Georg Pfäfflin

Georg Karl Wilhelm Pfäfflin (* 3. November 1908 in Bösenlustnau; † 3. April 1972 bei Göttingen) war ein deutscher evangelischer Dekan und Pfarrer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Biografie

Georg[1] war das zweite der sieben Kinder des lutherischen Geistlichen Friedrich Pfäfflin und seiner Frau Anna, geb. Breidenbach. Friedrich Pfäfflin war unter anderem Stadtpfarrer an der Lutherkirche Cannstatt und wurde bekannt als Autor einer deutschsprachigen Bibelübersetzung (1939). Als Georg Pfäfflin 1934 der SA beitreten wollte, wurde seine nicht rein arische Abstammung bekannt, denn sein Großvater Julius von Breidenbach (1809–1882) war 1830 mit 21 Jahren vom Judentum zum Christentum konvertiert. Sein Urgroßvater Wolf Breidenbach war ein deutscher Bankier und Urheber der Ablösung des Leibzolles gewesen.

Heirat mit Ursula Pfäfflin, geb. Bossert

Die Heirat von Georg Pfäfflin mit seiner Ehefrau Ursula, geb. Bossert (* 27. März 1913 in Stuttgart; † 3. April 1972 bei Göttingen) wurde 1936 in Stuttgart vollzogen. Sie engagierte sich während ihrer Ehe intensiv in der Gemeindearbeit. Ursula Pfäfflin war Bezirksvertreterin der Evangelischen Frauenhilfe, gehörte dem Landesarbeitskreis der Frauenhilfe an, leitete den Aalener Frauen- und Mütterkreis und kümmerte sich um die Frauenkreise im Kirchenbezirk. Sie führte den Weltgebetstag der Frauen und die Bezirksfrauentage durch und arbeitete beim Müttergenesungswerk mit. 1966 wurde sie mit den meisten Stimmen in der württembergischen Landeskirche für die Gruppe Offene Kirche in die Evangelische Landessynode gewählt.

Beruf

Georg Pfäfflin war nach dem Studium der Theologie in Tübingen und Erlangen Vikar in Sulzbach an der Murr und Jugendvikar in Stuttgart, Assistent am praktisch-theologischen Seminar in Tübingen sowie Vikar und Jugendpfarrer in Ulm.

Im Nationalsozialismus wurde Pfäfflin in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg Mitglied der Kirchlich-theologischen Sozietät in Württemberg[2] und der Württembergischen Pfarrhauskette[3] und hielt sich zur Bekenntnisfront in der Kirche. Kirchliche Kritiker aus unterschiedlichen Lagern hatten sich zur „Bekenntnisfront“ zusammengeschlossen und schließlich die Bekennende Kirche gegründet.

Von 1936 bis 1942 war er Auslandspfarrer in der deutschsprachigen Gemeinde Lima / Peru.[4] Die Pfarrstelle war zehn Jahre nicht besetzt gewesen. Im Laufe der Zeit wurde das Pfarrhaus zu einem Zentrum für deutsche Besucher. Auf vielen Reisen ins Landesinnere betreute er Protestanten seelsorgerlich und vollzog Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen, Bestattungen. Darüber schrieb er ausführliche Berichte. Daneben erteilte er an der Deutschen Schule in Lima Religions- und Lateinunterricht, um sein kärgliches Gehalt aufzubessern.

Nach seiner Rückkehr wurde Pfäfflin Pfarrer in Waldenbuch von 1942 bis 1945, die Einführung ins Pfarramt geschah am 11. Juli 1943. Hier stellte Pfäfflin den katholischen Christen die evangelische Kirche für Gottesdienste zur Verfügung. Im Rahmen der Württembergischen Pfarrhauskette beteiligte sich Pfäfflin mit seiner Frau an der Rettung von verfolgten Juden, und sie gewährten der Jüdin Elfriede Friedemann alias Ella Braun Unterschlupf. An ihr Schicksal wird in der Liste der Stolpersteine in Berlin-Friedenau gedacht. Nach dem Krieg brachte der Pfarrer viele Frauen zum Schutz vor Vergewaltigungen in die Tübinger Frauenklinik.[5]

Nach Kriegsende wurde er zum Pfarrer in Stuttgart an die Gedächtnis- und Waldkirche (heute Magdalenenkirchengemeinde) berufen (1946–1952). Die Gemeinde im zerstörten Stuttgart war mit 6000 Gemeindegliedern riesig. Kirchenpolitisch waren für ihn die Stuttgarter Erklärung (Schulderklärung der evangelischen Christenheit Deutschlands vom 19. Oktober 1945) und die Diskussion um die Wiederaufrüstung Deutschlands besonders wichtig. 1952 verfasste er eine Kriegschronik, die die Rolle der Kirche während des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs dokumentierte.[6]

1952 erhielt er vom Prälaten von Ulm, Dr. Eichele, eine Aufforderung, Dekan in Aalen zu werden (1952–1967). Hier versah er mit großem Engagement den Pfarrdienst, baute Gemeindehäuser und sanierte Kirchen. Als er sich aus Aalen verabschiedete, würdigte ihn die Zeitung Schwäbische Post: Eine profilierte Persönlichkeit des geistigen Lebens scheidet von Aalen.

In der letzten Phase seiner Berufstätigkeit wirkte Pfäfflin als Dekan in Bad Cannstatt vom 2. Juli 1967–1972. Hier in der Stadt Stuttgart waren schon sein Großvater und sein Vater als Pfarrer tätig gewesen.

