Henrike Naumann

Henrike Naumann (* 1984 in Zwickau) ist eine deutsche Installationskünstlerin. In ihren Arbeiten thematisiert sie den Zusammenhang von Möbeln und Inneneinrichtung mit politischen und gesellschaftlichen Themen.
Leben
Naumann ist die Enkelin des Künstlers Karl Heinz Jakob. Sie studierte Bühnen- und Kostümbild an der Hochschule für Bildende Künste Dresden und Szenografie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf.
Als Schlüsselerlebnis für ihren künstlerischen Werdegang nennt sie die Brandstiftung durch und anschließende Festnahme von Beate Zschäpe am 4. November 2011 im Zuge der Enttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Naumann befand sich zu diesem Zeitpunkt nur wenige hundert Meter entfernt, bei ihrer Großmutter im Stadtteil Weißenborn. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse setzte sie sich in ihrer Diplomarbeit Triangular Stories[1] mit der Vorgeschichte des NSU in der ostdeutschen Nachwendezeit auseinander.[2] Naumanns erste internationale Ausstellung war zur Ghetto-Biennale 2015 in Port-au-Prince, Haiti, mit einem gemeinsam mit Bastian Hagedorn realisierten fiktiven Museum of Trance zur Geschichte der elektronischen Musik in Deutschland.[3]
In der Arbeit Das Reich stellte sie 2017 im Berliner Kronprinzenpalais Stonehenge aus Schrankwänden nach, um sich am Ort der Unterzeichnung des Einigungsvertrags mit der Reichsbürgerbewegung auseinanderzusetzen.[4] In ihrer Ausstellung "Ostalgie" (2019) reflektierte Naumann das Nachleben der DDR in den 1990er Jahren und zeigte ihre radikale Arbeitsweise mit Architektur, indem sie die Wände der Galerie mit Teppichboden bezog und als Boden für ihre Möbel um 90 Grad gekippt benutzte.[5]
Im Jahr 2021 waren mehrere Werke von Henrike Naumann zeitgleich in der Ukraine und in Russland ausgestellt, unter anderem im PinchukArtCentre in Kiew und in der Tretjakow-Galerie in Moskau. Beim russischen Überfall auf die Ukraine 2022 wurden die Ausstellungen geschlossen. Eine Arbeit wurde aus Kiew durch das Kriegsgebiet evakuiert.[6] Im selben Jahr fand Naumanns erste US-Einzelaustellung statt im SculptureCenter in New York. Darin untersuchte sie die Rolle, die Möbel beim Sturm aufs Kapitol in Washington 2021 gespielt haben.[7]
Ihre künstlerische Arbeit verbindet Naumann mit Vortrags- und Lehrtätigkeit. Mit dem Vortrag „What comes after Postmodernism“[8] in der Bundeskunsthalle Bonn reflektierte sie über ihre Arbeit auf der Kyiv Biennale 2023 und das Thema Kunst und Krieg.
