Hörgeschädigtenpädagogik

Die Hörgeschädigtenpädagogik ist eine Fachrichtung der Sonderpädagogik, die wiederum eine Fachrichtung der Allgemeinen Pädagogik ist. Gleichzeitig ist sie ein Teilgebiet der Audiologie. Sie beschäftigt sich mit der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf auf Grund von Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit (Sinnesbehinderung) aufweisen. Dabei umfasst sie alle Bereiche pädagogischen Handelns im Umgang mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen von der Früherziehung bis zu den Hilfen der beruflichen Eingliederung. Zunehmend gewinnt auch die Erwachsenenbildung an Bedeutung.

Die Hörgeschädigtenpädagogik besteht an deutschen Universitäten als eigenständiges Forschungs- und Lehrfach. In der deutschen Hochschulpolitik gehört die Hörgeschädigtenpädagogik zur Gruppe der kleinen Fächer.[1][2] Das Fach ist an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, der Universität Hamburg und der Universität zu Köln vertreten. Seit 1997 hat sich die Anzahl der Fachstandorte und der eigenen Lehrstühle von zunächst zwei Lehrstühlen in München und Köln auf aktuell (Stand Juni 2023) fünf Lehrstühle und Standorte sukzessive erhöht. An den genannten Hochschulen wird das Fach auch im Rahmen von Bachelor- und Master-Studiengängen, oder als Teil des Lehramtsstudiums gelehrt.

Es existieren verschiedene Sichtweisen, inwiefern die Hörgeschädigtenpädagogik umgesetzt werden sollte. Während die technische (moderne Hörgeräte, Cochleaimplantat) und medizinische (soft surgery) Entwicklung sowie die auditiv-verbale Erziehung die Gebärdensprache im Schulunterricht in den Hintergrund drängt, da effektives Sprech-, Hör- und allgemeines Kommunikationstraining zur Gewährleistung der sozialen Integration und der beruflichen Eingliederung in den Vordergrund gestellt werden, propagieren Gehörlosenselbsthilfeverbände wie der Schweizerische Gehörlosenbund die „bilinguale Erziehung“, bei der sowohl Gebärdensprache als auch Lautsprache eingesetzt wird. Es sei der optimale Weg zu einem selbstbestimmten Leben.[3]

Geschichte

Gehörlosenpädagogik

Kinder, die von Geburt an oder seit frühester Kindheit gehörlos sind, können die in ihrer Umwelt gesprochene Lautsprache ohne Hilfsmittel nicht wahrnehmen und somit nicht sprechen. Dieses ohne Sprache sein, wurde früher als taubstumm bezeichnet. Heute wird die Bezeichnung gehörlos bzw. taub verwendet, da sich dieses Kinder bereits über Gesten oder Gebärden seit frühester Kindheit ausdrücken können.

Diesen Kindern dennoch eine Sprache zu geben, dass sie möglichst als verständlich sprechende Gehörlose in Gemeinschaft mit ihren hörenden Mitmenschen leben zu können, und sie zu bilden, ist das Ziel der Gehörlosenpädagogik. Sie gilt als älteste Disziplin der Sonderpädagogik.

Das Suchen nach immer besseren Verfahren zur Erziehung und Bildung gehörloser Kinder vor allem für den Sprachunterricht war seither das Ziel dieser Sonderpädagogik. Diese Suche hat im Laufe der Zeit zu immer wieder anderen Systemen als Wege der Hinführung zur sprachlichen Kommunikation mit der Umwelt geführt.

Es sind bisher drei Hauptverfahren, die nicht immer rein verwendet wurden, zur Anwendung gekommen:

  • lautsprachlicher Unterricht (auditiv-verbale Erziehung): Gehörlose Kinder lernen die Lautsprache und vom Mund absehen. Dazu wird die Schriftsprache der Lautsprache gelehrt.
  • schriftsprachlich-daktyler Unterricht: Gehörlose Kinder lernen die Schriftform der Lautsprache. Damit sich auch ohne Papier verständigt werden kann, wird eine Fingerzeichensprache vermittelt, in der es für jeden Buchstaben ein Fingerzeichen gibt. (Fingeralphabet)
  • gebärdensprachlicher Unterricht (Bimodal-bilinguale Erziehung): Dort wird eine Gebärdensprache vermittelt, in der für ein oder mehrere Wörter eine Gebärde steht. Zusätzlich wird die Schriftform der Lautsprache gelehrt.

