Grüne Huschspinne

Grüne Huschspinne

Grüne Huschspinne (Micrommata virescens), Weibchen

Systematik
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Teilordnung: Entelegynae
Überfamilie: Sparassoidea
Familie: Riesenkrabbenspinnen (Sparassidae)
Gattung: Huschspinnen (Micrommata)
Art: Grüne Huschspinne
Wissenschaftlicher Name
Micrommata virescens
(Clerck, 1757)

Die Grüne Huschspinne (Micrommata virescens) ist eine Spinne aus der Familie der Riesenkrabbenspinnen (Sparassidae). Sie ist paläarktisch verbreitet, dabei jedoch als xerophile (wärmeliebende) in den südlichen Breiten ihres Vorkommensgebiets häufiger und bewohnt ihrer Xerophilie entsprechend bevorzugt trockenwarme Habitate (Lebensräume). Ferner ist die Grüne Huschspinne die einzige in Mitteleuropa natürlich vorkommende Riesenkrabbenspinne. Die Art zählt zu den mittelgroßen Echten Webspinnen (Araneomorphae) und erhält ihren Trivialnamen durch die vor allem beim Weibchen ausgeprägte Grünfärbung, während das Männchen vermehrt olivgrüne bis gelbe wie auch rote Farbelemente aufweist.

Bei der Grünen Huschspinne handelt es sich wie bei allen Huschspinnen (Micrommata) und somit im Gegensatz zu den meisten anderen Riesenkrabbenspinnen um eine tagaktive Art, die sich bevorzugt in niedrigem Gebüsch oder höheren Gräsern aufhält, wo sie aufgrund ihrer Färbung gut getarnt ist. Sie ernährt sich wie alle Spinnen räuberisch und erlegt wie für Riesenkrabbenspinnen üblich Beutetiere freilaufend und somit ohne ein Fangnetz. Der Paarung geht eine ausgeprägte Balz voraus und ein begattetes Weibchen fertigt im Sommer einen Brutgespinst an, in dem es seinen Eikokon deponiert. Es betreibt Brutpflege und bewacht sowohl das Eigelege als auch die frisch geschlüpften Nachkommen, ehe diese sich selbstständig verstreuen und selbstständig über mehrere Fresshäute (Häutungsstadien) heranwachsen.

Die Arachnologische Gesellschaft kürte die Grüne Huschspinne zur Spinne des Jahres 2004. Damit sollte u. a. auf die Gefährdung der Art durch den Rückgang ihrer Lebensräume aufmerksam gemacht werden. Eine Gefahr für den Menschen geht von der Spinne nicht aus.

Merkmale

Männliches Exemplar – deutlich zu erkennen am rot-gelb gestreiften Hinterleib

Das Weibchen der Grünen Huschspinne erreicht nach Peter Jäger (2023) eine Körperlänge von 9,2 bis zu 17,8 und das Männchen eine von 8,2 bis zu 10 Millimetern. Damit handelt es sich wie bei allen Huschspinnen um einen mittelgroßen Vertreter der Echten Webspinnen (Araneomrphae). Der grundsätzliche Körperbau der Art entspricht dem anderer der Gattung.

Längen der Grünen Huschspinne in Millimetern nach Jäger
Geschlecht Prosoma (Vörderkörper) Opisthosoma (Hinterleib) Zahnreihen der Cheliceren (Kieferklauen)/Zahnreihen der Cheliceren Länge der Setae (chitinisierten Haaren) an den Cheliceren
Männchen 3,8 bis 4,4 3,7 bis 5,6 2/4 bis 6 0,6 bis 0,9
Weibchen 3,8 bis 5,6 5,4 bis 12,2 2/4 bis 7 0,6 bi 0,9

Sexualdimorphismus

Die Grüne Huschspinne weist wie viele Spinnen einen ausgeprägten Sexualdimorphismus (Unterschied der Geschlechter) auf. Dieser macht sich neben den Dimensionen bei der Farbgebung beider Geschlechter bemerkbar.

