Hannes Loth

Hannes Loth (* 3. Juni 1981 in Wolfen) ist ein deutscher Politiker (AfD). Im Juli 2023 wurde er in der Stadt Raguhn-Jeßnitz als erster AfD-Politiker Deutschlands zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt. Er trat das Amt am 1. September 2023 an.[1] Von 2016 bis 2023 war er Mitglied des Landtags von Sachsen-Anhalt.

Leben

Ausbildung und Beruf

Während seiner Schulzeit absolvierte Loth im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (Patin war Steffi Lemke)[2] ein Austauschjahr im US-Bundesstaat Tennessee und lebte dort bei der Familie des republikanischen Politikers David Davis. Er erlebte den Wahlkampf um das Repräsentantenhaus von Tennessee mit, für das Davis damals kandidierte.[3] Abitur machte Loth 2001 am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Bad Düben, nachdem er bis 1998 das Gymnasium in Wolfen-Nord besucht hatte.

Loth studierte zunächst parallel Evangelische Theologie sowie Geschichte, Sozialkunde und Religion auf Lehramt für Gymnasium, wechselte dann zum Fach Landwirtschaft und war bis zu seiner Wahl in den Landtag Produktionsleiter in einem landwirtschaftlichen Unternehmen.[2][4][3]

Politik

Loth trat 2013 der AfD bei.[3] Bei der Oberbürgermeisterwahl in Köthen (Anhalt) 2015 kandidierte er für die AfD und erreichte ein Wahlergebnis von 2,1 Prozent (168 Stimmen).[5]

Bei den Landtagswahlen 2016 und 2021 zog Loth jeweils über die Landesliste der AfD Sachsen-Anhalt in den Landtag ein.[6][7] Im Jahr 2021 stufte der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt den AfD-Landesverband als rechtsextremen Verdachtsfall ein.[8] Mit Ablauf des 4. September 2023 schied Loth aus dem Landtag aus.[9] Für ihn rückte Christian Mertens nach.

Während der COVID-19-Pandemie organisierte Loth Proteste gegen die Corona-Politik der Bundesregierung, betrieb aber auch ein Corona-Testzentrum mit mehreren Corona-Teststellen. Gegenüber der Landtagsverwaltung gab Loth an, damit zwischen 80.000 und 120.000 Euro brutto im Jahr zusätzlich zu seiner Abgeordnetendiät verdient zu haben.[10]

Im Juni 2023 kandidierte Loth in Raguhn-Jeßnitz für das Bürgermeisteramt. Im Wahlkampf versprach er neben der Senkung der Kita-Gebühren unter anderem auch die dauerhafte finanzielle Unterstützung lokaler Vereine und die Sanierung der örtlichen Feuerwehrhäuser. Er erhielt im ersten Wahlgang mit 40,7 % die meisten abgegebenen Stimmen. In der Stichwahl am 2. Juli, gewann Loth mit 51,1 % gegen Nils Naumann (parteilos; erster Wahlgang: 36,9 %; Stichwahl: 48,9 %) und wurde so der erste gewählte hauptamtliche AfD-Bürgermeister in Deutschland.[11][12] Er trat das Amt am 1. September 2023 an.[13]

Wenige Wochen nach Amtsantritt gab Loth zu, Wahlversprechen aufgrund der desolaten Finanzlage der Stadt nicht einhalten zu können. Teilweise schlugen Wahlversprechen ins Gegenteil um: Ende Oktober 2023 beantragte er beim Rat der Stadt die Erhöhung der Kita-Gebühren um 60 Prozent.[14][15][16] Ende Oktober 2023 plante die Stadt unter seiner Federführung eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B von 360 auf 390 Prozent, eine Anhebung des Gewerbesteuersatzes von 320 auf 360 Prozent und eine Anhebung der Hundesteuer von 48 Euro jährlich auf 60 Euro.[17][18][19] Tatsächlich blieb der Grundsteuersatz B 2024 schließlich bei 360 Prozent, der Gewerbesteuersatz lag bei 350 Prozent.[20] Die Hundesteuer blieb bei 48 Euro.[21]

Dennoch wird Loth in der Bevölkerung geschätzt und für sein „geräuschloses Regieren“ gelobt, das im Alltag kaum mit den plakativen und radikalen Positionen der AfD in Verbindung gebracht werde.[22] Im September 2024 schied er mit zwei anderen Mitgliedern aus dem von Daniel Roi geführten Kreisvorstand seiner Partei aus, ohne sich zu den Gründen zu äußern. Beobachter werteten das als Distanzierung von Roi, dessen Agieren im Kreisverband Anhalt-Bitterfeld wenige Monate später zu seinem Fraktionsausschluss im Landtag von Sachsen-Anhalt führte.[23] Bis 2025 wurden auf Loths Anträge hin unter anderem EU-Fördermittel zum Umbau eines Feuerwehrgerätehauses in Höhe von rund 94.000 Euro und rund 185.000 Euro für die Renovierung einer Sportanlage bewilligt. Auch der CDU-Fraktionschef im Stadtrat Tilo Hörtzsch erklärte, nichts Schlechtes über Loth sagen zu können. Er mache seinen Job und werde als demokratisch gewählte Bürgermeister respektiert, sinnvollen Beschlüssen der AfD stimme man auch zu.[24]

