Paul IV.
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Paul IV. (lateinisch Paulus IV.), mit bürgerlichen Namen Gian Pietro Carafa OTheat (* 28. Juni 1476 in Capriglia Irpina, Königreich Neapel; † 18. August 1559 in Rom, Kirchenstaat), war vom 23. Mai 1555 bis zu seinem Tod Papst der römisch-katholischen Kirche. Sein Pontifikat war geprägt von Nationalismus, Nepotismus, Anti-Protestantismus und der Einführung des ersten Index Librorum Prohibitorum.
Herkunft
Familie
Geboren am 28. Juni 1476 als Gian Pietro in der süditalienischen Ortschaft Capriglia Irpina nahe der Stadt Avellino im damaligen aragonesischen Königreich Neapel (heute in der Region Kampanien) entstammte er der neapolitanischen Adelsfamilie Carafa. Seine Mutter war Vittoria Camponeschi, die Tochter des Condottiere Pietro Lalle Camponeschi, und war in zweiter Ehe mit Gian Pietros Vater Giovanni Antonio Carafa Baron von Sant'Angelo della Scala verheiratet[1].
Die Familie Carafa brachte bereits mehrere Geistliche hervor, unter anderem Gian Pietros Onkel Oliviero Carafa[1] der Erzbischof von Neapel und Kardinal wurde.
Bildung
Gian Pietro wurde im Haushalt seines Onkels Oliviero in Rom ausgebildet. Er erwarb während seiner Ausbildung Kenntnisse der griechischen und hebräischen Sprache. Außerdem studierte Gian Pietro Philosophie, Theologie und Kirchrecht[1].
Klerikale Karriere
Bereits im Alter von vierzehn Jahren versuchte Gian Pietro dem Dominikanerorden beizutreten, was jedoch sein Vater untersagte und ihn aus dem Kloster holen lies. 1494 trat Gian Pietro in den Stand der Kleriker ein und wurde noch im selben Jahr durch seinen Onkel an den päpstlichen Hof gebracht, wo er Kämmerer von Papst Alexander VI. wurde[1]. Sein Onkel und Mentor Oliviero Carafa legte für ihn das Amt des Bischofs von Chieti nieder und verhalf ihm somit zum Bischofsstuhl, daraufhin wurde Gian Pietro am 30. Juli 1506[1] (anderen angaben zufolge am 30. Juli 1505[2]) zum Bischof von Chieti gewählt. Am 20. Dezember 1518 wurde Gian Pietro Carafa Erzbischof von Brindisi[2]. Im Amt des Bischofs schickte ihn Papst Leo X. als päpstlichen Gesandten nach Spanien und England, wo er sich einige Zeit am Hofe Heinrichs VIII. aufhielt[3]. Ab 1520 hielt er sich in Rom auf, von wo er 1527 im Zusammenhang mit dem Sacco di Roma nach Venedig fliehen musste. Im Jahre 1524 gründete er zusammen mit Kajetan von Thiene den Orden der Theatiner, der sich bereits in kurzer Zeit neben den Jesuiten zur stärksten Kraft der Gegenreformation entwickelte. Papst Paul III. erhob ihn im Jahre 1536 zum Kardinal (daher der Papstname) und gab ihm 1537 zunächst die Titelkirche San Pancrazio, danach weitere wechselnde Titelkirchen, darunter 1541 San Clemente. Der Papst ernannte Carafa zum Mitglied der neu gegründeten Kommission für eine allgemeine Kirchenreform. Ab 1542 leitete er die neuorganisierte Römische Inquisition und wurde 1549 zum Erzbischof von Neapel erhoben. Carafa erlangte ab 1544 als Kardinalbischof nacheinander die suburbikarischen Bistümer Albano (1544), Sabina (1546), Frascati (1550), Porto e Santa Rufina (1553) und am Ende Ostia (1553), womit er zum Dekan des Kardinalskollegium aufstieg.
