Grecs du roi


Die Grecs du roi (wörtlich „die Griechen des Königs“) ist eine einflussreiche griechische Schriftart im griechischen Minuskelstil, die zwischen 1541 und 1550 von dem französischen Schriftschneider Claude Garamond geschnitten wurde. Arthur Tilley bezeichnet die damit gedruckten Bücher als “among the most finished specimens of typography that exist” („inmitten der vollendetsten Beispielen der Typografie, die es gibt“).[1]
Die Schriftstempel (Patrizen) für die Grecs du roi wurden von Pierre du Chastel im Auftrag von König Franz I. von Frankreich bei Robert Estienne in einem Vertrag vom 2. November 1540 bestellt und sind bis heute Eigentum der französischen Regierung.[2] Beeinflusst von den von ̃Francesco Griffo geschnittenen und vom Drucker Aldus Manutius in Venedig verwendeten Schriftarten, basierte das Design auf der Handschrift des kretischen Kopisten Angelo Vergecio und enthält die vielen alternativen Buchstabenformen und Ligaturen, die damals in der griechischen Handschrift üblich waren. Die Schriftart war äußerst einflussreich und diente in den folgenden zwei Jahrhunderten als Grundmodell für griechische Schriftarten.[3]
Geschichte


Claude Garamond wurde am 2. November 1540 mit dem Schneiden der Grecs du roi beauftragt.[4][2] Garamond brauchte fast 10 Jahre, um alle Schriftgrößen fertigzustellen. 1543 vollendete er den mittelgroßen 16-Punkt-Zeichensatz, den er „gros romaine“ nannte. Drei Jahre später, im Jahr 1546, vollendete er den kleinen 9-Punkt-Zeichensatz, den er „Cicéro“ nannte. Schließlich vollendete er 1550 den großen 20-Punkt-Zeichensatz, den er „gros parangon“ nannte.[5][6][7][8]
Die Grecs du roi war äußerst einflussreich und wurde schnell zum Vorbild für andere Drucker und Verleger, die sie nachzuahmen suchten, wobei andere französische Schriftschneider bereits Versionen schufen, noch bevor Garamond die letzte Schriftgröße fertiggestellt hatte.[9] Laut John A. Lane waren die beliebtesten Imitationen die von Pierre Haultin und Robert Granjon, die auch im Ausland weit verbreitet waren.[10][11] Weniger bekannte Versionen in Frankreich wurden von du Villiers, Jean Arnoul genannt Picard le Jeune und möglicherweise Michel Du Boys hergestellt, im Ausland ist eine aus Hamburg aus dem Jahr 1587 bekannt, und im 16. Jahrhundert gab es mehrere von Jean Jannon und eine von Arthur Nicholls in London.[12][13]
Der Stil der Grecs du roi war zwar äußerst einflussreich, stellte jedoch hohe Anforderungen an die Drucker, da er eine Auswahl zwischen vielen möglichen in jedem Wort verwendbaren Glyphen fordert, im Gegensatz zu den Allzweck-Schriftarten des lateinischen Alphabets, die nicht versuchen, die Handschrift so genau wie möglich nachzuahmen. Seit dieser Zeit sind die für das Griechische entworfenen Schriftarten im Allgemeinen viel einfacher geworden, mit einer Abnahme der Anzahl der Ligaturen. Gerry Leonidas, ein führender Experte für griechischen Schriftsatz, war der Meinung, dass Vergecios Handschrift „alle Merkmale einer Schrift aufweist, die für die Umwandlung [in eine Druckschrift] ungeeignet ist“.[14]
1946 wurden die Original-Schriftstempel als historisches Denkmal eingestuft.[15]
Digitaliserungen
Mindaugas Strockis schuf 2001 eine kostenlose digitale Schriftart namens Grecs du roi WG, die allerdings keine Ligaturen enthält.[16]
Eine Digitalisierung der Grecs du roi wurde von Franck Jalleau von der französischen Imprimerie Nationale erstellt und anlässlich der Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen für eine Ausgabe von Pindars Olympischen Oden verwendet.[17][18]
Eine weitere Digitalisierung der Grecs du roi wurde 2009 von Anagrafi Fonts unter dem Namen KS-GrequeX erstellt. Sie umfasst zwei Schriftstärken und über 1100 Glyphen und Ligaturen, mehr als Garamond geschnitten hatte.[19]
George Douros' Anaktoria, eine seiner Unicode-Schriftarten für alte Schriften, ist eine Reproduktion der Grecs du roi mit Ligaturen. Nachdem sie mehrere Jahre lang gemeinfrei war, versuchte Douros 2018, sein Urheberrecht an den Schriftdateien zurückzugewinnen, und lizenzierte die Schriftart nur für den privaten Gebrauch.[20]
Literatur
- Harry Carter: A View of Early Typography Up to About 1600. Hrsg.: James Mosley. Reprinted Auflage. Hyphen, London 2002, ISBN 978-0-907259-21-3 (englisch).
- Harry Carter (Hrsg.): The type specimen of Delacolonge. Les caractères et les vignettes de la fonderie du sieur Delacolonge, Lyons, 1773. Introduction and notes by Harry Carter. (Facsimile ... made from a copy belonging to the publishers.). 1969 (englisch).
- John G. Dreyfus (Hrsg.): Type Specimen Facsimiles. Bowes & Bowes, Putnam, London 1963 (englisch).
