Greville Texidor

Margaret Greville Foster (* 1902 in Wolverhampton, England; † 20. August 1964), besser bekannt unter ihrem Pseudonym Greville Texidor, war eine englisch-neuseeländische Schriftstellerin, deren Werk vornehmlich während ihres Aufenthalts in Neuseeland von 1940 bis 1948 verfasst wurde.
Nachdem sie als Künstlerin die Welt bereist und an der Seite ihres Mannes Werner Droescher für die Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft hatte, suchte Texidor zu Beginn des Zweiten Weltkriegs Zuflucht in Neuseeland. Aufgrund der deutschen Herkunft ihres Mannes und der radikalen politischen Einstellung des Paares sah sie in England keine Zukunft für sich.
In Neuseeland begann Texidor mit dem Schreiben von erzählender Literatur und schloss sich der literarischen Gemeinschaft früher postkolonialer Künstler in Auckland an. Ihre Kurzgeschichten und Novellen, die posthum in der Sammlung In fifteen Minutes you can say a lot („In fünfzehn Minuten kannst du eine Menge sagen“) veröffentlicht wurden, gelten als wichtiger Beitrag zur existenzialistischen Periode im neuseeländischen Literaturkanon und als literarisches Zeugnis der Schrecken des totalitären 20. Jahrhunderts.
Die frühen Jahre
Nachdem ihr Vater, William Arthur Foster, 1919 im Zuge eines Justizskandals den Freitod gewählt hatte, brach Margaret die Schule ab und zog nach London, um in Hampstead in die dortige moderne Kunstszene einzusteigen. Ihre Mutter, Editha Greville Prideaux Foster, und ihre Schwester Kate, beide Malerinnen, begleiteten sie.[1]
Leben in London und Weltreisen
In London begann Texidor als Model und Schauspielerin zu arbeiten. 1924 trat sie in dem Stummfilm Moonbeam Magic in der Rolle der Miriam auf und wurde als Margot Greville im Abspann genannt. Anschließend tourte sie als Revuegirl durch Europa und Amerika und befreundete sich mit marginalisierten Künstlern, darunter Clowns und Schlangenmenschen, deren oft kritischer Blick auf die bürgerliche Gesellschaft ihr Denken und späteres Schreiben beeinflusste.[2]
Ihre häufigen Reisen brachte sie mit einer Vielzahl künstlerischer Zeitgenossen in Kontakt, die ihre Unabhängigkeit und Freiheitsliebe ebenso bewunderten wie ihre vielgerühmte Schönheit, welche ihr auch einen Titel in einem All-England-Schönheitswettbewerb eintrug. Die später auch international bekannten britischen Maler Augustus John und Mark Gertler porträtierten sie in Zeichnungen und Ölbildern.[2]
Texidor war dreimal verheiratet: mit einem Briten, einem Spanier sowie zuletzt und am längsten mit dem deutschstämmigen philosophischen Anarchisten Werner Droescher. Ihre erste Ehe wurde bereits nach zwei Wochen wieder geschieden.[3]
Spanischer Bürgerkrieg
1929 heiratete Greville Foster in Buenos Aires ihren zweiten Ehemann, Manuel Maria Texidor i Catasus, und bekam eine Tochter, Cristina. Die Familie zog zurück nach Spanien, wo sie in Barcelona und im katalonischen Tossa de Mar lebte.[3] In Tossa de Mar hatte Greville eine Affäre mit dem deutschen Reformpädagogen Werner Otto Droescher. Greville bat Manuel Texidor um die Scheidung und heiratete den 20 Jahre jüngeren Droescher später, behielt jedoch den Nachnamen Texidor, der ihr gefiel und als Künstlername geeignet schien.
Texidor und Droescher kämpften im Spanischen Bürgerkrieg in den Reihen der katalonischen Anarcho-Syndikalisten für die Spanische Republik.[2] Texidors Schwester Kate (heute bekannt als Kate Mangan) kam in dieser Zeit ebenfalls nach Spanien und arbeitete für das republikanische Auslandspressebüro unter Constancia de la Mora.
Sowohl in Spanien als auch in England engagierten sich Texidor und ihr Mann bei der Umsiedlung spanischer und deutscher Flüchtlinge. Oft mit der finanziellen und praktischen Hilfe durch internationale Quaker setzten sie sich für Kinder ein, deren Leben durch den Bürgerkrieg gefährdet und verwüstet wurde.[2] So leiteten die Texidor-Droeschers in Spanien gemeinsam ein Kinderheim für Kriegswaisen. Zurück in England engagierten sie sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs im Barnham House[2] in Ipswich in leitender Funktion für jüdische Flüchtlingskinder, die mit ‚Kindertransporten‘ oft elternlos in England eintrafen.
