Hans Wesemann (Journalist)

Hans Wesemann (* 7. Februar 1895 in Nienburg an der Weser; † 23. Oktober 1971 in Caracas) war ein deutscher Journalist und Gestapoagent.

Leben

Wesemann war in der Weimarer Republik zeitweise Redakteur bei der SPD-Zeitung „Vorwärts“. Er war seit 1919 Mitglied der SPD. Er schrieb außerdem für die sozialdemokratische Volkswacht in Breslau, die linkssozialistische Welt am Montag und die Weltbühne. Er verfasste Beiträge für das Feuilleton, war Gerichtsreporter und berichtete von politischen Veranstaltungen. 1924 gelangte er als Korrespondent des Sozialdemokratischen Pressedienstes, der SPD-Nachrichtenagentur, nach Genf, um dort von der Internationalen Arbeitskonferenz zu berichten, einer Institution des Völkerbunds. Von Genf aus unternahm er verschiedene Reisen. Er berichtete etwa aus Rom über die Matteotti-Affäre, mit der Mussolinis faschistische Diktatur begann. 1925 verließ er Genf wieder. Im selben Jahr wurde er aus der SPD ausgeschlossen. Er reiste als Korrespondent einer Berliner Zeitung nach Portugal, Brasilien und in weitere Länder Südamerikas. Er kehrte 1927 oder 1928 nach Deutschland zurück und setzte seine Berufstätigkeit als Journalist fort.[1]

Im Frühjahr 1933 setzte er sich zunächst nach Paris und später nach London ab, wo er 1934 von der Gestapo angeworben wurde. Er hatte einen üblen Ruf als Bonvivant.[2] 1935 war Wesemann wesentlich an der Entführung des nazi-kritischen Journalisten Berthold Jacob aus der Schweiz nach Deutschland beteiligt. Schon kurz danach wurde Wesemann verhaftet. Das Deutsche Reich versuchte Wesemann alleine die Entführung in die Schuhe zu schieben, was von den Schweizer Medien als Lüge entlarvt wurde.[3] Wesemann wurde 1936 durch ein Schweizer Gericht zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurteilt.[4][5]

Nach seiner Haft in der Schweiz emigrierte Hans Wesemann nach Südamerika.[3]

Literatur

  • Jost Nikolaus Willi: Der Fall Jacob-Wesemann (1935/36). Ein Beitrag zur Geschichte der Schweiz in der Zwischenkriegszeit. Bern 1972. [Volltext auf Archive.org].
  • Peter Finkelgruen: Berthold Jacob – Von welchem Wesemann wurde er entführt? In: Gabrielle Alioth u. a. (Hrsg.): Im Schnittpunkt der Zeiten. Autoren schreiben über Autoren. Eine Anthologie des PENZentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland. Heidelberg 2012, S. 53–60
Belletristik

Einzelnachweise

  1. Jost Nikolaus Willi: Der Fall Jacob-Wesemann (1935/36). Ein Beitrag zur Geschichte der Schweiz in der Zwischenkriegszeit. Bern 1972, S. 109. Am 23. August 2025 abgerufen von Archive.org. Der biografischen Skizze zufolge reiste Wesemann auch zur Konferenz von Locarno. Die berühmte Vertragskonferenz trat aber erst am 6. Oktober 1925 zusammen. Es könnte eine andere Konferenz gemeint sein.
  2. Karl Retzlaw: Spartakus. Verlag Neue Kritik, Frankfurt 1971, S. 394, ISBN 3-8015-0096-9.
  3. a b Die doppelte Entführung des Berthold Jacob, NZZ, 9. Juli 2020
  4. James J. Barnes, Patience P. Barnes: Nazi Refugee Turned Gestapo Spy: The Life of Hans Wesemann, 1895–1971. Greenwood Publishing Group, Westport Connecticut 2001, ISBN 0-275-97124-4.
  5. S. Pressemappe HWWA, Frankfurter Zeitung, 8. Mai 1936.