Haynesit

Haynesit
Gelbe, radialstrahlige Aggregate von Haynesit auf Tonstein aus der Typlokalität, Repete Mine, San Juan Co., Utah, USA. (Bildbreite: 2,9 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1990-023[1]

IMA-Symbol

Hay[2]

Chemische Formel (UO2)3(OH)2(SeO3)2O2·5H2O[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/K.11-025

4.JJ.25
34.07.07.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-pyramidal; mm2 oder orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[4]
Raumgruppe Pnc2 (Nr. 30)Vorlage:Raumgruppe/30 oder Pncm (Nr. 53, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/53.5[5]
Gitterparameter a = 8,02 Å; b = 17,43 Å; c = 6,93 Å[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 1,5 bis 2[4]
Dichte (g/cm3) 4,1[4]
Spaltbarkeit gut nach {010}[4]
Farbe bräunlichgelb, bernsteinfarben
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Radioaktivität sehr stark
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,618[6]
nβ = 1,738[6]
nγ = 1,765[6]
Doppelbrechung δ = 0,147[6]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 45° (gemessen); 10° (berechnet)[6]
Pleochroismus Stark: X = blassgelb; Y = Z = hellgelb[6]
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale gelbgrüne Fluoreszenz unter kurzwelligem UV-Licht[7]

Haynesit ist ein sehr selten vorkommendes Uran-Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ (einschließlich V[5,6]-Vanadate, Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite und Iodate). Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (UO2)3(OH)2(SeO3)2O2·5H2O[3], ist also ein basisches wasserhaltiges Uranyl-Selenit.

Haynesit entwickelt häufig nadelige bräunlichgelbe bis bernsteinfarbene Kristalle sowie gelbe Aggregate. Es ist weltweit bisher von nur einem einzigen Fundort bekannt.

Etymologie und Geschichte

Haynesit wurde erstmals in einer Mineralprobe aus der Repete Mine bei Blanding im San Juan County in Utah entdeckt. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Michel Deliens und Paul Piret, die das Mineral nach dem Geologen Patrick Eugene Haynes (* 1953), der die ersten Mineralproben von Haynesit gefunden hatte.[3]

Deliens und Piret sandten ihre Untersuchungsergebnisse 1990 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1990-023[1]), die den Haynesit als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Erstbeschreibung wurde ein Jahr später im Fachmagazin The Canadian Journal of Mineralogy and Petrology (ehemals The Canadian Mineralogist) veröffentlicht.

Das Typmaterial des Minerals wird im Institut royal des Sciences Naturelles de Belgique (IRSNB) des Koninklijk Belgisch Instituut voor Natuurwetenschappen (Museum für Naturwissenschaften) in Brüssel unter der Inventarnummer RC 3922 aufbewahrt.[8][9]

Klassifikation

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz war der Haynesit noch nicht aufgeführt.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer IV/K.11-025. Dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Sulfite, Selenite und Tellurite“, wo Haynesit zusammen mit Demesmaekerit, Derriksit, Guilleminit, Larisait, Marthozit und Piretit die „Uranylselenite mit Baugruppen [UO2]2+-[SeO3]2−“ mit der Systemnummer IV/K.11 bildet.[10]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Haynesit in die Klasse der „Oxide (Hydroxide, V[5,6]-Vanadate, Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite, Iodate)“ und dort in die Abteilung „Arsenite, Antimonite, Bismutite, Sulfite, Selenite, Tellurite; Iodate“ ein. Hier ist das Mineral in der Unterabteilung „Selenite mit zusätzlichen Anionen; mit H2O“ zu finden, wo es als einziges Mitglied eine unbenannte Gruppe mit der Systemnummer 4.JJ.25 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Haynesit die System- und Mineralnummer 34.07.07.01. Das entspricht der Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort der Abteilung „Selenite, Tellurite und Sulfite“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Selenite - Tellurite - Sulfite“ in einer unbenannten Gruppe mit der Systemnummer 34.07.07, in der auch Larisait eingeordnet ist.

