Horst Rössing

Horst Rössing (* 13. Juli 1891 in Plauen; † 1. Februar 1942 bei Helsinki in Finnland) war ein Generalmajor der Wehrmacht mit Einsatz als Nachrichtenoffizier, Leiter der Attachéabteilung im Reichswehrministerium, Militärattaché und Luftattaché.

Leben und beruflicher Werdegang

Die Eltern von Horst Rössing waren der Fabrikbesitzer Erich Rössing und seine Ehepartnerin Ida Rössing, geborene Gutmacher. Er wuchs in geordneten und finanziell gut abgesicherten Verhältnissen auf. Nach dem Besuch der Sächsischen Kadettenanstalt trat er 1911 als Fähnrich in das Sächsische Karabiner-Regiment in Borna ein. Hier wurde er ein Jahr später zum Leutnant befördert und erhielt 1913 eine Kommandierung zur königlich-sächsischen Militär-Reitanstalt. Von dort erfolgte sein Einsatz, mit Beginn des Ersten Weltkrieges beim Sächsischen Karabiner-Regiment 2. Im Verlaufe des Krieges war er in verschiedenen Positionen, so als Zug- und Eskadronführer eingesetzt, bis er 1918 den Dienstrang eines Oberleutnants erreicht hatte.

Weimarer Republik

Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und der Auflösung der sächsischen Heeresverbände wurde Horst Rössing 1919 von der Reichswehr der Weimarer Republik übernommen und kam bei der Reichswehrbrigade 12 in Bautzen zum Einsatz. Mit der im Versailler Vertrag von 1919 geforderten Verkleinerung der bestehenden Verbände erhielt er eine Kommandierung zum Regimentsstab seiner Brigade nach Dresden. Hier wurde er 1922 zum Rittmeister befördert und ein Jahr später als Eskadronchef beim 10. Preußischen Reiterregiment in Torgau verwendet. Diesen Posten gab er 1928 ab und wechselte in den Regimentsstab nach Züllichau. Von dort erfolgte ein Jahr später sein Einsatz an der Kavallerieschule Hannover als Adjutant und 1930 beim Ausbildungs-Eskadron des 11. Reiterregiments in Ohlau.[1] Nach zwei Jahren Truppeneinsatz erhielt Rössing 1932 eine Kommandierung ins Reichswehrministerium. Im Range eines Hauptmanns kam er in der Abwehrabteilung unter Oberst Ferdinand von Bredow (1884–1934) zum Einsatz.[2] Seine Aufgabe bestand vor allem in der Betreuung der ausländischen militärischen Attachés. Ab Juni 1932 übernahm Fregattenkapitän Conrad Patzig (1888–1975) die Abteilungsleitung, da von Bredow die Leitung der Wehrmachtsabteilung übertragen worden war. Kurz danach, im Oktober wurde Rössing zum Major befördert und erhielt zum November 1933 Verstärkung wegen der wachsenden Anzahl der Offiziere, die nun von Deutschland ins Ausland geschickt wurden. Ihm unterstellt war Hauptmann Rabe von Pappenheim (1894–1977). Beide wechselten Anfang 1934 zur Abteilung Fremde Heere (T3) ins Truppenamt. Dort war Generalmajor Carl-Heinrich von Stülpnagel (1886–1944) ihr Vorgesetzter. Damit begann der Aufbau der Attachégruppe in der Abteilung Fremde Heere, deren Leitung Rössing übertragen wurde. Neben der Erstellung von Feindbildanalysen gehörte die Betreuung der militärischen Attachés zu den Aufgaben dieser Abteilung.[3]

