Die Hankel-Transformation ist in der Funktionalanalysis, einem Teilgebiet der Mathematik, eine lineare Integraltransformation, welche im Kern auf den Bessel-Funktionen erster Gattung basiert. Sie ist benannt nach dem Mathematiker Hermann Hankel. Anwendungen liegen unter anderem im Bereich der Bildverarbeitung zur Korrektur von Abbildungsfehlern.[1]
Definition
Bei der Hankel-Transformation gibt es unterschiedliche Konventionen, sie zu definieren. Sei
eine komplexwertige Funktion und
.
Dann kann man die Hankel-Transformation
der Ordnung
von
durch

definieren, dabei sind die

Bessel-Funktionen erster Gattung und
ist die Gammafunktion. Insofern das Integral existiert, nennt man
die Hankel-Transformierte von
. Diese Konvention der Hankel-Transformation wird überwiegend in diesem Artikel verwendet. In einzelnen Abschnitten wird jedoch die im Folgenden dargestellte Variante verwendet, worauf in den entsprechenden Abschnitten hingewiesen wird.
Eine andere Möglichkeit die Hankel-Transformation der Ordnung
von
zu definieren, ist

Hier werden mit
ebenfalls die Bessel-Funktionen erster Gattung bezeichnet und
heißt auch hier Hankel-Transformierte, insofern das Integral existiert.
Ähnlich wie bei der Fourier-Transformation ist es auch bei der Hankel-Transformation unter gewissen Umständen möglich, aus der Hankel-Transformierten ihre Ausgangsfunktion zurückzugewinnen. Ein wichtiges Resultat aus der Theorie der Hankel-Transformation besagt, dass, falls
eine Lebesgue-integrierbare Funktion mit beschränkter Variation ist, die Ausgangsfunktion
aus der Hankel-Transformierten
mit der inversen Integraltransformation

zurückgewonnen werden kann. Die Hankel-Transformation und ihre inverse Transformation sind also gleich. Sie kann daher als involutive Abbildung verstanden werden.
Für die alternative Definition gilt diese Aussage analog.
Eigenschaften
Orthogonalität
Die Bessel-Funktionen bilden eine Orthogonalbasis: Es gilt

für
und
größer 0 und mit
als der Delta-Distribution.
Algebraisierung des besselschen Differentialoperators
Sei

der besselsche Differentialoperator. Für die Bessel-Funktionen gilt also
. Mit Hilfe der Hankel-Transformation ist es möglich, diesen Differentialoperator in einen Ausdruck ohne Ableitungen zu überführen. Präzise gilt

Dies ist eine zentrale Eigenschaft der Hankel-Transformation zum Lösen von Differentialgleichungen.[2]
Die Hankel-Transformation hat einige Analogien zur Fourier-Transformation. Insbesondere lässt sich die Hankel-Transformierte durch eine zweidimensionale Fourier-Transformation berechnen. Sei dazu
eine radialsymmetrische Funktion. Das heißt, die Funktion
ist unabhängig von
, weshalb sie im Folgenden nur mit dem Parameter
notiert wird. Von dieser Funktion
wird nun mit Hilfe der Funktion
und der Fourier-Transformation die Hankel-Transformierte beschrieben.
Um dies zu sehen, wird das Fourier-Integral

von
in Polarkoordinaten transformiert, was zu

führt. Dies zeigt, dass eine Fourier-Transformation einer radialsymmetrischen Funktion immer der Hankel-Transformation einer entsprechenden Funktion entspricht. Insbesondere ist es möglich, zu einer gegebenen Funktion
eine entsprechende radialsymmetrische Funktion
zu konstruieren, mit der man durch Fourier-Transformation die Hankel-Transformierte von
berechnen kann.
Ebenfalls wie bei der Fourier-Transformation ist es bei der Hankel-Transformation auf analoge Weise möglich, sie auf Distributionen zu verallgemeinern. Im Gegensatz zur Fourier-Transformation kann die Hankel-Transformationen nicht auf dem Raum der temperierten Distributionen definiert werden. Daher definiert man einen neuen Raum
und erklärt die Hankel-Transformation für Distributionen auf seinem Dualraum.
Distributionenraum
Sei
, dann ist
definiert durch
![{\displaystyle H_{\nu }(]0,\infty [):=\left\{\phi \in C^{\infty }(]0,\infty [)\left|\forall k,m\in \mathbb {N} _{0}:\sup _{x\in {]0,\infty [}}\left|x^{m}\left({\tfrac {1}{x}}{\tfrac {\mathrm {d} }{\mathrm {d} x}}\right)^{k}(x^{-\nu -{\frac {1}{2}}}\phi (x))\right|<\infty \right.\right\}\,.}](./294bbf02c1de2544cbf7e18a1349327ae790498c.svg)
Auf diesem Vektorraum wird zusätzlich eine Topologie in Form eines Konvergenzbegriffs definiert. Eine Folge
konvergiert genau dann gegen Null, wenn
![{\displaystyle \lim _{j\to \infty }\sup _{x\in {]0,\infty [}}\left|x^{m}\left({\tfrac {1}{x}}{\tfrac {\mathrm {d} }{\mathrm {d} x}}\right)^{k}(x^{-\nu -{\frac {1}{2}}}\phi _{j}(x))\right|=0}](./e8db1b30f47bfc033b7e9a40ce889b5c081d32e9.svg)
für alle
gilt. Durch Bilden des topologischen Dualraums erhält man den Distributionenraum
, auf dem man die Hankel-Transformation definieren kann. Beispielsweise sind alle Distributionen mit kompaktem Träger in
, wie die Delta-Distribution eine ist, in dem Raum
enthalten.
Für
ist die Hankel-Transformation für alle
definiert durch

