Gemeinsamer Ausschuss

Der Gemeinsame Ausschuss ist ein nichtständiges Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland und grundsätzlich strikt subsidiär.[1] Falls im Verteidigungsfall dem Zusammentreten des Deutschen Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen, übt er als Notparlament die Funktionen von Bundestag und Bundesrat aus. Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages und zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates.[2][3] Bisher trat in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie ein Gemeinsamer Ausschuss zusammen.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlagen für den Gemeinsamen Ausschuss wurden geschaffen durch das Siebzehnte Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 24. Juni 1968, mit dem die Regelungen für den Verteidigungsfall ins Grundgesetz eingefügt wurden.[4]

Art. 53a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland:[5]

(1) Der Gemeinsame Ausschuss besteht zu zwei Dritteln aus Abgeordneten des Bundestages, zu einem Drittel aus Mitgliedern des Bundesrates. Die Abgeordneten werden vom Bundestag entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen bestimmt; sie dürfen nicht der Bundesregierung angehören. Jedes Land wird durch ein von ihm bestelltes Mitglied des Bundesrates vertreten; diese Mitglieder sind nicht an Weisungen gebunden. Die Bildung des Gemeinsamen Ausschusses und sein Verfahren werden durch eine Geschäftsordnung geregelt, die vom Bundestage zu beschließen ist und der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(2) Die Bundesregierung hat den Gemeinsamen Ausschuss über ihre Planungen für den Verteidigungsfall zu unterrichten. Die Rechte des Bundestages und seiner Ausschüsse nach Artikel 43 Abs. 1 bleiben unberührt.

Art. 115e des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland:[6]

(1) Stellt der Gemeinsame Ausschuß im Verteidigungsfalle mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder fest, daß dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder daß dieser nicht beschlußfähig ist, so hat der Gemeinsame Ausschuß die Stellung von Bundestag und Bundesrat und nimmt deren Rechte einheitlich wahr.

(2) Durch ein Gesetz des Gemeinsamen Ausschusses darf das Grundgesetz weder geändert noch ganz oder teilweise außer Kraft oder außer Anwendung gesetzt werden. Zum Erlaß von Gesetzen nach Artikel 23 Abs. 1 Satz 2, Artikel 24 Abs. 1 oder Artikel 29 ist der Gemeinsame Ausschuß nicht befugt.

Erläuterungen

Der Gemeinsame Ausschuss besteht aus 48 Mitgliedern.

Der Ausschuss übernimmt die Aufgaben des Bundestages und des Bundesrates, wenn er im Verteidigungsfall mit zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mindestens mit der Mehrheit seiner Mitglieder feststellt, „dass dem rechtzeitigen Zusammentritt des Bundestages unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen oder dass dieser nicht beschlussfähig ist“. Die Bundesregierung muss den Ausschuss „über ihre Planungen für den Verteidigungsfall […] unterrichten“. Der Gemeinsame Ausschuss darf das Grundgesetz nicht ändern und weder Hoheitsrechte übertragen noch das Bundesgebiet neu gliedern.

Bildung und die Verfahrensregeln werden durch die vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats beschlossene Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß (GemAusGO) geregelt.

Der Präsident des Deutschen Bundestages ist laut Geschäftsordnung von Amts wegen Mitglied des Gemeinsamen Ausschusses, er wird der Fraktion, der er angehört, angerechnet (§ 2 Abs. 2 GemAusGO). Gleichzeitig ist er Vorsitzender des Ausschusses (§ 7 Abs. 1 GemAusGO).

Der Gemeinsame Ausschuss setzt sich aus folgenden Mitgliedern zusammen (ordentliche Mitglieder und in Klammern stellvertretende Mitglieder, für die Bundestagsfraktionen jeweils alphabetisch angeordnet, Stand: 10. Juli 2025).