Militär- und Luftattaché

Seit Ende 1934 bereitete sich Horst Rössing auf einen Auslandseinsatz vor. Dieser führte ihn ab April 1935 nach Finnland, wo er an der deutschen Gesandtschaft erstmalig seit 1920 das Büro des Militärattachés wieder aufbaute. Geschäftsträger der deutschen diplomatischen Vertretung in Helsingfors war Wipert von Blücher. Bis zum Eintreffen von Rössing war lediglich der Posten des Marineattachés durch Fregattenkapitän Werner Steffan (1890–1973) besetzt, der zugleich das Amt des Luftattachés innehatte.[4] Am 1. Oktober 1935 übernahm Rössing die Aufgaben des Militärattachés in Dänemark, Norwegen und Schweden, fast zeitgleich wurden er zum Oberstleutnant befördert. Mit beiden Positionen war er auch für Estland und Lettland, hier auch als Luftattaché, zuständig. Als Geschäftssitz wählte er Helsingfors aus. In Estland war Otto Reinebeck (1883–1946) Leiter der deutschen Gesandtschaft und in Litauen führte Erich Zechlin (1883–1954) die Geschäfte. Im Oktober 1937 wurde Rössing zum Oberst befördert. Zwei Jahre später, Mitte 1939 begleitete er General der Artillerie Franz Halder (1884–1972), der in alle Planungen zur Vorbereitung des deutschen Überfalls auf Polen einbezogen war, auf Inspektionsreise nach Reval und Helsinki.[5] Sie diente hauptsächlich dazu, vor Ort die konkreten Rahmenbedingungen in Augenschein zu nehmen und regional letzte Abstimmungen für den „Fall Weiss“ zu treffen. Bereits seit April 1939 liefen die Vorbereitungen für den Überfall Polens auf Hochtouren. Im Vorfeld erhielt das Büro des militärischen Attachés noch Verstärkung durch den Gehilfen, Major der Reserve Schlüter.[6] Dabei war wichtig, soviel wie möglich Aufklärungsdaten über den anvisierten Gegner zusammenzutragen, um damit die Planungsstäbe bei ihren Vorbereitungen auf die Okkupation ins reale Bild zu setzen.

Nach dem deutschen Überfall auf Polen und der sowjetischen Besetzung Ostpolens im September 1939 gemäß dem Hitler-Stalin-Pakt spielten Finnland sowie Lettland und Litauen eine wichtige Rolle. Mit der sowjetischen Besetzung Lettlands im Juli 1940 wurden die dort tätige deutsche Gesandtschaft und kurz danach auch die diplomatische Mission in Reval geschlossen. Damit war Horst Rössing dort von den Aufgaben als Luft- und Militärattaché entbunden. Nunmehr konnte er sich vollständig auf die Entwicklungen in und den Informationsbedarf aus Finnland konzentrieren. Der bestand, wie er selbst rückblickend 1941 feststellte, schon 1940 zu achtzig Prozent aus Aufträgen, die der Attaché durch das Armeeoberkommando (AOK) aus Norwegen und die Organisation Todt erhielt. Diese betrafen vor allem logistische Fragen zum Transport von Waffen und Personal von Norwegen nach Nordfinnland, die Anlandebedingungen in den finnischen Häfen und den Zustand der Luftstützpunkte in Richtung Sowjetunion.[7] Durch die deutschen Planungen zum Überfall auf die Sowjetunion stand der Ausbau stabiler deutsch-finnischer Beziehungen im Mittelpunkt seiner Bemühungen.[8] Vor allem ging es darum, dass die militärischen Attachés[9] bei der Gewinnung Finnlands, sich am weitern Ostfeldzug an der Seite Deutschlands zu beteiligen, wirksam unterstützten. So begleitete Rössing Anfang 1940 den Generalstabschef des finnischen Heeres, Generalleutnant Axel Erik Heinrichs (1890–1965), zu einer Deutschlandreise. Gleichzeitig fanden mehrere Begegnungen mit führenden Militärs und eingehende Gespräche mit Halder statt. Eine Zustimmung erteilte Heinrichs jedoch nicht. Wegen einer zeitweiliger Erkrankung Rössings wurde Ende April 1940 Oberst Jens-Peter Petersen (1893–1971) von Dänemark nach Finnland geschickt, um als Überbrückung seine Aufgaben als Luft- und Militärattachés vor Ort mit wahrzunehmen. Im folgenden Jahr kam zusätzlich ab Mai der Gehilfe Major Silvius Lancken-Wakenitz von Albedyll (1899–1947) nach Finnland. Dieser führte während des gesundheitlichen Totalausfalls Rössings und dem anschließenden Kuraufenthalt die Geschäfte in Helsingfors weiter.[10] Im November 1941 wurde Rössing zum Generalmajor befördert, musste sich aber Anfang 1942 erneut krankheitsbedingt zurückziehen. Als sein Nachfolger übernahm daraufhin Oberst Horst Kitschmann (1895–1975) die Ämter des Luft- und Militärattachés in Helsingfors.

