ISCM Switzerland
Die ISCM Switzerland ist eine nationale Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM).[1] Ihr Ziel ist die Förderung zeitgenössischer Musik. Die ISCM Switzerland ist Mitglied des weltweiten Dachverbandes International Society for Contemporary Music (ISCM/IGNM), der ältesten internationalen Dachorganisation zur Förderung der Neuen Musik.
Geschichte
Die ISCM Switzerland wurde im Oktober 1922 auf Initiative des Winterthurer Mäzens Werner Reinhart als eine der weltweit ersten ISCM-Landessektionen gegründet und in den Schweizerischen Tonkünstlerverein STV/ASM integriert. Reinhart war als 1. ISCM-Generalsekretär bereits massgeblich an der Gründung des Dachverbandes im Juni 1922 beteiligt. Gründungspräsident der ISCM Switzerland war der damalige STV-Präsident, Komponist und Dirigent Volkmar Andreae aus Zürich.[2][3][4][5][6]
Das Sektionsmandat wird 1922–95 vom Schweizerischen Tonkünstlerverein STV/ASM, 1995–2025 von der Schweizerischen Gesellschaft für Neue Musik SGNM/SSMC und ab 2025 von der Schweizer Musikedition SME/EMS geführt.[7]
Von 1975 bis 1981 stellte die ISCM Switzerland mit Jacques Guyonnet den ersten und bisher einzigen Schweizer ISCM-Präsidenten.[8]
Aus dem Umfeld der ISCM Switzerland wurden bisher drei Schweizer zu ISCM-Ehrenmitgliedern gewählt: der Dirigent Paul Sacher (1971), der Komponist Klaus Huber (1994) und der Musikwissenschaftler Anton Haefeli (2020).[9]
Präsidenten (Antrittsjahr in Klammern)
- Volkmar Andreae (1922, STV, bis 1928 in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Hans Ehinger (1934, STV, ad interim)
- Paul Sacher (1935, STV, ab 1946 in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Samuel Baud-Bovy (1955, STV, in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Paul Müller (1960, STV, in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Constantin Regamey (1963, STV, in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Hermann Haller (1968, STV, in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Julien-François Zbinden (1973, STV, in Personalunion mit dem STV-Präsidium)
- Francis Travis (1974, STV)
- Fritz Muggler (1978, STV)
- Jean-Luc Darbellay (1995, SGNM)
- Max E. Keller (2007, SGNM)
- Nicolas Farine (2010, SGNM)
- Javier Hagen (2014, SGNM).[10]
- Christian Spitzenstaetter (2025, SME).[11]
Die ISCM Switzerland war unter anderem dafür besorgt, dass die ISCM World New Music Days (Weltmusiktage) sechsmal in der Schweiz stattfanden: 1926, 1929, 1957, 1970, 1991 und die ISCM World Music Days 2004, letztere unter der Leitung von Mathias Steinauer.[12] In die Annalen der Weltmusiktage in der Schweiz fallen mehrere musikgeschichtlich bedeutende Uraufführungen, darunter 1926 die viel beachtete Uraufführung von Anton Weberns 5 Orchesterstücken op. 10 unter der Leitung des Komponisten,[13] und 1957 in Zürich die szenische Uraufführung von Arnold Schönbergs Opernfragment Moses und Aron.[14] 1957 wurde – ebenfalls in Zürich – erstmals in der Geschichte der ISCM-Weltmusiktage elektronische Musik gespielt.[15]
ISCM Weltmusiktage in der Schweiz
- 4. ISCM World New Music Days, 18.–23. Juni 1926, Jury: Arthur Bliss, Arthur Honegger, Hermann Scherchen, Walther Straram, Karol Szymanowski; in Zürich
- 7. ISCM World New Music Days, 6.–10. April 1929, Jury: Ernest Ansermet, Willem Piper, Maurice Ravel, Božidar Širola, Heinz Tiessen; in Genf
- 31. ISCM World New Music Days, 31. Mai – 6. Juni 1957, Jury: Boris Blacher, Karl-Birger Blomdahl, Rolf Liebermann, Roger Sessions, Roman Vlad; in Zürich
- 44. ISCM World New Music Days, 19.–26. Juni 1970, Jury: Carel Brons, Cristóbal Halffter, Rudolf Maros, Paul Sacher, Aulis Sallinen; in Basel
- 65. ISCM World New Music Days, 13.–23. September 1991, Jury: Jürg Wyttenbach, Frances-Marie Uitti, Sukhi Kang, Frank Schneider, Jōji Yuasa; in Zürich
- 78. ISCM World New Music Days, 3.–12. November 2004, Jury: Chaya Czernowin, Jonathan Harvey, Toshio Hosokawa, Isabel Mundry, Graciela Paraskevaídis; in Luzern, Lugano, Winterthur, Basel, La Chaux-de-Fonds, Biel, Lausanne, Genève, Aarau, Bern, Zürich
Quelle:[16]
Bedeutende Aufführungen und Uraufführungen an den ISCM Weltmusiktagen in der Schweiz
- 1926, Zürich, Paul Hindemith, Konzert für Orchester, op. 38
- 1926, Zürich, Anton Webern, 5 Stücke für Orchester, op. 10 (Uraufführung)
- 1926, Zürich, Kurt Weill, Violinkonzert, op. 12
- 1929, Genf, Leoš Janáček, Missa Glagolskaya
- 1957, Zürich, Karl Amadeus Hartmann, Symphonie Nr. 6
- 1957, Zürich, Arnold Schönberg, Moses und Aron (szenische Uraufführung)
- 1991, Zürich, Rolf Liebermann, 3 x 1 = CH + X
- 1991, Zürich, Klaus Huber, Erniedrigt – geknechtet – verlassen – verachtet...
