Infanterie-Regiment „von Manstein“ (Schleswigsches) Nr. 84

Infanterie-Regiment „von Manstein“ (Schleswigsches) Nr. 84

Aktiv 2. Oktober 1866 bis Januar 1919
Staat Peußen
Truppengattung Infanterie
Unterstellung IX. Armee-Korps
Ehemalige Standorte Schleswig, Landeshauptstadt der Provinz Schleswig-Holstein, und Hadersleben

Das Infanterie-Regiment „von Manstein“ (Schleswigsches) Nr. 84 war ein von 1866 bis 1919 bestehender Infanterieverband der preußischen Armee. Es entstand nach der Eroberung des Herzogtums Schleswig im Deutsch-Dänischen Krieg und der Annexion des ehemaligen Herzogtums durch Preußen im Jahr 1866.

Geschichte

Der Verband wurde durch Kabinettsorder (A.K.O.) vom 27. September 1866 (Stiftungstag) zum 30. Oktober 1866 als Infanterie-Regiment Nr. 84 in Neiße mit drei Bataillonen errichtet. Dazu gaben die Infanterie-Regimenter Nr. 22 und 62 jeweils ihrer 13., 14., 15. Kompanie; das Infanterie-Regiment Nr. 63 seine 2. 14 und 15. Kompanie sowie das Infanterie-Regiment Nr. 23 seine 1., 14. und 15. Kompanie ab.

Ab dem 7. November 1867 führte der Verband den Namen Schleswigsches Infanterie-Regiment Nr. 84. Durch seine Stationierung im ehemaligen Herzogtum und den beigefügten Namen ist das Regiment mit der Geschichte der Region Schleswig-Holstein und mit Nordschleswig verbunden. Besondere Bedeutung hat das Regiment in den Ortsgeschichten der Garnisonsstädte Flensburg und Schleswig, die bis heute in Deutschland liegen, sowie Apenrade und Hadersleben im heutigen Dänemark. Zeitweise waren viele der Einwohner für das Regiment tätig; dementsprechend hoch war die Bedeutung der militärischen Infrastruktur für diese Orte.

Besonders im Norden Schleswigs war die Bevölkerung vielfach dänisch gesinnt, weshalb sich die Stadtväter von der Stationierung preußischer Soldaten neben den wirtschaftlichen Vorteilen auch eine disziplinierende und national einbindende Wirkung erhofften. Schon im Juli 1871 wandte sich der Stadtrat von Hadersleben, wo seit 1866 bis zum Deutsch-Französischen Krieg zwei Eskadronen des Dragoner-Regiments Nr. 6 in Garnison lagen,[1] an das Kriegsministerium, um den Bau einer Kaserne in der Stadt vorzuschlagen. Ab 1873 wurde die Verlegung eines Infanterie-Bataillons in die Stadt diskutiert. Nach anfänglichen Problemen mit der Finanzierung und der Suche nach einem geeigneten Bauplatz wurde der Bau der Kaserne und die Verlegung des Apenrader Bataillons nach Hadersleben 1879 im Berliner Ministerium beschlossen und nach langwierigen Diskussionen gegen heftigen Widerstand der Interessenvertreter des konkurrierenden Garnisonsorts Apenrade, die mit Paul Gottburgsen im Reichstag vertreten waren, im Januar 1885 auch vom Reichstag bewilligt.[2] Nach dem Bau der großen Infanterie-Kaserne zog das II. Bataillon des Regiments, das im Wesentlichen aus einheimischen Nordschleswigern bestand, 1888 von Apenrade nach Hadersleben um.[3]

Zum 1. April 1887 kam es zu einer Bereinigung der Aufstellung: Abgabe der 6. Kompanie an das Infanterie-Regiment Nr. 129, der 5. Kompanie an das Infanterie-Regiment Nr. 137. Am 10. Oktober wurde ein IV. Halb-Bataillon errichtet, welches zum 1. April 1887 an das Infanterie-Regiment Nr. 163 abgeben wurde.[4]

Der frisch auf den Thron gelangte Kaiser Wilhelm II. bestimmte, dass der Verband ab dem 27. Januar 1889, seinem ersten Kaisergeburtstag, den Namen Infanterie-Regiment „von Manstein“ (Schleswigsches) Nr. 84 zu führen hatte. Gustav von Manstein war ein preußischer General, der für seine Rolle bei der Erstürmung der Düppeler Schanzen im Deutsch-Dänischen Krieg bekannt geworden und von 1868 bis zu seinem Tod 1877 Chef des Regiments gewesen war.