Zur Erholung hielt sich Horst Rössing ab Januar mehrfach südlich von Helsingfors in Vanaja auf. Hier bewohnte er vorübergehend ein Anwesen des Waffenhändlers Willy Daugs, mit dem er als Attaché in vertrauensvoller Verbindung stand. Am 1. Februar 1942 verstarb Rössing dort, auf dem Gehöft des Gutes Wana, nach einem Herzschlag.

Literatur

  • Lothar Gruchmann: Schweden im Zweiten Weltkrieg in Vierteljahreshefte der Zeitgeschichte 1966 Heft 4, Institut für Zeitgeschichte München.
  • Manfred Kehring: Die Wiedereinrichtung des deutschen militärischen Attachédienstes nach dem Ersten Weltkrieg (1919–1933), Harald Boldt Verlag, Boppard am Rhein 1966.
  • Podzun, H. H. (Hg.): Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte, Stellenbesetzung und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3. Januar 1939, Bad Nauheim, Podzun 1953.
  • George H. Stein und H. Peter Krosby: Das Finnische Freiwilligen-Bataillon der Waffen-SS in Vierteljahreshefte der Zeitgeschichte 1966 Heft 4, Institut für Zeitgeschichte München.
  • Claudia Weber, Der Pakt – Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz 1939–1941, C.H.Beck Verlag, München 2019.
  • Lars Westerlund: OTTO V. ZWEHL – Deutscher Artillerieoffizier, Handelskammersyndikus, „Mischling“ und Finnlandfreund, Aue-Stiftung, Helsinki 2016.
  • Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin, Mittler und Sohn 1932.
  • Stellenbesetzung im Reichsheer 16. Mai 1920, Biblio-Verlag 1968.

Einzelnachweise

  1. Biografie über Horst Rössing, in: Walter Riccius, Die Institution der Luftattachés. Deutsche Luftattachés von Beginn bis 1945, Dr. Köhler Verlag Berlin, 2024, ISBN 978-3-96831-061-9, S. 253.
  2. Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin, Mittler und Sohn 1932
  3. Magnus Pahl: Fremde Heere Ost. Hitlers militärische Feindaufklärung. Ch. Links, Berlin 2012, ISBN 978-3-86153-694-9
  4. Manfred Kehrig, Die Wiedereinrichtung des deutschen militärischen Attachédienstes nach dem Ersten Weltkrieg (1919–1933,) Harald Boldt Verlag, Boppard am Rhein 1966, S. 222.
  5. Michael Jonas, NS-Diplomatie und Bündnispolitik 1935–1944: Wipert von Blücher in Finnland, München 1974
  6. Manfred Kehrig, Die Wiedereinrichtung des deutschen militärischen Attachédienstes, in: ebenda, S. 222
  7. Lothar Gruchmann: Schweden im Zweiten Weltkrieg in Vierteljahreshefte der Zeitgeschichte 1966, Heft 4, Institut für Zeitgeschichte München
  8. Sergej Slutsch, 17. September 1939, in: Vierteljahrheft Zeitgeschichte Ausgabe 48, Jahrgang 2000, Heft 2, S. 238ff.
  9. dazu gehörten vor allem die Militär-, Luft- und Marineattachés im skandinavischen Raum, aber auch die dort tätigen Polizeiattachés
  10. Manfred Kehrig, Die Wiedereinrichtung des deutschen militärischen Attachédienstes, in: ebenda, S. 222