Für die Gestaltung des Deutschen Pavillons auf der 61. Biennale in Venedig wurden Henrike Naumann und Sung Tieu von der Kuratorin Kathleen Reinhardt benannt.[9]
Ausstellungen
Einzelausstellungen
- 2013 Generation Loss, Freunde Aktueller Kunst, Zwickau
- 2016 Intercouture, Musée d'Art Contemporain et Multimédia Echangeur de Limete, Kinshasa, Demokratische Republik Kongo
- 2016 Aufbau Ost[10], Galerie Wedding, Berlin
- 2018 DDR Noir[11], Galerie im Turm, Berlin
- 2018 2000 [12], Museum Abteiberg, Mönchengladbach
- 2019 2000[13], LVZ-Kunstpreis, Museum der bildenden Künste, Leipzig
- 2019 2000[14] - Mensch.Natur.Twipsy. Kunstverein Hannover
- 2019 Das Reich[15], Belvedere 21, Wien
- 2019 Ostalgie[16], KOW Berlin
- 2021 Einstürzende Reichsbauten[17], Kunsthaus Dahlem, Berlin
- 2022 Re-Education[18], SculptureCenter, New York, USA
- 2022 2000 – Back Home[19], Gropius Bau, Berlin
- 2022 Westalgie[20], CAC – la synagogue de Delme, Frankreich
- 2023 Westalgie[21], Museum für Zeitgenössische Kunst (IKOP) in Eupen, Belgien
- 2024 Innere Sicherheit[22], Mauermahnmal im Deutschen Bundestag
Gruppenausstellungen (Auswahl)
- 2017 5th Ghetto Biennale[23], Port-au-Prince, Haiti
- 2017 3. Berliner Herbstsalon[24], Kronprinzenpalais, Berlin
- 2018 Because I live here[25], Museum für Moderne Kunst, Frankfurt/Main
- 2018 Volksfronten[26], stierischer herbst, Graz, Österreich
- 2018 Divided We Stand[27], Busan Biennale, Südkorea
- 2019 Innenleben[28], Haus der Kunst, München
- 2019 Point of No Return[29], Museum der Bildenden Künste Leipzig
- 2021 Future Generation Art Prize[30], PinchukArtCentre, Kyiv, Ukraine
- 2021 Illiberal Arts[31], Haus der Kulturen der Welt, Berlin
- 2022 A War In The Distance[32], stierischer herbst, Graz, Österreich
- 2022 Atis Rezistans / Ghetto Biennale[33], documenta fifteen, Kirche St. Kunigundis, Kassel
- 2023 On The Periphery Of War[34], Kyiv Biennial, Iwano-Frankiwsk, Ukraine
- 2023 Channeling[35], Museum für Moderne Kunst, Frankfurt/Main
- 2023 Illiberal Lives[36] im Ludwig Forum Aachen, mit Pauline Curnier Jardin, Johanna Hedva, Ho Rui An, Blaise Kirschner, Jota Mombaça, Henrike Naumann, Melika Ngombe Kolongo, Bassem Saad, Mikołaj Sobczak und Jordan Strafer, mit fünf Installationen von Henrike Naumann
- 2024 Made in Germany? Art and Identity in a Global Nation[37], Busch-Reisinger Museum, Harvard Art Museums, Cambridge, Massachusetts, USA
- 2024 Die Reise der Bilder[38] , Lentos Linz, Österreich
- 2025 The Impermanent – Four Takes on the Collection[39], Museum of Modern Art Warsaw, Polen
Publikationen
- Henrike Naumann – Concepts[40], Bierke Books, Berlin 2024, ISBN 978-3-948546-18-2
- Henrike Naumann, Angela Schönberger, Andreas Brandolini (Autoren), Matthias Kliefoth (Hrsg.): Einstürzende Reichsbauten[41], DISTANZ Verlag, 2021, ISBN 978-3-95476-358-0.
- Henrike Naumann - 2000[42], Spector Books, Leipzig 2019, ISBN 978-3-95905-357-0
- Texte zur Kunst #105[43] (2017)
- Henrike Naumann - The Effects Can Last Forever[44], Goldrausch, Berlin (2014)
- Henrike Naumann - Triangular Stories[45], Diplomarbeit an der Hochschule für Film und Fernsehen “Konrad Wolf” Potsdam-Babelsberg 2012
Preise, Stipendien und Residenzen (Auswahl)
- 2025 Kurzzeitstipendium der Deutschen Akademie Rom Villa Massimo[46]
- 2024/2025 Berliner Programm Künstlerische Forschung[47]
- 2024 Villa Aurora[48]
- 2019 Max-Pechstein-Förderpreis
- 2019 Kunstpreis der Leipziger Volkszeitung[49]
- 2018 Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium
- 2014 Goldrausch Künstlerinnenprojekt[50]
- 2013 Expanded Media Award, Filmwinter Stuttgart[51]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ deutschlandfunkkultur.de: Die Künstlerin Henrike Naumann - Neonazismus und Partyrausch. 10. September 2019, abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Eröffnungsrede Henrike Naumanns zur Ausstellungseröffnung „Innere Sicherheit. Eine Intervention“. In: Deutscher Bundestag. Abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Artist List : GHETTO BIENNALE. Abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Gorki - Herbstsalon | Henrike Naumann. Abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Ostalgie. Abgerufen am 27. Mai 2025 (englisch).