In allen drei Verfahren lernt das Kind die Schriftsprache der Lautsprache kennen. Aber nur im lautsprachlichen und schriftsprachlich-daktylen Unterricht besteht eine Übereinstimmung zwischen gesprochener bzw. daktylierter (gefingerter) Sprache. Von diesen beiden Unterrichtsverfahren bietet nur das lautsprachliche das Rüstzeug für eine unmittelbare Kommunikation mit Angehörigen der gleichen Sprachgemeinschaft. Die Vermittlung der Lautsprache an gehörlose Kinder darum als Hauptanliegen der Gehörlosenbildung.[4]

Beginn der Lautspracherziehung gehörloser Kinder

Die Gehörlosenpädagogik kann insgesamt auf eine Geschichte von über 400 Jahren zurückgreifen. Es gab auch schon frühere Bildungsversuche, aber Pedro Ponce de León gilt als der erste welcher nicht nur 1 Schüler, sondern 12 gleichzeitig unterrichtet hat. Als erster hat er damals gehörlose Kinder in Lautsprache unterrichtet und ihnen das Sprechen beigebracht. Damit hat er die Lautspracherziehung gehörloser Kinder erfunden. Spontane Lautäußerungen der Schüler und nicht die Konzentration auf die Lautsprache waren dafür zuträglich. Seine Grundlage war die Schriftsprache die mit einem Fingeralphabet aus religiösen Kreisen gegliedert wurde. Das erste Unterrichtsziel war damit seine Schüler zur schriftsprachlichen und daktylen Kommunikation zu befähigen. Erst als ein elementarer Sprachschatz erworben war, kam das Sprechen hinzu. Zusammen mit den zwei weiteren Spaniern Manuel Ramírez de Carrión (Methodiker) und Juan Pablo Bonet (Theoretiker) gilt er als erster Repräsentant (Praktiker/Erfinder) der spanischen Schule der Lautspracherziehung gehörloser Kinder (spanische Methode). Der ursprüngliche Elementarlehrer Carrión war ein erfolgreicher Gehörlosenlehrer in dem seine Schüler ein hohe Sprach- und Geistesbildung erlangten. Zusätzlich zum Lesen, Schreiben und Sprechen lehrte er sie auch ohne besondere Übungen das Absehen vom Mund. Bonet schrieb das erste Lehrbuch zur wissenschaftlichen Begründung und praktisch-methodischen Durchführung über den Unterricht gehörloser Kinder, nachdem er den Unterricht von Carrión miterlebt hatte und ihm die Erfolge von Leon bekannt waren. Daraus ergab sich der Stufengang: Alphabet, Handzeichen dazu, Sprechen der Einzellaute und danach Wortverbindungen, ein- und zweisilbige Worte, Deutung der Worte, Nomina, Verben, Zahlen, Gegensätze, Begriffsbestimmungen. Dazu gehörten dann weiterführend: Lesen, freie Lektüre, schriftliche Übungen, Sprachanwendungen, andere Unterrichtsdisziplinen, Religion. Er betont die frühe pädagogische Intervention und ein ständig mit dem Kind sprechendes Umfeld. Die drei Männer werden auch oft als Einheit verstanden, da ihre Verfahren demselben Stufengang von der Schrift über das Handalphabet zur Lautsprache folgten. Da sie die Bedeutung des Absehens der Sprache vom Mund noch nicht erkannt hatten, entwickelten und gebrauchten sie als Ersatzsystem das Fingeralphabet. Die spanische Methode entfaltete sich in der Hochzeit Spaniens, weil die Unterrichtsbedingungen ideal waren mit wenigen Schülern aus zudem gebildeten und intessierten Familien und einer guten Bezahlung, die eine intensive Betreuung der Kinder über viele Jahre hinweg möglich machte. Mit dem Verlust der politischen Vormachtstellung Spaniens war dieser Höhepunkt überschritten. Erst viel später 1800 und 1809 wurden in Barcelona und Madrid (Real Colegio de Surdo-mutos de Madrid)[5] die ersten Gehörlosenschulen gegründet.

Durch den Reisebericht von 1644 Kenelm Digbys mit einer Begegnung mit einem von Carrións Schülern, rückte nun im Spaniens vormachtübernehmenden England das Interesse für die Erziehung und Bildung gehörloser Kinder in das Bewusstsein namhafter Wissenschaftler. John Bulwer legte 1648 nach dem Studium des Reiseberichts ein Unterrichtskonzept vor, dass das spanische Verfahren durch die Hinzufügung der ocular audition (Hören mit dem Auge) erweiterte. Er brachte sein theoretisches Konzept nicht selbst zur Anwendung, aber es wurde ein wichtiger Bestandteil der Lautspracherziehung. Die beiden ersten englischen Gehörlosenpädagogen waren William Holder und John Wallis. Im Unterschied zur spanischen Methode nutzte Holger ein zweihändiges Fingeralphbet und Wallis betonte stark den Lautierunterricht ohne Absehen und Fingeralphabet. Laut George Dalgarno könne das gehörlose Kind die Sprache durch die Mutter erlernen, wenn seine Mutter die Sprache in Handzeichen anbiete und daran die Schriftbilder anbiete. Das gehörlose Kind sollte also genau so lesen und schreiben lernen, wie das hörende Kind seine Muttersprache verstehen und sprechen lernt. Er gilt als erster Vertreter eines imitativen Sprachunterrichts auf rein schriftsprachlich-daktyler Grundlage.