Männchen

Das Männchen hat eine blass gelblich-braune Grundfärbung, wobei die Segmente der Beine in distaler (von der Körpermitte entfernt gelegener) Lage dunkler ausfällt. Der Carapax ist im lebendigen Zustand grün gefärbt, wobei dies jedoch nach dem Exitus verblasst, und weist ein dunkles medianes (mittleres) Band sowie undeutliche laterale (seitliche) und marginale (randseitige) Bänder auf. Das Opsthosoma besitzt dorsal (oben) ein an das des Carapax anknüpfendes, jedoch undeutliches und dunkles Medianband. Es ist mit Ausnahme des für Huschspinnen (Micrommata) typischen Herzfmals weißen bis gelblichen und kristallförmigen Flecken bedeckt. Im lebendigen Zustand ist das Opisthosoma des Männchens gelb gefärbt. Außerdem besitzt es dann ein rotes Medianband und jeweils beidseitig einem breiten roten Lateralstreifen.

Die Beinformel (absteigende Längenformel der Beinpaare) des Männchens lautet 2-4-1-3 anstelle wie bei den meisten Spinnen 4-1-2-3. Die Klauenglieder der Cheliceren weisen je 2 pro- (vorne) und 4 oder 5 retromarginale (hinten seitliche) Zähne auf. Dentikel (zahnartige Gebilde) fehlen gänzlich, dafür besitzen die Glieder jeweils 6 Setae zur Leitung.

Maße eines einzelnen von Jäger vermessenen und bei Weimar gefundenen Männchens in Millimetern nach Jäger
Gemessener Bereich Wert
Körpermaße
Gesamtlänge 7,1
Länge des Prosomas 3,9
Breite des Prosomas 3,1
Anteriore Breite 1,5
Länge des Opisthosomas 3,8
Breite des Opisthosomas 2,1
Durchmesser der Augen
Anterior median 0,15
Anterior lateral 0,22
Posterior median 0,16
Posterior lateral 0,18
Abstand der Augen
Anterior median zueinander 0,14
Anterior median-Anterior lateral 0,03
Posterior median zueinander 0,28
Posterior median-Posterior lateral 0,2
Anterior median-Posterior median 0,38
Anterior lateral-Posterior lateral 0,17
Abstand der anterioren Augen zu den Cheliceren
Anterior median-Cheliceren 0,39
Anterior lateral-Cheliceren 0,4
Längen der Beine des von Jäger vermessenen Männchens in Millimetern:
Beinpaar  Femur Patella (Glied zwischen Femur und Tibia) Tibia (Schiene) Metatarsus (Fersenglied) Tarsus (Fußglied) Gesamtlänge
Pedipalpen (umgewandelte Extremitäten im Kopfbereich) 1,4 0,6 1 0 (hier nicht vorhanden) 1 (hier der Bulbus) 4,4
1 4 1,6 4 3,8 1,3 14,7
2 4,2 1,6 4,3 4,1 1,4 15,6
3 3,6 1,3 3,4 3,2 1,2 12,7
4 4,3 1,3 4 4,5 1,4 15,5
Anordnung der Beinstacheln des von Jäger untersuchten Männchens
Beinpaar  Femur Patella Tibia Metatarsus Tarsus
Pedipalpen 1-3-1 1-2-0 2-1-0-1 - 1-1-1-2 (hier der Bulbus)
1 3-2-3 1-0-1 2-0-2-4 1-0-0-4 -
2 3-2-3 1-0-1 2-0-2-4 1-0-0-4 -
3 3-2-3 1-0-1 2-1-2-4 3-0-2-4 -
4 3-(2)-2-1 1-0-1 2-1-2-4 3-0-3-7 -

Weibchen

Das Weibchen hat eine hellgelblich-braune Grundfarbe, die an den Metatarsen und Tibien der Beine etwas dunkler ausfällt. Der Carapax weist undeutliche, dunkle Streifen aus dunklen Borsten auf. Die Färbung des Opisthosomas fällt ventral vor den Spinnwarzen dunkler aus. Im lebendigen Zustand erscheint das Weibchen leuchtend grün. Junge Weibchen sind hellgelblich bis grünlich gefärbt und besitzen zahlreiche roten bis braune Flecken.