Garnison

Garnison Schloss Gottorf (Stich von 1864)
1885–88 erbaute Kaserne aus rotem Backstein in Hadersleben (um 1900)
  • 1866: Flensburg (Lage) und Schloss Gottorf in Schleswig (Lage)
  • 1867: Flensburg, Schleswig und Apenrade (Lage)
  • 1871: Schleswig, Flensburg und Apenrade
  • 1888: Schleswig, Flensburg und Hadersleben (II. Bataillon)(Lage)
  • 1891: Schleswig (I., III. Bataillon) und Hadersleben

Deutsch-Französischer Krieg

Erster Weltkrieg

Das Regiment machte am 2. August 1914 mobil, wurde am 8. August verladen und erreichte den Kriegsschauplatz in Belgien erst am 11. August 1914, wo es in der Schlussphase an der Eroberung von Lüttich mitwirkte. Es folgte der Vormarsch durch Belgien und Frankreich, wo das Regiment als Teil des IX. Armeekorps in der Schlacht bei Mons erstmals auf Engländer traf und danach unter anderem an der Schlacht an der Marne und dem anschließenden Rückzug und beginnenden Stellungskrieg teilnahm. Im Januar und Februar 1915 wurde das II. Bataillon in den schweren Kämpfen auf dem Berg Hartmannswillerkopf in den Vogesen eingesetzt. Nach einer Ruhe- und Ausbildungszeit zwischen dem 9. und 26. März in Guise an der Aisne wechselte das Regiment von der 18. zur neu gebildeten 54. Infanterie-Division und besetzte vom 30. März bis 13. Juli 1915 die nach dem Ende der ersten Schlacht in der Champagne ausgedünnten deutschen Stellungen der Champagne-Front. Schon zu dieser Zeit mussten Urlaubssperren verhängt werden, nachdem mehrfach Angehörige des Regiments den Heimaturlaub in Nordschleswig zur Desertion genutzt hatten und nach Dänemark ausgewichen waren.[5] In den Stellungskämpfen in der Champagne kamen die Schleswiger mit ersten Formen des Minenkriegs im Ersten Weltkrieg in Berührung,[6] wie sie ihn später in der Flandernschlacht 1917 erneut erlebten. Nach einer Erholungspause vom 14. bis 21. Juli 1915 verlegte das Regiment an die Ostfront nach Polen. Dort wurde es in der Zeit vom 24. Juli bis zum 19. September als Teil der Armeegruppe Gallwitz in der Narew-Offensive eingesetzt und nahm am anschließenden Vormarsch in Weißrussland an die Beresina teil. Die Rückverlegung nach Frankreich erfolgte zum Monatswechsel September/Oktober 1915. Dort blieb das Regiment bis Kriegsende im Einsatz und kämpfte 1916 zunächst an der Aisne und dann ab März in der Schlacht um Verdun, wo es bis November 1916 blieb. 1917 war es erneut in der Champagne eingesetzt und nahm an der Sommerschlacht in Flandern und der Schlacht von Cambrai teil. 1918 kämpfte das Regiment in der Frühjahrsoffensive und wurde anschließend während des Rückzugs vor allem als Reserve- und Eingreiftruppe verwendet. Insgesamt hatte es sehr hohe Verluste von 3.489 Soldaten zu beklagen.[3][7]

Während des Ersten Weltkriegs hatten die 84er ein Rekrutierungsbüro in der Garnison des Infanterie-Regiments „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 in Lübeck, wo Kriegsfreiwillige angeworben wurden.

