Giesing

Die Heilig-Kreuz-Kirche ist ein Wahrzeichen Giesings
Der 1898 errichtete Giesinger Bahnhof ist heute ein Verkehrsknotenpunkt sowie ein Kulturzentrum des Stadtteils

Giesing ist ein rechts der Isar gelegener, südöstlicher Stadtteil der bayerischen Landeshauptstadt München. Bis zur Eingemeindung am 1. Oktober 1854 war er eine selbständige Landgemeinde und ein Dorf. Verwaltungstechnisch ist er in Ober- und Untergiesing aufgeteilt. Obergiesing gehört zum Stadtbezirk 17 Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing zum Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching.

Geschichte

Beim Bau der Ichoschule im Jahre 1910 wurden bei Grabungsarbeiten ein Reihengräberfriedhof mit 253 Gräbern entdeckt. Aufgrund der Grabbeigaben wie Waffen und Schmuck konnte man den Friedhof auf die Jahre 580–730 n. Chr. datieren. Aufgrund der Anzahl von Gräbern geht man davon aus, dass Giesing zu diesem Zeitpunkt ungefähr 50–70 Einwohner hatte.[1]

Urkundliche Erwähnung

Giesing wurde erstmals 790 als Kyesinga (abgeleitet vom Namen Kyeso oder Kyso) in den Traditionen des Hochstiftes Freising urkundlich erwähnt.[2] 957 wurde eine Mühle in Giesing erwähnt, was die erste urkundlich erwähnte Mühle auf dem Gebiet des heutigen Münchens war.

Spätes Mittelalter bis in die Neuzeit

Anfang des 16. Jh. wurde München alleinige Hauptstadt des Herzogtums Bayern. Durch diese wachsende Bedeutung zog es immer mehr Handwerker und Tagelöhner in die Stadt. Da aber die meisten kein Bürgerrecht in München besaßen oder als Handwerker nicht in einer der Zünfte aufgenommen wurden, erhielten sie kein Ansiedlungsrecht. Dieser Personenkreis suchte sich in unmittelbarer Nähe zu München in den Isarauen Unterkunft. Durch diesen stetigen Zuzug neuer Bewohner verschob sich das bevölkerungsmäßige, gewerbliche, schulische und auch kirchliche Schwergewicht Giesings immer mehr von Obergiesing in die Au.[3]

Gemeindebildung und Eingemeindung im 19. Jahrhundert

Blick auf die Anhöhe Giesing und den Auer Mühlbach um 1850
Ober- und Untergiesing auf einer Karte von 1858
Blick auf Giesing (um 1858) vom Alten Peter

Bei der Gemeindebildung in Bayern 1818 wurde Obergiesing zur eigenständigen Gemeinde Giesing mit den folgenden Ortsteilen

Der kleinere, nördlich von Obergiesing gelegene Ort Untergiesing wurde dagegen Bestandteil der Vorstadt Au. Giesing gehörte gemeinsam mit Haidhausen und der Au zu den ersten Eingemeindungen in die Stadt München. Sie traten am 1. Oktober 1854 in Kraft.[5]

Giesing wuchs in der Zeit nach der Eingemeindung sehr schnell. So wurde bei der Volkszählung 1854 3.549 Bürger gezählt. 1901 hatte sich die Zahl auf 25.218 versiebenfacht.[6] Aufgrund dieses starken Bevölkerungswachstums wurde die mittelalterliche Dorfkirche zu klein, um allen Gläubigen Platz zu bieten. Aus diesem Grund wurde 1866 mit dem Bau der Heilig-Kreuz-Kirche begonnen. Die Kirche sollte eine moderne großstädtische Monumentalkirche im neugotischen Stil werden. So wurde in zwanzig Jahren Bauzeit eine dreischiffige Hallenkirche mit einem 95 Meter hohen Turm errichtet.

Giesing im 20. Jahrhundert

Das Arbeiterviertel Giesing war zur Zeit der Münchner Räterepublik 1919 Schauplatz von Gefechten zwischen der „Roten Armee“ und Weißgardisten (und Freikorps). Hunderte von vermeintlichen und echten Unterstützern der Räterepublik wurden niedergemetzelt. Die 1892 erbaute Strafanstalt Stadelheim war später vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945) berüchtigt. Allein 1200 Hinrichtungen durch Strang und Fallbeil sind während dieser Zeit dokumentiert. Die letzte Hinrichtung erfolgte am 13. April 1945.

