Heinrich Kusch

Heinrich Kusch (* 4. Mai 1948 in Graz) ist ein österreichischer Archäologe, Prähistoriker, Höhlenforscher und Buchautor. Er ist auf die Erforschung von Höhlen, Erdställen und unterirdischen Kultstätten spezialisiert und war über zwei Jahrzehnte Lehrbeauftragter an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seine populärwissenschaftlichen Werke lösten teils kontroverse Diskussionen aus.

Leben und akademischer Werdegang

Kusch wuchs in Graz auf und nutzte den Grazer Schloßberg bereits in seiner Kindheit für Erkundungen. Ein prägendes Erlebnis war sein Besuch der Großen Badlhöhle bei Peggau im Alter von acht Jahren, wodurch sein Interesse an Höhlenforschung geweckt wurde. In der Hauptschule vermittelte ihn sein Lehrer an den Landesverein für Höhlenkunde in der Steiermark, dem er 1961 beitrat. Seine Mutter unterstützte ihn früh mit einer Fotokamera zur Dokumentation.

Nach Lehr- und Berufsausbildung, u. a. Handwerk, Musiker in der Rockband Hide & Seek[1], Programmierer, Versicherungs- und Bankkaufmann, begann er ein Studium an der Universität Graz mit den Hauptfächern Alte Geschichte, Altertumskunde sowie den Nebenfächern Ur‑ und Frühgeschichte, Klassische Archäologie und Altorientalistik. Er schloss das Studium 1992 als Magister philosophiae und 1994 als Doktor der Philosophie, jeweils mit Auszeichnung, ab. Zwei Jahrzehnte lang ist er Lehrbeauftragter am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde in Graz, stets mit starkem Fokus auf Höhlenarchäologie Österreich.

Seit seiner Jugend betreibt Kusch intensive Forschungen. Er untersuchte in der Steiermark über 2.000 Naturhöhlen, führte Vermessungen, Archivaufarbeitungen, Ausgrabungen und Neuforschungen durch. 1969 legte er in Obertraun die Höhlenführerprüfung ab. 1970 nahm er an einer internationalen Expedition ins Karstsystem Ojo Guareña in Spanien teil.

Ab 1973 unternahm er mit seiner Frau Ingrid Kusch zahlreiche Expeditionen nach Vorderasien, Südasien, Hinterindien, China, Südkorea und Indonesien. Hier dokumentierte er über 1.600 Höhlen mit kultischer Nutzung und zahlreiche Felsbildstätten. Seine Hauptpublikationsreihe davon ist Höhlengebiete Südostasiens I–XVI; zudem war er Mitautor der Speleological Bibliography of South Asia. In der Steiermark leitete er archäologische und paläontologische Grabungen in der Lurgrotte, im Moosschacht und in der Blasloch-Großhöhle. Er implementierte Sinter- und U/Th-Datierungen in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck.

Ein Schwerpunkt seiner Forschung liegt auf künstlichen unterirdischen Anlagen (unter anderem Erdställe) sowie seiner Meinung nach megalithischen Strukturen. Aus dieser Arbeit entstanden zahlreiche Publikationen, Vorträge und Informationshefte. 2009 beteiligte er sich an der Organisation von Höhlensäuberungen und gründete 2011 den Tourismusverein Sub Terra Vorau, ebenso war er an der Einrichtung eines Museums im Waldl-Turm des Stiftes Vorau beteiligt.[2]

Kritik

Seit 2009 haben die Kuschs drei Bücher über Erdställe und andere unterirdische Gänge und Räume in der Steiermark veröffentlicht, die vor allem in Österreich Furore machten. Das erste Buch (Tore zur Unterwelt) wurde in Fachzeitschriften durchweg negativ besprochen. Kritisiert wurden etwa überzogene Interpretationen, Fehlbestimmungen von Funden und die Heranziehung esoterischer Erklärungen,[3] und insgesamt eine „wissenschaftlich fragwürdige Arbeitsweise“.[4][5]

Das zweite Buch (Versiegelte Unterwelt) hat bis jetzt nur wenig Beachtung in der Forschung gefunden. In zwei Bezugnahmen werden Kuschs naturwissenschaftliche Datierungen der untersuchten Anlagen auf Alter von 10.000 oder 20.000 Jahren als Fehlinterpretation der Messergebnisse zurückgewiesen.[6][7] Bei einer von den Kuschs prominent als Quelle herangezogenen Urkunde wird aufgrund der verwendeten Schrift und Sprache die Echtheit in Zweifel gezogen.[8]