Zwischen England und den reich gewordenen nördlichen Niederlanden bestanden enge Beziehungen und auch kurzzeitig eine Personalunion. Dort waren bereits erfolgreich Versuche unternommen worden. Bereits Rudolf Agricola berichtete von einem Gehörlosen, der alles Aufgeschriebene verstand und seine Gedanken wie Gespräche niederschreiben konnte. Die Möglichkeit gehörlose Kinder unterrichten und Lautsprache anbilden zu können, wurde von namhaften niederländischen Gelehrten wie Anton Deusing und Franciscus Mercurius van Helmont erörtert. Dem bedeutenden Arzt Johann Konrad Ammann wurden in Amsterdam wiederholt gehörlose Kinder vorgestellt, die er dann unterrichtete. In seinen Werken schrieb er u. a. über die Ursprünge der menschlichen Stimme und die Kunst des Sprechens sowie den Weg von prälingual Gehörlosen sprechen zu lernen. Das Sprachenlernen war Unterrichtsziel. Seine Schüler konnten durch Berührung des Kehlkopfes beim Lautieren, die Vibration der Stimme abfühlen. Spiegel gehörten auch zum Artikulationsunterricht. Unterlief dem Schüler dabei ein Fehler, wurde auf den zu sprechenden Buchstaben gezeigt und der Vorgang wiederholt. Ammann baute den Lautsprachenunterricht zu einem geschlossenen Verfahren aus, welches Sprechen, Absehen, Schreiben und Lesen gleichermaßen berücksichtigt und nicht mehr auf ein Handalphabet angewiesen war. Er bewies damit das gehörlose Kinder auch ohne Hilfsmittel Sprechen lernen konnten. Die deutschen Gehörlosenpädagogen Georg Raphel, Otto Benjamin Lasius († 1779),[6][7] und Johann Ludwig Ferdinand Arnoldi richteten darauf ihren Unterricht auf Sprechen und Absehen aus. Der erste schweizer Gehörlosenpädagoge Heinrich Keller unterrichtete auch danach. Anoldi unterrichtete seine Schüler zu jeder erdenklichen Zeit nicht nur im systemischen Sprachenlernen, sondern auch bei Ausflügen. Er gilt damit als bedeutendster Lehrer vor Heinicke.

Samuel Heinicke gründete 1778 in Leipzig die erste Gehörlosenschule Deutschlands und sich ausdrücklich für das Lautsprachprinzip in der Gehörlosenpädagogik (Deutsche Methode) einsetzte. Dies verteidigte er auch gegenüber Charles-Michel de l’Epée. Heinicke arbeitete nach dem Humanismus Johann Gottfried Herders. Ähnlich wie Jacob Rodrigues Pereira in Frankreich und Thomas Braidwood in England hinterließ Heinicke keine Gesamtdarstellung seines Lehrverfahrens. In den 1912 von Paul Schumann und Georg Schumann veröffentlichten Sammlung Heinickes Notizen wurde auch kein Unterrichtsverfahren veröffentlicht. Nach der Entscheidung auf dem Mailänder Kongress von 1880 zugunsten der Lautsprache und gegen die Gebärdensprache, galt Heinicke als Vorreiter.

