Holzheim (Pohlheim)

Holzheim
Stadt Pohlheim
Wappen von Holzheim
Koordinaten: 50° 29′ N, 8° 43′ O
Höhe: 225 (224–243) m ü. NHN
Fläche: 8,61 km²[1]
Einwohner: 2423 (31. Dez. 2018)[2]
Bevölkerungsdichte: 281 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1970
Postleitzahl: 35415
Vorwahl: 06004

Holzheim ist ein Ortsteil der Stadt Pohlheim im mittelhessischen Landkreis Gießen.

Geografische Lage

Holzheim liegt am Obergermanischen Limes am Rande der Wetterau in Mittelhessen. Im Ort treffen sich die Landesstraßen 3132 und 3133. Im Süden liegt das Gambacher Kreuz, welches die Bundesautobahn 5 und die Bundesautobahn 45 miteinander verbindet.

Ortsgeschichte

Das Kleinkastell vom Limeswall aus gesehen

Historische Namensformen

Der Ortsname Holzheim durchlief im Laufe der Geschichte verschiedene historische Namensformen.[1] Die ersten Nennungen des Ortes erfolgten im Lorscher Codex. Dieses Kopiar wurde in den Jahren zwischen 1183 und 1195 niedergeschrieben.[3] Die heute gültige wissenschaftliche Form des Kopiars stammt Gießener Historiker Karl Glöckner. Außerdem hat die Universitätsbibliothek Heidelberg den Codex in digitaler Form herausgegeben.

790 erfolgte eine erste Schenkung an das Kloster Lorsch „in Holzheim“.[4] Ebenfalls 790 heißt es „Holzheimer marca.“[5] Eine erste Erwähnung der Siedlungsform villa erfolgte 792: „... in pago Weteriba in uilla Holzheim.“ (im Gau Wetterau im Dorf Holzheim).[6] 805 lautet der Eintrag: „in Leizgestre marca et in Holzeim.“ (In der Mark Leihgestern und in Holzheim).[7] Insgesamt erhielt das Kloster Lorsch zwölf Schenkungen in der Gemarkung Holzheim bis 825. 1287 wurde erstmals zwischen „minori et maiori Holzheim“ (Klein- und Groß-Holzheim) unterschieden.[8] 1357 lautet der Eintrag in einer Urkunde „fon Gambach zhu Hulzheim“[9] und 1358 tritt ein „Johan von Hultzhem“ urkundlich in Erscheinung.[10]

Der Ortsname wird in der Namensforschung als „Siedlung am (Nieder-)Wald“ erklärt, ausgehend vom ahd. Wort „holz“, das einen ungepflegten Wald beschreibt.[11]

Mittelalter

Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf am 24. Mai 790 im Lorscher Codex. 793 wurde eine Eigenkirche von Anstrat und Ozilo an das Kloster Lorsch mit Reliquien und Kirchenschatz geschenkt. Die Kirche in Holzheim war ebenso wie die Lorscher Kirche dem Heiligen Nazarius geweiht. Vier der zwölf Traditionen (Überlieferungen) wurden von dem Priester Waltheim vorgenommen.[12] Der Besitz des Klosters Lorsch ging nach heutiger Auffassung vollständig an das nahe gelegene Kloster Arnsburg. Dieser Besitz bestand ursprünglich aus fünfeinhalb Mansen und dem zum Dorf gehörenden Wald. Dieser Besitz wurde 1151 durch Konrad von Hagen in „Holzheim“ für Arnsburg übertragen.[13] Nach weiteren Schenkungen und dem Erwerb von Gütern wurde von Arnsburg eine Grangie in Holzheim errichtet, welche in manchen Urkunden als Groß-Holzheim erwähnt wird. Dies geschah, um den Ort von der späteren Wüstung Klein-Holzheim zu unterscheiden.[14]

Neuzeit

Zwischen 1631 und 1633 wurde die Evangelisch-reformierte Kirche erbaut. 1952 kam die neue Schule hinzu, 1960 die neue katholische Kirche St. Matthäus.

Ab dem 17. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre bestand im Ort eine jüdische Gemeinde mit eigener Synagoge. Im Jahre 1939 gehörte der Ort zum Landkreis Gießen und hatte 1176 Einwohner.

Die Gemeinde Pohlheim wurde am 31. Dezember 1970 im Zuge der Gebietsreform in Hessen durch freiwilligen Zusammenschluss der Gemeinden Dorf-Güll, Garbenteich, Grüningen, Hausen, Holzheim und Watzenborn-Steinberg gegründet.[15][16] Für Holzheim wurde, wie für die übrigen ehemaligen Gemeinden von Pohlheim, ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[17]

Im Jahr 2010 beging der Ort seine 12xx-Jahr-Feier. Dies steht für die 1220-Jahr-Feier, mit welcher der ausgefallene 1200. Geburtstag nachgefeiert wurde.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Holzheim angehört(e):[1][18][19]

Gerichte seit 1803

In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das „Hofgericht Gießen“ als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Holzheim ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Gambach und später Wölfersheim zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.

Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht das für Holzheim zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[24] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[25] Durch die Neuordnung der Gerichtsbezirke in der Provinz Oberhessen mit Wirkung vom 15. Oktober 1853[26] kam Holzheim zum Landgericht Lich.

Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolge derer die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[27] Gleichzeitig wurde Holzheim dem Amtsgericht Butzbach zugewiesen. 2004 wurde das Amtsgericht Butzbach aufgelöst und dessen Bereich dem Amtsgericht Friedberg zugeschlagen. Die übergeordneten Instanzen sind jetzt das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Holzheim: Einwohnerzahlen von 1830 bis 1967
Jahr  Einwohner
1830
  
966
1834
  
1.082
1840
  
1.108
1846
  
1.154
1852
  
1.285
1858
  
1.203
1864
  
1.182
1871
  
1.149
1875
  
1.119
1885
  
1.158
1895
  
1.071
1905
  
1.168
1910
  
1.163
1925
  
1.182
1939
  
1.176
1946
  
1.859
1950
  
1.840
1956
  
1.702
1961
  
1.648
1967
  
1.705
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]

Historische Religionszugehörigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1830: 965 evangelische, 1 römisch-katholischer, 27 jüdische Einwohner
• 1961: 1318 evangelische, 326 römisch-katholische Einwohner

Historische Erwerbstätigkeit

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1961: Erwerbspersonen: 300 Land- und Forstwirtschaft, 364 Prod. Gewerbe, 93 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 80 Dienstleistungen und Sonstiges.

Wappen

„In goldenem Schild eine auf blauem Schildfuß wachsende blaue Linde, beseitet von zwei roten Rosen mit weißen Knospen und grünen Blättern“. Das Wappen wurde entwickelt aus dem alten Gerichtssiegel Holzheims vom Jahre 1747. Die Linde erinnert an den alten Gerichtssitz Holzheim. Gold und Blau sind die Solmser Farben, und die roten Rosen gehören zu den Wappenzeichen des Hauses Solms-Wildenfels.

Sehenswürdigkeiten

Infrastruktur

Literatur

Commons: Holzheim (Pohlheim) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Wölfersheim des Fürsten Solms-Braunfels-
  4. Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Wölfersheim“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung.
  5. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs. Infolge des Deutschen Krieges wurde die Provinz Oberhessen dort zwangsweise Mitglied.
  6. Im Zuge der Gebietsreform 1938 wurde die Provinz Oberhessen aufgelöst.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Holzheim, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 19. Mai 2017). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen und Daten. Einwohner-Struktur. In: Webauftritt. Stadt Pohlheim, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. April 2019; abgerufen im April 2019.
  3. Minst, Karl Josef [Übers.]: Lorscher Codex (Band 5), Urkunde 2978, 24. Mai 790 – Reg. 2189. In: Heidelberger historische Bestände – digital. Universitätsbibliothek Heidelberg, S. 44, abgerufen am 7. Mai 2019.
  4. Codex Laureshamensis (CL) III, Nr. 2978=3757a.
  5. CL III, Nr. 2978=3757a.
  6. CL III, Nr. 3772=3759e
  7. CL III, Nr. 3724c.
  8. Ludwig Baur: Urkundenbuch des Klosters Arnsburg in der Wetterau. (AUB). Darmstadt 1851. Nr. 218, S. 148.
  9. AUB, Nr. 678, S. 430.
  10. AUB, Nr. 861, S. 525.
  11. Lutz Reichardt: Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen. Namenbuch. Dissertation. Göppingen 1973. S. 185 f, S. 186.
  12. Vgl. insgesamt: Waldemar Küther: Heimatbuch Holzheim. Gießen 1965.
  13. Peter Acht: Mainzer Urkundenbuch. Bd. 2,1 (1137 – 1175). Darmstadt 1968. Nr. 159.
  14. Andreas Kuczera: Grangie und Grundherrschaft. Zur Wirtschaftsverfassung des Klosters Arnsburg zwischen Eigenwirtschaft und Rentengrundherrschaft 1174–1400. Dissertation. Darmstadt und Marburg 2003. Hrsg.: Hessische Historische Kommission Darmstadt und Historische Kommission für Hessen. = Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 129. S. 136–141, S. 136.
  15. Zusammenschluss von Gemeinden zur Gemeinde „Pohlheim“, Landkreis Gießen vom 6. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 140, Punkt 165 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  16. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 307.
  17. Hauptsatzung. (PDF; 97 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Pohlheim, abgerufen im August 2020.
  18. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  19. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (Google Buch).
  20. Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 21, 438 (Google Buch).
  21. Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
  22. Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
  23. Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
  24. Theodor Hartleben (Hrsg.): Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Teil 1. Band 2. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S. 271 (online bei Google Books).
  25. Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
  26. Bekanntmachung vom 4. Oktober 1853,
    1) die Aufhebung der Großherzoglichen Landgerichte Großkarben und Rödelheim, und die Errichtung neuer Landgerichte zu Vilbel und Altenstadt, ferner die Verlegung des Landgerichtssitzes von Altenschlirf nach Herbstein;
    2) die künftige Zusammensetzung der Landgerichts-Bezirke in der Provinz Oberhessen betreffend. (Hess. Reg.Bl. S. 640–641)
  27. Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).