Guerrilla Girls

Guerrilla Girls – Victoria and Albert Museum in London

Guerrilla Girls ist eine anonyme US-amerikanische aus feministischen Aktivistinnen bestehende Künstlergruppe, die sich 1985 gründete und seither spontan Straßenplakate, die sexuelle und rassistische Diskriminierung in der New Yorker Kunstwelt aufdecken, produzieren und verbreiten.

Die erste Gruppe Guerilla Girls wurde 1985 in New York City mit dem Ziel gegründet, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in den Mittelpunkt der größeren Kunstgemeinschaft und des Kunstbetriebs zu rücken. Die Gruppe nutzt Culture Jamming in Form von Postern, Büchern, Plakaten sowie öffentlichen Auftritten und Aktionen, um auf sexistische, rassistische, diskriminierende und korrupte Strukturen in der Kunstwelt aufmerksam zu machen – insbesondere jene, die anhand der Ideale und Vorbilder weißer Männer geprägt sind. Ihr Ziel ist es, eine gerechte und gleichberechtigte Behandlung aller Akteur*innen in der Kunstszene zu fördern.

Um ihre Identität zu schützen, tragen die Mitglieder Gorillamasken und verwenden Pseudonyme, die auf verstorbene Künstlerinnen verweisen.

Beschreibung

Die französische feministische Gruppe La Barbe (Bart) trifft die Guerrilla Girls im Palais de Tokyo Paris 2013
Guerilla Girls Plakate im MoMA

Mitglieder verwenden Pseudonyme, die auf gestorbene Künstlerinnen verweisen, wie beispielsweise Frida Kahlo, Eva Hesse, Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz, Gertrude Stein, Georgia O’Keeffe.[1] Die genaue Anzahl der Mitglieder und wer dazu gehört, ist nicht bekannt und wird nicht veröffentlicht. Die Guerrilla Girls machen mit ihren Plakaten, Postkarten und öffentlichen Aktionen darauf aufmerksam, dass Frauen aber auch Menschen, die nicht weiß sind, im Kunst- und Kulturbetrieb oft ausgeschlossen werden.

Bekanntheit erlangte die Gruppe durch ihren scharfen, ironischen Humor und die Bekleidung mit Gorillamasken oder -kostümen. Sie wahren die Anonymität, um Repressalien zu vermeiden und den Fokus auf die jeweiligen Themen und nicht auf die Persönlichkeiten der Aktivistinnen zu lenken. Gerüchten zufolge soll es sich bei ihnen um hochrangige Künstlerinnen, Kuratorinnen und Kritikerinnen innerhalb des von ihnen kritisierten Kunstbetriebs handeln.[2]

Bis in die heutige Zeit, setzt die Gruppierung ihren Kampf gegen verschiedene Diskriminierungsformen im Kunstbetrieb fort. Die Aktivitäten der Gruppe haben sich durch das Internet stark erweitert. Heute gehören auch Straßenprojekte, internationale Ausstellungen in Museen, Buchveröffentlichungen, öffentliche Auftritte und Vorträge dazu. Die langanhaltende Präsenz und Notwendigkeit der Gruppe bestehe darin, dass die einstigen Angriffspunkte nicht verschwunden seien; sie sehen immer noch guten Grund, gegen Diskriminierung – in Bezug auf Geschlecht, Rassismus und andere Themen – im globalen Kunstbetrieb und in der Kreativindustrie zu protestieren. Ihre Anonymität ist dabei zum prägenden Markenzeichen geworden. Im Laufe der Jahre sollen über 55 Personen für unterschiedlich lange Zeit Mitglieder der Gruppe gewesen sein.[3]

Zum Konzept der Gruppe gehört es, dass sie für Auftritte und Workshops gebucht werden kann.[4] Die Guerrilla Girls fördern Abspaltungen und Neugründungen ähnlicher Gruppen. So gibt es die Guerrilla Girls On Tour!, ein reisendes Theaterkollektiv, das drei ehemalige Guerrilla Girls als Guerrilla Theatre betreiben.[5]

Anfänge

Die Guerrilla Girls wurden im Frühjahr 1985 von sieben Künstlerinnen gegründet, als Antwort auf die Ausstellung An International Survey of Recent Painting and Sculpture des MoMA, welche 1984 öffnete.[6] Die Ausstellung war die Eröffnungsshow des neu renovierten und erweiterten MoMa-Gebäudes, und gab einen umfassenden Überblick über die bedeutendsten zeitgenössischen und aktuellen Kunstschaffenden weltweit.[7] Die sieben Künstlerinnen zeigten sich irritiert und tief betroffen ob der Tatsache, dass von insgesamt 165 vertretenen Kunstschaffenden nur 13 nicht männlich waren. Zudem kamen die ausgestellten Künstler mehrheitlich aus Europa und Amerika.[1]

Die ersten Aktionen der Gruppe waren immer in derselben Ästhetik:

  • Schwarze Blockbuchstaben auf weißem Papier
  • Flyer oder Poster wurden zunächst nachts, ohne Genehmigung, in SoHo und East Village (Downtown Manhattan) verteilt bzw. illegal angebracht. Später begann die Gruppe, die Flyer, Poster und Postkarten öffentlich und tagsüber zu verteilen.
  • Dabei forderten sie immer wieder auch andere Menschen dazu auf, sich zu beteiligen.

In späteren Werken begannen sie, ironische und satirische Stilmittel einzusetzen, vergleichbar mit den künstlerischen Arbeiten von Jenny Holzer, Barbara Kruger etc. und weiteren aktiven Künstlerinnen, die bis heute in der Gegenwartskunst präsent sind.

