Heine-Haus (Hamburg-Neustadt)

Das Heine-Haus ist ein mehrstöckiges Kontorhaus in der Hamburg-Neustadt am Jungfernstieg 34. Es wurde 1903 nach Plänen von Ricardo Bahre errichtet und trägt von Beginn an den Namen Heine-Haus.
Heutiger Zustand
Der Eingang des Hauses ist mittig zwischen zwei Ladengeschäften. Im zentralen Treppenhaus führt ein Fahrstuhl bis in das vierte Stockwerk. Mittig in der Fassade steht ein verglaster Erker über drei Stockwerke hervor. Die großen, im Jugendstil ausgeformten Fenster bilden einen markanten Kontrast zu den Nachbargebäuden. Rundbogige Fenster in der vierten Etage bilden den Abschluss der Fassade. Das Dach ist nach Kriegsschäden neu aufgebaut worden. 2002 wurde das Heine-Haus nach Entwürfen vom Architekturbüro Ockelmann, Rottgardt & Partner umgebaut und renoviert.[1] Das Heine-Haus ist in der Liste der Kulturdenkmäler in Hamburg-Neustadt eingetragen und trägt die lfd. Nr. 12774. Eigentümer des Gebäudes ist die Campe’sche Historische Kunststiftung.
Geschichte

– 1842
Der Standort, an dem das Heine-Haus steht, ist seit Mitte der 1820er Jahre mit dem Namen „Heine“ verbunden. Seit dieser Zeit wohnte und arbeitete hier der Bankier Salomon Heine. Am 7. Mai 1842 musste das Gebäude, das 1836 sein Schwiegersohn Adolph Halle[2] erworben hatte,[3] gesprengt werden, um eine weitere Ausbreitung des Großbrandes, der nahezu ein Drittel der Hamburger Innenstadt vernichtet hatte, zu verhindern. Auch die unmittelbar angrenzenden Gebäude waren betroffen: das Hotel „Alte Stadt London“ und „Streit's Hotel“ wurden ebenfalls gesprengt.[4]
1845 – 1866
An gleicher Stelle wurde vom Architekten Franz Gustav Forsmann im spät-klassizistischen Stil ein dreigeschossiges Haus gebaut. Vermutlich hat Salomon Heine das Haus nie bewohnt, da er vor dessen Fertigstellung verstorben war. Mit dem Einzug 1845 wurde Therese Halle als Erbin Eigentümerin. Anstelle des Hotels „Alte Stadt London“ war Sillem’s Bazar entstanden. Das „Streit's Hotel“ wurde wieder aufgebaut.
1867 – 1900

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1866 beauftragte Therese Halle den Architekten Martin Haller mit dem Umbau des Hauses zu einer Unterkunft für alleinstehende Frauen. Therese Halle hatte dafür das „Heine'sche Asyl“ für Witwen und Jungfrauen ab 50 Jahren ohne Unterschied des Standes und der Konfession gegründet. Zu den ca. 45 Bewohnerinnen gehörte u. a. Luise Fröbel,[5] deren Name und der ihres Mannes mit der Einführung von Kindergärten eng verbunden ist. Die als „Heine'sche Asyl“ benannte Einrichtung, die 1867 als Eigentümerin eingetragen wurde, bestand an dieser Stelle bis zum Verkauf. Im September 1902 eröffnete am Holstenwall ein neuerichtetes Haus.[6] Es existiert heutzutage unter der Bezeichnung „Heine'sches Wohnstift“ seit 2006 innerhalb der Hartwig-Hesse-Stiftung.
Im Jahr 1880 wurden das Nachbargebäude „Sillem’s Bazar“ und die an die Straße „Große Bleichen“ angrenzenden Häuser abgerissen. An dieser Stelle wurde 1883 das Hotel „Hamburger Hof“ errichtet.
