I–V–vi–IV


I–V–vi–IV beschreibt eine häufig verwendete Folge von Akkorden (Progression) in unterschiedlichen Stilen der Populären Musik.
Beschreibung
Die Folge kann in unterschiedlichen Rotationen erscheinen, benutzt aber immer folgende vier leitereigene Dreiklänge einer Durtonleiter:
I. Stufe (Tonika) und vi. Stufe (Tonikaparallele) als Klänge mit Tonikafunktion, V. Stufe (Dominante) und IV. Stufe (Subdominante) als Dominantfunktionen.
Bezogen auf die Tonart C-Dur ergeben sich die Akkorde C-Dur bzw. a-Moll und G-Dur bzw. F-Dur, die in Form ganz- oder halbschlüssiger Kadenzmodelle mit authentischer oder plagaler Wirkung angeordnet werden, und bei denen die Tonika an einer Stelle durch ihre Mollparallele ersetzt wird. So entstehen Binnenkadenzen, bei denen entweder ein Halbschluss der Funktionen Tonika – Dominante (I–V, authetisch) bzw. Tonikaparallele – Subdominante (Modell I–IV, plagal; hier als vi-IV) vorliegt, oder ein plagaler Ganzschluss der Funktionen Subdominante – Tonika (IV–I) bzw. ein authentischer Ganzschluss (Modell V–I) der Dominante mit trugschlüssiger Auflösung in die Tonikaparallele (V–vi).
Die englische Bezeichnung „Four-Chord(s)-Song“ für einen Popsong mit eben dieser Akkordfolge ist auch unter Musikern im deutschen Sprachraum gängig.
Rotationsvarianten

Die Akkordfolge kann in allen vier möglichen Rotationen (zyklische Permutationen) vorkommen, d. h., es kann mit jeder der vier Stufen begonnen werden. Die Varianten haben durch die durch Rotation bedingte unterschiedliche metrische Position der Akkorde auch unterschiedliche Wirkungen und werden entsprechend ihrer jeweiligen kadenziellen Schlussfähigkeit auch unterschiedlich häufig genutzt. Die Varianten mit Tonika oder Tonikaparallele am Ende sind schlussfähig, die mit einer der beiden Dominantformen als Schlussglied bedürfen noch einer abschießenden Kadenz oder können als Akkord−Ostinato (turnaround) verwendet werden. Für die nachfolgende Übersicht ist C-Dur die Bezugstonart; angegeben sind jeweils die stufentheoretischen Akkordpositionen und die funktionstheoretischen Kürzel
- I–V–vi–IV (T–D–Tp–S) : C-Dur – G-Dur – a-Moll – F-Dur
auch Four-Chord-Formel genannt; Verbindung zweier Halbschlüsse (Grundformen I–V und I–IV); nicht schlussfähig. - V–vi–IV–I (D–Tp–S–T) : G-Dur – a-Moll – F-Dur – C-Dur
Verbindung eines authentischen (V–I) mit Trugschluss (V–vi) und eines plagalen Ganzschlusses (IV–I); schlussfähig. - vi–IV–I–V (Tp–S–T–D) : a-Moll – F-Dur – C-Dur – G-Dur
auch Modern-Popformel oder Moll-Popformel genannt; Variante der klassischen Halbschlusskadenz (I IV I V); nicht schlussfähig. - IV–I–V–vi (S–T–D–Tp) : F-Dur – C-Dur – G-Dur – a-Moll
Variante der klassischen Kadenz IV–I–V-I mit Trugschluss (V-vi); durch die Tonikaparallele am Ende nur bedingt schlussfähig.[1]
Musikpsychologisches Erklärungsmodell
Der deutsche Musikwissenschaftler Volkmar Kramarz zählt diese Folge und ihre Rotationen zu seinen „Pop-Formeln“[2], also Akkordfolgen, die in erfolgreichen Popsongs überproportional häufig vorkommen. In einer MRT-Untersuchung mit 50 Teilnehmenden zeigte er, dass die sogenannten Pop-Formeln mehr Aktivität im Belohnungszentrum auslösten als andere Klangfolgen[3].
Einzelnachweise
- ↑ Beispiel: Refrain von Atemlos durch die Nacht von Helene Fischer.
- ↑ Volkmar Kramarz: Die Pop-Formeln : [die Harmoniemodelle der Hitproduzenten]. Voggenreiter, Bonn 2007, ISBN 978-3-8024-0552-5 (Aktualisierte Ausgabe).
- ↑ Die Formel für den Chartbreaker — Universität Bonn. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 29. Oktober 2020; abgerufen am 22. März 2021. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.