In ihrem dritten Buch zu dem Thema (Geheime Unterwelt) behaupten die Kuschs, die Gangsysteme hätten aufgrund „quantenphysikalischer Funktionen“ ein „frequenzgesteuertes Transportsystem“ gebildet. Mithilfe dieser „alten energetischen Teleportationslinien“ hätten Menschen bis ins Mittelalter Handel mit verschiedenen unterirdischen Völkern getrieben, darunter einem reptiloiden Volk von „Drachenwesen“.[9] Als „prähistorische“ Funde aus einer ausgedehnten Kelleranlage in Klosterneuburg präsentieren sie angeblich eiszeitliche Tierknochen sowie bemalte Tonfiguren, die der jungsteinzeitlichen Vinča-Kultur vergleichbar sind, von den Kuschs jedoch aufgrund von Radiokarbondatierungen auf Alter bis zu 56.000 Jahre und damit in die Eiszeit datiert werden. Steinplatten mit einer unbekannten Schrift, die sie mit der Donauschrift in Verbindung bringen, sollen unter anderen Ritzzeichnungen auch „eine uns unbekannte Spezies“ zeigen, die ihrer Vermutung nach „durch einen Unfall (Absturz?) auf der Erde notlanden mussten.“[10] Ihrer Meinung nach wurden die Anlagen von „der Kirche“ zerstört, die deren Existenz bis heute vertusche, wohingegen die CIA und der Mossad angeblich in Österreich mit geheimen Messungen schon nach ihnen gesucht haben sollen.[11] Der Verlag für Sammler hat inzwischen angekündigt, von dem Buch wegen „einiger fragwürdiger oder sogar falscher Angaben“ vorerst keine zweite Auflage herauszugeben.[12] Die überarbeitete Neuauflage erschien im Dezember 2022 über den Authal-Verlag. Im Februar 2024 ist die 4. Auflage im Authal Verlag erschienen.

Werke

  • Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung der Höhlenfundplätze entlang des mittleren Murtales. Peter Lang 1996, ISBN 978-3-631-49479-0
  • Höhlen der Steiermark. Phantastische Welten. Steirische Verlagsgesellschaft, Graz 1998, ISBN 3-85489-007-9
  • Kulthöhlen in Europa: Götter, Geister und Dämonen. Köln u. a., VGS 2001, ISBN 978-3-8025-2857-6
  • Tore zur Unterwelt. Das Geheimnis der unterirdischen Gänge aus uralter Zeit. Verlag für Sammler, Graz 2009, ISBN 978-3-85365-237-4
  • Versiegelte Unterwelt. Graz: Verlag für Sammler, Graz 2014, ISBN 978-3-85365-272-5
  • Asiens Unterwelt. Das Jahrtausende alte Erbe unterirdischer Kultstätten, Graz: Verlag für Sammler, 2018, ISBN 978-3-85365-296-1
  • Geheime Unterwelt: Auf den Spuren von Jahrtausende alten unterirdischen Völkern, V.F.Sammler, 2021, ISBN 978-3-85365-323-4
  • Geheime Unterwelt: Das Vermächtnis der Jahrtausende alten unterirdischen Völker, Authal Verlag, 2022, ISBN 978-3-9504211-8-7

Publikationen (Auswahl)

  • Tauchversuche im Schmelzbachursprung der Lurhöhle (1967)
  • Die Höhlen im Kugelstein bei Peggau (1972)
  • Neuentdeckung in der Bärenhöhle bei Mixnitz (1972)
  • Die Fresken und Höhlen von Sigiriya (Ceylon) (1973)
  • Vom Zufluchtsort zur Kultstätte (Magisterarbeit, 1992)
  • Zur kulturgeschichtlichen Bedeutung der Höhlenfundplätze entlang des mittleren Murtales (Dissertation, 1994)
  • Höhlen der Steiermark. Phantastische Welten (1998)

Literatur

Einzelnachweise

  1. SR-Archiv österreichischer PopularmusikSRA
  2. Friedrich Oedl: Heinrich Kusch, zum Siebziger. In: Verbandsnachrichten des Verbandes Österreichischer Höhlenforscher, Folge 2–3/2018, S. 1–2. ZOBODAT
  3. Th. Rathgeber: @1@2Vorlage:Toter Link/www.einradfreak.at (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) Hinweis auf ein Buch über Erdställe, Höhlen und merkwürdige Phänomene. In: Beiträge zur Höhlen- und Karstkunde in Südwestdeutschland 47, 2010, S. 2.
  4. Thomas Kühtreiber: Heinrich und Ingrid Kusch: Tore zur Unterwelt. Das Geheimnis der unterirdischen Gänge aus uralter Zeit. Rezension. In: Die Höhle. Band 61, 2010, S. 137–140 (zobodat.at [PDF]).
  5. Josef Weichenberger: Kritische Anmerkungen zu den Forschungsergebnissen von Heinrich Kusch. In: Zeitschrift des Historischen Verein für Steiermark 103, 2012, S. 239–265 (online auf erdstallforschung.at).
  6. Otto Cichocky: Zur Datierung von Erdställen - Teil 2. In: Der Erdstall 44, 2018, S. 97.
  7. Dieter Ahlborn: Stammen die Erdställe aus prähistorischer Zeit? In: erdstallforschung.de. 19. Juli 2016, abgerufen am 28. Juni 2023.
  8. R. Keller: Versteckt im Slaufluog. Eine mittelalterliche Quelle zur Erdstallfrage. In: Der Erdstall 44, 2018, S. 29 Anm. 40.
  9. Geheime Unterwelt, 2021, S. 74–86, 39–56.
  10. Geheime Unterwelt, 2021, S. 110–170.
  11. Geheime Unterwelt, 2021, S. 74, 32, 36 und 67.
  12. Geheime Unterwelt auf der Internetseite des Leopold-Stocker-Verlags, abgerufen am 19. April 2023.