1903 – 1953
Im Jahre 1900 wurde das Grundstück für 450.000 Mark an Julius Campe jun. verkauft.[7] Er ließ das Forsmann-Gebäude abreißen und beauftragte das Architekturbüro Bahre & Querfeld mit dem Bau eines Büro- und Geschäftsgebäudes.[8] In der zweiten Hälfte des Jahres 1903 war der Neubau bezugsfertig, am 6. Dezember eröffnete das „Wein-Restaurant W. Schümann“ seine neuen Lokalitäten.[9][10] Julius Campe jun., dessen Patenonkel Heinrich Heine war, benannte das Gebäude „Heine-Haus“. Campe starb 1909. Testamentsvollstrecker waren Julius Kallmes und der Rechtsanwalt H.[Hermann] Kleinschmidt. Kallmes[11] hatte zu einem unbekannten Zeitpunkt eine Hälfte des Hauses erworben.[12] Aus dem Campeschen Testament ging später die „Campe’sche Historische Kunststiftung“ hervor, die heutzutage Eigentümerin des „Heine-Hause“s ist. Nachdem seit den 1920er Jahren „Kallmes und Miteign.“ über viele Jahre im Straßenverzeichnis der Hamburger Adressbücher als Eigentümer eingetragen gewesen waren, erschien in der Ausgabe von 1940 der Eintrag: „Campe, Jul. Erben“. Zudem war auch der Name des Kontorhauses geändert worden, er lautete: „Julius-Campe-Haus“. Ab der Ausgabe von 1953 erschienen wieder als Miteigentümer „J. Kallmes Erben“ und auch der Name des Hauses lautete wieder „Heine-Haus“.
Hausnummer
- Jungfernstieg 6 bis 1833[13]
- Jungfernstieg 28 bis 1843[14]
- Jungfernstieg 18 bis 1885
- Jungfernstieg 34 ab 1885
Mieter (Auswahl)

- 1906–1939 Photographisches Atelier Rudolf Dührkoop und Nachfolger.[15] Der Photograph Rudolf Dührkoop hatte im September 1906 zwei Etagen neu bezogen. Die Ausgestaltung der Räumlichkeiten geschah durch Gustav Peter Dorén. Rudolf Dührkoop überließ Ende des Jahres 1906 seiner Tochter Minya Dührkoop das Atelier. Nach ihrem Tode 1929 wurde das Atelier unter dem Namen „Minya Dührkoop“ an dieser Stelle bis 1939 betrieben.
- 1934–1988 Hamburger Kinderstube
- 1904–2000 Schümanns Austernkeller.[16] Wilhelm Schümann,[17] Selma Schümann,[18] Jutta Schümann[19]
- 1905–1914 Hamburger Sport-Club (Betreiber einer Pferderennbahn in Groß–Borstel).
- 1904–1953 Steinway & Sons[20][21]
- 1927 bis mindestens 1975 Carl Kellner Hutfabrik (Ladengeschäft)
Literatur
- Gisela Schütte: Heine-Haus (117). In: Hamburger Kontorhäuser. Im Auftrag des Denkmalschutzamtes mit einem Stipendium der Handelskammer Hamburg. Band 2. Manuscript, Hamburg 1975, S. [183] 154 (uni-hamburg.de – schlecht reproduzierte Fotografie, S. [187]).
- Holmer Stahncke: Glaspalast im Jugendstil- 1903 in einer Baulücke errichtet. In: Hamburger Abendblatt. 2. Oktober 2009 (abendblatt.de).
- Sylvia Steckmest: Drei Stifter für Hamburg. Teil 2, Therese Halle. In: Liskor – Erinnern. Band 3, September 2016, ISSN 2509-4491, S. 14–21 (jghh.org [PDF]).
- Norbert Körner: Das Heine'sche Haus am Alten Jungfernstieg. In: Literatur- und Unterhaltungs-Blatt. Beilage des „Hamburger Fremden-Blattes“. Band 74, Nr. 298, 20. Dezember 1902, S. 25 (uni-hamburg.de).
Zur Ausstattung Schümanns Austernkeller
- Rüdiger Joppien, Roland Jaeger: Peter Gustaf Dorén. Ein Hamburger Raumkünstler um 1900. Hrsg.: Peter Nils Dorén. Hatje Cantz, Berlin 2021, ISBN 978-3-7757-5050-9, S. 117–125.
Weblinks
- Fotos von Treppenhäusern in Hamburgs Kontorhäusern, u. a. im Heine-Haus
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Robbin: Heine-Haus Hamburg. In: Architektur-Bildarchiv. Thomas Robbin, 2013, abgerufen am 14. Februar 2022.
- ↑ Halle, Christian Hermann Adolph von. In: Deutsche Biographie (Index-Eintrag).