1936 wurde der Stadtteil Giesing aufgeteilt auf den Stadtbezirk 17 Obergiesing und den Stadtbezirk 18 Untergiesing-Harlaching. Diese Stadtbezirksnummern und -namen blieben bei der Neuordnung 1992 erhalten. 2010 wurde der Stadtbezirk 17 umbenannt in Obergiesing-Fasangarten.

Der letzte Bauernhof Giesings (Knollhof, Silberhornstraße 2) stellte 1954 oder 1958[7] seinen Betrieb ein.

Giesinger Bräu

Logo von „Giesinger Bräu“
Blick vom Portal der Luther­kirche auf das Giesinger Bräu­stüberl und den Turm der Heilig-Kreuz-Kirche (2025)

Mit dem „Giesinger Bräu“ verfügt der Stadtteil über eine eigene Brauerei.[8] Sie gilt seit 2021 offiziell als die „7. Münchner Brauerei“.[9] Bei dieser Zählung geht man von den traditionsreichen sechs Münchner Biermarken aus, die aber inzwischen teilweise nicht mehr als eigenständige Brauereien existieren: Augustiner-Bräu, Hacker-Pschorr, Hofbräu, Löwenbräu, Paulaner und Spatenbräu. Das Emblem von Giesinger Bräu schmückt die Heilig-Kreuz-Kirche (Bild).

Giesinger Bräu begann im Jahr 2006 als Giesinger Biermanufaktur und Spezialitätenbrau­gesellschaft mbH bescheiden in einem alten Gebäude mit Hinterhof und Garage in der Siedlung Birkenau in Untergiesing (siehe auch: Foto des alten Gebäudes unter Weblinks). Bereits im folgenden Jahr 2007 wurden 300 hl (Hektoliter) Bier hergestellt und verkauft. Das Geschäft entwickelte sich gut und die Nachfrage stieg. Im Jahr 2009 waren es 750 hl und 2011 wurde die Marke von 1000 hl überschritten. Um die Produktion weiter steigern zu können, musste ein Umzug an einen neuen, größeren Standort geplant werden. Dieser fand sich unweit in Obergiesing auf einem Grundstück am Giesinger Berg zwischen der Lutherkirche, Pfarrkirche der evangelischen Kirchengemeinde, und der katholischen Pfarrkirche Heilig Kreuz.

Von April bis Dezember 2014 wurde ein hier bestehendes Gebäude passend umgebaut.[10] Statt der nur vier Gär- und Lagertanks am alten Platz, konnten am neuen zwanzig aufgestellt werden. Die Produktionskapazität vervielfachte sich um mehr als den Faktor zehn auf 12.000 hl pro Jahr. Damit wurde Giesinger Bräu im selben Jahr zur zweitgrößten Privatbrauerei Münchens. Zeitgleich entstand neben der neuen Braustätte auch ein Bräustüberl mit kleinem Biergarten (Bild).

Im Juni 2019 eröffnete Giesinger Bräu im Münchner Stadtteil Milbertshofen eine neue Brauanlage mit einer Kapazität von 40.000 hl pro Jahr.[11] Zugleich wurde hier ein mehr als 150 m tiefer Brunnen gebohrt, der die Förderung von Münchner Wasser ermöglicht. Giesinger Bräu darf damit nicht nur Münchner Bier, sondern insbesondere auch ein originales „Münchner Hell“ herstellen, das als geschützte geografische Angabe traditionsgemäß mit Münchner Wasser gebraut werden muss.[12] Während Helles und weitere „Giesinger Hauptbiere“ nun am neuen Standort gebraut werden, bleiben die Braustätte der Spezial- und Craftbiere sowie das Wirtshaus am alten Ort am Giesinger Berg.

Ostfriedhof

Luftbild des Ostfriedhofs mit Blick nach Norden (2023). Links neben dem Sportplatz die Zugspitzstraße mit dem Geburtshaus von Franz Beckenbauer.
Denkmal auf dem Ostfriedhof: Den Toten der Revolution 1919 sowie Zum Gedenken an Kurt Eisner 1867–1919

In Obergiesing liegt mit dem 1821 errichteten Ostfriedhof einer der großen Friedhöfe Münchens und Gräbern prominenter Personen.

Personen

  • Franz Beckenbauer (1945–2024), deutscher Fußballspieler, -trainer und -funktionär, wurde in Giesing geboren und wuchs in der Zugspitzstraße auf.
  • Max Greger (1926–2015), Jazz-Musiker, wurde hier geboren.
  • Georg Benno Gruber (1884–1977), Pathologe, in Giesing geboren.
  • Marianne Hartl (* 1953), Volksmusikerin
  • Werner Schlierf (1936–2007), Schriftsteller, der die Nachkriegszeit in Giesing thematisierte.