Die Beinformel des Weibchens lautet 4-2-1-3 und weicht somit, ebenso wie die des Männchens, von der Norm ab. Die Fangfurchen haben hier jeweils 2 anteriore (vordere) und 3 oder 4 retromarginale Zähne. Auch dem Weibchen fehlen wie beim Männchen Dentikel, es hat dafür jeweils 7 oder 8 Leistungssetae an den Fanggliedern.

Maße eines einzelnen von Jäger vermessenen und bei Weimar gefundenen Weibchens in Millimetern nach Jäger
Gemessener Bereich Wert
Körpermaße
Gesamtlänge 12
Länge des Prosomas 4,5
Breite des Prosomas 3,7
Anteriore Breite 2,2
Länge des Opisthosomas 7,7
Breite des Opisthosomas 4,2
Durchmesser der Augen
Anterior median 0,15
Anterior lateral 0,2
Posterior median 0,16
Posterior lateral 0,17
Abstand der Augen
Anterior median zueinander 0,2
Anterior median-Anterior lateral 0,05
Posterior median zueinander 0,41
Posterior median-Posterior lateral 0,27
Anterior median-Posterior median 0,46
Anterior lateral-Posterior lateral 0,25
Abstand der anterioren Augen zu den Cheliceren
Anterior median-Cheliceren 0,44
Anterior lateral-Cheliceren 0,4
Längen der Beine des von Jäger vermessenen Weibchens in Millimetern:
Beinpaar  Femur Patella Tibia Metatarsus Tarsus Gesamtlänge
Pedipalpen 1,3 0,7 1 0 (hier nicht vorhanden) 1,6 4,6
1 4,1 1,8 3,8 3,7 1,3 14,7
2 4,5 1,8 4,1 3,8 1,4 15,6
3 3,8 1,6 3,1 2,9 1,2 12,6
4 4,6 1,7 3,9 4,2 1,4 15,8
Anordnung der Beinstacheln des von Jäger untersuchten Weibchens
Beinpaar  Femur Patella Tibia Metatarsus Tarsus
Pedipalpen 1-3-0 1-2-1 2-1-2-1 - 1-0-1-3
1 3-2-3 - 1-0-2-4 1-0-0-4 -
2 2-2-3 - 2-0-1-4 1-0-0-4 -
3 3-2-3 - 2-1-2-3 3-0-2-4 -
4 2-(1)-2-1 - 2-1-2-3 3-0-3-7 -

Genitalmorphologische Merkmale

Das Männchen der Großen Grünen Huschspinne hat an den Tibien der Pedipalpen je eine retrolaterale Apophyse (Fortsatz), die ventral (unterhalb) betrachtet zum Cymbium (erstes und vorderes Sklerit bzw. Hartteil) eines einzelnen Bulbus (männliches Geschlechtsorgans) hin spitz zuläuft. Der basale (an der Basis glegene) Teil des Spermophors (Samenschlauchs) ist von mäßiger Breite und kann entweder breiter oder gleich breit wie die basale Windung des Tegulums (zweites und mittleres Sklerit des Bulbus) sein. Insgesamt erstreckt der Spermophor sich in retrolaterale bis retrolaterodistale (hinten seitliche & von der Körpermitte entfernt liegende) Richtung. Die teguläre Dentikelfläche ist schwach ausgebildet. Der Embolus (drittes und letztes Sklerit des Bulbus) ist vergleichsweise groß, von sichelförmiger Gestalt und verfügt über einen sägezahnförmigen am prolatero-proximalen (vorne seitliche & zur Körpermitte gelegenen) Rand. Er ist zweigeteilt und besteht entsprechend aus zwei distal (von der Körpermitte entfernt) gelappten Platten und bedeckt ventral betrachtet den distalen Rand des Tegulums.

