Hugo Hartung (Architekt)

Hugo Hartung (* 19. August 1855 in Jena; † 21. Dezember 1932 in Großjena bei Naumburg (Saale)) war ein deutscher Architekt, Architekturhistoriker und Hochschullehrer.

Leben und Wirken

Denkmal für die Hartungschen Säulen in Berlin
Teilweise umgesetzter Vorschlag zur Sanierung der Domkirche zu Breslau, Zeichnung um 1910

Hugo Hartung studierte ab 1876 an der Berliner Bauakademie u. a. bei Carl Schäfer und legte dort 1880 das Examen als Regierungsbauführer ab. Während seines Studiums wurde er Mitglied im Akademischen Verein Motiv.[1] Ab 1884 unterhielt er ein Architekturbüro mit Carl Schäfer in Berlin.[2] Er habilitierte sich 1895 an der Technischen Hochschule (Berlin-)Charlottenburg in Konstruktions- und Formenlehre der mittelalterlichen Baukunst[2] und war anschließend dort als Privatdozent für mittelalterliche Baukunst tätig. In Berlin wurde er 1899 außerordentlicher Professor für Kunstgeschichte und Baukunst und nahm 1900 einen Ruf an die Technische Hochschule Dresden an.

In Dresden wirkte er von 1900 bis 1912 als ordentlicher Professor für Hochbau und Entwerfen und Direktor der Sammlung für Hochbau und Entwerfen. Von 1904 bis 1906 stand er der Hochbauabteilung als Dekan vor und leitete die Hochschule im Studienjahr 1909/1910 als Rektor.[3] 1912 berief ihn die Technische Hochschule Charlottenburg auf Carl Schäfers Lehrstuhl,[2] von wo er bis zu seinem Ruhestand 1920 als ordentlicher Professor für Baukunst wirkte. Von 1914 bis 1915 war er Rektor der Hochschule.[3]

Bedeutung

Hugo Hartung war nicht nur Schüler, Freund und enger Mitarbeiter des „Gotikers“ Carl Schäfer, sondern setzte als Hochschullehrer, Architekt und Dombaumeister zu Meißen das auf die Erforschung und Wiederbelebung mittelalterlicher Baukunst ausgerichtete künstlerische Werk Schäfers fort.[2] Mit einigen Werken zeigte er sich dem Stil der Hannoverschen Architekturschule verpflichtet.[4]

Hartungs Bauten und Wettbewerbsentwürfe wurden vielfach in Fachzeitschriften veröffentlicht,[4] auch von ihm selber. Seine Bauprojekte befanden sich in Berlin und ganz Deutschland. Einige erhaltene Werke Hartungs liegen heute in Polen.

Nach 1910 vollzog Hartung einen radikalen Wandel zur modernen Architektur.[2] Aufsehen erregte sein eigenes Wohnhaus in Berlin-Nikolassee (1914/15), das er entgegen bisheriger Gewohnheit ganz schlicht und schmucklos gestaltete und mit Hintermauerungsteinen verkleidete, ohne das Ziegelmauerwerk zu verputzen.[5][2]

Im Brückenbau ist die nach ihm benannte Hartungsche Säule ein bekannter Begriff. Diese gusseisernen Pendelstützen wurden im Raum Berlin für Eisenbahnbrücken in der Zeit von 1880 bis 1910, erstmals beim Bau der Berliner Stadtbahn, verwendet und waren ein stilprägendes Bauelement Berliner Eisenbahnarchitektur.

Bauten und Entwürfe (Auswahl)

Schriften

  • (als Herausgeber): Motive der mittelalterlichen Baukunst in Deutschland in photographischen Originalaufnahmen. 3 Bände in sechs Teilbänden. Wasmuth, Berlin 1896.
  • Ziele und Ergebnisse der italienischen Gotik. Ernst & Sohn, Berlin 1912.
  • Ausblicke in die Zukunft der deutschen Baukunst. Festrede des zeitigen Rektors der Königlichen Technischen Hochschule Berlin. Denter & Nicolas, Berlin 1915.[3]
  • Das Hartungsche Wohnhaus in Nikolassee bei Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 36. Jahrgang, 1916, Nr. 49, 17. Juni 1916, S. 333–336. (Digitalisat auf digital.zlb.de, abgerufen am 6. Juli 2025)

Literatur

  • Dorit Petschel: 175 Jahre TU Dresden. Band 3: Die Professoren der TU Dresden 1828–2003. Hrsg. im Auftrag der Gesellschaft von Freunden und Förderern der TU Dresden e. V. von Reiner Pommerin, Böhlau, Köln u. a. 2003, ISBN 3-412-02503-8, S. 327 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Commons: Hugo Hartung (Architekt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der Schwarze Ring. Mitgliederverzeichnis. Darmstadt 1930, S. 32.
  2. a b c d e f Matthias Donath: Hugo Hartung. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
  3. a b c Hugo Hartung. In: Rektoratsreden im 19. und 20. Jahrhundert – Online-Bibliographie. Abgerufen am 6. Juli 2025.
  4. a b c d e f g h i j k l m n Hartung, Hugo, auf glass-portal.hier-im-netz.de, abgerufen am 6. Juli 2025.
  5. a b Hugo Hartung: Das Hartungsche Wohnhaus in Nikolassee bei Berlin. In: Zentralblatt der Bauverwaltung, 36. Jahrgang, 1916, Nr. 49, 17. Juni 1916, S. 333–336. (Digitalisat auf digital.zlb.de, abgerufen am 6. Juli 2025)
  6. Hartung & Schultze: Rathaus, Nauen. Monatskonkurrenz August 1885. In: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin, abgerufen am 11. Januar 2020.
  7. Hugo Hartung, Richard Schultze: Neubau des Rathhauses [sic!] in Nauen. In: Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 14, 1886, S. 133–135 (zlb.de).
  8. Hugo Hartung: Villa Hugo Hartung, Berlin-Charlottenburg. In: Moderne Architektur. Hrsg. Lambert & Stahl, Stuttgart 1891. Abgerufen am 14. November 2022.
  9. Hugo Hartung: Villa Ludowici in Landau (Pfalz). In: Deutsche Bauzeitung, 35. Jahrgang 1901, Nr. 32 (vom 20. April 1901), S. 197–200. (Digitalisat)