Trivia

  • Sowohl der TSV 1860 München als auch der FC Bayern München, beide besonders durch ihre Fußballabteilungen bekannte Vereine, haben ihren Hauptsitz und Trainingsgelände in Giesing. Neben dem Gelände des FC Bayern München hat auch der TSV Turnerbund München, einer der ältesten und größten Breitensportvereine Münchens, hier seinen Sitz.
  • Innerhalb Münchens wird Giesing häufig als ein Viertel angesehen, die offizielle Unterteilung in die Stadtbezirke 17 und 18 ist weniger gebräuchlich. Weiter verbreitet ist die Unterscheidung in das kleinere Untergiesing (unterhalb des Isarhangs, zwischen Tierpark Hellabrunn und Kolumbusplatz), das größere Obergiesing (oberhalb des Isarhangs zwischen Ostfriedhof, Bayern/1860-Gelände), das wohlhabende Harlaching sowie das Gartenstadtviertel Fasangarten.
  • In einer winzigen Wohnung in Giesing[13] erfand Josef Friedrich Schmidt das Spiel Mensch ärgere Dich nicht.[14]

Siehe auch

Literatur

  • Willibald Karl (Hrsg.): Giesinger Köpfe. 50 Lebensbilder aus zwei Jahrhunderten. Volk Verlag, München 2008, ISBN 978-3-937200-55-2.
  • Thomas Guttmann (Hrsg.): Giesing – Vom Dorf zum Stadtteil. MünchenVerlag (vormals Buchendorfer Verlag München), München 2004, ISBN 978-3-927984-04-2.
  • Geschichte Giesings (PDF; 4 MB) im KulturGeschichtsPfad Obergiesing-Fasangarten
  • Willibald Karl, Elvira Auer, Karin Pohl: Amis in Giesing : München 1945 - 1992. Volk Verlag, München 2013, ISBN 978-3-86222-099-1.
Commons: Giesing – Album mit Bildern
Commons: Giesinger Bräu – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. paul-grafik.de (Memento des Originals vom 11. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/paul-grafik.de (PDF).
  2. Theodor Bitterauf (Hrsg.): Die Traditionen des Hochstifts Freisings (= Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte / Neue Folge. Band I, Nr. 138). Rieger, München 1905.
  3. Johann Peter Weigel: 1200 Jahre Giesing erschienen im Buch: Thomas Guttmann (Hrsg.): Giesing – Vom Dorf zum Stadtteil. Buchendorfer Verlag, München 2004, ISBN 3-927984-04-3. Seite 26
  4. Johann Peter Weigel: 1200 Jahre Giesing erschienen im Buch: Thomas Guttmann (Hrsg.): Giesing – Vom Dorf zum Stadtteil. Buchendorfer Verlag, München 2004, ISBN 3-927984-04-3. Seite 20
  5. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C. H. Beck, München 1983, ISBN 3-406-09669-7, S. 601.
  6. Johann Peter Weigel: 1200 Jahre Giesing erschienen im Buch: Thomas Guttmann (Hrsg.): Giesing – Vom Dorf zum Stadtteil. Buchendorfer Verlag, München 2004, ISBN 3-927984-04-3. Seite 31
  7. Unbekannte Überschrift. In: br.de. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. März 2024.@1@2Vorlage:Toter Link/www.br.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  8. Giesinger Bräu. 2025, abgerufen am 16. September 2025.
  9. Giesinger Bräu jetzt offiziell 7. Münchner Brauerei. In: IN München. 4. November 2021, abgerufen am 16. September 2025.
  10. Umbau und Umnutzung des bestehenden Gebäudes in der Martin-Luther‑Str. 2 zu einer privaten Brauerei mit Büro und Gaststätte. (PDF; 550 kB) In: Boschmann + Feth Architekten GmbH. 2014;.
  11. Laura Kaufmann: Wiesn-Pläne – Giesinger Bräu braut in Milbertshofen. In: sueddeutsche.de. 14. Juni 2019, abgerufen am 16. September 2025.
  12. Jörg Krüger: Münchner Hell – Rezep­te und Brautipps. (PDF; 1 MB) In: Braumagazin. 2015, abgerufen am 16. September 2025.
  13. „Mensch ärgere Dich nicht“ – Geschichte eines Spieleklassikers. (PDF; 41 kB) In: Spielzeugmuseum Nürnberg. 2005, S. 1, abgerufen am 16. September 2025.
  14. Süddeutsche Zeitung Nr. 22, 28. Januar 2015, S. 21.