Sitzverteilung der Vertreter des Bundestages im Gemeinsamen Ausschuss
Insgesamt 32 Sitze
Sitzverteilung im Gemeinsamen Ausschuss  (a)
Insgesamt 48 Sitze
Mitglieder des Bundestages[7]
Julia Klöckner
Bundestagspräsidentin und Vorsitzende  (b) (c)
CDU/CSU-Fraktion AfD-Fraktion SPD-Fraktion Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Linken-Fraktion
Steffen Bilger (Cornell Babendererde) Bernd Baumann (Gottfried Curio) Sonja Eichwede (Wiebke Esdar) Agnieszka Brugger (Misbah Khan) Ina Latendorf (Desiree Becker)
Reinhard Brandl (Peter Beyer) Stephan Brandner (Peter Felser) Matthias Miersch (Johannes Fechner) Katharina Dröge (Konstantin von Notz) Sören Pellmann (Clara Bünger)
Alexander Hoffmann (Mark Helfrich) Tino Chrupalla (Götz Frömming) Siemtje Möller (Macit Karaahmetoğlu) Britta Hasselmann (Omid Nouripour) Heidi Reichinnek (Janine Wissler)
Hendrik Hoppenstedt (Ottilie Klein) Stefan Keuter (Martin Hess) Dagmar Schmidt (Esra Limbacher) Irene Mihalic (Julia Verlinden)
Markus Koob (Günter Krings) Rüdiger Lucassen (Enrico Komning) Dirk Wiese (Derya Türk-Nachbaur)
Thomas Röwekamp (Jens Lehmann) Jan Ralf Nolte (Jörn König) Armand Zorn (Marja-Liisa Völlers)
Catarina dos Santos-Wintz (Andrea Lindholz) Gerold Otten (Sebastian Münzenmaier)
Jens Spahn (Jan-Marco Luczak) Alice Weidel (Beatrix von Storch)
Sebastian Steineke (Thomas Silberhorn)
Paul Ziemiak (Dieter Stier)
(Johannes Wiegelmann)
(a) 
Parteien der Vertreter des Bundesrates nach den Parteien der Ministerpräsidenten
(b) 
Wird der CDU/CSU-Fraktion zugerechnet (§ 2 Abs. 2 GemAusGO)
(c) 
Vertretung als Präsidentin nach § 7 Abs. 2 GemAusGO durch ein gewähltes Mitglied des Bundesrates (Posten aktuell nicht besetzt, da Gemeinsamer Ausschuss nicht zusammengetreten)
Mitglieder des Bundesrates[8]
Land Mitglied
Baden-Württemberg Thomas Strobl (Marion Gentges)
Bayern Joachim Herrmann (Florian Herrmann)
Berlin Iris Spranger (Kai Wegner)
Brandenburg Dietmar Woidke (René Wilke)
Bremen Andreas Bovenschulte (Nancy Böhning)
Hamburg Peter Tschentscher (Katharina Fegebank)
Hessen Boris Rhein (Roman Poseck)
Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig (Simone Oldenburg)
Niedersachsen Olaf Lies (Julia Hamburg)
Nordrhein-Westfalen Hendrik Wüst (Mona Neubaur)
Rheinland-Pfalz Michael Ebling (Philipp Fernis)
Saarland Anke Rehlinger (Jürgen Barke)
Sachsen Michael Kretschmer (Petra Köpping)
Sachsen-Anhalt Reiner Haseloff (Tamara Zieschang)
Schleswig-Holstein Daniel Günther (Aminata Touré)
Thüringen Mario Voigt (N.N.)

Die als ordentliche Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses benannten Mitglieder des Bundesrates sind derzeit je nach Bundesland entweder der Ministerpräsident oder der Innenminister des jeweiligen Landes.

Einzelnachweise

  1. Unsere Verfassung. Bundesministerium des Inneren, abgerufen am 7. August 2020.
  2. GemAusGO - nichtamtliches Inhaltsverzeichnis. In: Gesetze im Internet. Bundesamt für Justiz, abgerufen am 15. April 2025.
  3. Stefan Marschall: Kurzgefasst: Abschnitt IVa. Gemeinsamer Ausschuss. Bundeszentrale für politische Bildung, 20. März 2024, abgerufen am 15. April 2025.
  4. Siebzehntes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 24. Juni 1968. Bundesgesetzblatt, abgerufen am 7. August 2020.
  5. Art 53a GG - Einzelnorm. In: Gesetze im Internet. Bundesamt für Justiz, abgerufen am 15. April 2025.
  6. Art 115e GG - Einzelnorm. In: Gesetze im Internet. Bundesamt für Justiz, abgerufen am 15. April 2025.
  7. Deutscher Bundestag - Gemeinsamer Ausschuss. Deutscher Bundestag, abgerufen am 10. Juli 2025.
  8. Vorsitz und Mitglieder des Bundesrates. Bundesrat, archiviert vom Original am 26. Mai 2025; abgerufen am 10. Juli 2025 (deutsch).