Mexikanischer Flohkrebs
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Mexikanischer Flohkrebs | ||||||||||||
| Systematik | ||||||||||||
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| Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
| Hyalella azteca | ||||||||||||
| Saussure, 1858 |
Der Mexikanische Flohkrebs (Hyalella azteca) ist eine in Nord- und Mittelamerika beheimatete Art bzw. Artenkomplex der Flohkrebse (Amphipoda). Unter diesem Namen werden zahlreiche Kryptospezies zusammengefasst, die genetisch und zum Teil ökologisch klar unterscheidbar sind, aber morphologisch derzeit nicht gegeneinander differenzierbar sind. Diese sind, mit Ausnahme von Hyalella azteca noch nicht formal als Arten beschrieben worden. Hyalella azteca s. str. ist aus Mexiko beschrieben worden, es ist unklar, inwieweit Tiere aus Nordamerika dazugehören. Zahlreiche alte Meldungen der Art für Südamerika beziehen sich auf andere Arten der Gattung Hyalella, die damals noch nicht unterschieden wurden.
Merkmale
Der Mexikanische Flohkrebs ist eine relativ kleine Art mit der typischen Körpergestalt der Flohkrebse, Männchen erreichen acht, Weibchen sechs Millimeter Körperlänge. Von Arten der Teilordnung Gammarida (mit der großen Gattung Gammarus) ist er an den relativ kurzen ersten Antennen, die in etwa dieselbe Länge erreichen wie die zweiten Antennen, und denen das kleine, akzessorische Flagellum fehlt, zu unterscheiden. Außerdem fehlt bei Hyalella der Palpus der Mandibeln und der akzessorische Palpus der ersten Maxillen ist eingliedrig. Der Palpus des Maxillipeden ist fünfsegmentig, mit langem und schlankem Endsegment. Die ersten beiden bis drei Segmente des Pleon tragen auf der Oberseite einen deutlichen Zahn. Der Rumpfabschnitt (Peraeon) trägt große Coxalplatten, die an der Unterkante bedornt sind. Das Telson ist am Ende abgerundet, nicht eingeschnitten oder gespalten, und trägt zwei große Dorne. Die Art ist von weiteren Arten der Gattung, auch außerhalb des Hyalella azteca-Artkomplexes, nur schwierig und an Detailmerkmalen der Beborstung (Chaetotaxie), der Proportionen der Antennenglieder und der Proportionen bestimmter Körperglieder wie Teilen der Mundwerkzeuge und der Urosomen unterscheidbar.[1]
Lebensraum
Der Mexikanische Flohkrebs ist in Seen und Flüssen Nordamerikas weit verbreitet, sein Verbreitungsgebiet reicht im Norden Kanadas bis zur Baumgrenze. Er gilt als Indikator für Wasserverschmutzung, sein Sauerstoffbedarf ist aber wesentlich geringer als bei Mitteleuropäischen Bachflohkrebsen der Gattung Gammarus. In Südamerika wird er durch andere Arten, z. B. Hyalella armata aus dem Titicacasee vertreten.
In Europa gibt es bisher keinen gesicherten Nachweis im Freiland, obwohl die Art nach unbestätigten Berichten in Gartenteichen zum Teil seit mehreren Jahren lebt und hier auch überwintert. Wegen der Haltung als Aquarien- und Labortier wird eine Einschleppung in den nächsten Jahren als nicht unwahrscheinlich angesehen.[2]
Seine Nahrung besteht vor allem aus pflanzlichem Detritus (z. B. Falllaub), daneben werden opportunistisch weitere Nahrungsquellen wie Algen und Aas verwertet.