- John A. Lane: Early Type Specimens in the Plantin-Moretus Museum: annotated descriptions of the specimens to ca. 1850 (mostly from the Low Countries and France) with preliminary notes on the typefoundries and printing offices. 1. Auflage. Oak Knoll Press, New Castle, Del. 2004, ISBN 978-1-58456-139-2 (englisch).
- Robert Slimbach: Garamond Premier Pro: a contemporary adaptation; modelled on the roman types of Claude Garamond and the italic types of Robert Granjon. Adobe Systems, San Jose 2005, The Making of Garamond Premier, S. 15–21 (englisch).
- Hendrik D. L. Vervliet: French Renaissance Printing Types: a Conspectus. Oak Knoll Press, New Castle, Del. 2010, ISBN 978-1-58456-271-9 (englisch).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Arthur Tilley: Humanism under Francis I. In: The English Historical Review. 15. Jahrgang, Nr. 59, 1900, S. 456–478, doi:10.1093/ehr/xv.lix.456 (englisch, zenodo.org).
- ↑ a b Annie Parent, Jeanne Veyrin-Forrer: Claude Garamont: New Documents. In: The Library. s5-XXIX. Jahrgang, Nr. 1, 1974, S. 80–92, doi:10.1093/library/s5-XXIX.1.80 (englisch).
- ↑ John A. Lane: Greek Letters: From Tablets to Pixels. Hrsg.: Michael S. Macrakis. Oak Knoll Press, 1996, ISBN 978-1-884718-27-4, From the Grecs du Roi to the Homer Greek: Two Centuries of Greek Printing Types in the Wake of Garamond (englisch).
- ↑ Hendrik D. L. Vervliet: The Palaeotypography of the French Renaissance: Selected Papers on Sixteenth-century Typefaces. BRILL, 2008, ISBN 978-90-04-16982-1, S. 383 (englisch, google.com).
- ↑ Garamont's early career: the grecs du roi. Französisches Kulturministerium, archiviert vom am 23. November 2013; abgerufen am 26. August 2025 (englisch).
- ↑ The Greek Typefaces. Französisches Kulturministerium, abgerufen am 26. August 2025 (englisch).
- ↑ James Mosley: Porson's Greek type design. Type Foundry, abgerufen am 26. August 2025 (englisch).
- ↑ Elizabeth Armstrong: Robert Estienne, Royal Printer: An Historical Study of the Elder Stephanus. Cambridge University Press, 2011, ISBN 978-0-521-17066-6, S. 52 (englisch, google.com).
- ↑ John A. Lane: Greek Letters: From Tablets to Pixels. Hrsg.: Michael S. Macrakis. Oak Knoll Press, 1996, ISBN 978-1-884718-27-4, From the Grecs du Roi to the Homer Greek: Two Centuries of Greek Printing Types in the Wake of Garamond, S. 110 (englisch).
- ↑ John A. Lane: Greek Letters: From Tablets to Pixels. Hrsg.: Michael S. Macrakis. Oak Knoll Press, 1996, ISBN 978-1-884718-27-4, From the Grecs du Roi to the Homer Greek: Two Centuries of Greek Printing Types in the Wake of Garamond, S. 111 (englisch).
- ↑ Hendrik D. L. Vervliet: The Palaeotypography of the French Renaissance: Selected Papers on Sixteenth-century Typefaces. BRILL, 2008, ISBN 978-90-04-16982-1, S. 365–382 (englisch, google.com).
- ↑ John A. Lane: Arthur Nicholls and his Greek Type for the King's Printing House. In: The Library. s6-13. Jahrgang, Nr. 4, 1991, S. 297–322, doi:10.1093/library/s6-13.4.297 (englisch).
- ↑ Hendrik D. L. Vervliet: The Palaeotypography of the French Renaissance: Selected Papers on Sixteenth-century Typefaces. BRILL, 2008, ISBN 978-90-04-16982-1, S. 270 (englisch, google.com).
- ↑ John D. Berry (Hrsg.): Language Culture Type: International Type Design in the Age of Unicode. ATypI, 2002, ISBN 978-1-932026-01-6, S. 80–3 (englisch, google.com).
- ↑ Claude Garamont, graveur typographe réformé. Virtuelles Museum des Protestantismus, abgerufen am 26. August 2025 (französisch).
- ↑ Archivierte Kopie. (zip) Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 17. Oktober 2005; abgerufen am 26. August 2025 (englisch).
- ↑ Éric de Chazournes: Projet de sauvegarde du patrimoine de l'Imprimerie nationale. In: www.garamonpatrimoine.org. L'atelier du livre d'art et de l'estampe, Patrimoine de l'Imprimerie Nationale, 26. August 2004, abgerufen am 26. August 2025 (französisch).
- ↑ Franck Jalleau: La recréation numérique des Grecs du Roi. 2011, S. 3, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 25. Januar 2021; abgerufen am 27. August 2025 (Vortragsankündigung auf einer Einladung zu einer Konferenz am 29. September 2011 in Amiens, Frankreich).
- ↑ Anagrafi Fonts: Γραμματοσειρές - KS GrequeX. Abgerufen am 26. August 2025 (englisch).
- ↑ George Doulos: Textfonts. In: Unicode Fonts for Ancient Scripts. März 2020, S. 3, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Mai 2024; abgerufen am 26. August 2025.