Herwig Birg

Herwig Birg (* 4. Januar 1939 in Novi Kozarci (deutsch: Heufeld), Banat, Jugoslawien, heute Serbien) ist ein deutscher Bevölkerungswissenschaftler.
Werdegang
Nach seinem Abitur im Jahre 1959 studierte er zunächst an der Technischen Hochschule Stuttgart und an der Hochschule für Gestaltung Ulm. Ab 1962 nahm Herwig Birg ein Studium der Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin auf. Im Jahre 1970 erfolgte seine Promotion zum Dr. rer. pol. an der Freien Universität Berlin.
Ab Ende der 1960er Jahre bis zum Anfang der 1980er Jahre war Herwig Birg sowohl forschend am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin als auch lehrend an Berliner Universitäten und Hochschulen tätig. 1979 wurde er am Fachbereich für Gesellschafts- und Planungswissenschaften der Technischen Universität Berlin habilitiert.
Im Zeitraum von 1981 bis 2004 hatte er einen Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaft an der Universität Bielefeld inne und war dort Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik (IBS).
Seit 2004 ist er – neben seiner breitgefächerten Vortragstätigkeit – für verschiedene Auftraggeber forschend und beratend tätig. Er ist Beirat im Verband kinderreicher Familien Deutschland[1] und Mitglied des Münchner Finance Forums e. V.[2]
Herwig Birg ist seit 1969 mit Ursula Birg, geb. Gorr, verheiratet.
Rezeption
Birg gehörte in den 2000er Jahren zu den medial einflussreichsten Bevölkerungsforschern Deutschlands. So publizierte er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung 2005/06 einen zehnteiligen Grundkurs Demographie. Angesichts des von ihm als Katastrophe gezeichneten Geburtenrückgangs vor allem in Ostdeutschland forderte er ein „ökologisch nachhaltiges Handeln“, um den „Menschen als natürliche Spezies“ zu erhalten. Im Kontext solcher Debattenbeiträge zur demographischen Entwicklung in Deutschland warf ihm Björn Schwentker vor, seine Interpretation des demographischen Wandels neige zur Dramatisierung und werde in unguter Weise von der NPD aufgegriffen.[3]
Im Jahr der Flüchtlingskrise in Deutschland stellte Birg seine Thesen zur Zuwanderungspolitik beim Essener Bundesparteitag der AfD im Juli 2015 vor. Teile seiner kritischen Analysen zur Migration sollen anschließend von der AfD übernommen worden sein.[4]
Birg ist allerdings kein AfD-Mitglied geworden und sieht das völkische und rassistische Gedankengut, wie es in populistischer Weise von der AfD verbreitet wird als sehr kritisch an. Denn Birg distanziert sich von einer erbbiologischen Bevölkerungsideologie, er plädiert dafür, dass die Thematik des demografischen Wandels von politisch Verantwortlichen, ernster genommen werden sollte. Als Vorbild für deutsche Politiker sieht er z. B. Frankreich an, wo Demographiepolitik auf der Ebene des Staatspräsidenten angesiedelt ist. Denn Birg plädiert dafür, dass in einer Demokratie eine von völkischer Ideologie freie und rationale Bevölkerungspolitik möglich sein sollte, welche nichts mit der barbarischen Bevölkerungspolitik der Nazis zu tun hat.[5]
Allerdings widerspricht Birg weitverbreiteten Vorstellungen, über den demografischen Wandel, wie beispielsweise, dass eine in Deutschland schrumpfende Bevölkerung, gut für das Weltklima sei, denn selbst wenn Deutschland aufhören würde zu existieren, würde laut Birg die Weltbevölkerung trotzdem jedes Jahr anwachsen, der jährliche Zuwachs der Weltbevölkerung, beträgt nämlich 81 Millionen Menschen, ungefähr die Einwohnerzahl von Deutschland. Zudem hängen die Umweltschäden nicht in erster Linie von der Anzahl der Menschen ab, sondern von der Verhaltensweise der Menschen, und der Anzahl der Haushalte da durch die Bevölkerungsschrumpfung, der (Single)-Haushalte zunimmt, nehmen auch die die Emissionen von Treibhausgasen zu, da mehr Wohnungen geheizt werden müssen und mehr Kraftfahrzeuge bewegt werden müssen, so Birgs Argumentation.[5]
Auszeichnungen
- 1986 August-Lösch-Preis
Schriften (Auswahl)
- Biographische Theorie der demographischen Reproduktion (Forschungsberichte des IBS). Campus Verlag 1991, mit Ernst-Jürgen Flöthmann und Iris Reiter
- Die demographische Zeitenwende. Der Bevölkerungsrückgang in Deutschland und Europa. C.H.Beck, Oktober 2001, ISBN 3-406-47552-3
- Auswirkungen und Kosten der Zuwanderung nach Deutschland. IBS-Materialien; 49. Institut für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik, 2002. ISBN 3-923340-43-5 (pdf online)
- Die Weltbevölkerung: Dynamik und Gefahren. C.H.Beck, 2004, ISBN 3-406-51919-9
- Die ausgefallene Generation. Was die Demographie über unsere Zukunft sagt. C.H.Beck, Oktober 2005 (2. Aufl. 2006, ISBN 978-3406537493)
- Auswirkungen der demographischen Alterung und der Bevölkerungsschrumpfung auf Wirtschaft, Staat und Gesellschaft. Lit Verlag, April 2005
- Die alternde Republik und das Versagen der Politik. Eine demografische Prognose. Lit Verlag, 2014, ISBN 978-3-643-12827-0
Weblinks
- Literatur von und über Herwig Birg im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Herwig Birg bei IMDb
- Offizielle Website
- Deutschlandfunk (DLF) Kulturfragen. Debatten und Dokumente vom 8. Juni 2014: Tabus statt Realismus? Flüchtlinge aus Nordafrika, Migrationspolitik in Deutschland. der Zuwanderungsforscher Herwig Birg im Gespräch mit Karin Fischer
- Die Tagespost, Keine Gesellschaft kommt dauerhaft ohne eigenen Nachwuchs aus.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Wissenschaftlicher Beirat - Verband kinderreicher Familien Deutschlan… 11. August 2014, archiviert vom am 11. August 2014.
- ↑ Die Mitglieder des Münchner Finance Forum e. V. In: mffev.de. Archiviert vom am 23. Oktober 2014; abgerufen am 10. Juni 2024.
- ↑ Björn Schwentker: Aussterben abgesagt. In: Die Zeit, Ausgabe 24 (8. Juni 2006).
- ↑ Gerhard Voogt: WDR-Rundfunkrat: SPD kritisiert CDU wegen erzkonservativem Kandidaten In: Kölner Stadt-Anzeiger, 14. Juli 2021, abgerufen am 28. Oktober 2021.
- ↑ a b Herwig Birg: Politik und Familie. Die kleinste Zelle des Staates und das Tabu der Gewalt. In: Mariam Irene Tazi-Preve (Hrsg.): Das Versagen der Kleinfamilie: Kapitalismus, Liebe und der Staat. 2. Auflage. Verlag Barbara Budrich, Opladen, Berlin, Toronto 2018, ISBN 978-3-8474-2196-2, Kap. 2, S. 57–74, doi:10.2307/j.ctvdf018m.6, JSTOR:j.ctvdf018m.