George Naylor (Unternehmer, 1885)

George Naylor, auch Georg Naylor (* 29. April 1885 in Wittenberge;[1] † nach 1942), war ein deutscher Unternehmer und Erfinder von Kunstleder.

Leben

George Naylor war der Sohn des bekannten Tuchfabrikanten Edmund Saville Naylor.[2] Die wohlhabende Familie betrieb die Wittenberg’sche Kunstwollfabrik, Naylor & Co., die im Jahr 1899 knapp 500 Beschäftigte hatte. George Naylor besuchte in Wittenberge die Realschule und dann in Magdeburg die Oberrealschule, wo er auch die Reifeprüfung absolvierte. Nach mehrjährigen praktischen Erfahrungen und zweijährigem Studium in Leeds trat er in die Vereinigte Märkische Tuchfabriken A.-G. mit Sitz in Berlin-Charlottenburg und Betrieben in Luckenwalde und Berlin-Niederschöneweide ein, wo er die Funktion des technischen Direktors bekleidete.[1] Im Ersten Weltkrieg diente er in der 1. Feld-Kompagnie des 20. Pionier-Regiments Nr. 20 als Leutnant der Reserve.[3] Ende 1919 wurde George Naylor für die Vereinigte Märkische Tuchfabriken AG Prokura erteilt.[4]

In Wittenberge entwickelte er mit Eduard Herzinger ein Verfahren zur Herstellung von lederfesten und lederähnlichen Geweben. Mit dieser Innovation wurde eine Art von Kunstleder erfunden, und man konnte Engpässe bei Lederverfügbarkeit vermindern und gleichzeitig Stoffe herstellen, die im Vergleich zum Leder weniger Nachteile in Bezug auf Feuchtigkeit, Fäulnis und Reißfestigkeit hatten.[5]

Im April 1924 wurde Naylor Direktor und Vorstandsmitglied[1] der Gladbacher Textilwerke A. G. vorm. Schneiders & Irmen.[6] Diese wurde schon 1925/26 von der Gladbacher Wollindustrie A. G. vorm. L. Josten übernommen.

Zudem war Naylor 1928 technischer Direktor und Vorstandsvorsitzender bei Jancke & Co., einer Kommanditgesellschaft auf Aktien in Grünberg in Schlesien.[7][8] Dort starb im selben Jahr seine Ehefrau.[9] 1933 wird Naylor im Adressbuch von Grünberg bereits selbst als Inhaber der Fa. Tuch- und Kunstwollwerke Jancke & Co. aufgeführt,[10] ebenso noch 1942 in Löbners Textil-Adressbuch.[11]

Villa Naylor in Wittenberge, Bad Wilsnacker Straße 30

Trivia

Sein Elternhaus war die „Naylorsche Villa“ in Wittenberge,[12] die bis heute erhalten ist und in der Liste der Baudenkmale in Wittenberge geführt wird.[13]

Privates

Naylor wurde bei Geburt am 29. April 1885 im Deutschen Reich eingebürgert, als Beruf wurde später „Ingenieur“ ergänzt.[14] In und um Wittenberge sind etliche seiner Familienangehörigen ansässig gewesen.[15] Naylor war verheiratet mit Margarete Marie Pauline Votsch (* 20. August 1887 in Gera).[9] Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: die Tochter Margot Ruth Naylor (* 5. Oktober 1914) und der Textil-Ingenieur, Autor und Übersetzer Hans Edmund Naylor (* 20. November 1917).[9] Sein Sohn heiratete 1942 Florentine Jancke (1922–2013), eine Tochter des verstorbenen Fabrikbesitzers Karl Gustav Jancke.

Literatur

  • Heinz Muchow: Wie sich das Ackerbürgerstädtchen Wittenberge zu einer Industriestadt entwickelte: Die wichtige Etappe der Stadtgeschichte vom 19. Jahrhundert bis etwa mitte des 20. Jahrhundert. ISBN 978-3-7322-5158-2, S. 37–58 (Zit. als „Muchow“).
  • Sven Bardua: Fasern, Stoff und Papier aus der Prignitz und dem Havelland – Ein historischer Überblick, 2021, Online-PDF.

Einzelnachweise

  1. a b c Georg Wenzel: Naylor, George. In: Deutscher Wirtschaftsführer. Lebensgänge deutscher Wirtschaftspersönlichkeiten. Hanseatische Verlagsanstalt, 1929, S. 808 (Digitalisat, Volltext).
  2. Wittenberger Industriekultur
  3. Deutsche Verlustlisten 1. Weltkrieg, 16. Oktober 1915, S. 9408 (online).
  4. Prokuraerteilungen und -Löschungen. In: Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie. Theodor Martins Textilverlag, Leipzig 26. November 1919, S. 893 (Digitalisat, Volltext).
  5. Patent DE312064C: Verfahren zur Herstellung von lederfesten und lederähnlichen Geweben. Veröffentlicht am 21. Juni 1918, Erfinder: Eduard Herzinger, George Naylor (Wittenberge).
  6. Handel Industrie Schiffahrt. In: Rhein- und Ruhrzeitung. 14. März 1924, S. 5 (online [abgerufen am 5. März 2025]).
  7. Adreßbuch der Direktoren und Aufsichtsräte: 1928. Finanz-Verlag, 1928 (online [abgerufen am 5. März 2025]).
  8. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger. Abgerufen am 5. März 2025.
  9. a b c Heiratsregister Magdeburg, Eintrag Nr. 435 vom 14. Mai 1910; Randvermerk auf S. 2.
  10. Adreßbuch für die Kreise Grünberg, Schlesien und Freystadt, Niederschlesien. Grünberg 1933, S. 52.
  11. Löbners Textil-Adressbücher: 1942. Verlag Löbner & Company, 1942 (online [abgerufen am 5. März 2025]).
  12. Wohnhaus „Naylorsche Villa“, Objektnummer 09160876 in der Denkmalliste.
  13. Denkmalliste des Landes Brandenburg: Landkreis Prignitz (PDF). Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum
  14. Anträge auf Einbürgerung Na-Nd. Abgerufen am 5. März 2025.
  15. Muchow, S. 37–58.