Weiterentwicklung der Lautspracherziehung

Es dauerte noch rund 100 Jahre bis die Lautspracherziehung als bestmögliche Form der Eingliederung gehörloser Kinder in die Gesellschaft angesehen wurde. Abbe l'Épée entwarf ein gänzlich anderes System und teilte dies (anders als Heinicke) gerne mit jedem Interessierten. Daraufhin entstand ein Methodenstreit zwischen l'Épée und Heinicke. L'Épée fing 1760 mit dem Unterricht gehörloser Kinder an und eröffnete vor 1785 die erste Gehörlosenschule weltweit in Paris. Sein Unterrichtssystem hatte die Grundthesen eines Zeichencharakters der Sprachen, der Idee einer Wesensgleichheit aller Menschen und der Gedanke einer naturgemäßen Erziehung. Für ihn war die Zeichensprache die Sprache der Natur und aller Menschen und zugleich Muttersprache der Gehörlosen. Daher erschien es ihm sinnvoll, sie zur Entfaltung des Geistes seiner Schüler einzusetzen. Seine Methode wurde von der Zeichensprache und Schrift getragen sowie der Verwendung des Fingeralphabets zur Erklärung der Buchstaben und Buchstabieren von Namen. Angefangen mit dem Fingeralphabet bildeten die Zeichen den Kern seiner Methode. Diese Zeichen baute er zu einem methodischen System aus, dass sich aus Wurzelzeichen und methodischen Zeichen zusammensetzte. Die Wurzelzeichen erschlossen den Schülern die Grundbegriffe und die methodischen Zeichen vermittelten die lexikalischen, grammatikalischen und syntaktischen Gesetzlichkeiten der Sprache. Bei den Wurzelzeichen wurde auch zwischen natürlich und künstlich unterschieden. Als natürlich galten Handbewegungen, die eine Sache durch Hervorheben eines ihrer eigenen optischen Merkmale bezeichnete. Die künstlichen Zeichen dienten zur Deutung von Begriffen, die sich der sinnlichen Wahrnehmung entzogen. Damit die Schüler vom Begriff zum Satz gelangen konnten, waren die methodischen Zeichen notwendig, die zur Kennzeichnung der Wortarten, Flexionen und Syntax dienten. Angesichts des Formenreichtums der Französischen Sprache erwies es sich als notwendig, die methodischen Zeichen zu reduzieren und durch ein System von verkürzten Zeichen zu ersetzen. Dieses System von Wurzelzeichen, methodischen Zeichen und verkürzten Zeichen ist eine methodische Konstruktion, die erst in jüngerer Vergangenheit in dem von Richard Paget und Pierre Gorman für die Englische Sprache entwickelte Zeichensystem (Paget Gorman Sign System) wieder ein Gegenstück fand. Das neuere System wird zur Hilfe der Erlernung der Lautsprache verwendet, war für l'Épée die Zeichensprache das alleinige Kommunikationsmittel für Gehörlose. Er vermittelte die Schriftsprache nur als Hilfe zur Übersetzung und stellte die unmittelbare Verschriftlichung der Gedanken in Abrede. Vertreter des imitativen Sprachunterrichts wie Alexander Graham Bell und George Forchhammer haben diesen Irrtum später durch ihre Praxis widerlegt. L'Épées Veröffentlichungen beeinflussten die weitere Gehörlosenpädagogik jedoch maßgeblich. Die Hauptschwäche von l'Épées Methode behob ein Schüler und Nachfolger von Roch-Ambroise Cucurron Sicard, in dem er der Schriftsprache einen hohen Stellenwert zuwies. Der von l'Épée praktizierte Gebärdensprachunterricht und das durch die Schriftsprachunterweisung erweiterte Verfahren von Sicard gelten in der Gehörlosenpädagogik als Französische Methode. Die benutzten Zeichensysteme sind von gehörlosen Kindern leicht zu lernen, stellen es jedoch vor die Aufgabe zwei grammatikalisch und syntaktisch inkompatible Systeme verbinden zu müssen.

1760 hatte Braidwood in Edinburgh mit der Lautspracherziehung gehörloser Kinder begonnen. 1780 verlegte er dann die Schule mit seinem Neffen John Braidwood (1784–1820)[8] als Lehrer nach London. Wegen der schnell steigenden Zahl benötigte Braidwood seinen Neffen Thomas Watson (1765–1829) als weiteren Lehrer. Braidwood unterrichtete auch Schüler aus den USA. 1783 veröffentlichte der Vater eines gehörlosen Schülers Francis Green (1742–1809)[9] ein zur Vorstellung von Braidwoods Arbeit. Nach dem Tod seines Onkels veröffentlichte Watson dann 1809 sein Werk zu dessen lautsprachlich ausgerichteten Methode. Erst wurde Sprechen gelehrt und später kamen Schreiben und Lesen hinzu. Solange Sprechen noch nicht möglich war, wurden natürliche Gebärden geduldet. Watson empfahl auch ein zweihändiges Fingeralphbet. In Birmingham entstand eine weitere von Thomas Braidwood jr. († 1825) geleitete Gehörlosenschule. Diese beiden Schulen waren das Ziel von Thomas Hopkins Gallaudet. Dieser hatte das gehörlose Mädchen Alice Cogswell nach den Vorgaben Abbe Sicards unterrichtet. (Dr.) Mason Fitch Cogswell, Vater des Mädchens, sammelte interessierte Bürger um sich, um eine Schulgründung zu beraten. Diese Gruppe entsandte Gallaudet um die Lautsprachmethode der Braidwoods zu erlernen. 1815 traf Gallaudet in England ein und nahm sofort Kontakt zu Braidwood in Birmingham und Watson in London auf. Er wollte die Methode in kurzer Zeit lernen und mit der Französischen Methode kombinieren. Diese Eile stieß nicht auf Gegenliebe und es kam zum Verwürfnis. Sicard war zu der Zeit gerade mit 2 Schülern (Jean Massieu und Clerc) in London und Gallaudet wurde nach Kontaktaufnahme nach Paris eingeladen. Dort erhielt er dann eine Einführung in die Französische Methode innerhalb weniger Monate und kehrte nach Amerika zurück. Laurent Clerc wurde Gehilfe Gallaudets und sorgte für die Etablierung der Französischen Methode in den USA.