Verbleib

Noch am Tage des Waffenstillstands trat das Regiment den Rückmarsch in die Heimat an. Am 12. November 1918 wurde das II. mit dem III. Bataillon verschmolzen und hörte auf zu bestehen. Die beiden verbliebenen Bataillone trafen am 6./7. Januar 1919 in Schleswig ein, wo das Regiment am 8. Januar demobilisiert und schließlich aufgelöst wurde. Aus Teilen bildete sich im Januar und Februar 1919 die 1. Freiwilligen-Kompanie des Freikorps Schleswig-Holstein, die im Juni 1919 in das II. Bataillon des Reichswehr-Infanterie-Regiments 18 integriert wurde.[8][9]

Die Tradition übernahm in der Reichswehr durch Erlass des Chefs der Heeresleitung, General der Infanterie Hans von Seeckt, vom 24. August 1921 die 7. Kompanie des 6. Infanterie-Regiments in Eutin.

Organisation

Fahnen des Infanterie-Regiments Nr. 84

Unterstellung

Abtretungen

  • Am gab zum 1. April 1897 sein Halbbataillon zur Gründung des Infanterie-Regiments Nr. 163 ab
  • Am 1. Oktober 1912 trat das Regiment eine Kompanie zur Bildung des vorläufig im Lockstedter Lager lagernde III. Bataillons des Schleswig-Holsteinischen Infanterie-Regiments Nr. 163 in Heide ab.
  • Am 1. Oktober 1913 wurde eine Kompanie zur Bildung des III. Bataillons des Infanterie-Regiments „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162 in Eutin abgegeben.

Regimentschef

General von Manstein

Einziger Regimentschef war vom 19. Juni 1868 bis zu seinem Tod der General der Infanterie Gustav von Manstein.

Kommandeure

Dienstgrad Name Datum[10]
Oberstleutnant/Oberst Fedor von Winckler 30. Oktober 1866 bis 19. September 1870
Oberstleutnant/Oberst Rudolf von Kittlitz 20. September 1870 bis 10. März 1876
Oberstleutnant/Oberst Heinrich von Hesse 11. März bis 17. Mai 1876 (mit der Führung beauftragt)
Oberst Heinrich von Hesse 18. Mai 1876 bis 13. September 1880
Oberst Gustav von Henning auf Schönhoff 23. September 1880 bis 11. März 1881 (mit der Führung beauftragt)
Oberst Gustav von Henning auf Schönhoff 12. März 1881 bis 17. November 1886
Oberst Friedrich Girschner 18. November 1886 bis 23. März 1890
Oberst Alfred Brausewetter 24. März 1890 bis 16. Juni 1893
Oberst Hermann Pachur 17. Juni 1893 bis 21. März 1897
Oberst Wilhelm Rasmus 22. März 1897 bis 24. November 1898
Oberst Louis Witzell 25. November 1898 bis 21. April 1902
Oberst Eugen Gerstenberg 22. April 1902 bis 17. Juni 1903
Oberst Georg von Doemming 18. Juni 1903 bis 21. April 1905
Oberst Hans Engelbrecht 22. April 1905 bis 15. Februar 1907
Oberst August Isbert 16. Februar 1907 bis 26. Januar 1911
Oberst Karl Stenger 27. Januar 1911 bis 30. September 1913
Oberst Friedrich von Amelunxen 01. Oktober 1913 bis 17. Oktober 1914
Oberstleutnant Albrecht von Koeller 21. Oktober 1914 bis 23. August 1915
Oberstleutnant Hermann Delius 24. August 1915 bis 1916
Major Schultz 1916
Major Viktor von der Dollen 04. März bis 19. August 1918
Oberstleutnant Viktor von Forstner 20. August 1918 bis 19. Januar 1919
Oberst Otto von Ledebur 20. Januar 1919 bis Auflösung