- ↑ PIN–UP | HENRIKE NAUMANN ON FASCISM IN FURNITURE, SURVEILLANCE AND THE POLITICS OF THE FLINTSTONES. Abgerufen am 27. Mai 2025 (englisch).
- ↑ Henrike Naumann: Re-Education. Abgerufen am 27. Mai 2025 (englisch).
- ↑ Bundeskunsthalle: Henrike Naumann on Postmodernism. 18. Dezember 2023, abgerufen am 27. Mai 2025.
- ↑ Henrike Naumann & Sung Tieu - Deutscher Pavillon 2026. 26. Mai 2025, abgerufen am 15. September 2025.
- ↑ Galerie Wedding. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Henrike Naumann – Galerie im Turm. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ 2018 HENRIKE NAUMANN – Museum Abteiberg. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 24. Januar 2025; abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Museum der bildenden Künste Leipzig: LVZ-Kunstpreis 2019. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Henrike Naumann - Ausstellungen - Kunstverein Hannover. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Belvedere Museum Wien | Henrike Naumann Ausstellung. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Ostalgie. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ Henrike Naumann. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ Henrike Naumann: Re-Education. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ Back Home. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ CENTRE D'ART CONTEMPORAIN LA SYNAGOGUE DE DELME: Exhibitions - Westalgie. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ IKOB | Henrike Naumann. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Deutscher Bundestag - Henrike Naumann - Innere Sicherheit. Eine Intervention. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Artist List : GHETTO BIENNALE. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Gorki - Herbstsalon | Henrike Naumann. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ MMK - Museum für moderne Kunst. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Henrike Naumann | steirischerherbst’18. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Divided We Stand. Abgerufen am 10. Juni 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Innenleben. Njideka Akunyili Crosby, Leonor Antunes, Henrike Naumann,… Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Museum der bildenden Künste Leipzig: Point of No Return. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Future Generation Art Prize 2021. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ Haus der Kulturen der Welt: Illiberal Arts. 15. August 2022, abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Henrike Naumann - steirischer herbst. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Atis Rezistans | Ghetto Biennale. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ Kyiv Biennial 2023. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ MMK - Museum für moderne Kunst. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Illiberal Lives (Illiberale Leben) – Ludwig Forum. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ Harvard: Exhibitions, Made in Germany? Art and Identity in a Global Nation | Harvard Art Museums. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ Uprooted Pictures | Lentos Kunstmuseum Linz. 20. März 2024, abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ The Impermanent. Abgerufen am 10. Juni 2025 (englisch).
- ↑ Henrike Naumann: CONCEPTS | Bierke. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Einstürzende Reichsbauten | Deutsch | 978-3-95476-358-0. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ 2000. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Heft Nr. 105 / March 2017 „Wir sind ihr / They are us“. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ The Effects Can Last Forever. (PDF) Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 31. Dezember 2019; abgerufen am 10. Juni 2025. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Henrike Naumann Diplom. (PDF) Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 2. Juli 2019; abgerufen am 10. Juni 2025. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Villa Massimo | Henrike Naumann. 2025, abgerufen am 15. September 2025.
- ↑ Künstlerischeforschung Berliner Förderprogramm: Henrike Naumann. Abgerufen am 10. Juni 2025 (deutsch).
- ↑ PRESSEMITTEILUNG Transatlantischer Kulturaustausch. (PDF) Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Schränke und Schmerzen: Henrike Naumann erhält den LVZ-Kunstpreis 2019
- ↑ Henrike Naumann – Goldrausch. Abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest // 'Triangular Stories' gewinnt Expanded Media Preis. Abgerufen am 10. Juni 2025.