Der Ausdruck
ist wieder eine Hankel-Transformation einer Funktion und daher definiert. Aufgrund der Konstruktion des Raums
wird hier allerdings die Konvention
für die Transformation verwendet.
Wie bei der Fourier-Transformation für Distributionen führt man auch die Hankel-Transformation nicht auf der Distribution selbst aus, sondern sie wird auf der Testfunktion
berechnet.
Beispiele
Signal
|
Hankel-Transformierte
|
|
, gültig für
|
|
|
|
|
|
|
|
, gültig für ungerades
|
|
|
|
,
|
|

|
|
|
|
|
In diesem Abschnitt wird mit
die Bessel-Funktionen zweiter Gattung
-ter Ordnung, mit
die Gammafunktion, mit
die imaginäre Einheit und mit
wieder die Delta-Distribution bezeichnet. In der Tabelle auf der rechten Seite werden noch zusätzlich einige Paare von Hankel-Transformationen gelistet.[3]
Die Hyperbel 1/t
Für die Hankel-Transformierte nullter Ordnung von
gilt
.
Die Funktion
ist also ein Fixpunkt der Hankel-Transformation.
Die Gaußsche Glockenkurve
In diesem Abschnitt wird die Berechnung der Hankel-Transformation von der gaußschen Glockenkurve
mit Hilfe der Fourier-Transformation skizziert. Da die Funktion analytisch ist, kann sie auf
fortgesetzt werden und ist dort sogar radialsymmetrisch. Daher kann die Hankel-Transformierte mit der Fourier-Transformation über
berechnet werden. Für die Fourier-Transformation ist
ein Fixpunkt, woraus folgt, dass die Hankel-Transformierte von
ebenfalls wieder
ist. Also ist die gaußsche Glockenkurve ebenfalls ein Fixpunkt der Hankel-Transformation.[2]
Die Delta-Distribution
In diesem Beispiel wird die Hankel-Transformation nullter Ordnung der Delta-Distribution
berechnet. Es gilt
.
Der Ausdruck
ist als Distribution, die von der konstanten Einsfunktion erzeugt wird, zu verstehen.
Im Bereich der Physik notiert man die Delta-Distribution oftmals unpräzise als reellwertige Funktion und nicht als Funktional. In diesem Fall kürzt sich die Berechnung der Hankel-Transformation auf
.
Möchte man umgekehrt die Hankel-Transformierte der konstanten Einsfunktion berechnen, stößt man beim Einsetzen in die Integraldarstellung auf ein divergentes Integral. Aufgrund von Dichtheitsargumenten ist es trotzdem möglich, die Delta-Distribution als Hankel-Transformierte der konstanten Einsfunktion aufzufassen.
Quellen
- Larry C. Andrews, Bhimsen K. Shivamoggi: Integral Transforms for Engineers. SPIE Press, University of Central Florida, 1999, ISBN 978-0-8194-3232-2, Kapitel 7.
- Alexander D. Poularikas: The Transforms and Applications Handbook. 2. Auflage. CRC Press, 2000, ISBN 978-0-8493-8595-7, Kapitel 9.
Einzelnachweise
- ↑ Bernd Jähne: Digitale Bildverarbeitung. 6. Auflage. Springer, ISBN 978-3-540-24999-3, S. 219 bis 223.
- ↑ a b Alexander D. Poularikas: The Transforms and Applications Handbook. 2. Auflage. CRC Press, 2000, ISBN 978-0-8493-8595-7, Kapitel 9.4.
- ↑ Alexander D. Poularikas: The Transforms and Applications Handbook. 2. Auflage. CRC Press, 2000, ISBN 978-0-8493-8595-7, Kapitel 9.11.
Weblinks