Glacis (Festungsbau)

Wall- und Grabenanlage mit Glacis, perspektivische Darstellung und Schnitt
Mit Strauchverhau gesichertes Glacis
Forte de Nossa Senhora da Graça bei Elvas, Portugal: komplett erhaltenes Glacis. Die tote Blickwinkel vermeidende optische Wirkung kann auf dem Foto sehr gut nachvollzogen werden.

Das Glacis [ɡlaˈsiː] (französisch ursprünglich für Abhang) ist im neuzeitlichen Festungsbau eine von der Feldseite her leicht ansteigende Erdanschüttung (Abdachung[1]) vor dem Graben. Der Hauptzweck des Glacis war das Verlegen der bewallten Escarpe in den angreiferseitigen toten Winkel , um das Schießen von Breschen nur aus nächster Nähe zu ermöglichen. Des Weiteren diente es den Verteidigern auf den Wällen als Schussfeld und bietet durch die Vermeidung verteidigerseitiger toter Winkel den Angreifern möglichst wenig Deckung. Die Kombination aus angreiferseitigem toten Winkel auf die bewallte Escarpe, und verteidigerseitiger Vermeidung toter Winkel auf das Schussfeld, machte das Anlegen von Annäherungsgräben notwendig, um entweder unteridisch durch die Contrescarpe zu brechen, oder oberidisch in effektiver Schussnähe eigene erhöhte Batterien anzulegen, um auf die jeweilige Weise Breschen in die Escarpe zu schießen. Durch diese Notwendigkeit wurde die Dauer von Belagerungsvorhaben erhöht, die Versorgungsnotwendigkeit der Belagerungsarmee durch Festhalten an einem festen Platz erschwert, und ein Aushaltenkönnen bis zum Eintreffen einer Entsatzarmee verlängert.

Anders als bei provisorischen befestigten Lagern dienten sie bei einer permanenten Festung auch als Brustwehr, die einen gedeckten Weg vor Schusswirkung schützte und eine Verteidigung des Grabens ermöglichte.

Das Glacis war im Idealfall unbebaut und nicht mit Bäumen bewachsen, um gegnerischen Truppen jede Möglichkeit zur Deckung zu nehmen. Zudem wurden auf einem Glacis oftmals tiefwurzelnde Gewächse angepflanzt, um das Ausheben von Annäherungsgräben zu erschweren. Auch Verhaue konnten als Annäherungshindernis auf dem Glacis angelegt werden. In Verbindung mit der fünfeckigen Form der Bastionen und dem regelmäßigen, vieleckigen Grundriss der Festungsmauern wurde durch die Anlage eines Glacis verhindert, dass ein den Geschützen der Festung entzogener Raum entsteht. Im Laufe der Zeit wurde das Glacis immer höher aufgeschüttet, um gegnerischen Truppen das Heranarbeiten an die Befestigungsanlagen zu erschweren.

Ortsbezeichnungen, die auf das frühere Glacis deuten

Heute deuten in vielen Städten Straßennamen, in denen das Wort Glacis vorkommt, auf das ehemalige Vorhandensein von Befestigungsanlagen hin:

In Magdeburg (Glacis-Anlage), Minden, Neu-Ulm, Torgau und Würzburg wird zudem der Stadtpark so genannt, der auf dem ehemaligen Glacis sowie im Graben liegt.

In Neu-Ulm ist außerdem das Einkaufszentrum Glacis-Galerie danach benannt, das in unmittelbarer Nähe des dortigen Glacis erbaut wurde.

Siehe auch

Literatur

  • Walther Betz: Die Wallbefestigung von München (= Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München 9, ISSN 0541-3303). Stadtarchiv München, München 1960, mit 1 beigefügter Karte.

Einzelnachweise

  1. Hans Koepf, Günther Binding: Lemma „Abdachung“ im Bildwörterbuch der Architektur. Mit englischem, französischem, italienischem und spanischem Fachglossar (= Kröners Taschenausgabe. Bd. 194). 4., überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-19404-X (Digitalisat auf moodle.unifr.ch, abgerufen am 30. April 2024), S. 30 (Arkade).