Kryptische Artbildung
Die Sammelart Hyalella azteca s. l. besteht nach Analysen der DNA aus mehreren, morphologisch meist nicht unterscheidbaren, Kleinarten oder Kryptospezies.[3][4][5] Obwohl diese bisher nicht nach morphologischen Merkmalen bestimmbar sind, ist es in einigen Fällen gelungen, Unterschiede in Ökologie und Lebensweise ausfindig zu machen. So haben sich in mehreren Entwicklungslinien in Lebensräumen mit starker Prädation durch Sonnenbarsche der Gattung Lepomis besonders kleine Morphen herausgebildet, die von den Fischen weniger gern gefressen werden, während die Tiere in fischfreien Lebensräumen größer werden.[6] Andere Kryptospezies sind an Seenufern je nach Tiefe und Uferabstand räumlich eingenischt.[7]
Ökotoxikologische Bedeutung
Hyalella azteca wird aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Schadstoffen häufig in der Ökotoxikologie eingesetzt[8]. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass Populationen über Generationen hinweg eine Toleranz gegenüber Insektiziden entwickeln können. So wurde in einer Studie der Universität Frankfurt aus dem Jahr 2024 festgestellt, dass die Toleranzwerte nach nur zwei Generationen der Exposition gegenüber dem Neonikotinoid Thiacloprid deutlich zunahmen, was die mögliche Rolle der Entwicklungsplastizität bei der schnellen Anpassung an die Pestizidbelastung unterstreicht[9].
Aquaristik
In die heimischen Aquarien wurde der Mexikanische Flohkrebs mit Zierfischlieferungen eingeschleppt und wird seither wegen seiner leichten Haltung und Pflege gerne als Futtertier oder für Wirbellosenaquarien gezüchtet.
Einzelnachweise
- ↑ E. R. Gonzalez & Les Watling (2002): Redescription of Hyalella Azteca from Its Type Locality, Vera Cruz, Mexico (Amphipoda: Hyalellidae). Marine Sciences Faculty Scholarship. Paper 101 (online).
- ↑ Thomas Ols Eggers & Andreas Martens (2004): Ergänzungen und Korrekturen zum "Bestimmungsschlüssel der Süßwasser-Amphipoda (Crustacea) Deutschlands". Lauterbornia 50: 1-13 (zobodat.at [PDF]).
- ↑ Jonathan DS Witt, Paul DN Hebert: Cryptic species diversity and evolution in the amphipod genus Hyalella within central glaciated North America: a molecular phylogenetic approach. In: Canadian Journal of Fisheries and Aquatic Sciences. Band 57, Nr. 4, 2000, S. 687–698, doi:10.1139/f99-285.
- ↑ J.D.S. Witt, D.L. Threloff, P.D.N. Hebert (2006): DNA barcoding reveals extraordinary cryptic diversity in an amphipod genus: implications for desert spring conservation. Molecular Ecology 15: 3073–3082. doi:10.1111/j.1365-294X.2006.02999.x
- ↑ Jourdan J, Bundschuh M, Copilaș-Ciocianu D, Fišer C, Grabowski M, Hupało K, Jemec Kokalj A, Kabus J, Römbke J, Soose LJ, Oehlmann J: Cryptic species in ecotoxicology. In: Environmental Toxicology and Chemistry. 42. Jahrgang, 2023, S. 1889–1914, doi:10.1002/etc.5696 (englisch).
- ↑ Gary A. Wellborn, Rickey Cothran, Suzanne Bartholf (2005): Life history and allozyme diversification in regional ecomorphs of the Hyalella azteca (Crustacea: Amphipoda) species complex. Biological Journal of the Linnean Society 84: 161–175.
- ↑ Gary A. Wellborn & Rickey D. Cothran (2007): Niche diversity in crustacean cryptic species: complementarity in spatial distribution and predation risk. Oecologia 154: 175–183. doi:10.1007/s00442-007-0816-x
- ↑ Jourdan J, Bundschuh M, Copilaș-Ciocianu D, Fišer C, Grabowski M, Hupało K, Jemec Kokalj A, Kabus J, Römbke J, Soose LJ, Oehlmann J: Cryptic species in ecotoxicology. In: Environmental Toxicology and Chemistry. 42. Jahrgang, 2023, S. 1889–1914, doi:10.1002/etc.5696 (englisch).
- ↑ Jourdan J, El Toum Abdel Fadil S, Oehlmann J, Hupało K: Rapid development of increased neonicotinoid tolerance in non-target freshwater amphipods. In: Environment International. 183. Jahrgang, 2024, S. 108368, doi:10.1016/j.envint.2023.108368 (englisch).
