Hummelschaltung
Die Hummelschaltung und die verwandte Polekschaltung dienen in der elektrischen Messtechnik dazu, bei sinusförmiger Wechselspannung einen dazu sinusförmigen Wechselstrom mit einer Phasenverschiebung von 90° zu bilden. Anwendungen liegen im Bereich von elektromechanischen Messgeräten wie dem Ferraris-Zähler, einer Form des Stromzählers. Die Schaltung dient dazu, mit diesen Messgeräten, welche üblicherweise die Wirkleistung erfassen, die in einphasigen Wechselspannungsnetzen auftretende Blindleistung zu messen.
Die Schaltung ist nach ihrem Erfinder Georg Hummel benannt, welcher 1895 vom Deutschen Reichspatentamt das DRP-Patent Nr. 98 897 erhielt.
Im praktischen Einsatz werden diese Schaltungen zunehmend durch elektronische Messgeräte wie Intelligente Zähler abgelöst, die mittels komplexer Messung in allen vier Quadranten die hin- oder rückfließenden Anteile der Wirk- und Blindleistung ohne einer Umschaltung erfassen können.
Anwendung
Leistungsmessgeräte und Ferraris-Zähler enthalten einen Strom- und einen Spannungspfad; die Momentanwerte der Stromstärke in den beiden Pfaden werden zur Leistungsmessung multipliziert, gemittelt und bei dem Energiezähler über die Zeit aufsummiert. Stimmt dabei der Strom durch den Spannungspfad des Messgerätes im Phasenwinkel mit der Verbraucherspannung (Netzspannung) überein, wird Wirkleistung gemessen. Wird der Strom im Spannungspfad im Phasenwinkel um 90° verschoben, wird Blindleistung erfasst.

Die Hummelschaltung zur Phasenverschiebung ist in nebenstehender Abbildung schematisch dargestellt. Die Spannung entspricht der anliegenden Verbraucherspannung (komplexe Größen werden unterstrichen). Der Spannungspfad des Zählers ist durch den Ersatzwiderstand und die Induktivität dargestellt. Der Widerstand , die Induktivität und der Abgleichwiderstand sind zusätzlich zum Stromzähler benötigte Bauelemente. Der Wert des Abgleichwiderstandes wird so gewählt, dass
gilt. In diesem Fall läuft der Strom der Spannung um 90° nach. Da die Kreisfrequenz in der Gleichung auftritt, ist die Phasenverschiebung frequenzabhängig. Üblicherweise wird die Schaltung auf die Netzfrequenz von 50 Hz ausgelegt.

Die ähnlich aufgebaute Polekschaltung verwendet, wie in nebenstehender Abbildung dargestellt, statt eines ohmschen Widerstands einen Kondensator , dessen Wert für dieselbe Phasenverschiebung von 90° wie bei der Hummelschaltung auf
eingestellt wird.
Der Spannungspfad des Zählers ist wieder durch den Ersatzwiderstand und die Induktivität dargestellt. Die Induktivität liegt üblicherweise in der Größenordnung von bis zu 50 mH. Der Spannungspfad ist bei Niederfrequenz praktisch eine rein ohmsche Last, da zwischen 10 kΩ und 50 kΩ liegt.
Da der Strom mit Hilfe der Polekschaltung gegenüber der Betriebsspannung um 90° phasenverschoben fließen soll, ist es nötig, die Spannung um 90° gegenüber der Betriebsspannung zu verschieben. Dazu dient der Kondensator .
Grundsätzlich ist anzumerken, dass beide Schaltungen aufgrund der Frequenzabhängigkeit des Blindwiderstands nur bei einer bestimmten Frequenz, in diesem Fall der Netzfrequenz, die korrekte Phasenverschiebung liefern und daher nur bei dieser Frequenz eine korrekte Messung der Verschiebungsblindleistung oder Verschiebungsblindenergie erlauben. Eine korrekte Erfassung der Verzerrungsblindleistung, als ein Anteil an der gesamten Blindleistung bei höheren Frequenzanteilen, ist damit nicht möglich.
Literatur
- Karl Küpfmüller, Wolfgang Mathis, Albrecht Reibiger: Einführung in die theoretische Elektrotechnik. 18. Auflage. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-78589-7.