Privates

Loth ist seit 2008 verheiratet und Vater eines Sohnes.[3] Er lebt in Retzau, einem Ortsteil von Raguhn-Jeßnitz.[25] Bis zu seinem Austritt war er Mitglied der Evangelischen Landeskirche Anhalts.[4]

Einzelnachweise

  1. Iris Mayer: Erster AfD-Bürgermeister von Raguhn-Jeßnitz: Ein Mann entzaubert sich selbst, Süddeutsche Zeitung vom 11. Oktober 2023.
  2. a b Hannes Loth (AfD). Biografien. Landtag von Sachsen-Anhalt, abgerufen am 3. Juli 2023.
  3. a b c d Claus Blumstengel: Köthener OB-Kandidat Hannes Loth: Mehr Geld für Köthen. In: mz.de. 16. Februar 2015, abgerufen am 2. Juli 2023.
  4. a b Reinhard Bingener: Erster AfD-Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz: Wer ist Hannes Loth? In: faz.net. 3. Juli 2023, abgerufen am 3. Juli 2023.
  5. Bürgermeisterwahlen in Sachsen-Anhalt. stala.sachsen-anhalt.de, 24. März 2015, abgerufen am 23. März 2016.
  6. Wahl des Landtages von Sachsen-Anhalt am 13. März 2016. statistik.sachsen-anhalt.de, archiviert vom Original am 24. März 2016; abgerufen am 23. März 2016.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.statistik.sachsen-anhalt.de
  7. Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt. Wahl des Landtages von Sachsen-Anhalt am 06. Juni 2021. Landeswahlleiterin Sachsen-Anhalt, Juni 2021, abgerufen am 16. Juni 2021.
  8. Verfassungsschutz stuft AfD als rechtsextremen Verdachtsfall ein
  9. Hannes Loth (AfD). Kurzlebenslauf. Landtag Sachsen-Anhalt, abgerufen am 1. September 2023: „Mitglied des Landtages in der 7. und 8. Wahlperiode (ausgeschieden am 04.09.2023).“
  10. Deutschlands erster gewählter AfD-Bürgermeister: Wer ist Hannes Loth? In: mdr.de. Abgerufen am 4. Juli 2023.
  11. Bürgermeisterwahl Raguhn-Jeßnitz: Stichwahl zwischen Loth (AfD) und Naumann (parteilos) –. In: mdr.de. 20. Juni 2023, abgerufen am 2. Juli 2023.
  12. AfD-Kandidat Loth wird Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz. In: tagesschau.de. 2. Juli 2023, abgerufen am 2. Juli 2023.
  13. Nach Wahl im Juli | Erster AfD-Bürgermeister: Hannes Loth in Raguhn-Jeßnitz vereidigt. In: mdr.de. 24. August 2023, abgerufen am 24. August 2023.
  14. AfD-Bürgermeister kann Zusagen nicht einhalten. In: t-online. 12. Oktober 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  15. Iris Mayer: Ein Mann entzaubert sich selbst. In: sueddeutsche.de. 11. Oktober 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  16. Marlen Schubert: AfD-Bürgermeister macht im Amt plötzlich andere Politik – Wähler für dumm verkauft? In: derwesten.de. 24. Oktober 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  17. Politik: Deutschlands 1. AfD-Bürgermeister erhöht Steuern. In: bild.de. 17. Oktober 2023, abgerufen am 24. Oktober 2023.
  18. Ulf Rostalsky: Ein Monat nach Amtsantritt: AfD-Bürgermeister in Raguhn-Jeßnitz muss Steuern und Gebühren erhöhen. In: mz.de. 14. Oktober 2023, abgerufen am 25. Oktober 2023.
  19. Jan Schumann: Darum geht AfD-Bürgermeister Hannes Loth juristisch gegen Medienberichte vor. In: mz.de. 27. Oktober 2023, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  20. Satzung über die Festsetzung der Realsteuer-Hebesätze der Stadt Raguhn-Jeßnitz ab dem Haushaltsjahr 2024 - Hebesatzsatzung -. Abgerufen am 16. September 2025.
  21. Hundesteuersatzung der Stadt Raguhn-Jeßnitz. Abgerufen am 16. September 2025.
  22. Christian Unger: Deutschlands erster AfD-Bürgermeister: „Er macht es gut“. In: Berliner Morgenpost. 27. Februar 2024, abgerufen am 1. Januar 2025.
  23. Ulf Rostalsky: Ärger bei der AfD? Hannes Loth nicht mehr im Vorstand des AfD-Kreisverbandes Anhalt-Bitterfeld. In: Mitteldeutsche Zeitung. 24. September 2024, abgerufen am 1. Januar 2025.
  24. Nicolas Walter: Hauptamtlicher AfD-Bürgermeister: „AfD besteht auch aus Menschen wie mir“, Welt Online, 16. September 2025.
  25. Direktkandidaten im Wahlkreis 22: Hannes Loth (AfD) und Steffen Reisbach (Freie Wähler) kandidieren für den Landtag. In: mz-web.de. 12. Februar 2016, abgerufen am 2. Juli 2023.