Auch in Österreich-Ungarn wurde die Gebärdensprachmethode heimisch und breitete sich auch bis nach Süddeutschland aus. Kaiser Joseph II. hatte 1777 die Arbeit l'Épées kennengelernt und beschloss auch für die österreichischen Länder eine Gehörlosenschule zu errichten. Nachdem Joseph May (1755–1820)[10] und Johann Friedrich Storck (1746–1823)[11] in Paris als Gehörlosenlehrer ausgebildet wurden, wurde 1779 unter Storck in Wien eine Gehörlosenschule eröffnet. Diese Schule führte im Königreich Österreich-Ungarn zu den Schulgründungen 1786 in Prag, 1802 in Waitzen, 1805 in Mailand, 1812 in Linz, 1830 in Lemberg und Brixen, 1831 in Salzburg, 1832 in Brünn und Graz, 1833 in Preßburg, 1840 in Görz, 1842 in Triest, 1844 in Wien-Nikolsburg, 1846 in St. Pölten und 1847 in Klagenfurt. Auch die in Süddeutschland 1804 in Freising, 1817 in Gmünd, 1784 in Karlsruhe, 1786 in Staufen und 1820 in Camberg gegründeten Gehörlosenschulen, wurden methodisch stark von der Wiener Schule (Wiener Mischmethode) beeinflusst. Anfangs fühlte sich die Wiener Schule einseitig der französischen Methode sehr stark verpflichtet. Nachdem May 1792 Direktor wurde, wurde aus sozialen Erwägungen heraus, zusammen mit Wolfgang von Kempelen, die Lautsprachbildung Teil des Unterrichts. Die wichtigsten Sprachmittel blieben jedoch Schrift, Fingeralphabet und Gebärden. Die methodischen Zeichen wurden fallen gelassen und durch mit Handzeichen verquickte Gebärden ersetzt. Da die Lautsprache trotzdem ein Randdasein fristete, lernte z. B. Hugo Schütz von Holzhausen, Gründer der Gehörlosenschule in Camberg, am Wiener Institut nicht das Sprechen. Mays Nachfolger Michael Venus gilt durch die Zusammenfassung der methodischen Grundsätze der Wiener Schule, seine lange Amtszeit und seiner Starrheit als typischer Vertreter dieser Schule. Sein Unterricht wurde durch genaue Anweisungen geregelt, die den Sprachaufbau gemäß dem System der Grammatik und der Gebärde als Träger des Lehrverfahrens. Venus und Franz Hermann Czech (1788–1847)[12] wurden von Franz Joseph I. beauftragt ihre Lehrart bei öffentlichen Vorträgen zu verbreiten. Czechs Werk von 1836 zu seiner Arbeit als Katechet am Wiener Institut fand eine nie dagewesene Verbreitung. Auch sah Czech, anders als Venus, die Lautspracherziehung durch das Vorhandensein der Sprechwerkzeuge und ihrer Funktionsbereitschaft in teils unwillkürlichen teils willkürlichen Lautäußerungen der gehörlosen Kinder als gerechtfertigt und vorteilhaft zur Gliederung der Schriftsprache und wegen ihrer Absehbarkeit als das sozial wichtigste Verkehrsmittel an.

Der Gründer der Münchener Gehörlosenschule Bernhard von Ernsdorfer und auch in vielen anderen entstandenen deutschen Gehörlosenschulen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Lehrkräfte nach der Wiener Schule mit der Französischen Methode ausgebildet. Nur Heinickes Schüler und Nachfolger waren Gegener des Fingeralphabets sowie der Schriftmethode und versuchten in der Theorie die Pflege des Lautwortes hochzuhalten. Sie unterlagen jedoch der Entwicklung der Gebärde und gewährten dieser in Form einer verbesserten Pantomime zum Nachteil der artikulierten Sprache Eingang. Begünstigt durch die Internatseinrichtungen wurden die Gebärdenzeichen von einer Schülergeneration zur nächsten weitergegeben. Die Lehrer standen der Gebärde infolge einer die Bedürfnisse des praktischen Lebens wie die persönliche Ausdrucksfähigkeit zu wenig berücksichtigenden Methode der Entfaltung und Verbreitung der Zeichensprache machtlos gegenüber und passten sich den Verhältnissen an, in dem sie zur Begriffsentwicklung in weitgehendem Maße die Gebärde nutzten. Auch die führenden deutschen Gehörlosenpädagogen des frühen 19. Jahrhunderts Ernst Adolf Eschke, Georg Wilhelm Pfingsten, Carl Gottlob Reich und Reinhold/Karl Ferdinand Neumann (1788–1833) nutzten diese Methode. Im Gegensatz dazu wurde unter Ludwig Graßhoff (1770–1851)[13][14][15] nur mittels der Gebärdensprache unterrichtet. Das könnte mit den beiden gehörlosen Lehrern Karl/Carl Heinrich Wilke (1800–1876)[16][17][18][19] und Ludwig Habermaß (1783–1826) zusammengehangen haben.

