Die Inzidenzalgebra einer Halbordnung wurde 1964 von Gian-Carlo Rota zur Untersuchung kombinatorischer Sachverhalte eingeführt.
Sei
eine partiell geordnete Menge (d. h., eine Menge mit einer Halbordnung). Die Inzidenzalgebra
ist wie folgt definiert:

Die Addition in
ist punktweise definiert, während die Multiplikation durch eine Faltung gegeben ist:

Da die zugrunde liegende partiell geordnete Menge voraussetzungsgemäß lokal endlich ist, ist diese Summe endlich.
Eigenschaften
Die algebraische Struktur
ist eine assoziative Algebra über dem Körper der reellen Zahlen. Sie besitzt ein Einselement, nämlich

Rota definiert außerdem die Zeta-Funktion der Halbordnung,

sowie die Inzidenzfunktion durch
Die Zeta-Funktion ist in
invertierbar, ihre Inverse
ist induktiv wie folgt definiert:

Diese Funktionen erfüllen die Gleichung
.
Nimmt man für
die Menge der natürlichen Zahlen und die sich durch die Teilbarkeitsrelation ergebende Halbordnung, so besteht folgender Zusammenhang zwischen dieser Funktion
und der klassischen Möbius-Funktion
:

Offenbar aus diesem Grund nennt Rota diese Funktion
die Möbius-Funktion der Halbordnung.
Die Gleichung
führt zu folgender Verallgemeinerung der möbiusschen Umkehrformel:
Seien
eine lokal endliche Halbordnung,
eine reellwertige (oder komplexwertige) Funktion auf
und
ein Element mit
für
. Angenommen,

dann gilt

Weitere Eigenschaften der μ-Funktion
Rota beweist in der zitierten Arbeit noch einige weitere Eigenschaften seiner μ-Funktion:
Dualität
Ist
die zu
duale Halbordnung (sie entsteht durch Umkehrung der Ordnungsrelation), dann gilt

Segmentbildung
Betrachtet man ein Intervall
als eigene Halbordnung, so ist deren μ-Funktion gleich der Einschränkung der μ-Funktion von
auf dieses Intervall.
Direktes Produkt
Sind
und
zwei Halbordnungen, so ist ihr direktes Produkt die Menge
mit der Halbordnung

Die μ-Funktion des direkten Produkts ergibt sich aus den einzelnen μ-Funktionen wie folgt:

Beziehung zum Prinzip von Inklusion und Exklusion
Die Potenzmenge
einer endlichen Menge
ist, mit der Teilmengenbeziehung als Relation, eine Halbordnung. Deren μ-Funktion ist
,
wobei
die Anzahl der Elemente von
bezeichnet. Ansonsten ist
.
Aus diesem Satz ergibt sich das Prinzip von Inklusion und Exklusion.
Literatur
- Gian-Carlo Rota: On the Foundations of Combinatorial Theory I: Theory of Möbius Functions. In: Zeitschrift für Wahrscheinlichkeitstheorie und Verwandte Gebiete. Vol. 2, 1964, S. 340–368, doi:10.1007/BF00531932.