Ghiacciaio di Tuckett
| Ghiacciaio di Tuckett o del Brenta Inferiore | ||
|---|---|---|
![]() Der Tuckett-Gletscher mit der Cima Sella, dem Castelletto Superiore und dem Campanile di Vallesinella, von rechts nach links (1988) | ||
| Lage | Trentino, Italien | |
| Gebirge | Brentagruppe | |
| Typ | Kargletscher | |
| Fläche | 3 ha (2011) | |
| Exposition | Nordwesten | |
| Koordinaten | 46° 11′ 9,6″ N, 10° 54′ 0″ O | |
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| Entwässerung | Sarca, Mincio, Po | |
Der Ghiacciaio di Tuckett (italienisch für Tuckettgletscher) ist ein Kargletscher in der Brentagruppe im Trentino, Italien.
Etymologie
Im Kataster der italienischen Gletscher wird der Gletscher offiziell als Tuckett- oder Unterer Brentagletscher (it. Ghiacciaio di Tuckett o del Brenta Inferiore) geführt.[1] Im Italienischen wird er, wie die anderen Gletscher der Brenta auch, auch als Vedretta di Tuckett bezeichnet. Vedretta wird dabei als Synonym für einen Gletscher mit einer geringen Eismasse verwendet, die sich in kleinen Senken oder an steilen Hängen bilden.[2] Nach anderen Autoren hat die Bezeichnung Vedretta dagegen vor allem sprachliche und historische Wurzeln.[3] Der Romanist Jon Pult sieht sogar eine sprachliche Verwandtschaft mit dem deutschen Wort Ferner. Beide Wörter sollen sich aus dem romanischen *veterictum ableiten.[4]
Eduard Richter, der sich als erster mit den Gletschern der Brentagruppe auseinandersetzte,[5] kannte den Tuckettgletscher noch unter dem Namen Vedretta di Cima Brenta.[6] Karl Schulz bezeichnete ihn einige Jahre später als Unteren Brentagletscher.[7] Auch in dem von Ettore Castiglioni verfassten Führer des Club Alpino Italiano, der von Gino Buscaini mehrmals aktualisiert und überarbeitet wurde, wird der Gletscher als Vedretta di Brenta Inferiore aufgeführt.[8] Die Bezeichnung Tuckettgletscher fasste dagegen erst relativ spät im 20. Jahrhundert Fuß. Benannt ist er nach dem englischen Alpinisten Francis Fox Tuckett.
Beschreibung
Der Tuckettgletscher liegt im zentralen Bereich der Brenta zwischen dem Cima-Brenta-Massiv im Süden und dem Grostè-Massiv im Norden. Er erstreckt sich in nordwestlicher Richtung unterhalb der Scharte Bocca di Tuckett (2648 m) eingebettet zwischen der Cima Sella im Norden und der Cima Brenta im Süden durch das obere westliche Vallesinella-Tal. Gespeist wird er sowohl durch Niederschläge als auch durch Lawinen.[9]
Der Tuckettgletscher war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts einer der größten Gletscher der Brentagruppe und dehnte sich von der Cima Brenta auf der orographisch linken Talseite bis zum Talgrund aus, wobei er eine Fläche von etwa 66 Hektar bedeckte. Laut der 1908 vom Deutschen und Österreichischen Alpenverein herausgegebenen Karte der Brentagruppe lag das Ende seiner Gletscherzunge etwas oberhalb der Tuckett-Hütte bei 2308 m.[9] In den 1910er Jahren wurde er ausgiebig erforscht. Dabei wurde festgestellt, dass sich das Eis 12 bis 13 m im Jahr vorwärts bewegte.[10]
Im Kataster von 1962 bildete er noch eine einzige Eisfläche mit dem Hanggletscher der Cima Brenta, der mittlerweile als Oberer Tuckettgletscher (it. Vedretta di Tuckett Superiore) gesondert gelistet wird. Der damals 51 ha große Gletscher zog sich auch auf der Ostseite der Tuckett-Scharte etwas durch das obere Val Perse in Richtung Molveno hinunter. In den darauffolgenden Jahrzehnten machte sich der Gletscherschwund am Tuckettgletscher immer stärker bemerkbar. Laut des 1994 von der Società degli Alpinisti Tridentini vorgelegten Katasters, war er in den 1990er Jahren in einen oberen und unteren Tuckettgletscher auseinandergerissen, wobei der untere Teil 15 ha und der obere Teil 6 ha groß war.