Rückkehr zur Lautspracherziehung

Während Graßhoff eine soziale Isolierung der Gehörlosen vorschwebte, äußerten andere Fachleute bereits Vorbehalte gegenüber den bestehenden Gehörlosenschulen. Wilhelm Harnisch nannte sie nach einem Besuch fast aller Schulen Verheimlichungs- und Einkerkerungsanstalten. Ähnlich wie Heinrich Stephani und Johann Baptist Graser ging er davon aus, dass viele gehörlose Kinder in Volksschulen unterrichtet werden können. Die Errichtung weiterer Internatsschulen wurde für überholt erklärt und man hoffe, die Ortsgeistlichen und Volksschullehrer für die Erziehung und Bildung gehörloser Kinder zu gewinnen. Vielerorts wurde durch Begegnungen versucht, Lehrer für diese Bildungsaufgabe zu begeistern. Graser richtete 1812 in Bayreuth an einer Volksschule eine eigene Klasse für gehörlose Kinder ein. Dem Beispiel folgend wurde das vielerorts umgesetzt und Graser gilt als Vater der teilintegrierten Beschulung hörgeschädigter Kinder. Die Hinwendung zu einer offenen Form der Beschulung gehörloser Kinder, hat einen nachhaltigen Einfluss auf die Gehörlosenpädagogik und wird auch als Verallgemeinerung des Unterrichts gehörloser Kinder bezeichnet. Das Für und Wider dessen wurde in zahlreichen Publikationen behandelt. Gleiche Überlegungen gab es in England und Frankreich. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde diese Idee verworfen. In der Neuzeit ist sie wieder aktuell und wird als integrierte Erziehung bezeichnet. Damals ist es daran gescheitert, dass Kinder völlig verloren in großen Klassen saßen, der teilweise individuelle Unterricht nicht gewährt wurde und es gab noch keine technischen Hilfsmittel zur Ausnutzung der Resthörfähigkeit. Zu keinem Zeitpunkt sollten aber bestehende Gehörlosenschulen verdrängt werden. Die führenden Vertreter stellten immer wieder heraus, dass wohlorganisierte Institute mit ihren erfahrenen Lehrern ihren Wert behalten, da sie als Musterschulen für andere pädagogische Einrichtungen sowie für gehörlose Kinder ohne Elternhaus unentbehrlich waren. Die spätere internationale Anerkennung der Lautspracherziehung war eine direkte Folge der Verallgemeinerung, da sich kleine Schulen die besten Lehrer aussuchen konnten. Dort blieben sie meist nur wenige Jahre, um dann an Gehörlosenschulen zu gehen. Fast alle bedeutenden deutschen Pädagogen des 19. Jahrhunderts wie Moritz Hill und Johannes Vatter (1842–1916)[20][21][22][23] waren zu Beginn ihrer Laufbahn Lehrer an einer Seminarschule für gehörlose Kinder.

Die Angliederung von Gehörlosenschulen an Lehrerseminare erfolgte in der Zeit Johann Heinrich Pestalozzis. Seine Methode beinhaltete eine elementare Stufenfolge zur Aneignung der Sprache und blieb bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts aktuell. Der Grammatist Viktor August Jäger entwickelte den ersten geschlossenen lautsprachlichen Lehrgang. Moritz Hill nahm sich dieser stark formalgrammatisch orientiert und nicht zu einem lebendigen Sprachgebrauch führenden Methode an. Hill wurde gegen seinen Willen zum Dienst an der Seminargehörlosenschule in Weißenfels verpflichtet. Dennoch wurde er der bedeutendste Lehrer seines Jahrhunderts. Wilhelm Harnisch sah in den Lehrweisen zwischen gehörlosen und vollsinnigen Kindern keinen Unterschied. Durch die enge Zusammenarbeit von Hill und Harnisch wurden die neuen methodischen Erkenntnisse der Volksschule auf den Unterricht gehörloser Kinder übertragen. Auch die von Karl Friedrich Becker, in Anlehnung an die Lehre von Wilhelm von Humboldt, vertretenen Ansichten über den Sprachunterricht durch weniger Regeln und mehr Hören mit Sprechen wurden implementiert. Dem starren Lehrbetrieb wurde ein naturgemäßes Verfahren entgegengesetzt. Hill setzte sich für eine Verallgemeinerung des Gehörlosenunterrichts ein, sodass die Sprache des gehörlosen Menschen eine organische Lebenstätigkeit ermöglichte. Der Sprachunterricht hatte Prinzip und er verwendete die lautsprachliche Form der Sprache und Schrift. Die natürliche Gebärde wurde nicht verdrängt, aber durch eine gute Spracherziehung bald überflüssig. Hill konzipierte seinen Lehrgang nach den Bedürfnissen der Kinder. Es wurden in einem Vorbereitungsunterricht die Techniken der Sprache eingeübt, um dann in einen Anschauungsunterricht mit der Klärung der Sprachinhalte überzugehen und in einem Abschlussunterricht mit dem vertraut machen der Sprachformen zu enden. Die Schüler sollten über das Sprachgefühl zur Sprachsicherheit gelangen. Die Methode ist dabei ein Vorläufer des von van Uden vorgestellten Verfahrens.