Lebensende

Als die Familie am Ostermontag 1972 zu einem Ausflug nach Hamburg unterwegs war, wurde Georg Pfäfflin zusammen mit seiner Ehefrau sowie zwei ihrer elf Kinder durch einen Verkehrsunfall auf der Autobahn A7 bei km 260 bei Bovenden zwischen Göttingen und Nörten-Hardenberg aus dem Leben gerissen.[7][8] Die Beerdigung fand am 7. April 1972 auf dem Steinhaldenfriedhof (Hauptfriedhof) in Stuttgart statt. Anschließend wurde in der Stadtkirche in Bad Cannstatt die Trauerfeier abgehalten, in der Landesbischof Helmut Claß die Trauerrede hielt.[9]

Ehrungen

  • Die Stadt Waldenbuch erinnert mit dem Georg-Pfäfflin-Weg und der Stele Nr. 10 in der Marktstraße an das Wirken von Georg Pfäfflin.[10][11][12]
  • Die Evangelische Kirchengemeinde Waldenbuch hat ihr Gemeindehaus Georg-Pfäfflin-Gemeindehaus benannt.[13]
  • Die Evangelische Steigkirchengemeinde, Auf der Steig 25, 70376 Stuttgart, gedenkt mit dem Ursula-Pfäfflin-Kindergarten an das große Engagement von Ursula Pfäfflin in der Gemeindearbeit.[14]
  • Die Pfäfflinstraße in 70378 Stuttgart–Mühlhausen erinnert an das Schaffen der Familie Pfäfflin.

Siehe auch

Veröffentlichungen

Literatur

  • Hartmut Hegeler: Pfäfflin, Georg. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Bautz Verlag, Band XLIX (2026), Spalten in Vorbereitung.
  • Georg Friedrich Pfäfflin: Mein Vater Georg Pfäfflin, 3.11.1908–3.4.1972. Ein Lebensbild zum 100. Geburtstag, Tübingen 2008
  • Georg Friedrich Pfäfflin: Das Familienalbum für Anna Pfäfflin zum Neunzigsten am 20. März 2006, Marbach, Stuttgart, 2006, S. 32 und 47
  • Amtsblatt der Stadt Stuttgart (13. April 1972): Artikel zur Trauerfeier von Dekan Pfäfflin, Stuttgart
  • Stuttgarter Zeitung: Zum Tode von Dekan Pfäfflin, 5. April 1972
  • HNA Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 4. April 1972 Seite Niedersachsen: Am Ostermontag vier Tote und sechs Schwerverletzte
  • Ursula Pfäfflin: Die kirchliche Frauenarbeit, in: Festbuch zur Wiedereinweihung der Stadtkirche, Aalen, 1956, S. 63
  • Siegfried Schulz: Das Alte Pfarrhaus und Pfarrer Georg Pfäfflin. Zur Veranstaltung der Musikschule Waldenbuch am 4. Juni 2014, Waldenbuch 2014
  • Friedrich Pfäfflin (Übersetzung): Das Neue Testament in der Sprache von heute, Heilbronn, 1939
  • Marie-Louise Neubeiser: Festschrift zur 50–Jahr–Feier der Evangelischen Waldkirche in Stuttgart. 1928–1978. Hrsg.: Evangelische Waldkirche Stuttgart, S. 29

Einzelnachweise

  1. Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen, Köln: Pfäfflin, Georg. Abruf am 16. Januar 2025
  2. Martin Widmann: Die Geschichte der Kirchlich-theologischen Sozietät in Württemberg Abruf am 16. Januar 2025
  3. Württembergische Kirchengeschichte Online: Pfäfflin, Georg Karl Wilhelm. Abruf am 16. Januar 2025
  4. Daniel Lenski: Die Kirche unserer Väter: Deutschtumskonstruktionen in der Chile-Synode und der Deutschen Evangelischen Kirche in Chile, 2021, S. 170. ISBN 978-3-525-56498-1 Abruf am 21. Februar 2025
  5. Johannes Grützmacher: Georg Pfäfflin. In: Württembergische Kirchengeschichte Online. Nachkriegszeit Teil 16: Kriegschroniken. Berichte der württembergischen Kirchengemeinden zu NS, Krieg und Kriegsende. 15. Januar 2021. Abruf am 21. Februar 2025
  6. Johannes Grützmacher: Georg Pfäfflin. In: Württembergische Kirchengeschichte Online. Nachkriegszeit Teil 16: Kriegschroniken. Berichte der württembergischen Kirchengemeinden zu NS, Krieg und Kriegsende. 15. Januar 2021. Abruf am 16. Januar 2025
  7. HNA Hessische/Niedersächsische Allgemeine vom 4. April 1972: Am Ostermontag vier Tote und sechs Schwerverletzte.
  8. Stuttgarter Zeitung: Zum Tode von Dekan Pfäfflin, 5. April 1972.
  9. Amtsblatt der Stadt Stuttgart, Artikel zur Trauerfeier von Dekan Pfäfflin, Nachruf im Namen des Oberbürgermeisters Stuttgart: Ein Vorbild uneigennütziger Hingabe, 13. April 1972.
  10. Stadt Waldenbuch: Stelenspaziergang. Abruf am 16. Januar 2025
  11. Schwäbische Post: Pfäfflin als Hausname, 6. Mai 2021. Abruf am 16. Januar 2025
  12. Siegfried Schulz: Glaubensweg Waldenbuch – Georg Pfäfflins Mut. Video in: Digitaler Glaubensweg 2020 des Evangelischen Gemeindeblatts für Württemberg. Abruf am 16. Januar 2025
  13. Georg-Pfäfflin-Gemeindehaus Waldenbuch. Abruf am 16. Januar 2025
  14. Evangelische Steigkirchengemeinde: Ursula-Pfäfflin-Kindergarten. Abruf am 16. Januar 2025