Hans Günther (Schriftsteller)

Hans Günther (* 8. September 1899 in Bernburg; † 10. November 1938 in Wladiwostok) war ein marxistischer Nationalökonom, deutscher Exilschriftsteller und Literaturkritiker.

Leben und Werk

Günther, Sohn eines Tischlermeisters, besuchte das Gymnasium und machte eine Ausbildung zum Tischler, bevor er politische Ökonomie, Rechtswissenschaft und marxistische Theorie studierte. Nachdem er 1923 an der Universität Frankfurt am Main den Grad eines Dr. iur. erlangt hatte, wurde er bereits im folgenden Jahr ebenda mit einer Arbeit über Die klassische Werttheorie und die These vom Grenznutzen zum Dr. rer. pol. promoviert. Er veröffentlichte in der kommunistischen Presse theoretische Beiträge, Theater-, Film- und Literaturkritiken.

1930 trat er der KPD bei. Er schrieb für Die Rote Fahne, die Linkskurve und wurde Mitarbeiter der Abteilung „Agitation und Propaganda“ beim Zentralkomitee der KPD in Berlin.[1] 1932 siedelte er nach Moskau über und wurde Mitglied des sowjetischen Schriftstellerverbandes sowie Redakteur der deutschsprachigen Ausgabe der Internationalen Literatur. Die Zeitschrift war das Organ der Internationalen Vereinigung revolutionärer Schriftsteller (IVRS) – einer Organisation der Komintern – und wurde außer in Russisch auch auf Deutsch publiziert. 1935 veröffentlichte er dort sein Buch Der Herren eigener Geist. Die Ideologie des Nationalsozialismus.

Im Zuge der Stalinschen Säuberungen wurde Hans Günther am 4. November 1936 in der UdSSR verhaftet und aufgrund falscher Anschuldigungen von einem Sondergericht des NKWD wegen „konterrevolutionärer trotzkistischer Tätigkeit“[2] zu fünf Jahren Lagerhaft im Gulag verurteilt. Er starb im November 1938 im Durchgangslager Wladiwostok an Typhus. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU wurde Günther 1956 in der Sowjetunion rehabilitiert.[3] Erst 1981 erschienen seine ausgewählten Schriften in der DDR.

Günthers Lebensgefährtin Trude Richter (1899–1989) verbrachte die meisten Jahre der Emigration in der Sowjetunion von 1936 bis 1953 in Lagerhaft und Verbannung. Sie kehrte erst 1957 nach Deutschland (DDR) zurück. In ihrem Werk Totgesagt. Erinnerungen beschreibt Richter das Leben von Hans Günther unter dem Kürzel H.G.

Schriften

Monografien
  • Der Herren eigner Geist. Die Ideologie des Nationalsozialismus. Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, Moskau/Leningrad 1935.
    • Der Herren eigner Geist. Ausgewählte Schriften. Aufbau-Verlag, Berlin/Weimar 1981.
  • In Sachen gegen Bertram. Ukrdershnazmenwydaw, Kiew/Charkow 1936.
Artikel
  • Die Schlafmütze von Weimar. In: Die Links-Kurve. 2. Jg. Nr. 12. Dezember 1930, S. 38–39.
  • Mängel unserer Kunstkritik. In: Die Links-Kurve. 3. Jg. Nr. 3. März 1931, S. 4–8.
  • Sowjet-Deutschland muss kommen! In: Die Links-Kurve. 3. Jg. Nr. 11. November 1931, S. 1–5.
  • Rote Front oder Eiserne Front. In: Die Links-Kurve. 4. Jg. Nr. 2. Februar 1932, S. 1–4.
  • Der japanisch-chinesische Konflikt und die Intellektuellen. In: Die Links-Kurve. 4. Jg. Nr. 3. März 1932, S. 21–34.
  • Bernhard von Brentano. Der Beginn der Barbarei in Deutschland. In: Die Links-Kurve. 4. Jg. Nr. 6. Juni 1932, S. 31–35.
  • Fünfzehn Jahre Sowjetliteratur. In: Die Links-Kurve. 4. Jg. Nr. 11/12. Nov./Dez. 1932, S. 6–11.

Literatur

  • Günther, Hans. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Karl Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
  • Bruno Jahn: Günther, Hans. In: Die deutschsprachige Presse. Ein biographisch-bibliographisches Handbuch. Band 1. Saur, München 2005, ISBN 3-598-11710-8, S. 378.
  • Günther, Hans. In: Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung (Hrsg.): In den Fängen des NKWD. Deutsche Opfer des stalinistischen Terrors in der UdSSR. Dietz-Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-320-01632-6, S. 87.
  • Günther, Hans. In: Reinhard Müller (Hrsg.): Die Säuberung. Moskau 1936; Stenogramm einer geschlossenen Parteiversammlung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1991, ISBN 3-499-13012-2, S. 56–58.
  • Trude Richter: Totgesagt. Erinnerungen. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1990, ISBN 3-354-00580-7.
  • Günther, Hans. In: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 2: The Arts, Sciences, and Literature. Saur, München 1983, ISBN 3-598-10089-2, S. 433.
  • Werner Röhr: Hans Günther – ein marxistischer Theoretiker. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Band 14, Nr. 6, 1966, S. 725–737, doi:10.1524/dzph.1966.14.6.725.

Einzelnachweise

  1. Trude Richter: Totgesagt. Erinnerungen. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Leipzig 1990, ISBN 3-354-00580-7, S. 122 f.
  2. Klaus-Georg Riegel: Kaderbiographien in marxistisch-leninistischen Virtuosengemeinschaften. In: Leviathan. Band 22, Nr. 1, 1994, S. 17–46, JSTOR:23983836.
  3. Krystyna Kudlinska: Die Exilsituation in der UdSSR. In: Manfred Durzak (Hrsg.): Die deutsche Exilliteratur 1933–1945. Reclam, Stuttgart 1973, ISBN 3-15-010225-1, S. 159–174, hier: S. 163 (archive.org).