In angloamerikanischen, englisch- und in deutschsprachigen Regionen sind Künstlerinnen und Kunstschaffende als Guerilla Girls aktiv. Sie widersetzen sich mit ihren Aktionen dem etablierten Kunstbetrieb, den Kunstausstellungen sowie der Kommerzialisierung, dem Kunstbusiness und der Publizierung von Kunst. Dabei üben sie Kritik an den institutionellen Strukturen und Organisationsformen des Kunstbetriebs.

Veröffentlichungen

  • Confessions of the Guerrilla Girls. HarperPerennial, New York 1995, ISBN 0-06-095088-9.
  • The Guerrilla Girls' Bedside Companion to the History of Western Art. Penguin, New York 1998, ISBN 0-14-025997-X.
  • Bitches, Bimbos, and Ballbreakers. The Guerrilla Girls' Illustrated Guide to Female Stereotypes. Penguin, New York 2003, ISBN 0-14-200101-5.

Literatur

  • Josephine Withers: The Guerrilla Girls. In: Feminist Studies. 14, Nr. 2, 1988, S. 285–300.
  • Reingard Klingler: Die Guerilla Girls. In: Marta Reichenberger (Hrsg.): Wer hat Angst vor Josephine Beuys. Richter, Köln 1995, ISBN 3-924533-48-2.
  • Carol Small: Confessions of the Guerrilla Girls. In: Woman's Art Journal. 1998, S. 38–40.
  • Pamela Takayoshi: No boys allowed: The World Wide Web as a clubhouse for girls. In: Computers and Composition. 16, Nr. 1, 1999, S. 89–106, doi:10.1016/S8755-4615(99)80007-3.
  • Joel Schechter: Satiric Impersonations. From Aristophanes to the Guerrilla Girls. Southern Illinois University Press, Carbondale 2007, ISBN 0-8093-1868-7.
  • Liz McQuiston: Protest! A History of Social and Political Protest Graphics. Princeton University Press 2019, ISBN 978-0-69119-731-9.
  • Gerda Breuer: Her Stories in Graphic Design. Dialoge, Kontinuitäten, Selbstermächtigungen. Grafikdesignerinnen 1880 bis heute. Jovis Verlag GmbH, Berlin 2023, ISBN 978-3-86859-773-8, S. 202–215, 290.

Ausstellungen (seit 1991)

  • Guerrilla Girls Talk Back: The First Five Years, A Retrospective: 1985–1990 (1991), the Falkirk Cultural Center, San Rafael, California
  • The Guerrilla Girls (2002), Fundacíon Bilbao Arte, Bilbao, ES
  • Guerrilla Girls (2007), Hellenic American Union Galleries, Athens, GR
  • Guerrilla Girls: Retrospective (2009), Millennium Court Arts Centre, UK
  • Feminist Masked Avengers: 30 Early Guerrilla Girls’ Posters (2011), Mason Gross School of the Arts Galleries
  • Not Ready to Make Nice: The Guerrilla Girls in the Art World and Beyond, Columbia College Chicago (2012–2017) Traveled to Monserrat College of Art; Krannert Art Museum; Fairfield University; Georgia Museum of Art; DePauw University; North Michigan University: Stony Brook University: California State University: The Verge Center for the Arts: and Moore College for Art and Design.
  • Guerrilla Girls: 1985–2013, Azkuna Zentroa (2013).
  • Guerrilla Girls: Not Ready to Make Nice, 30 Years and Still Counting, 2015, Abrons Arts Center
  • Media Networks: Andy Warhol and the Guerrilla Girls, 2016, Tate Modern
  • Art at the Center: Guerrilla Girls, 2016, Walker Art Center
  • The Guerrilla Girls and La Barbe, 2016, Gallery mfc-micheledidier, Paris.
  • Front Room: Guerrilla Girls, 2016–2017, Baltimore Museum of Art
  • Not Ready to Make Nice: Guerrilla Girls 1985–2016, 2016–2017, FRAC Lorraine.[8]
  • Guerilla Girls, 2024–25, Frauenmuseum Wiesbaden[9]
Commons: Guerrilla Girls – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Videos:

Einzelnachweise

  1. a b Interview (Memento des Originals vom 13. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.guerrillagirls.com aus: Guerrilla Girls: Confessions of the Guerrilla Girls. HarperPerennial, New York 1995.
  2. The AIDS Crisis and Other Global Tensions (1980–2000) In: Liz McQuiston: Protest! A History of Social and Political Protest Graphics. Princeton University Press 2019, ISBN 978-0-69119-731-9. S. 158
  3. Revolutions and the Demand for Rights (2000–Present) In: Liz McQuiston: Protest! A History of Social and Political Protest Graphics. Princeton University Press 2019, ISBN 978-0-69119-731-9. S. 246
  4. Webpage für Buchungsanfragen (Memento des Originals vom 14. Mai 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.guerrillagirls.com
  5. Guerrilla Girls On Tour (Memento des Originals vom 18. Mai 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.guerrillagirlsontour.com
  6. https://www.moma.org/interactives/exhibitions/2016/spelunker/exhibitions/3485/
  7. Michael Brenson: A Living Artist Show at the Modern Museum. In: The New York Times. 21. April 1984, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 27. August 2016]).
  8. Chronology: Exhibitions. Abgerufen am 27. April 2019 (amerikanisches Englisch).
  9. Guerrilla Girls | frauen museum wiesbaden. Abgerufen am 7. Dezember 2024.