Die neuseeländischen Jahre (1940–1948)
Nachdem Texidor und Droescher aus dem Spanischen Bürgerkrieg nach England zurückgekehrt waren, hatten seine deutsche Herkunft und die anarchistische politische Einstellung des Paares die Familie während des Zweiten Weltkriegs an den Rand der britischen Gesellschaft gedrängt. Als Extremistin beschuldigt verbrachte Texidor während dieser Zeit auch einen Monat im Gefängnis. In England schließlich pauschal als „kriegsfeindliche Ausländer“ eingestuft, reiste die Familie 1940 zusammen mit Droescher, ihrer Schwester und ihrer Mutter, die in Auckland aufgewachsen war, nach Neuseeland, um dort ein neues Leben zu beginnen.[2]
Während ihrer Zeit dort lebte Texidor vor allem in Auckland und auf der Northland Peninsula. Bis zum Kriegsende wurden Droescher und Texidor unter Polizeiaufsicht gestellt und von einem Lokalpolizisten zeitweise beschattet.[2] Während ihres Aufenthalts in Neuseeland bekam Texidor 1947 mit Droescher eine zweite Tochter, Rosamund.
Die letzten Lebensjahre
Nach ihrer Trennung von Droescher, der Texidor um 16 Jahre überlebte und sich in seinen letzten Lebensjahren in die alternative Landkommune Wilderland auf der Coromandel-Halbinsel zurückzog, ging Texidor nach Australien, wo sie ihrem Leben 1964 mit dem Freitod ein Ende setzte.
Literarisches Werk
In Neuseeland begann Texidor, ihre Erinnerungen und Erfahrungen in fiktionaler Form schreibend aufzuarbeiten.
Sie engagierte sich intensiv in der damaligen Literaturszene Aucklands und wurde von dem Schriftsteller Frank Sargeson gefördert, der sie 1945 in seine Anthologie Speaking for Ourselves aufnahm.[4]
Ihre Beziehungen zu Mitgliedern der Szene waren jedoch nicht immer harmonisch, und einmal hielt sie dem Dichter und Verleger Denis Glover bei einem Streit ein Messer an die Kehle. Ihr Aufbegehren gegen männliche Machtansprüche und Überheblichkeit in Politik und Kultur mischten sich auch in ihrem literarischen Werk oft mit stolzer Selbstbestimmtheit, aber auch einer tiefen Unterströmung von Trauma und Depression durch das miterlebte soziale und politische Unrecht und die Verheerungen der von Machos organisierten Zwangsregime und Kriege.[4]
Texidor begann, ihre Kurzgeschichten in Publikationen in Neuseeland, Australien und England zu veröffentlichen, darunter The Anvil und Here & Now. Ihre 1942 erschienene Erzählung Home Front war ihr erstes in Neuseeland veröffentlichtes Werk; sie wurde später in zahlreiche Anthologien aufgenommen.
Ihr erstes Buch, die Novelle These Dark Glasses, schrieb sie ebenfalls während ihres Aufenthalts in Neuseeland, es wurde aber erst 1949 veröffentlicht, nachdem sie das Land verlassen hatte. These Dark Glasses handelt von einem kommunistischen Schriftsteller, der den Republikanern in Spanien geholfen hatte und dann von der intellektuellen Szene Südfrankreichs desillusioniert war. In der Novelle entwirft Texidor „existentialistische Symbole des hoffnungslosen Kampfes, unüberwindbare Barrieren zu überwinden.“[4]
In ihrem Werk warf Texidor auch einen kritischen, kosmopolitischen Blick auf die neuseeländische Gesellschaft der Nachkriegszeit, die sie als bedrückend provinziell empfand. Ihr Werk wird als Teil der neuseeländischen existenzialistischen Literaturbewegung charakterisiert. Kritiker beschrieben ihren prägnanten, oft melancholischen Stil der Kurzprosa, mit dem sie soziale und psychologische Zusammenhänge erfasste, und verglichen ihn mit Hemingway.[4] Sie hoben den Ausdruck einer „extremen Sensibilität gegenüber Verlassenheit und Trostlosigkeit (desolation)“ und die Fülle „geschädigter Charaktere“ in ihrem Werk hervor.[4]
Neben der Entstehung ihrer eigenen Schriften übersetzte Texidor spanische Literatur ins Englische, darunter Gedichte von Federico García Lorca.[5]
Weiterführende Literatur
Schwass, Margot (2019). All the Juicy Pastures: Greville Texidor and New Zealand. Wellington: Victoria University Press. ISBN 978-1-77656-225-1.
Einzelnachweise
- ↑ The life and the work, Martin Edmond – New Zealand Review of Books Pukapuka Aotearoa. Abgerufen am 11. September 2025 (englisch).
- ↑ a b c d e f g Norman Franke: Werner Droescher. Hrsg.: James Bade. Im Schatten zweier Kriege. Edition Temmen, Bremen 2005, ISBN 3-86108-055-9, S. 215 - 221.
- ↑ a b Stuff. Abgerufen am 11. September 2025.
- ↑ a b c d e "Why Is Greville Texidor Part of the Canon?" by Dale Benson. Abgerufen am 14. September 2025.
- ↑ Kristin Bluemel: All the Juicy Pastures: Greville Texidor and New Zealand. In: The Journal of New Zealand Studies. NS29, 18. Dezember 2019, ISSN 2324-3740, doi:10.26686/jnzs.v0iNS29.6274 (victoria.ac.nz [abgerufen am 11. September 2025]).