Vereine

  • Verein ehemaliger 84er, Regiment von Manstein, für Lübeck und Umgegend

Literatur

  • Paul von Abel: Stammliste der Königlich Preußischen Armee. Salzwasser Verlag, Paderborn 2013, ISBN 978-3-7340-0012-6, S. 125–126 (Textarchiv – Internet Archive – Reprint der 1905 bei E.S. Mittler und Sohn in Berlin erschienenen Ausgabe).
  • Bode, Pohl: Geschichte des Infanterie-Regiments von Manstein (Schleswigsches) Nr. 84. Mittler & Sohn, Berlin 1906, DNB 572439547.
  • von Gusman, Wilhelm du Plat: Geschichte des Schleswigschen Infanterie-Regiments Nr. 84. Berlin 1884.
  • Hülsemann: Geschichte des Infanterie-Regiments von Manstein (Schleswigsches) Nr. 84. 1914–1918. In: Einzeldarstellungen von Frontkämpfern. Band 1 (1. und 2 Folge). Hamburg 1929, OCLC 256308122.
  • Hülsemann: Geschichte des Infanterie-Regiments von Manstein (Schleswigsches) Nr. 84. 1914–1918. In: Einzeldarstellungen von Frontkämpfern. Band 2 (3. und 4. Folge). Hamburg 1929, OCLC 256307773 (4. Folge August 1917 bis Waffenstillstand (online) [PDF]).
  • Hülsemann: Das Infanterie-Regiment v. Manstein (Schleswigsches) Nr. 84. nach d. amtl. Kriegstagebüchern / bearb. im Auftr. d. ehem. Infanterie-Regiments v. Manstein (Schleswigsches) Nr. 84 von Oberstlt. a. D. Hülsemann. In: Deutsche Nationalbibliothek (Hrsg.): Erinnerungsblätter deutscher Regimenter. Gerh. Stalling, Oldenburg i. O., Berlin, Frankfurt am Main 2012, DNB 1031690972 (Online bei der Deutschen Nationalbibliothek – Originaltitel: (Cover) Das Infanterie-Regiment v. Manstein (Schleswigsches) Nr. 84. 1922.).
  • Jürgen Kraus: Infanterie-Regimenter. In: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914–1918. Teil 6. Band 1. Militaria, Wien 2007, ISBN 978-3-902526-14-4, S. 153.
  • Günter Wegmann: Die Stellenbesetzung der aktiven Infanterie-Regimenter sowie Jäger- und MG-Bataillone, Wehrbezirkskommandos und Ausbildungsleiter von der Stiftung bzw. Aufstellung bis 1939. In: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Band 2. Biblio, Osnabrück 1992, ISBN 3-7648-1782-8.
  • Histories of Two Hundred and Fifty-One Divisions of the German Army Which Participated in the War (1914–1918). United States War Office as War Department Dokument Nr. 905, Office of the Adjutant, 1920. (Verfügbar im Project Gutenberg)
Commons: Infanterie-Regiment „von Manstein“ (Schleswigsches) Nr. 84 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Balzer: Königlich-Preußisches Magdeburgisches Dragoner-Regiment Nr. 6. In: festung-mainz.de, 24. November 2007, abgerufen am 30. August 2025.
  2. Reichstagsprotokolle, 1884/85,2, S. 729–731, auf reichstagsprotokolle.de
  3. a b Harro Hallmann: Kaserne Hadersleben. In: Spuren der Kaiserzeit. BDN, September 2024, abgerufen am 30. August 2025.
  4. Abel: Stammliste der Königlich Preußischen Armee. S. 125–126.
  5. Hülsemann, Band 1, S. 406.
  6. Hülsemann, Band 1, S. 390–393.
  7. Thilo C. Agthe: Verlustliste: 4. Lothringisches Infanterie-Regiment Nr. 136. In: Onlineprojekt Gefallenendenkmäler. denkmalprojekt.org, 2007, abgerufen am 24. September 2022.
  8. Jürgen Kraus: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914–1918. Teil VI: Infanterie. Band 1: Infanterie-Regimenter. Verlag Militaria, Wien 2007, ISBN 978-3-902526-14-4, S. 153.
  9. Hülsemann, Band 2, S. 87–90.
  10. Günter Wegmann (Hrsg.), Günter Wegner: Formationsgeschichte und Stellenbesetzung der deutschen Streitkräfte 1815–1990. Teil 1: Stellenbesetzung der deutschen Heere 1815–1939. Band 2: Die Stellenbesetzung der aktiven Infanterie-Regimenter sowie Jäger- und MG-Bataillone, Wehrbezirkskommandos und Ausbildungsleiter von der Stiftung bzw. Aufstellung bis 1939. Biblio Verlag, Osnabrück 1992, ISBN 3-7648-1782-8, S. 218–219.