Jüdischer Friedhof (Roth)



Der Jüdische Friedhof Roth ist ein jüdischer Friedhof in Roth, einem Ortsteil der Gemeinde Weimar im Landkreis Marburg-Biedenkopf in Hessen. Er liegt, von weitem sichtbar, auf dem sogenannten „Geiersberg“, etwa 200 Meter südlich des Ortes, und ist über die Geiersbergstraße und landwirtschaftliche Wege erreichbar. Der Friedhof ist ein geschütztes Kulturdenkmal.
Geschichte
Juden sind in Roth seit dem Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar. 1737 lebten 13 jüdische Familien mit 54 Personen im Dorf. Die jüdische Gemeinde hatte eine Synagoge und eine jüdische Schule. Der jüdische Friedhof wurde bereits auf dem Grundriss vom Schenckischen Gericht Eigen von 1766/67 als „Judenbegräbnis“ erwähnt.[1] Bis 1814 wurde er auch von der jüdischen Gemeinde in Lohra genutzt. Die jüdische Gemeinde Fronhausen bestattete ihre Toten ebenfalls auf dem Friedhof, bis sie 1873 eine eigene Begräbnisstätte anlegte. 1939 fand die letzte Bestattung statt. 1940 wurde der Friedhof geschlossen. Im Sommer 1941 wurden ca. 20 jüdische Bürgerinnen und Bürger aus Neustadt bei den noch in Roth verbliebenen jüdischen Familien Bergenstein, Höchster, Nathan und Stern zwangsweise einquartiert. Am 8. Dezember 1941 bzw. am 6. September 1942 wurden dann alle ins Ghetto Riga bzw. Ghetto Theresienstadt verschleppt. Von allen überlebte nur Karl Stern.[2][3] 1945 wurde auf Wunsch eines jüdischen amerikanischen Offiziers der Friedhof wieder in Ordnung gebracht.
Der Friedhof hatte eine Fläche von 25 Ar, von denen 1942 unbelegte 16 Ar an zwei Anlieger verkauft wurden. Die heute Fläche beträgt 891 Quadratmeter. Heute befinden sich auf dem Friedhof noch 43 Grabsteine.[4]
Im Juni 1984 wurde von Herbert und Walter Roth aus den USA ein Gedenkstein für ermordete Juden aus Roth gestiftet. Er trägt auf der Vorderseite die deutsche Inschrift: ZUM GEDENKEN AN UNSERE ELTERN UND GESCHWISTER DIE VON 1941-1945 AUS ROTH VERSCHLEPPT, UND IM OSTEN ERMORDET WURDEN. STERN BERTHA GEB. 1869, LOUIS GEB. 1894, HUGO GEB. 1896, HÖCHSTER HERMAN GEB. 1881, BERTHA GEB. 1889, ILSE GEB. 1922, HELMUTH GEB. 1927 ... UND ALLER WEITERER OPFER DER JÜD. GEMEINDE ROTH. GEWIDMET VON HERBERT U. WALTER ROTH USA.[5]
Im Januar 2012 wurde der Friedhof geschändet. Die Tat hatte einen faschistischen und antisemitischen Hintergrund, denn die Täter warfen vier Grabsteine um, besprühten 16 Steine mit lila Farbe und hinterließen auf einem davon ein Hakenkreuz. Auf Initiative des Arbeitskreises Landsynagoge Roth fand am 15. Januar 2012 am Friedhof eine Mahnwache statt, bei der der Friedhof mit einer Menschenkette umschlossen wurde.[6][7]
Literatur
- Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Band 3: Ochtrup – Zwittau. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08079-6 (Online-Version).
- Barbara Wagner, Dieter Bertram, Friedrich Damrath, Friedemann Wagner: Die jüdischen Friedhöfe und Familien in Fronhausen, Lohra, Roth. Marburg 2009. [nicht ausgewertet]
- Herbert Kosog: Die Juden von Roth. Leicht gekürzte und um eine Nachbemerkung von Dietmar Haubfleisch erweiterte Fassung des zuerst in: Heimatwelt. Aus Vergangenheit und Gegenwart. Hrsg. von der Gemeindeverwaltung Weimar, 5. Heft, Weimar 1979, S. 11–21 erschienenen Aufsatzes: Marburg 1998: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1998/0012.html
Weblinks
- Jüdischer Friedhof Roth. (mit vielen Fotos). In: Alemannia Judaica. 22. Mai 2016, abgerufen am 11. Februar 2025.
- Roth (Weimar), Jüdischer Friedhof. Jüdische Friedhöfe in Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- ↑ HStAM, Karten, P II 8711, Blatt 8
- ↑ Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Band 3: Ochtrup – Zwittau. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-08079-6 (Online-Version).
- ↑ Gedenkbänder für die Deportationen auf Gleis 8 Hbf Marburg. In: www.marburg.de. Abgerufen am 7. Februar 2025.
- ↑ Liste der Grabstätten (Lagis)
- ↑ „Gedenkstein für ermordete Juden aus Roth, gesetzt 1984 – Roth (Lahn)“, in: Jüdische Grabstätten (Lagis)
- ↑ Jüdische Gräber geschändet ( vom 15. Januar 2012 im Internet Archive)
- ↑ Mahnwache anlässlich der Schändung des Jüdischen Friedhofs in Weimar-Roth, myheimat, 15. Januar 2012. Abgerufen am 25. Juni 2021.
Koordinaten: 50° 43′ 14,4″ N, 8° 43′ 25,8″ O