Zu den bedeutendensten Schülern Hills zählen u. a. Ulrich Karl Schöttle (1813–1886)[24], der 1846 in Esslingen am Neckar die erste Konferenz der Gehörlosenpädagogen einberufen hat, und Wilhelm Hirzel (1823–1911). Wilhelm Hubert Cüppers (1827–1906)[25] erhielt bei Hill seine Ausbildung und verfolgte dann wie Schöttle den Sprachaufbau auf zwei getrennten Wegen des Anschauungsunterrichts mit dem Sprachbedürfnis der Kinder und der Lebensumstände sowie einem syntaktischen Unterricht mit einem systematischen Sprachformenunterricht. Eduard Rößler (1828–1896) sah in Hills Tätigkeiten eine allgemeine Norm für den Weg und die Mittel der geistig-sprachlichen Entwicklung gehörloser Kinder und ihres Unterrichts. Neu und für ihn charakteristisch war sein Sprechunterricht, der ganzheitliche Ansätze zeigte, die stark empirisch ausgerichtete Sprachentwicklung, sein vereinigter Sach- und Sprachunterricht auf der Grundlage seines Lehrbuches sowie das starke Zurückdrängen des formellen Sprachunterrichts. Eduard Walther (1840–1908)[26] wurde nach der Arbeit unter Hill Direktor und Ausbilder der Berliner Gehörlosenschule. Im Gegensatz zu Rößler war Walther der Meinung, dass der Leitsatz von Hill mehr auf das Vorbild der Mutterschule als das der Volksschule hinweise. Die Methode der Volksschule auf den Gehörlosenunterricht zu übertragen, sah er als eine Verkennung der Aufgabe der Gehörlosenschule an. Er unterschied einen grundlegenden Sprachunterricht von dem sich dem Volksschulunterricht annähernden Gehörlosenunterricht. Sein Unterricht hatte das Ziel, dem gehörlosen Kind die Lautsprache zu lehren. Der Ausschluss der Gebärdensprache hat er nicht als Kriterium der deutschen Methode angesehen. Sein Werk von 1882 gilt als die erste bedeutende Abhandlung dieser sonderpädagogischen Disziplin, die in deutscher Sprache erschienen ist.

Reine Lautspracherziehung

Beispielhafte Unterrichtserfolge erzielten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Georg Schibel (1807–1900)[27], Wilhelm Daniel Arnold (1810–1879)[28] und Vatter mit ihrer Lautspracherziehung. Schibel war Direktor in der Gehörlosenschule Zürich und legte in Eßlingen sein Lehrkonzept vor. Dieses Konzept stieß zuerst auf Ablehnung, aber später wurden Schibels Schüler für ihren Sprachstand und ihre Möglichkeit zur freien mündlichen Kommunikation bewundert. Arnold verfolgte in Riehen ein ähnliches Konzept, wie von Martin Stein (1846–1891) berichtet wurde.

