Gilten (Kartenspiel)
Gilten oder das Giltspiel ist ein "sehr altes" österreichisches Kartenspiel für zwei Spieler oder vier Spieler, die zwei gegen zwei spielen, mit 32 Karten aus dem Deutschen Blatt. Trotz seines Alters wird es immer noch in Teilen Tirols gespielt. Es ist ein Stichspiel bei dem auch auf gewisse Karten-Kombinationen gewettet wird.[1]
Geschichte
Gilten ist der Vorgänger des Tiroler Kartenspiels Perlaggen, welches wiederum in das „Österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes“ – mit Beschluss der österreichischen UNESCO-Kommission vom 17. März 2016 – aufgenommen wurde. Das Giltspiel war früher in Tirol weit verbreitet und seit "Menschengedenken" bekannt, wie in einem 1853 erschienenen Buch über das Perlaggen beschrieben wird.[2] Es wurde zum Beispiel auch vom Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer oft gespielt.[3] Die genauen Regeln des Spiels wurden jedoch nicht veröffentlicht, bis der Kartenspielforscher Huber Auer entdeckte, dass das Spiel immer noch regelmäßig in Fiss, Serfaus und Ladis im oberen Inntal (südlich von Landeck) gespielt wird und die Regeln in seinem Buch Watten, Bieten & Perlaggen beschrieb.
Der Name kommt vom Ausspruch Gilt's... wie in "Gilt der Hanger?" oder "Gilt's Spiel?", der während des Spiels beim "Bieten" von Spielfiguren bzw. Kartenkombinationen verwendet wird.[4]
Karten
Für das Spiel werden 32 Karten vom Siebener bis zum As in den Farben Eichel, Laub, Schell und Herz aus dem Deutschen Blatt verwendet. Der Weli wird nicht verwendet.
Vorbereitungen
Es spielen zwei Spieler gegeneinander oder vier Spieler in zwei Teams. Ziel des Spieles ist als Erster 11 (oder 15) Punkte zu erreichen. Die Karten werden im Uhrzeigersinn ausgegeben und auch das Spiel verläuft im Uhrzeigersinn. Der Geber mischt die Karten, lässt seinen rechten Gegenspieler abheben und gibt an jeden Spieler 5 Karten in zwei Runden aus (2+3 oder 3+2 Karten). Die elfte Karte (bzw. die 21. Karte bei zwei Spielern) wird zusätzlich aufgedeckt und bestimmt die Trumpf-Farbe. In der nächsten Runde ist der linke Gegenspieler der nächste Geber.[1]
Spiel
Die Vorhand (links vom Geber) spielt die Karte für den ersten Stich aus. Die folgenden Spieler müssen ebenfalls die zuerst ausgespielte Farbe (Farbzwang), falls sie diese im Blatt haben. Es darf allerdings auch ein Trumpf gespielt werden. Besitzt ein Spieler nicht die ausgespielte Farbe und will oder kann er nicht Trumpf spielen, spielt er eine beliebige andere Karte. Es besteht kein Stichzwang.
Der Stich wird vom höchsten Trumpf gewonnen oder von der höchsten Karte der ausgespielten Farbe. Der Gewinner des Stichs spielt die nächste Karte aus.[1]
Die Karten werden anders als üblich nicht in die Tischmitte gespielt. Stattdessen legen die Spieler ihre gespielten Karten vor sich in einer Reihe ab.[1]
Punkte erhält man wie folgt durch das Gewinnen der Figuren Gleich, Hanger und Spiel:[1]
- Gleich: Für ein Gleich benötigt ein Spieler zwei oder mehr Karten mit dem gleiche Rang, zum Beispiel 2 Siebener, 3 Unter, 4 Könige. Der Spieler mit dem besten Gleich gewinnt 1 Punkt für sein Team. Dabei schlägt ein Vierling (4 Karten mit dem gleichen Rang) einen Drilling (3 Karten mit dem gleichen Rang), der wiederum ein Paar (2 Karten mit dem gleichen Rang) schlägt. Haben zwei Gleich gleich viele Karten, so gewinnt das Gleich mit dem höheren Rang. So schlägt zum Beispiel ein Assen-Paar ein Zehner-Paar. Haben die Gegner ein gleich hohes Gleich, so "steht das Gleich" und es werden keinen Punkte dafür vergeben.
