Große Synagoge (Erfurt)


Die Große Synagoge war eine Synagoge in der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt.
Geschichte
Mit dem Beginn der Franzosenzeit in Erfurt ab 1806 konnten sich wieder Juden in der Stadt ansiedeln. Die jüdische Gemeinde errichtete zunächst 1840 die Kleine Synagoge hinter dem Rathaus in der Altstadt, die jedoch, nachdem die Gemeinde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasch anwuchs, zu klein wurde.
Deshalb erwarb die Gemeinde ein Grundstück am heutigen Juri-Gagarin-Ring (damalige Adresse: Kartäuserring 14), auf dem sie zwischen 1882 und 1884 die Große Synagoge, einen historistischen Kuppelbau, errichten ließ. Geplant wurde das Bauwerk, das 500 Gläubigen Platz bot, von dem Frankfurter Architekten Siegfried Kusnitzky, der zuvor die viel beachtete Börneplatzsynagoge in Frankfurt erbaut hatte. Eingeweiht wurde die Synagoge im Herbst 1884 von den Rabbinern Theodor Kroner und Karo. Der Einweihung waren heftige Auseinandersetzungen um den Einbau einer Orgel vorausgegangen, worauf sich ein Teil der bisherigen Gemeinde abspaltete und gesonderte Gottesdienste außerhalb der „Reformsynagoge“ einrichtete.
In den folgenden Jahrzehnten diente sie der Gemeinde als Gebetsstätte. Schon in den 1920er Jahren gab es Berichte über Schändungen der Synagoge. Im November 1938 wurde die Große Synagoge in der Reichspogromnacht zerstört. Die Stadt erbaute 1939 einen Kohlenschuppen auf dem Areal der Großen Synagoge.[1]
In den Jahren 1951/52 entstand auf dem Gelände mit der Neuen Synagoge nach Plänen von Willy Nöckel die erste deutsche Nachkriegssynagoge, die auch der einzige Synagogenneubau der DDR war.[2]
Seit dem Jahr 2021 ist ein 3D-Modell der Großen Synagoge mittels VR-Brille begehbar. Der Dienst wird u. a. in der Neuen Synagoge angeboten.[3] Anlässlich des 70. Jubiläums der Neuen Synagoge wurde im Jahr 2022 ein Tastmodell der Großen Synagoge im Maßstab 1:68 als Denkmal vor ihr aufgestellt.[4][5]
Literatur
- Jutta Hoschek (2014): Novemberpogrom 1938 in Erfurt. Aus Dokumenten und Erinnerungen, Jena.
- Antje Bauer (2020): Der Fall Georg Beuchel und die Brandstiftung in der Erfurter Synagoge am 9. November 1938. In: Stadt und Geschichte. Zeitschrift für Erfurt, Heft 74, S. 36.
- Antje Bauer & Tom Fleischhauer (2021): „..nicht im geringsten ahnen konnten, dass das Benzin zu Nichtmotorzwecken gebraucht würde“. Die Brandstiftung in der Erfurter Synagoge am 9./10. November 1938 und der Fall Georg Beuchel. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt, Neue Folge Heft Nr. 29, S. 229–274.
Siehe auch
Weblinks
- Berichte aus der Geschichte der Synagoge
- Anne Fromm: Mit 60 Litern Benzin zur Synagoge. In: taz. 6. Juli 2025.
Einzelnachweise
- ↑ Die Große Synagoge. In: juedisches-leben.erfurt.de. Abgerufen am 1. September 2025.
- ↑ Julius Reinsberg: Erfurts Neue Synagoge. In: moderne-regional.de. moderneREGIONAL, 14. Januar 2015, abgerufen am 1. September 2025 (Heft 15/1). – Die neue Synagoge in Halle (Saale) oder die Synagoge in der Fiedlerstraße in Dresden stellen lediglich Umbauten der bereits bestehenden jüdischen Totenhallen (Taharahaus) dar.
- ↑ Doris Weilandt: Unter der goldenen Kuppel. In: Glaube und Heimat vom 10. Oktober 2021, S. 6.
- ↑ Jüdische Gemeinde feiert 70 Jahre Neue Synagoge. In: erfurt.de. 24. August 2022, abgerufen am 1. September 2025.
- ↑ Feierliche Enthüllung des Tastmodells der Großen Synagoge. In: erfurt.de. Stadt Erfurt, 7. September 2022, abgerufen am 1. September 2025.
Koordinaten: 50° 58′ 15,2″ N, 11° 1′ 39,3″ O