Gladys Dick

Gladys Rowena Henry Dick, 1927

Gladys Rowena Dick (* 18. Dezember 1881 in Pawnee City, Nebraska, Vereinigte Staaten; † 21. August 1963 in Palo Alto, Kalifornien Vereinigte Staaten) war eine US-amerikanische Medizinerin, Pathologin und Mikrobiologin. Anfang der 1920er Jahre identifizierten und isolierten sie und ihr Ehemann George Frederic Dick den Erreger des Scharlachs, entwickelten einen Hauttest zur Bestimmung der Anfälligkeit für die Krankheit und den ersten Impfstoff. 1925 wurde Dick für ihre Arbeit am Scharlach-Impfstoff für den Nobelpreis nominiert.[1][2][3][4]

Leben und Werk

Gladys war die Tochter eines Getreidebauers und Bankiers, William Chester Henry, und seiner Frau Azelia Henrietta Edson Henry. Nach ihrer Geburt zog ihre Familie nach Lincoln, Nebraska, wo sie die örtlichen öffentlichen Schulen besuchte, bevor sie an der University of Nebraska Zoologie studierte. Nach ihrem Bachelor-Abschluss 1900 unterrichtete sie die nächsten zwei Jahre Biologie an einer High School in Kearney (Nebraska) und belegte zusätzliche Aufbaukurse an der Universität. Als eine der ersten Absolventinnen schloss sie 1907 ihr Medizinstudium an der Johns Hopkins Medical School ab. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie ein Jahr als Praktikantin in Baltimore, bevor sie für ein Jahr zur Postgraduiertenausbildung an die Humboldt-Universität zu Berlin ging. Sie studierte Blutchemie und Herzchirurgie bei W. G. MacCallum, Harvey Cushing und Milton Winternitz.

1911 zog sie nach Chicago und arbeitete mit Harry Gideon Wells an der Universität von Chicago auf dem Gebiet der Nierenpathochemie und mit George Frederick Dick auf dem Gebiet der Scharlach-Ätiologie. Am 28. Januar 1914 heiratete sie Dick und praktizierte dann in Evanston als Ärztin und arbeitete als Pathologin am Evanston Hospital. Ende 1914 bis 1953 arbeitete sie mit ihrem Ehemann am John R. McCormick Memorial Institute for Infectious Diseases. Während dieser Zeit wurde sie auch Chefpathologin am St. Joseph's Hospital in Chicago. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete sie als Bakteriologin beim United States Public Health Service und vertrat ihren Ehemann als Mitarbeiterin am St. Luke's Hospital, dem heutigen Rush University Medical Center in Chicago.

Scharlach-Forschung

Als Dick 1911 nach Chicago kam, war sie zunächst am Children's Memorial Hospital tätig, wo sie sich mit Scharlach infizierte. Nach ihrer Genesung nahm sie eine Forschungsstelle an der Universität von Chicago an, wo sie gemeinsam mit ihrem zukünftigen Ehemann die Ursprünge des Scharlachs erforschte. Als Team erzielten Dick und ihr Mann ihre größten Erfolge bei der Identifizierung, Vorbeugung und Behandlung von Scharlach, einer Krankheit, die damals noch wenig erforscht und in Europa und Nordamerika auftrat. Ein Problem für Forscher bestand darin, dass Tiere sich nicht mit der Krankheit anstecken konnten und daher für Forschungszwecke unbrauchbar waren. Da sie menschliche Versuchspersonen brauchten, verwendeten die Dicks Hunderte von Kriegsveteranen als Testpersonen und zahlten ihnen jeweils tausend Dollar. Mit Unterstützung des medizinischen Leiters Ludvig Hektoen identifizierten sie 1921 den Erreger als hämolysierenden Streptokokken und konnten die Krankheit im Oktober 1923 erfolgreich bei Freiwilligen hervorrufen, denen eine aktive Scharlachkultur injiziert worden war. Kurz darauf gelang es den Dicks, das von Scharlachbakterien produzierte Toxin zu identifizieren und zu isolieren, das für den charakteristischen roten Ausschlag verantwortlich war, der lange mit der Krankheit in Verbindung gebracht wurde. Sie entwickelten einen Hauttest, der später als Dick-Test bekannt wurde und bald weltweit als Indikator für die individuelle Anfälligkeit für die Krankheit eingesetzt wurde. Dieser Durchbruch führte später zur Entwicklung von Immunisierungsverfahren und Methoden zur Herstellung von Antitoxinen.[5]

