Genossenschaftsbank zu Halle

Gebäude der Genossenschaftsbank zu Halle

Die Genossenschaftsbank zu Halle a. S. war eine deutsche Genossenschaftsbank, die 1893 begründet wurde und die Rechtsform einer eGmbH innehatte.[1][2] Sie hieß unter anderem Spar- und Darlehenskasse. Diese wurden zum Zwecke der Geldausgleichung innerhalb eines Verbandes begründet.[3] Sie fungierte als Zentralkasse für zahlreiche kleinere Geldinstitute sowie für die angeschlossenen landwirtschaftlichen Genossenschaften.[4]

Geschichte

Sie entwickelte sich zügig zur größten und bedeutendsten Genossenschaftsbank in der damaligen Provinz Sachsen. Im ersten vollständigen Geschäftsjahr ihres Bestehens 1894 erwirtschaftete die Bank bereits einen Umsatz von 6.412.880 Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung ca. 54.693.115 Euro); im ersten Viertel des Jahres 1895 setzte sie 2.525.671 Mark (heute ca. 21.824.241 Euro) um.[5] 1908 hatte die Genossenschaftsbank zu Halle 780 Mitglieder und eine Hafteinlage von 24.504.000 Mark (heute ca. 179.016.710 Euro).[6] 1910 hatte die Genossenschaft etwa 890 Mitglieder. Dabei handelte es sich hauptsächlich um landwirtschaftliche Genossenschaften, Spar- und Darlehenskassen auf dem Land, Brennerei- und Molkereigenossenschaften, Zuckerfabriken und dergleichen. Ende 1910 belief sich die Haftsumme auf 31.338.000 ℳ (heute etwa 221.577.579 €). Dabei betrug die Haftsumme pro Geschäftsanteil 6000 ℳ, und jeder Genosse konnte maximal 50 Anteile zum Nennwert von je 300 ℳ zeichnen. Der Gewinn wurde nicht an die Genossen ausgeschüttet, sondern wurde hälftig dem Reservefonds und dem Betriebskapital zugeschlagen, aus welchem zu vergebende Kredite geschöpft wurden.[7]

1917 zeichnete sie 25 Millionen Mark (heute ca. 73,1 Millionen Euro) auf die Kriegsanleihe.[8] 1927 betreute sie 1077 Spar- und Darlehnskassen.

Heutzutage wird der Gedanke der Genossenschaftsbanken von den Volksbanken bewahrt.

Gebäude

Die Bank der Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft erhielt in den 1920er Jahren ihren Sitz in der Viktoriastraße 13 (heute Maxim-Gorki-Straße 13) im Paulusviertel direkt gegenüber dem zeitgleich erbauten Verwaltungsgebäude der Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft (Maxim-Gorki-Straße 7). Erbaut wurden beide nach Entwürfen von Hermann Frede in den Jahren von 1921 bis 1925.[9] An der Straße wird das dreigeschossige Gebäude durch 17 Fensterachsen vertikal gegliedert, über denen sich teilweise Dachgauben befinden. Zudem erfolgte die Auflockerung der streng symmetrischen Fassade durch Säulen im Erdgeschoss, ein zentrales Portal mit Tympanon und vereinzelte Reliefplatten. An der Hofseite wurden mehrere Gebäudeflügel errichtet, die u. a. einen zentralen Innenhof bilden. Später befand sich im denkmalgeschützten Gebäude das Arbeitsamt; mittlerweile wurde es für eine Wohnnutzung umgebaut, wodurch die Fassade durch den Anbau von Balkons weiter aufgelockert wurde. Es ist im Denkmalverzeichnis von Sachsen-Anhalt als Baudenkmal mit der Erfassungsnummer 094 04872 eingetragen.[10]

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Einzelnachweise

  1. Gabriele Jachmich: Archive der deutschen Kreditwirtschaft. Ein Verzeichnis. Franz Steiner Verlag, 1998, ISBN 978-3-515-06891-8 (google.de [abgerufen am 25. April 2025]).
  2. Stephan Richter: Das landwirtschaftliche Genossenschaftswesen in einigen deutschen Staaten: mit bes. Berücksichtigung der Organisationen für den gemeinsamen Ein- und Verkauf und die daraus sich ergebenden Grundgesetze für die Ausgestaltung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens in Deutschböhmen. Calve, 1897 (google.de [abgerufen am 25. April 2025]).
  3. Die Genossenschaft: Hauszeitung des Donauländischen und des Alpenländischen Genossenschaftsverbandes (Schulze-Delitzsch). Donauländischer Genossenschaftsverband, 1895 (google.de [abgerufen am 25. April 2025]).
  4. J. Schulte: Der Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes in der Provinz Sachen. In: Der Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes in Deutschland. Bd. 2 Leipzig, 1896 S. 255
  5. J. Schulte: Der Personalkredit der ländlichen Kleingrundbesitzer in der Provinz Sachsen. In: Der Personalkredit des ländlichen Kleingrundbesitzes in Deutschland. Berichte und Gutachten veröffentlicht vom Verein für Socialpolitik (= Schriften des Vereins für Socialpolitik. Band LXXIV). Zweiter Band: Mittel- und Norddeutschland. Duncker & Humblot, Berlin 2014, ISBN 978-3-428-17321-1, S. 209–263, hier: S. 255–258, doi:10.3790/978-3-428-57321-9 (Open Access; Nachdruck der Ausgabe von 1896).
  6. Friedrich Thorwart, Hans Krüger: Die Deutsche Genossenschafts-Bank von Soergel, Parritius & Co. und der Giroverband der Deutschen Genossenschaften. Ein Beitrag zu den Fragen des genossenschaftlichen Großbankkredits und der genossenschaftlichen Zentralkassen. De Gruyter, Berlin/Boston 2016, ISBN 978-3-11-169490-0, S. 21 (Nachdruck der Ausgabe von 1909).
  7. Rudolf Francke: Die Sparinstitute von Halle a. S. ihre Einlagen und Einleger. Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der hohen philosophischen Fakultät der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg. Heinrich John, Halle a. S. 1912, Die Genossenschaftsbank zu Halle a. S. E. G. m. b. H., S. 47–48 (hathitrust.org).
  8. Hannoverscher Kurier. In: deutsche-digitale-bibliothek.de. Abgerufen am 25. April 2025.
  9. Stadt Halle (=Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt; 4), erarbeitet von Holger Brülls und Dorothee Honekamp, Fliegenkopf Verlag, Halle (Saale) 1996, ISBN 3-910147-62-3, S. 321.
  10. Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung. (PDF; 9,9 MB) In: landtag.sachsen-anhalt.de. 19. März 2015, abgerufen am 30. April 2025 (Anfrage der Abgeordneten Olaf Meister und Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen) – Kleine Anfrage 6/8670; Drucksache 6/3905 – Antwort durch das Kultusministerium – betrifft: Denkmalverzeichnis des Landes Sachsen-Anhalt – siehe PDF-Seite 1462).

Koordinaten: 51° 29′ 47,6″ N, 11° 58′ 17,7″ O