Pontifikat

Nach dem Tod von Papst Marcellus II., dessen Pontifikat als eines der kürzesten in der päpstlichen Geschichte lediglich drei Wochen andauerte, wurde am 15. Mai 1555 erneut die Konklave einberufen. Nach neun Tagen wurde am 23. Mai 1555 der 79 Jährige Kardinaldekan Gian Pietro Carafa zum Papst gewählt, der darauf den Namen Paul IV. wählte. Die Krönung zum Papst erfolgte am 26. Mai 1555 auf den Stufen der vatikanischen Patriarchenbasilika durch Kardinal Francesco Pisani[1]. Zu Beginn seines Pontifikats sprach er immer wieder von Reformen, nach der Wahl jedoch betrieb er Nepotismus, indem er einen seiner Neffen, den Condottiere Carlo Carafa, zum Kardinalstaatssekretär, und den anderen Neffen Giovanni Carafa, einen ebenso brutalen Abenteurer, zunächst zum Generalkapitän der Kirche und dann zum Herzog von Paliano machte.
Weltliche Politik
Nachdem Carafa bereits als Leiter der Inquisition unnachgiebige Härte gegen die italienischen Protestanten gezeigt hatte, legte er als Papst gegen den Augsburger Religionsfrieden vom 25. September 1555 Protest ein. Dieser räumte jedem Landesherren ein, die Konfession seiner Untertanen zu bestimmen. Nachdem 1556 Kaiser Karl V. abgedankt hatte und daraufhin sein Bruder Ferdinand I. den Titel eines „Erwählten Römischen Kaisers“ angenommen hatte, erklärte Paul IV. dies für ungültig.
Als Gegner der spanisch-habsburgischen Macht verlor Paul im Bündnis mit Frankreich den Krieg gegen Spanien und musste am 12. September 1557 nach der Besetzung des Kirchenstaates durch den Herzog von Alba die Bedingungen des Friedens von Cave-Palestrina akzeptieren. In der Frage der englischen Thronfolge versuchte er seinen Einfluss gegen die protestantische Elisabeth I. geltend zu machen.
Kirchenpolitik

Zur Stärkung der Römisch-katholischen Kirche erweiterte Paul die Befugnisse der Inquisition. Er wachte darüber, dass die Inquisitoren sich nicht durch persönliche Rücksichten beeinflussen ließen. So ist von ihm der Satz überliefert: „Selbst wenn mein eigener Vater Häretiker wäre, würde ich das Holz zusammentragen, um ihn verbrennen zu lassen.“[4]
In seiner Bulle Cum nimis absurdum vom 14. Juli 1555 führte er für Juden die Pflicht ein, in Ghettos zu leben. Wenige Tage danach wurden in Ancona 24 aus Portugal geflohene Marranen, also zwangsbekehrte Juden, verbrannt. Es war der einzige Akt dieser Art in der italienischen Geschichte.
Das suspendierte Konzil von Trient führte er nicht weiter, da er die Erneuerung der Kirche als eine Hauptaufgabe der päpstlichen Kurie und des Kollegiums der Kardinäle betrachtete.
Als eine seiner letzten Handlungen setzte er 1559 eine Buchzensur durch Verbot missliebiger Schriften im Index librorum prohibitorum in Kraft und verfasste die päpstliche Bulle Cum ex apostolatus officio. Er starb schneller, weil er noch als Todkranker peinlich genau das Fastengebot beachtete, so dass „sein Schwächezustand sich aufs Äußerste steigerte.“[5]
Ereignisse nach seinem Tod
Am Abend des 18. August 1559 gegen 21:30 Uhr[1] starb Papst Paul IV. im Alter von 83 Jahren. Er wurde einen Tag darauf in der Patriarchenbasilika in Rom bestattet.
Nach seinem Tod feierten die Bürger Roms Freudenfeste, befreiten die Gefangenen der römischen Inquisition, plünderten und steckten den Palast der Inquisition in Brand[6]. Angehörige der kommunalen Verwaltung Roms, der unter der Herrschaft Pauls IV. starke Einschränkungen auferlegt waren, förderten und instrumentalisierten den Volkszorn in ihrem Sinne.
