Internationaler Kongress für Lutherforschung
Der Internationale Kongress für Lutherforschung ist eine Kongressreihe, die seit 1956 alle 4 bis 6 Jahre in wechselnden Orten weltweit stattfindet und sich der Erforschung von Leben, Theologie und Wirkung Martin Luthers widmet.
Der erste Kongress versammelte protestantische Forscher aus Europa und den USA zum Austausch von Erkenntnissen und Lehrmeinungen. Initiatoren waren Vilmos Vajta (1918–1998) und Regin Prenter, der damalige Direktor der theologischen Abteilung und der Vorsitzende der Theologischen Kommission des Lutherischer Weltbundes. Seit 1966 nehmen auch römisch-katholische Forscher an den Kongressen teil, seit 1971 werden Forschungsgruppen zu speziellen Fragestellungen gebildet. Spätere Kongresse beschäftigten sich beispielsweise mit Luthers Verhältnis zu Melanchton, seiner Haltung zum Mystizismus, zur Heiligenverehrung sowie zur Moderne und modernen Theologie.[1] Laut dem Lutherforscher Eric W. Gritsch widmete sich der Kongress seit seiner Gründung 1956 „praktisch jedem Thema in Lesungen und Seminaren, mit Ausnahme der Frage Martin Luther und die Juden‘“.[2] Besondere Beachtung fand der in Kooperation von Staat und evangelischen ausgerichtete Kongress in Erfurt anlässlich des 500. Geburtstags Luthers im Jahr 1983. Dorothea Wendebourg bezeichnete ihn als „die größte und freieste, auch am stärksten internationale Konferenz in der Geschichte der DDR“[3]; Karl-Heinz zur Mühlen als „das zentrale Ereignis der Internationalen Lutherforschung“.[4] Am Kongress in Lutherstadt Wittenberg im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 nahmen 120 Wissenschaftler unter der Schirmherrschaft der Bundesforschungsministerin Johanna Wanka teil.[5]
| Jahr | Kongressort | Dokumentation | |
|---|---|---|---|
| 1956 | Aarhus, Dänemark | Lutherforschung heute | Lutherforschung heute. Referat und Berichte des 1. Internationalen Lutherforschungskongresses Aarhus, 18.-23. August 1956. Lutherisches Verlagshaus, Berlin 1958 |
| 1960 | Münster, Westfalen | Luther und Melanchthon | Luther und Melanchthon. Referate und Berichte des 2. Internationalen Kongresses für Lutherforschung, Münster, 8.-13. August 1960. Göttingen 1961 |
| 1966 | Järvenpää, Schweden | Kirche, Mystik, Heiligung und das Natürliche bei Luther | Kirche, Mystik, Heiligung und das Natürliche bei Luther. Vorträge des 3. Internationalen Kongresses für Lutherforschung, Järvenpää, Finnland 11.-16. August 1966. Göttingen 1967 |
| 1971 | St. Louis, Missouri | Luther und der Aufbruch der Moderne | Luther and the Dawn of the Modern Era: Papers for the 4. International Congress for Luther Research, Saint Louis, Missouri, August 22-27, 1971. Leiden 1974 |
| 1977 | Lund, Schweden | Luther und die Theologie der Gegenwart | Luther und die Theologie der Gegenwart. Referate und Berichte des 5. Internationalen Kongresses für Lutherforschung, Lund, Schweden, 14.-20. August 1977. Göttingen 1980 |
| 1983 | Erfurt, Deutsche Demokratische Republik | Martin Luther 1483–1983: Werk und Wirkung | Lutherjahrbuch 52, 1985 |
| 1988 | Oslo, Norwegen | Luthers Theologie als Weltverantwortung: Absichten und Wirkungen | Lutherjahrbuch 57, 1990 |
| 1993 | Saint Paul, Minnesota | Befreiung und Freiheit: Martin Luthers Beitrag | Lutherjahrbuch 62, 1995 |
| 1997 | Heidelberg, Deutschland | Glaube und Bildung | Lutherjahrbuch 66, 1999 |
| 2002 | Kopenhagen, Dänemark | Luther nach 1530 – Theologie, Kirche und Politik | Lutherjahrbuch 71, 2004 |
| 2007 | Capão da Canoa, Brasilien | Luthers Ethik: Christliches Leben in ecclesia, oeconomia, politia | Lutherjahrbuch 76, 2009 |
| 2012 | Helsinki, Finnland | Luther als Lehrer und Reformer der Universität | Lutherjahrbuch 80, 2013 |
| 2017 | Lutherstadt Wittenberg, Deutschland | 1517. Luther zwischen Tradition und Erneuerung | Lutherjahrbuch 85, 2018 |
| 2022 | Thousand Oaks, Kalifornien | Wort und Welt | Lutherjahrbuch 90, 2023 |
| 2026 | Aarhus, Dänemark | Veni Creator Spiritus. Vertrauen und Zukunft[6] |
Dem ständigen Komitee des Kongresses gehören an (Stand 2025): Volker Leppin (Vorsitzender), Armin Kohnle, Christopher Spehr (alle Deutschland), Mary Jane Haemig, Erik Herrmann, Mark Mattes (alle USA), Marius T. Mjaaland (Norwegen), Sini Mikkola (Finnland), Anna Vind (Dänemark) und Claus Schwambach (Brasilien).[7]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Eric W. Gritsch: Martin - God's Court Jester: Luther in Retrospect. Wipf and Stock Publishers, 2009, S. 201–211
- ↑ Eric W. Gritsch: Martin Luther's Anti-Semitism: Against His Better Judgment. Wm. B. Eerdmans Publishing, 2012, ix
- ↑ Dorothea Wendebourg: Doppelte Konkurrenz – die Reformationsjubiläen in der Zeit der deutschen Teilung. In: Deutschland Archiv, 27. Oktober 2017 (Link).
- ↑ Karl-Heinz zur Mühlen: Das Lutherjahr 1983 und die Lutherforschung. In: Verkündigung und Forschung 34, 1989, Heft 2, S. 22.
- ↑ Kongress „Kulturelle Wirkungen der Reformation“ in Wittenberg beendet auf der Website www.luther2017.de.
- ↑ Website des Kongresses 2026.
- ↑ Die Organisation des Lutherkongresses auf der Website der Luther-Gesellschaft, abgerufen am 11. September 2025.