Die Fläche der Epigyne (weibliches Geschlechtsorgan) und das mediane Septum (Trennwand) sind deutlich breiter als lang. Das Septum hat außerdem 4 bis 6 radiale (strahlenförmig) verlaufende Furchen. Seine anteriore Öffnung ist außerdem mit ausgeprägten Rändern versehen. Die Spermatheken (Samentaschen) sind deutlich voneinander getrennt und die Kopulationsgänge in posteriore Richtung breiter werdend und besitzen posterolateral einen S-förmig verlaufenden Abschnitt. Die Drüsenanhänge sind von ovaler Form.

Verbreitung und Lebensraum

Das Verbreitungsgebiet der Grünen Huschspinne umfasst Europa, die Türkei, Kaukasien, Russland (von Europa bis zum Föderationskreis Ferner Osten), den Iran, Kasachstan, Zentralasien, China, Korea und Japan. Sie ist xerophil (wärmeliebend) und nimmt bevorzugt lichte trockene bis frische Wälder, und Waldränder als Habitat (Lebensraum) an. Daneben bewohnt die Art Weinberge, Zwergstrauchheiden, Moore und stark beanspruchte sowie brache Feuchtwiesen und Magerrasen.

Die Grüne Huschspinne ist der einzige flächendeckend in Europa natürlich vorkommende Vertreter der Riesenkrabbenspinnen (Sparassidae), deren Verbreitungsschwerpunkt ohnehin die Tropen und Subtropen bilden. Darüber hinaus kommen in den milderen Gebieten Europas wie dem Mittelmeerraum noch einige Arten, darunter die mit der Grünen Huschspinne gattungsverwandte Ligurische (M. ligurina) und die Hübsche Huschspinne (M. formosa) vor. Die einzige neben der Grünen Huschspinne auch in anderen Teilen Europas etablierte Riesenkrabbenspinne ist die ursprünglich in Asien heimische und mittlerweile weltweit eingeschleppte Warmhaus-Riesenkrabbenspinne (Heteropoda venatoria), die dort jedoch nur in menschlichen Bauwerken anzutreffen ist und feste Populationen aufbauen kann.

Lebensweise und Fortpflanzung

Die Grüne Huschspinne ist ein tagaktiver flinker Jäger, der in der Kraut- und Strauchschicht der Vegetation unterschiedlicher Lebensräume lebt.[1] Das wärmeliebende Tier jagt ohne Netz.

Reife Tiere sind hauptsächlich im Mai und Juni anzufinden, Weibchen vereinzelt noch im August. Die Paarung ist ähnlich wie bei den Wolfsspinnen. Das Männchen besteigt das Weibchen von vorne, beugt sich dann zur Seite herunter und führt einen Taster ein. Obwohl nur ein einmaliger Tasterwechsel erfolgt, kann dieser Prozess mehrere Stunden andauern. Anschließend baut das Weibchen eine Eikammer aus zusammengesponnenen Blättern, die meist dicht über dem Erdboden befestigt und bis zum Schlupf bewacht wird. Die Eier sind ebenfalls grün.

Sonstiges

Die Grüne Huschspinne wurde 2004 zur Spinne des Jahres gewählt. Eine namentlich ähnlich klingende und teilweise auch ähnlich aussehende Spinne ist die Grüne Luchsspinne.

Galerie

Commons: Grüne Huschspinne (Micrommata virescens) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur

  • Heiko Bellmann: Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas, 1997, ISBN 3-440-07025-5

Einzelnachweise

  1. Hänggi, Ambros; Stöckli, Edi; Nentwig, Wolfgang, 1995. Lebensräume Mitteleuropäischer Spinnen. Miscellanea Faunistica Helvetiae – Centre suisse de cartographie de la faune, Neuchâtel. ISBN 2-88414-008-5