Glacis (Festungsbau)

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Das Glacis (französisch ursprünglich für Abhang) ist im neuzeitlichen Festungsbau eine von der Feldseite her leicht ansteigende Erdanschüttung (Abdachung[1]) vor dem Graben. Der Hauptzweck des Glacis war das Verlegen der bewallten Escarpe in den angreiferseitigen toten Winkel , um das Schießen von Breschen nur aus nächster Nähe zu ermöglichen. Des Weiteren diente es den Verteidigern auf den Wällen als Schussfeld und bietet durch die Vermeidung verteidigerseitiger toter Winkel den Angreifern möglichst wenig Deckung. Die Kombination aus angreiferseitigem toten Winkel auf die bewallte Escarpe, und verteidigerseitiger Vermeidung toter Winkel auf das Schussfeld, machte das Anlegen von Annäherungsgräben notwendig, um entweder unteridisch durch die Contrescarpe zu brechen, oder oberidisch in effektiver Schussnähe eigene erhöhte Batterien anzulegen, um auf die jeweilige Weise Breschen in die Escarpe zu schießen. Durch diese Notwendigkeit wurde die Dauer von Belagerungsvorhaben erhöht, die Versorgungsnotwendigkeit der Belagerungsarmee durch Festhalten an einem festen Platz erschwert, und ein Aushaltenkönnen bis zum Eintreffen einer Entsatzarmee verlängert.
Anders als bei provisorischen befestigten Lagern dienten sie bei einer permanenten Festung auch als Brustwehr, die einen gedeckten Weg vor Schusswirkung schützte und eine Verteidigung des Grabens ermöglichte.
Das Glacis war im Idealfall unbebaut und nicht mit Bäumen bewachsen, um gegnerischen Truppen jede Möglichkeit zur Deckung zu nehmen. Zudem wurden auf einem Glacis oftmals tiefwurzelnde Gewächse angepflanzt, um das Ausheben von Annäherungsgräben zu erschweren. Auch Verhaue konnten als Annäherungshindernis auf dem Glacis angelegt werden. In Verbindung mit der fünfeckigen Form der Bastionen und dem regelmäßigen, vieleckigen Grundriss der Festungsmauern wurde durch die Anlage eines Glacis verhindert, dass ein den Geschützen der Festung entzogener Raum entsteht. Im Laufe der Zeit wurde das Glacis immer höher aufgeschüttet, um gegnerischen Truppen das Heranarbeiten an die Befestigungsanlagen zu erschweren.
Ortsbezeichnungen, die auf das frühere Glacis deuten
Heute deuten in vielen Städten Straßennamen, in denen das Wort Glacis vorkommt, auf das ehemalige Vorhandensein von Befestigungsanlagen hin:
- Aachener Glacis in Köln
- Allée des Glacis in Saint-Omer
- Alsterglacis in Hamburg
- Am Glacis in Leoben
- Weseler Glacis mit den Straßen Am Lippeglacis, Am Nordglacis, Am Ostglacis, Am Westglacis in Wesel
- Avenue des Glacis in Longuenesse
- Boulevard des Glacis in Ath
- Chemin des Glacis in Bapaume, Longwy, Saint-Omer, Talant
- Chemin du Glacis in Crissey (Saône-et-Loire), Lamonzie-Saint-Martin. Montluel, Sète
- Glacis in Brünn (heute tschechisch Koliště), Gorinchem, Portland (Dorset), Würzburg (Ringpark), Jägerndorf (Krnov) (heute Parkplatz zwischen U Fortny und Školní)
- Glacis und Glacisbrücke in Ingolstadt
- Glacisbrücke in Minden
- Glacischaussee in Hamburg
- Glacisgasse in Leoben
- Glacis Road in Gibraltar
- Glacisstraat in Bergen op Zoom, Geertruidenberg, Sas van Gent, Vlissingen
- Glacisstraße in Breisach am Rhein, Dresden, Germersheim, Graz, Landau, Neu-Ulm, Solothurn
- Glacisweg in Berlin, Freiburg, Hellevoetsluis, Hulst, Maastricht, Philippsburg, Mainz-Kastel, Würzburg
- Glacis du Château (Burgglacis) in Bitsch
- Holstenglacis in Hamburg
- Im Glacis in Saarlouis
- Impasse du Glacis in Agde
- Marienglacis, ein Teil des Mindener Glacis in Minden
- Passage du Glacis in Straßburg
- Place du Glacis in Luxemburg
- Rue des Glacis in Abaucourt, Auxonne, Belfort, Besançon, Douai, Drusenheim, La Rochelle, Lauterbourg, Longwy, Lüttich, Nancy, Perpignan, Pfalzburg, Quebec, Saint-Quentin, Thionville, Valenciennes, Verdun, Yutz
- Rue des Glacis-de-Rive in Genf
- Rue du Glacis in Abriès-Ristolas, Bitsch, Bouillon (Belgien), Châtillon-sur-Loire, Cheilly-lès-Maranges, Fléron, Les Aix-d'Angillon, Melle (Deux-Sèvres), Meloisey, Montreal, Rousies, Saint-Augustin (Seine-et-Marne), Saint-Gervais-en-Vallière, Tournan-en-Brie, Venizy
- Vorgebirgsglacisweg in Köln
In Magdeburg (Glacis-Anlage), Minden, Neu-Ulm, Torgau und Würzburg wird zudem der Stadtpark so genannt, der auf dem ehemaligen Glacis sowie im Graben liegt.
In Neu-Ulm ist außerdem das Einkaufszentrum Glacis-Galerie danach benannt, das in unmittelbarer Nähe des dortigen Glacis erbaut wurde.
Siehe auch
Literatur
- Walther Betz: Die Wallbefestigung von München (= Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München 9, ISSN 0541-3303). Stadtarchiv München, München 1960, mit 1 beigefügter Karte.
Einzelnachweise
- ↑ Hans Koepf, Günther Binding: Lemma „Abdachung“ im Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 30. April 2024), S. 30 (Arkade).