Hochquarz

Hochquarz-Paramorphose aus der Verkhneye Mine bei Dalnegorsk, Russland

Hochquarz, auch als Beta-Quarz beziehungsweise β-Quarz bekannt, ist ein nur hypothetisches, aber nicht anerkanntes Mineral, das als Hochtemperatur-Modifikation von Siliciumdioxid (SiO2) nur bei einer Temperatur von über 573 °C (unter Normaldruck) stabil ist. Aktuell gilt Hochquarz als Varietät von Quarz (auch Tiefquarz oder α-Quarz). Bei niedrigeren Temperaturen wandelt er sich spontan und reversibel in Tiefquarz um. In der Natur tritt Hochquarz daher nur als Pseudomorphose, genauer Paramorphose auf. Das heißt, das strukturell bereits zu Tiefquarz umgewandelte Mineral behält die äußere Kristallform von Hochquarz bei.

Klassifikation

In der letztmalig 1977 überarbeiteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Hochquarz zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung „MO2- und verwandte Verbindungen“, wo er zusammen mit Cristobalit, Quarz, Hochcristobalit, Hochtridymit und Tridymit die „Quarz-Tridymit-Cristobalit-Gruppe“ mit der Systemnummer IV/D.01a innerhalb der „SiO2-Familie“ bildete.

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[1] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hochquarz in die Abteilung „Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Zugehörigkeit zu bestimmten Mineralfamilien bzw. der Kristallstruktur. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit kleinen Kationen: Kieselsäure-Familie“ zu finden ist, wo es als hypothetisch gekennzeichnetes Mineral zusammen mit Quarz die „Quarzgruppe“ mit der Systemnummer 4.DA.05 bildet.

Chemismus

Neben Siliciumdioxid können Hochquarze Spuren verschiedener Elemente enthalten, darunter Aluminium (Al), Lithium (Li), Bor (B), Eisen (Fe), Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Titan (Ti), Rubidium (Rb), Natrium (Na) sowie Hydroxidgruppen (OH⁻).

Kristallstruktur

Hochquarz kristallisiert in der hexagonalen Raumgruppe P6222 (Raumgruppen-Nr. 180)Vorlage:Raumgruppe/180 oder P6422 (Nr. 181)Vorlage:Raumgruppe/181 mit den Gitterparametern a = 5,00 Å und c = 5,46 Å sowie 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften

Morphologie

Platonischer Körper mit 6 Flächen, 8 Ecken und 12 Kanten

Die typische Kristallform von Hochquarz ist die hexagonale Bipyramide, also zwei sechsseitige Pyramiden mit gemeinsamer Basis. Prismenflächen zwischen den Pyramiden bilden sich nur selten aus und sind meist stark verkürzt.[3] Diese Form bleibt oft auch nach der Umwandlung in Tiefquarz äußerlich erhalten, obwohl sich die innere Struktur verändert hat.

Physikalische Eigenschaften

Aufgrund der Strukturunterschiede zwischen dem hexagonalen Hochquarz und dem trigonalen Tiefquarz ergeben sich leicht veränderte physikalische Eigenschaften. So hat Hochquarz eine geringere Dichte von etwa 2,53 g/cm³, da die Atome in seiner Struktur etwas weiter voneinander entfernt sind.

Die Umwandlung von Tief- zu Hochquarz erfolgt bei Normaldruck mit steigender Temperatur ab 573,3 °C und ist bis 870 °C stabil.[4] Sie verläuft schnell und mit nur geringem Energieverlust.

Vorkommen

Hochquarz kristallisiert primär praktisch in allen magmatischen Gesteinen[4] wie unter anderem Rhyolith (auch Quarzporphyr), ist jedoch unter Normalbedingungen nicht stabil und wird daher in der Natur nicht als solcher gefunden. Durch schnelles Abkühlen der Lava bleibt allerdings der Habitus der im Gestein eingesprengten β-Quarzkristalle aufgrund der Bildung von Paramorphosen erhalten, das heißt, die äußere Form bewahrt, obwohl das Kristallgitter inzwischen in die α-Form übergegangen ist.

Bekannte Fundstätten in Deutschland unter anderem Ober-Ohmen in Hessen, der Steinbruch am Perlenhardtsberg bei Königswinter in Nordrhein-Westfalen, verschiedene Fundstätten in den Landkreisen Ahrweiler, Mayen-Koblenz, Vulkaneifel und Westerwald in Rheinland-Pfalz sowie einzelne Fundpunkte im Saarland, in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.[5]

In Österreich kennt man das Mineral unter anderem vom Pauliberg im Burgenland, aus Pfennigbach (Puchberg am Schneeberg) in Niederösterreich und aus einem Basalt-Steinbruch bei Klöch in der Steiermark.[5]

Verwendung

Die Umwandlung von Hoch- nach Tiefquarz bei 573,3 °C kann aufgrund der Entdeckung von Pseudomorphosen im Gestein nachgewiesen und daher als Geothermometer verwendet werden.[4]

Gut ausgebildete Kristalle in der typischen Hochquarz-Form sind aufgrund ihrer Seltenheit und Ästhetik ein begehrtes Sammlermineral.

Literatur

  • O. Mügge: Über die Zustandsänderung des Quarzes bei 570°. In: Neues Jahrbuch der Mineralogie. 1907, S. 181–196.
  • William Lawrence Bragg, Reginald Edmund Gibbs: The structure of α and β quartz. In: Royal Society. Band 109, Nr. 751, 1925, ISSN 0950-1207, S. 405–427, doi:10.1098/rspa.1925.0135 (englisch, royalsocietypublishing.org [PDF; 3,2 MB; abgerufen am 7. September 2025]).
  • Heinrich Arnold: Die Struktur des Hochquarzes. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 117, 1962, S. 467–469 (rruff.geo.arizona.edu [PDF; 134 kB; abgerufen am 7. September 2025]).
  • Heiner Flick, N. Weissenbach: Magmatische Würfelquarze in Rhyolithen (Quarzkeratophyren) des Rheinischen Schiefergebirges. In: Tschermaks Mineralogische und Petrographische Mitteilungen. Band 25, 1978, S. 117–129, doi:10.1007/BF01082857 (Download verfügbar bei researchgate.net [PDF; 3,5 MB; abgerufen am 7. September 2025]).
Commons: Hochquarz – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  2. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 205 (englisch).
  3. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4., durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 442.
  4. a b c Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 425–426.
  5. a b Hochquarz. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 7. September 2025.