Hermann Beyer (Schauspieler)

Hermann Beyer (1990)

Hermann Beyer (* 30. Mai 1943 in Altenburg, Thüringen) ist ein deutscher Schauspieler. Er begann seine Karriere am Berliner Maxim-Gorki-Theater und stand seit 1965 in über 160 Film- und Fernsehproduktionen vor der Kamera.

Leben

Hermann Beyer wurde als Sohn eines kaufmännischen Angestellten und einer Verkäuferin geboren. Sein Vater ist kurz vor seiner Geburt im Zweiten Weltkrieg gefallen. Beyer verbrachte größere Teile seiner Kindheit in Nobitz bei Altenburg, wo er mit der Mutter im Haus ihrer Eltern lebte. Sein älterer Bruder war der DEFA-Filmregisseur Frank Beyer (1932–2006).[1]

Beyer war in den 1960er Jahren mit seiner Schauspielkollegin Renate Krößner (1945–2020) liiert.[1] Aus dieser Beziehung entstammte der 1969 geborene Sohn Eugen-Daniel Krößner.[2] Sie spielten 2011 gemeinsam in dem Film Vergiss dein Ende eine Familie.[3]

Nach der Oberschule und Armeezeit in der damaligen DDR studierte Beyer von 1963 bis 1966 Schauspiel an der Staatlichen Schauspielschule Berlin.[1]

2023 zeichnete ihn die DEFA-Stiftung für sein Lebenswerk aus.[4]

Beyer lebt in Berlin-Friedrichshain.[5]

Wirken

Theater

1966 debütierte Beyer am Maxim-Gorki-Theater in Berlin mit der Hauptrolle in dem Märchen Der Schuhu und die fliegende Prinzessin von Peter Hacks. Es folgte 1971 ein Theaterengagement am Hans Otto Theater in Potsdam, wo er bis 1971 unter der Intendanz von Peter Kupke die Titelrolle in Goethes Egmont und den Kriegsheimkehrer Beckmann in Wolfgang Borcherts Drama Draußen vor der Tür. Ab 1972 folgte eine achtjährige Tätigkeit an der Volksbühne Berlin unter Benno Besson. Von 1980 bis 1983 war er als freischaffender Schauspieler tätig. Von 1983 bis 1999 gehörte er zum Berliner Ensemble, wo er sich zu einem der profiliertesten Interpreten der Texte von Heiner Müller etablieren konnte.[6]

Seit 1999 arbeitet Beyer wieder als freischaffender Schauspieler und spielte unter anderem an Bühnen in Chemnitz, Weimar, Hamburg, München, Bern, Schwerin, Zürich und bei der freien Theatergruppe Norton Commander. An den Münchner Kammerspielen war er in der Spielzeit 2003/2004 in Lars-Ole Walburgs Inszenierung von Antigone nach Sophokles zu sehen. An den Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin spielte er die Rolle des Landarztes und einstigen Frauenhelden Jewgeni Sergejewitsch Dorn in dem Drama Anton Tschechows Die Möwe. Zwischen 2008 und 2011 wirkte Beyer als Gast an der Berliner Volksbühne, wo er unter anderem in Die Maßnahme/Mauser nach Bertolt Brecht, Hanns Eisler und Heiner Müller zu sehen war.

In der Spielzeit 2015/16 war Hermann Beyer am Theater Konstanz an der Seite von Irma Münch in Treffen am Nachmittag, einem ursprünglich als Rundfunkhörspiel konzipierten Kammerstück von Henning Mankell, ein Ehepaar, das sich vor mehr als 20 Jahren „in aller Freundschaft“ getrennt hat und nun sich scheiden lassen möchte.[7] Kirsten Stina Michelsdatter schrieb für ihn und seine Spielpartnerin Münch das Stück Schwarz ohne Zucker. Die Uraufführung fand 2015 in Dresden am Societaetstheater statt und war auch in der Volksbühne Berlin, am Theater Konstanz und am Hans Otto Theater zu sehen.[8]

Film und Fernsehen

Parallel zu seiner Arbeit am Theater spielte Beyer auch in Film- und Fernsehproduktionen, anfangs noch als Nebendarsteller wie im Fernsehfilm Woyzeck von 1965. Seit Mitte der 1970er Jahre verstärkte sich seine Film- und Fernsehtätigkeit, anfangs noch für die DEFA und den DFF, wo er auch mit seinem Bruder arbeitete, später auch in gesamtdeutschen Produktionen.

Seine erste große Hauptrolle hatte Hermann Beyer unter der Regie von Rainer Simon in der Romanverfilmung Männer ohne Bart als Spreewälder Lehrer Nickel. Regisseur Lothar Warneke besetzte Hermann Beyer 1981 in Unser kurzes Leben, einer Verfilmung des Brigitte-Reimann-Romans Franziska Linkerhand, als Büroleiter Horst Werner Schafheutlin in der männlichen Hauptrolle an der Seite von Simone Frost. Eine weitere Zusammenarbeit mit Warneke erfolgte für dessen Filmproduktion Die Beunruhigung, in der er den geschiedenen Berliner Dieter Schramm verkörperte. Beyer und seine Kollegin Christine Schorn wurden für die beste darstellerische Leistung in Kino und Fernsehen 1982 mit dem Preis der Filmkritik der DDR für das Jahr 1982 ausgezeichnet.[9] In dem DEFA-Märchenfilm Gritta von Rattenzuhausbeiuns übernahm er 1985 die Hauptrolle des Julius Ortel von Rattenzuhausbeiuns.