- 1991, Zürich, Heinz Holliger, Scardanelli-Zyklus
- 1991, Zürich, Karlheinz Stockhausen, In Freundschaft
- 1991, Zürich, Karlheinz Stockhausen, Mikrophonie I
- 1991, Zürich, Wolfgang Rihm, Hölderlin-Fragmente
- 1991, Zürich, Friedrich Cerha, 2nd String Quartet
- 1991, Zürich, Liza Lim, Voodoo Child
- 1991, Zürich, Mauricio Kagel, Sonant
- 2004, Schweiz, Carola Bauckholt, Hubschrauber
- 2004, Schweiz, Oscar Bianchi, De rerum natura
- 2004, Schweiz, Elliott Carter, Dialogues pour piano et orchestre
- 2004, Schweiz, Unsuk Chin, Violin Concerto
- 2004, Schweiz, Brian Ferneyhough, Opus Contra Naturam
- 2004, Schweiz, Lars Petter Hagen, Voices to voices, lip to lip
- 2004, Schweiz, Michael Jarrell, Abschied
- 2004, Schweiz, Heinz Holliger, Turm Musik
- 2004, Schweiz, Johannes Schöllhorn, Rote Asche (Uraufführung)
Quelle:[17]
Literatur
- Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich 1982, ISBN 3-7611-0596-7.
- Joseph Willimann: pro Musica – der neuen Musik zulieb. 50 Jahre Pro Musica, Ortsgruppe Zürich der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik. Atlantis Musikbuch, Zürich 1988, ISBN 3-254-00148-6.
- Thomas Meyer: World Music Days Zürich 1991 / Weltmusiktage Zürich 1991 – Programm. Swiss Society for Contemporary Music c/o SAFIMM, NZZ Fretz AG, Schlieren 1991.
- B. Geller, M. Favre, A. Briner, P.-A. Gaillard: Tendances et réalisations – volume commémoratif publié à l’occasion du 75e anniversaire de l’Association des musiciens suisses, 1900–1975. Schweizerischer Tonkünstlerverein/Association Suisse des Musiciens, Atlantis Musikbuch Verlag, Zürich 1975, ISBN 978-376110464-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Meyer: World Music Days Zürich 1991 / Weltmusiktage Zürich 1991 – Programm. Schlieren 1991, S. XVI
- ↑ Gründungsbestätigung IGNM Schweiz, Brief von Werner Reinhart vom 31. Oktober 1922, S. 1, mit freundlicher Genehmigung der Stadtbibliotheken Winterthur
- ↑ Gründungsbestätigung IGNM Schweiz, Brief von Werner Reinhart vom 31. Oktober 1922, S. 2, mit freundlicher Genehmigung der Stadtbibliotheken Winterthur
- ↑ Gründungsbestätigung IGNM Schweiz, Brief von Werner Reinhart vom 31. Oktober 1922, S. 3, mit freundlicher Genehmigung der Stadtbibliotheken Winterthur
- ↑ Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 621
- ↑ Thomas Meyer: World Music Days Zürich 1991 / Weltmusiktage Zürich 1991 – Programm. Schlieren 1991, S. XVI
- ↑ Schweizer Musikzeitung, 2. Juli 2025
- ↑ Liste der ISCM-Präsidenten
- ↑ Liste der ISCM-Ehrenmitglieder
- ↑ Schweizer Musikzeitung, 18. Dezember 2013
- ↑ Schweizer Musikzeitung, 2. Juli 2025
- ↑ Liste aller ISCM World New Music Days
- ↑ Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 146
- ↑ Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 514
- ↑ Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 513
- ↑ Liste aller ISCM World New Music Days
- ↑ Anton Haefeli: Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Zürich 1982, S. 479–609