1925 wurden die Dicks für den Nobelpreis nominiert, den sie trotz der Unterstützung von 24 angesehenen Kollegen nicht erhielten, da es in diesem Jahr keinen Preis für Medizin gab. 1924 und 1926 ließen sie ihre Methoden zur Herstellung von Toxin und Antitoxin patentieren, was in der Medizin Kritik hervorrief. Die Dicks argumentierten, dass die Patente die Qualitätskontrolle gewährleisteten und gewannen 1930 einen Prozess gegen die Lederle Laboratories wegen Patentverletzung und unsachgemäßer Toxinherstellung.[6]

Dick Aseptic Nursery Technique

80 Baby erkrankten 1927 an einer tödlichen Darmepidemie und 27 starben, woraufhin Dick die Dick Aseptic Nursery Technique entwickelte, die durch strenge Sterilisation und aseptische Verfahren Kreuzinfektionen zwischen Säuglingen verhindern sollte. Bei ihren Untersuchungen stellte sie fest, dass die Milchpulver der Babys eine Infektionsquelle darstellte. Durch die Sterilisation der Säuglingsnahrung konnten die Infektionen gestoppt werden. Dicks Arbeit auf diesem Gebiet überzeugte die American Medical Association, einen Rat für Lebensmittel zu gründen, was die Hersteller dazu veranlasste, kochbares Milchpulver herzustellen.[7][8][9][10]

In den 40er und 50er Jahren war Dick in der Polioforschung aktiv und setzte sich für Adoptionen ein. Sie gründete die Cradle Society in Evanston, Illinois und war von 1918 bis 1953 in deren Vorstand tätig.

Mit 49 Jahren adoptierten sie und ihr Mann einen Sohn und eine Tochter.

1953 zog sie sich, geschwächt durch zerebrale Arteriosklerose, mit ihrem Mann nach Palo Alto zurück. Zehn Jahre später, 1963, starb sie im Alter von 81 Jahren in Menlo Park.[11]

Auszeichnungen und Ehrungen (Auswahl)

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • mit George Frederick Dick: Immune Reactions in Scarlet Fever, in Antigenic Properties of Bacteria Found in Scarlatina. The Journal of Infectious Diseases, 1916; 19(4): 638–646
  • mit George Frederick Dick: Experimental Scarlet Fever. JAMA 81(14), 1923, S. 1166–1167.
  • mit George Frederick Dick: A skin test for susceptibility to scarlet fever. JAMA 82 (4), 1924, S. 265–266.
  • mit George Frederick Dick: The etiology of scarlet fever. JAMA 82, 1924, S. 301–2.
  • mit George Frederick Dick: Scarlet fever. American Journal of Public Health 14(12), 1924, S. 1022–1028.
  • mit George Frederick Dick: Scarlet fever. 1938.

Literatur

  • Laura Windsor: Women in Medicine: An Encyclopedia. Bloomsbury Academic, 2002

ISBN 978-1576073926.

Einzelnachweise

  1. Brief Bios | Early Evanston Women. Abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  2. Hans Mehlin: Nomination Archive. In: NobelPrize.org. 21. Mai 2024, abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  3. Evanston Women's History Database. Archiviert vom Original am 8. Mai 2014; abgerufen am 22. August 2025.
  4. 1900 grad earned Nobel nod for scarlet fever vaccine | Nebraska Today. Abgerufen am 22. August 2025.
  5. Dr. Gladys Dick and Scarlet Fever | Classic Chicago Magazine. 6. August 2017, abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  6. Jenny Stuart-Smith, Mike Cadogan, Jenny Stuart-Smith and Mike Cadogan: Gladys Dick. In: Life in the Fast Lane • LITFL. 5. August 2020, abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  7. The Cradle. Abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  8. Dr. Gladys Dick and Scarlet Fever | Classic Chicago Magazine. 6. August 2017, abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).
  9. Marta Macho Stadler: Gladys Rowena Henry Dick, médica. 18. Dezember 2024, abgerufen am 22. August 2025 (spanisch).
  10. Marta Macho Stadler: Gladys Rowena Henry Dick, la científica que contrajo la escarlatina y decidió investigarla. 9. Januar 2025, abgerufen am 22. August 2025 (spanisch).
  11. Dick, Gladys (1881–1963) | Encyclopedia.com. Abgerufen am 22. August 2025.
  12. Miquel: Gladys Henry Dick va estar a punt de rebre el premi Nobel de Medicina. In: Blog de Miquel Bruguera sobre curiositats de la història de la medicina. 27. August 2021, abgerufen am 22. August 2025 (katalanisch).
  13. Gladys Dick. Abgerufen am 22. August 2025 (amerikanisches Englisch).