Im Jahr 1998 spielte Herrmann Beyer in dem dokumentarischen Spielfilm Abgehauen seinen eigenen Bruder Frank Beyer, der bei dem Film auch Regie führte. In Christian Schwochows vielfach ausgezeichneten Spielfilm Novemberkind übernahm Hermann Beyer im Jahr 2008 neben Christine Schorn die Rolle des grantigen Opa Heinrich. 2014 folgte eine weitere Zusammenarbeit mit Schwochow für den ARD-Film Bornholmer Straße über den Abend des 9. November 1989 bzw. die Öffnung der DDR-Grenzen gehörte Beyer als Oberleutnant bzw. Lageoffizier Heinz Wachholz zu den DDR-Grenzern, die mit der Situation überfordert waren. Von 2017 bis 2020 spielte Hermann Beyer in der Netflix-Serie Dark (Staffel 1–3) als dementer Helge Doppler eine der Hauptrollen.[10] In der Filmkomödie Alte Bande von Kaspar Heidelbach und Dirk Kummer spielte er als Knasti Henne neben Mario Adorf und Tilo Prückner als ehemaliges Gaunertrio eine der drei Hauptrollen. In dem letzten Donna Leon-Krimi Stille Wasser spielte Beyer im Jahr 2019 an der Seite von Uwe Kockisch den Bienenzüchter Davide Casati, ein früherer Freund und Ruderpartner des Vaters des Commissarios.[11] In dem Fernseh-Dreiteiler Unterleuten – Das zerrissene Dorf nach dem Roman Unterleuten von Juli Zeh spielte Hermann Beyer 2020 als Kron eine der Hauptrollen.

Wiederholt gastierte Hermann Beyer in den Krimireihen Polizeiruf 110 und Tatort und spielte mehrfach in der ARD-Krankenhausserie In aller Freundschaft.

Hermann Beyer wurde für seine Rollen in Film und Fernsehen mehrfach nominiert, so erhielt er 2012 für seine Nebenrolle in Andreas Kannengießers Vergiss dein Ende eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis. 2025 wurde Hermann Beyer für den Deutschen Schauspielpreis 2025 in der Kategorie Episodische Rolle für seine Darstellung des Herrn Schimke in der ARD-Fernsehserie Marzahn Mon Amour nominiert.[12]

Filmografie

Kino

Fernsehfilme

Fernsehserien und -reihen

Theater

Hörspiele

Auszeichnungen

Literatur

  • Ralf Schenk (Hrsg.): Vor der Kamera. Fünfzig Schauspieler in Babelsberg. Henschel, Berlin 1995, ISBN 3-89487-235-7.
  • Ingrun Spazier: Hermann Beyer – Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film. Lieferung 27, 1996.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 68.
  • Frank-Burkhard Habel, Volker Wachter: Lexikon der DDR-Stars. Schauspieler aus Film und Fernsehen. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1999, ISBN 3-89602-304-7.
  • Frank-Burkhard Habel, Volker Wachter: Das große Lexikon der DDR-Stars. Die Schauspieler aus Film und Fernsehen. Erweiterte Neuausgabe. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2002, ISBN 3-89602-391-8.
  • Frank-Burkhard Habel: Lexikon. Schauspieler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2009, ISBN 978-3-355-01760-2.
  • Interview mit Hermann Beyer (2002). In: Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Der ungeteilte Himmel. Schauspieler aus der DDR erzählen. Neues Leben, Berlin 2009, ISBN 978-3-355-01764-0, S. 261–289.
  • Kurzbiografie zu: Beyer, Hermann. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.

Einzelnachweise

  1. a b c Hermann Beyer in Internationales Biographisches Archiv 49/2020 vom 1. Dezember 2020, im Munzinger-Archiv, abgerufen am 1. Dezember 2020 (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Apfel fällt nicht weit vom Stamm. In: morgenpost.de. 24. September 2011, abgerufen am 23. August 2025.
  3. Peter Zander: „Vergiß mein Ende bleibt“ in der Familie. In: morgenpost.de. 24. September 2011, abgerufen am 23. August 2025.
  4. Hermann Beyer erhält Preis für sein Lebenswerk. In: filmportal.de. 7. September 2023, abgerufen am 7. September 2023.
  5. Ulrich Seidler: Angst, Hunger und helle Liebe in den Augen von Hermann Beyer. In: Berliner Zeitung. 27. Mai 2023, abgerufen am 2. Juni 2023.
  6. C. Bernd Sucher (Hrsg.): Henschel Theaterlexikon. Mit Stückeregister. Bearbeitet von Michael Brommer mit Simon Elson. Henschel Verlag. Leipzig 2010. ISBN 978-3-534-23906-1.
  7. Brigitte Elsner-Heller: In aller Freundschaft. In: Südkurier. 20. Oktober 2015, abgerufen am 20. Oktober 2015.
  8. Schwarz ohne Zucker. In: henschel-schauspiel.de. 6. November 2021, abgerufen am 6. November 2021.
  9. Preis der Filmkritik der DDR. In: Horst Knietzsch: Prisma Kino- und Fernseh-Almanach 15. Henschelverlag, Berlin 1985, S. 44.
  10. Heidi Jäger: Geburtstagsfeier im Filmmuseum Potsdam – Schwermütig und leichtfüßig. In: Tagesspiegel Online. 2. Juni 2018, abgerufen am 2. Juni 2018.
  11. TV-Tipp: "Donna Leon: Stille Wasser". In: evangelisch.de. 2. Juli 2022, abgerufen am 2. Juli 2022.
  12. Timo Niemeier: Die Nominierungen für den Deutschen Schauspielpreis 2025. In: dwdl.de. 26. Juni 2025, abgerufen am 2. Juli 2025.