[9] Zwischen 1990 und 1999 zog sich die Gletscherzunge um 180 m zurück. 2003 war seine Fläche auf etwas mehr als 4 ha zusammengeschrumpft.[11] 2011 hatte er nur noch eine Größe von 3 ha.[1] Der Restgletscher ist mittlerweile so mit Schutt und Geröll bedeckt, dass die darunter liegenden Eis- oder Firnflächen nur noch schwer auszumachen sind. Von der ehemaligen Größe des Gletschers zeugt die rechte Seitenmoräne, auf die der Wanderweg von der Tucketthütte zur Bocca di Tuckett führt. Sie wurde während der letzten Kleinen Eiszeit angehäuft.[9]
Trivia
Der Tuckettgletscher war über Jahre Schauplatz des Riesentorlaufs Trofeo Silvio Agostini. Der im Juni 1956 zum achten Mal ausgetragene Rennlauf war von Bruno Detassis ausgesteckt worden. Detassis zählte 1956 auch zu den 48 Teilnehmern des Rennens. Die Rennstrecke war etwa 1800 m lang und überwand einen Höhenunterschied von etwa 550 m. Ab den 1970er Jahren fand das Rennen als Trofeo Tuckett im Winter stand. 2001 wurde es wegen Schneemangels schließlich eingestellt.[9]
Literatur
- Eduard Richter: Die Gletscher der Ostalpen. (=Handbücher zur Deutschen Landes- und Volkskunde. Dritter Band). Verlag von J. Engelhorn, Stuttgart 1888, S. 267.
- Karl Schulz: Die Brenta Gruppe. In: Deutscher und Oesterreichischer Alpenverein (Hrsg.): Die Erschliessung der Ostalpen: III. Band Die Centralalpen östlich vom Brenner und die südlichen Kalkalpen. Bearbeitet von Eduard Richter. Verlag des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, Berlin 1894, S. 336 (Digitalisat).
- Jon Pult: Die Bezeichnungen für Gletscher und Lawine in den Alpen. Schuler, Biel 1946.
- Gino Buscaini, Ettore Castiglioni: Dolomiti di Brenta. Guida dei Monti d’Italia. Club Alpino Italiano/Touring Club Italiano, Mailand 1977.
- Franco de Battaglia: Il gruppo di Brenta. Zanichelli, Bologna 1982.
- Roberto Bombarda (Hrsg.): I ghiacciai del Parco Naturale Adamello-Brenta. Parco Adamello-Brenta, Strembo 1994.
- Alberto Carton: Le vedrete del clima. In: Franco de Battaglia, Alberto Carton, Ugo Pistoia (Hrsg.): Dolomiti di Brenta. Cierre Edizioni, Sommacampagna 2013.
- Claudio Smiraglia, Guglielmina Diolaiuti (Hrsg.): Il Nuovo Catasto dei Ghiacciai Italiani. The New Italian Glacier Inventory. EvK2CNR, Bergamo 2015, ISBN 978-88-94090-80-2.
- Christian Ferrari, Alberto Carton (Hrsg.): Ghiacciai del Trentino: Ecosistemi di alta quota tra storia e ricerca. Cierre Edizioni, Sommacampagna 2025, ISBN 978-88-5520-309-8.
Weblinks
- Ghiacciaio di Tuckett e Brenta Inferiore. In: pnab.it. Parco Naturale Adamello Brenta (italienisch).
Einzelnachweise
- ↑ a b Claudio Smiraglia, Guglielmina Diolaiuti (Hrsg.): Il Nuovo Catasto dei Ghiacciai Italiani. The New Italian Glacier Inventory. S. 224.
- ↑ Alberto Carton: Le vedrete del clima. S. 74–75.
- ↑ Roberto Bombarda (Hrsg.): I ghiacciai del Parco Naturale Adamello-Brenta. S. 16.
- ↑ Jon Pult: Die Bezeichnungen für Gletscher und Lawine in den Alpen. S. 63, 70, 72.
- ↑ Franco de Battaglia: Il gruppo di Brenta. S. 64.
- ↑ Eduard Richter: Die Gletscher der Ostalpen. S. 267.
- ↑ Karl Schulz: Die Brenta Gruppe. S. 336.
- ↑ Gino Buscaini, Ettore Castiglioni: Dolomiti di Brenta. Guida dei Monti d’Italia. S. 372.
- ↑ a b c d e Christian Ferrari, Alberto Carton (Hrsg.): Ghiacciai del Trentino: Ecosistemi di alta quota tra storia e ricerca. S. 394.
- ↑ Franco de Battaglia: Il gruppo di Brenta. S. 66.
- ↑ Alberto Carton: Le vedrete del clima. S. 82.
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