- ↑ Robert Körner: Das Heinische Haus am Alten Jungfernstieg.(„Die Beschränkung der Israeliten in Ansehung des Erwerbs von Grundeigentum ist erst am 1. Dezember 1842 aufgehoben worden. Das Bürgerrecht und die völlige Gleichstellung der Israeliten mit den Christen wurde ihnen erst am 21. Februar 1849 zugestanden.“ „… Um diese … Beschränkungen zu umgehen, bedienten die Israeliten sich … christlicher Freunde, indem man auf deren Namen Grundstücke erwarb.“)
- ↑ Wilhelm Melhop: Alt-Hamburgische Bauweise. Kurze geschichtliche Entwicklung der Baustile in Hamburg. 1. Auflage. Boysen & Maasch, Hamburg 1908, S. 204–205 (Digitalisat).
- ↑ Unter „Jungfernstieg 18“ im Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1870 und in den Folgejahren angegeben.
- ↑ Tagesbericht. Hamburg 24. September 1902. Für das Heine'sche Asyl, … In: Hamburger Fremdenblatt. 25. September 1902, Erste Beilage, S. [5], (Digitalisat)
- ↑ Tagesbericht. Besitzwechsel von Grundstücken. In: Hamburger Fremdenblatt. 18. September 1900, S. [2], (Digitalisat)
- ↑ Carl Querfeld, der laut einigen Angaben auch an den Planungen beteiligt gewesen sein soll, war bereits 1893 verstorben. Siehe: Reinhard Glaß: Querfeld, Carl Friedrich Heinrich Ludwig Philipp. In: Architekten und Künstler mit direktem Bezug zu Conrad Wilhelm Hase (1818–1902). Reinhard Glaß, abgerufen am 16. Februar 2022.
- ↑ Anzeige in: Hamburger Fremdenblatt. 5. Dezember 1903, S. [11], (Digitalisat)
- ↑ Die Neueröffnung des bekannten Austern- und Weinrestaurants von W. Schümann im Heine-Haus am Jungfernstieg … In: Hamburger Fremdenblatt. 10. Dezember 1903, S. [10], (Digitalisat)
- ↑ Julius Kallmes [sen.] war Hausmakler in Firma „N. J. Kallmes“ und als deren Inhaber auch Mieter im Jungfernstieg 34. Er verstarb am 28. März 1911.
- ↑ Dies geht aus einer Anzeige hervor, die am 13. Mai 1928 im Hamburger Fremdenblatt (Morgen-Ausgabe), S. 11, (Digitalisat) erschien. Darin wurde mitgeteilt, daß die Haushälfte von Julius Heinrich Wilhelm Campe zwecks Aufhebung einer Gemeinschaft versteigert werden sollte.
- ↑ Die Straßen wurden 1833 mit neuen Nummern und Straßenschildern versehen. Siehe: Cipriano Francisco Gaedechens: Historische Topographie der Freien und Hansestadt Hamburg und ihrer nächsten Umgebung von der Entstehung bis auf die Gegenwart. zweite Auflage. Mauke Söhne, Hamburg 1880, S. 218 (uni-hamburg.de).
- ↑ „6. November“, siehe Jungfernstieg. In: Straßenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1844
- ↑ Letzter Eintrag im Personenverzeichnis des Hamburger Adressbuches von 1939.
- ↑ Gisela Reiners: Schümanns Austernkeller wird am Dienstag geräumt. In: DIE WELT. Axel Springer SE, 27. Oktober 2000, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Wilhelm August Daniel Schümann, erster Inhaber des Austernkellers, hatte bei Cölln am Brodschrangen den Umgang mit Austern und Kaviar gelernt und sich 1884, zunächst im Kellergeschoss von Streit‘s Hotel (Jungfernstieg 38), mit dem Handel selbstständig gemacht. 1903 hatte er zusätzlich ein „Wein-Restaurant“ eröffnet.
- ↑ Sabine Boehlich: Selma Schümann (geborene Cohn). In: Stolpersteine Hamburg. Landeszentrale für politische Bildung, August 2018, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Sabine Minkwitz: Austernkeller-Wirtin Jutta Schümann ist tot. In: Hamburger Abendblatt. Funke Mediengruppe, 2. Mai 2006, abgerufen am 15. Februar 2022.
- ↑ Die Steinway-Konzerte: Gewachsene Tradition. Abgerufen am 15. Mai 2025 (deutsch).
- ↑ Anzeige in Hamburger Fremdenblatt. 21. September 1904, S. [24], (Digitalisat)
Koordinaten: 53° 33′ 15″ N, 9° 59′ 26″ O