑ a b J. Gordon Melton: Encyclopedia of American Religions Vol. 1 : A Comprehensive Study of the Major Religious Groups in the United States and Canada. Volume, Nr. 3. Triumph Books, 1991, ISBN 0-8007-3026-7.
- ↑ a b J. Gordon Melton: Encyclopedia of American Religions Vol. 1 : A Comprehensive Study of the Major Religious Groups in the United States and Canada. Volume, Nr. 2, 1991, ISBN 0-8007-3027-5 (englisch).
- ↑ a b Teresa Watanabe: Alleged Persecution of Cult Investigated: Japan: U.S. activists visit Tokyo. They're concerned about treatment of sect suspected in subway attack In: Los Angeles Times, 6. Mai 1995. Abgerufen am 6. September 2025 (englisch).
- ↑ a b c d Ian Reader: Scholarship, Aum Shinrikyo, and Academic Integrity. In: Nova Religio. 3. Jahrgang, Nr. 2, April 2000, ISSN 1092-6690, S. 368-82, doi:10.1525/nr.2000.3.2.368 (englisch).
- ↑ Douglas E. Cowan: Bearing False Witness?: An Introduction to the Christian Countercult. Hrsg.: Praeger. 2003, ISBN 0-275-97459-6 (englisch, 272 S.).
- ↑ Carol Bidwell: Coffin Break to Vampires Everywhere, Fangs for the Memories, 23. Juli 1997 (englisch).
- ↑ a b T.R. Reid: Tokyo Cult Finds an Unlikely Supporter. In: Cult Education Institute. 5. Mai 1995, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Januar 2025; abgerufen am 6. September 2025 (englisch).
- ↑ Don Lattin: Combatants in Cult War Attempt Reconciliation / Peacemaking conference is held near Seattle In: San Francisco Chronicle, 1. Mai 2000. Abgerufen am 4. Oktober 2013 (englisch).
- ↑ a b c STEPHEN A. KENT, THERESA KREBS: CLARIFYING CONTENTIOUS ISSUES. (PDF) In: Skeptic. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. August 2025; abgerufen am 8. September 2025 (englisch).
- ↑ J. Gordon Melton, Martin Baumann (Hrsg.): Religions of the World. 6 Volumes, A Comprehensive Encyclopedia of Beliefs and Practices. 2010, ISBN 978-1-59884-203-6 (englisch, 3200 S.).
- ↑ ICSA Articles 1 – A Response to James D. Chancellor’s Life in The Family An Oral History of the Children of God. In: articles1.icsahome.com. Abgerufen am 13. Mai 2025 (englisch).