- Hanger: Ein Hanger besteht aus mindestens zwei aufeinanderfolgenden Karten derselben Farbe eines Spielers, zum Beispiel (Eichel-Sieben, Eichel-Acht) oder (Herz-Zehn, Herz-Unter, Herz-Ober). Der Spieler mit dem besten Hanger gewinnt 1 Punkt für sein Team. Ein Hanger ist umso besser, je mehr Karten er hat. Sind zwei Hanger gleich lang, so gewinnt der Hanger, dessen höchste Karte den höheren Rang besitzt. Haben beide Teams einen Hanger mit gleichem Wert, dann "steht der Hanger" und es werden keine Punkte vergeben.
- Spiel: Das Team, das zumindest drei der fünf Stiche macht, erhält 1 Punkt für das Spiel.
Eine einzelne Karte kann dabei sowohl für ein Gleich als auch für einen Hanger verwendet werden.[1]
Bieten
Jede Figur ist zunächst 1 Punkt wert. Dieser Wert kann aber durch "bieten" (eine Art Wette) während des Spiels erhöht werden. Die Teams können nach dem Austeilen der Karten jederzeit eine Figur "bieten" indem sie sagen: "Ich biete das Gleich" oder "Ich biete den Hanger" oder "Ich biete das Spiel". Bevor das Spiel weitergeht muss nun das gegnerische Team entweder mit "gut" oder "halten" bzw. "anschauen" antworten. Wird eine Figur "gut" geheißen, so erhält das bietende Team die aktuell geltenden Punkte dafür. Wird die gebotene Figur "gehalten" oder "angeschaut", so erhöht sich der Wert für den Gewinn der Figur um 1 Punkt. Das gegnerische Team hat auch die Möglichkeit noch höher zu bieten. In diesem Fall muss dann wiederum das andere Team entscheiden, ob sie die Figur "gut" sein lässt oder "hält" oder höher bietet. Jeder Spieler bietet für sein Team und es kann bis auf den Wert von 7 Punkten gesteigert werden. Danach gibt es nur mehr die Möglichkeit Spiel aus zu bieten. Wird dies akzeptiert, dann gewinnt jenes Team das Spiel, das die gebotene Figur gewinnt. Wird das Gebot Spiel aus mit "gut" kommentiert, gewinnt das bietende Team 7 Punkte.[1]
Weisen
Sobald die Figur Spiel entschieden ist, wird das Spiel gestoppt, auch wenn die Spieler noch Karten in der Hand haben. Die restlichen Karten werden nun einfach abgelegt ("weisen") um die Figuren Gleich und Hanger zu entscheiden.[1]
Punktewertung
Die erzielten Punkte werden aufgeschrieben und jenes Team, das zuerst die vereinbarte Punkteanzahl erreicht, gewinnt das Spiel.[1]
Deuten
Es ist erlaubt dem Spielpartner zu "deuten", welche Karten man hat. Dies geschieht oft mit vereinbarten Fingerzeichen oder Mimik. Erfahrene Spielpartner haben ihre eigenen Signale, doch es gibt auch Signale, die allgemein bekannt sind und so das Deuten zwischen beliebigen Spielern ermöglicht.[1]
Literatur
- Huber Auer: Watten, Bieten und Perlaggen. Perlen-Reihe, Wien 2015, ISBN 978-3-99006-047-6, S. 87–88.
- Das Tiroler National- oder Perlagg-Spiel, Wagner'sche Buchhandlung, Innsbruck 1853.
- Beda Weber. Andreas Hofer und das Jahr 1809, mit besonderer Rücksicht auf Passeiers Theilnahme am Kampfe. Wagner'sche Buchhandlung, 1852. S. 7.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j Giltspiel auf pagat.com. Abgerufen am 29. August 2025.
- ↑ [1] Alter des Giltspiels in: Das Tiroler National- oder Perlagg-Spiel, Wagner, 1853, Seite 4. Abrufbar unter Google-Books.
- ↑ [2] Andreas Hofer spielt das Giltspiel in: Andreas Hofer und das Jahr 1809, mit besonderer Rücksicht auf Passeiers Theilnahme am Kampfe, von Beda Weber, 1852, Seite 7. Abrufbar unter Google-Books.
- ↑ [3] Namensherkunft Giltspiel in: Das Tiroler National- oder Perlagg-Spiel, Wagner, 1853, Seite 22. Abrufbar unter Google-Books.