Kristallstruktur

Haynesit kristallisiert in der orthorhombischen Raumgruppe Pnc2 (Raumgruppen-Nr. 30)Vorlage:Raumgruppe/30 oder Pncm (Nr. 53, Stellung 5)Vorlage:Raumgruppe/53.5 mit den Gitterparametern a = 8,02 Å; b = 17,43 Å und c = 6,93 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Eigenschaften

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 60,1 % radioaktiv. Unter Berücksichtigung der Mengenanteile der radioaktiven Elemente in der idealisierten Summenformel sowie der Folgezerfälle der natürlichen Zerfallsreihen wird für das Mineral eine spezifische Aktivität von etwa 107 kBq/g[4] angegeben (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g). Der zitierte Wert kann je nach Mineralgehalt und Zusammensetzung der Stufen deutlich abweichen, auch sind selektive An- oder Abreicherungen der radioaktiven Zerfallsprodukte möglich und ändern die Aktivität.

Bildung und Fundorte

Haynesit bildet sich als sekundäres Uranmineral in der Oxidationszone selenreicher hydrothermaler Uranerz in Ton- und Sandsteinen. Als Begleitminerale können unter anderem Andersonit, Boltwoodit, Calcit, Ferroselit und Gips auftreten.

Außer an seiner Typlokalität in der Repete Mine in Utah (seit 1987 geschlossen[12]), konnte Haynesit bisher nur noch in der Eureka Mine in der katalanischen Gemeinde La Torre de Cabdella (Spanien) gefunden werden. Ein weiterer Fundort in Frankreich gilt bisher als nicht gesichert bzw. nicht bestätigt (Stand 2025).[13]

Vorsichtsmaßnahmen

Auf Grund der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Haynesit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte wegen der hohen Toxizität und Radioaktivität von Uranylverbindungen eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch

Literatur

  • M. Deliens, P. Piret: La haynesite, sélénite hydraté d’uranyle, nouvelle espèce minérale de la Mine Repete, Comté de San Juan, Utah. In: The Canadian Mineralogist. Band 29, 1991, S. 561–564 (französisch, rruff.info [PDF; 427 kB; abgerufen am 20. Juni 2025]).
  • Peter J. Modreski: Who's Who in Mineral Names: Patrick E. Haynes (b. 1953). In: Rocks & Minerals. Band 85, Nr. 5, 2010, S. 453–455, doi:10.1080/00357529.2010.494152 (englisch, Biographische Informationen zu Patrick Haynes mit Bild).
Commons: Haynesit – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: May 2025. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2025, abgerufen am 20. Juni 2025 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 22. Juni 2025]).
  3. a b c M. Deliens, P. Piret: La haynesite, sélénite hydraté d’uranyle, nouvelle espèce minérale de la Mine Repete, Comté de San Juan, Utah. In: The Canadian Mineralogist. Band 29, 1991, S. 561–564 (französisch, rruff.info [PDF; 427 kB; abgerufen am 20. Juni 2025]).
  4. a b c d e David Barthelmy: Haynesite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. Juni 2025 (englisch).
  5. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 275 (englisch).
  6. a b c d e f Haynesite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. Juni 2025 (englisch).
  7. Haynesite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 54 kB; abgerufen am 20. Juni 2025]).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – H. (PDF 217 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 20. Juni 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 20. Juni 2025 (englisch).
  10. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  12. Patrick E. Haynes: Metamunirite, haynesite, and other microminerals from the four-corners states. In: 12th Annual New Mexico Mineral Symposium. 1991, S. 1–2, doi:10.58799/nmms-1991.134 (englisch, geoinfo.nmt.edu [PDF; 67 kB; abgerufen am 20. Juni 2025]).
  13. Fundortliste für Haynesit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 20. Juni 2025.