Zehn Tage nach dem Tod Pauls IV. ließ sein Neffe Giovanni Carafa, Herzog von Paliano, mit Billigung seines Bruders, des Kardinalstaatssekretärs Carlo Carafa, seine schwangere Ehefrau ermorden. Daraufhin wurde unter dem neuen Papst Pius IV. den beiden Brüdern der Prozess gemacht. Der Kardinalstaatssekretär wurde in der Engelsburg erwürgt und der Herzog enthauptet. Auch ihre Komplizen wurden hingerichtet.
Die sterblichen Überreste Pauls IV. wurden sieben Jahre nach seiner Bestattung in der Carafa-Kapelle in Santa Maria sopra Minerva erneut begraben. Auf Veranlassung Papst Pius V. wurde das heute noch erhaltene Grabmal erbaut[1].
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h The Cardinals of the Holy Roman Church - Biographical Dictionary - Consistory of December 22, 1536 (englisch). Abgerufen am 29. August 2025
- ↑ a b Pope Paul IV (Gian Pietro Carafa) [Catholic-Hierarchy] (englisch). Abgerufen am 29. August 2025
- ↑ Das Pontifikat von Papst Paul IV. (1555-1559) - Mystici Corporis. Abgerufen am 30. August 2025
- ↑ Ludwig Freiherr von Pastor: Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters. Band 6. Herder, 1913, S. 537.
- ↑ Gaston Castella, Papstgeschichte Band II, S. 63
- ↑ Setton, Kenneth M.: The Papacy and the Levant, 1204-1571. Band 4. Philadelphia 1984, ISBN 978-0-87169-114-9, S. 718.
Literatur
- Georg Denzler: Paul IV. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 7, Bautz, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-048-4, Sp. 17–18.
- Klaus Ganzer: Paul IV. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Bd. 7. Herder, Freiburg im Breisgau 1998, Sonderausgabe 2006, ISBN 978-3-451-22012-8, Sp. 1522–1523.
- Hubert Jedin: Kirchenreform und Konzilsgedanke 1550–1559. In: Ders.: Kirche des Glaubens. Kirche der Geschichte. Ausgewählte Aufsätze und Vorträge. Bd. II: Konzil und Kirchenreform. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1966, S. 237–263.
- Georg Schwaiger: Paul IV. In: Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage, Bd. 8. Herder, Freiburg im Breisgau 1963, Sp. 200–202.
- Eintrag in der Catholic Encyclopedia, Robert Appleton Company, New York 1913.
Belletristische Darstellungen
- Luther Blissett (Pseud.): Q Roman. Piper, München 2002, ISBN 3-492-04218-X.
Weblinks
- Literatur von und über Paul IV. im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Carafa, Gian Pietro. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch)
- Eintrag zu Paul IV. auf catholic-hierarchy.org (englisch)
- Dokumente
- Venetianische Depeschen
| Vorgänger | Amt | Nachfolger |
|---|---|---|
| Oliviero Carafa | Bischof von Chieti 1505–1524 | Felice Trofino |
| Domingo Idiocáiz | Erzbischof von Brindisi 1518–1524 | Girolamo Aleandro |
| Guido de’ Medici | Erzbischof von Chieti 1537–1549 | Bernardino Maffei |
| Giovanni Salviati | Kardinalbischof von Albano 1544–1546 | Ennio Filonardi |
| Giovanni VII. Salviati | Kardinalbischof von Sabina 1546–1550 | Francois III. de Tournon |
| Ranuccio Farnese | Erzbischof von Neapel 1549–1555 | Alfonso Carafa |
| Philippe de La Chambre | Kardinalbischof von Frascati 1550–1553 | Jean IX. du Bellay |
| Giovanni Salviati | Kardinalbischof von Porto 1553 | Jean du Bellay |
| Giovanni Domenico De Cupis | Kardinalbischof von Ostia 1553–1554 | Jean du Bellay |
| Marcellus II. | 1555–1559 | Pius IV. |