Johannes Vatter erreichte als Seminarist in Nürtingen unter Hirzel (Schüler Schibels) großen Nachruhm. Er beeinflusste die deutsche Gehörlosenbildung wie kein anderer und ist mit Heinicke und Hill vergleichbar. Jeder von ihnen versuchte die Sprachbildung mit den Denkmöglichkeiten seiner Zeit zu erklären. Heinicke hatte sich auf Herder berufen, um seinen Unterricht in der Tonsprache zu begründen. Für Hill war Pestalozzi für seinen naturgemäßen Unterrichtsgang entscheidend gewesen. Vatter nutzte schließlich die Lehren von Johann Friedrich Herbart, die seinen Sprachbildungsprozess wissenschaftlich stützten. Die deutsche Methode wurde unter ihm zur reinen Lautsprachmethode. Für das Schul- und Internatsleben sowie die Einführung der gehörlosen Schüler waren Arnold und Schibel für Vatter beispielgebend. Um sichere Normen für den gesamten Sprachunterricht zu gewinnen, orientierte er sich an den Arbeiten von Bernhard Stahm (1818–1900, erster Direktor der Provinzial-Taubstummenanstalt Langenhorst)[29] und Wilhelm Gude (1832–1901).[30] Vatter hielt ein planmäßiges Verfahren für unabdingbar. Er empfahl den methodischen Grundsätzen Gudes zu folgen und dem gehörlosen Artikulationsschüler die Lautelemente, Laute, Silben und Wörter sofort mit Bewusstsein sprechen zu lassen und sie solange zu wiederholen, bis dieser unbewusst die richtige Nervenbahn trifft. Hilfsmittel waren hierbei das Sprechmuskelgefühl, das Ertasten der Vibration am Körper, das Fühlen des Luftstroms mit der Hand und das Ablesen der Sprache vom Munde. Die begriffliche Seite wurde auch früh in den Sprachlernprozess einbezogen. Er ließ deshalb nicht nur einfache Begriffswörter üben, sondern auch solche Wörter die das gehörlose Kind zum Ausdruck seiner persönlichen Wünsche im sprachlichen Umfeld seiner Eltern, Lehrer, Geschwister und Mitschüler benötigte. Durch die frühe Lautsprachvermittlung und deren konsequente Anwendung machte er die Gebärdensprache überflüssig, ohne sie verbieten zu müssen. Seine Schüler lernten ohne Beihilfe der Schriftsprache und ohne Dazwischentreten der Gebärde sprechen, an deren er Mimik und Aktion setzte. Ebenso zielstrebig wie bei der Verknüpfung von Sach- und Wortvorstellungen ging er auch beim Auf- und Ausbau der Sprache vor, für die er das Prinzip des verbundenen Sach- und Sprachunterrichts zur Anwendung brachte. In der Praxis sah das so aus, dass der Lehrer ein Thema aus dem Lebenskreis der Kinder an Hand hierfür geeigneter Anschauungsmittel besprach und dann dasselbe Thema anhand eines Lehrbuches nochmals aufgriff, begrifflich vertiefte und formal festigte. Im Laufe seines Schullebens ging das gehörlose Kind bei Vatter durch die drei Sprachanbildungsstufen der grundlegenden Elementarstufe (1. bis 3. Schuljahr), der grammatischen erweiternden Mittelstufe (4. bis 5. Schuljahr) und die praktisch anwendende Oberstufe (6. bis 8. Schuljahr), in deren Verlauf der Fachunterricht und der Sprachformenunterricht sich verselbständigten, ohne das dabei die Idee des verbundenen Sach- und Sprachunterrichts aufgegeben wurde. Dies galt auch für den Leseunterricht, den freien Sprachunterricht und dem Aufsatzunterricht sowie den diesen zugedachten Aufgaben des Erlernens, Besprechens und Beschreibens. Was er in seiner Schulpraxis als richtig erkannt und erprobt hatte, teilte er seinen Kollegen schriftlich mit. Seine Veröffentlichungen sind darum ein getreues Spiegelbild seiner methodischen Anweisungen und seiner Schulbücher. Vatter empfand 1911 nur den Weg einer reinen Lautspracherziehung zu einer dem Leben genügenden Wortsprache zielführend, während die mit Gebärden durchsetzte Unterrichtsweise in einer Enttäuschung verlaufen würde. Dies entsprach der Sichtweise des Mailänder Kongresses von 1880, wo Vatter, Schibel und Arnold aber nicht zugegen waren, ihre Ansichten dadurch aber bestätigt und international anerkannt fanden. Die reine Lautsprachmethode konnte sich jedoch nur kurz großer Beliebtheit erfreuen, obwohl sie mancherorts bis nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde. Eberhard Kaiser[31] (* 4. Februar 1921) beispielsweise unterrichtete in Schleiz und später in Riehen seine Schüler bewusst in der Anknüpfung an das Unterrichtssystem von Vatter. Die nicht zuletzt durch die nach 1871 ausgelösten Gründerjahre wirkten sich auf die Gehörlosenpädagogik aus, sodass vermehrt große Schulen errichtet wurden, die einer guten Lautspracherziehung den Nährboden entzogen. Für Schibel, Arnold und Vatter stand auch die unterrichtsfreie Zeit im Dienst der Sprachbildung, denn sie wollten erreichen, dass ihre gehörlosen Schüler in der Lautsprache denken lernen. Deshalb stellten sie diese Umgebung bereit. Dies war nicht schwer zu verwirklichen, da in ihren Heimschulen mehr hörende als gehörlose Kinder waren. Die Lehrer trugen auch für die außerschulische Erziehung Verantwortung. In großen Schulen mit einer anstaltsartigen Organisation war eine solche sprechende Umgebung dagegen nur mit Zwang zu verwirklichen. Paul Schuhmann stellte auf der Würzburger Versammlung der deutschen Gehörlosenlehrer 1912 fest, dass in den großen Internaten trostlose Zustände mit einer nicht sprechenden Umgebung herrschten. Gegen die reine Lautspracherziehung erhob sich deshalb schon bald Widerspruch, weil sie in ihrer Form in großen Heimschulen nicht durchführbar war.

Abkehr von der reinen Lautspracherziehung

Johann Heidsiek (1855–1942)[32] ließ sich von der französisch-amerikanischen Gehörlosenpädagogik beeinflussen und wandte sich gegen die Idee der unmittelbaren Lautsprachassoziation und forderte den Einsatz der Gebärde im Unterricht. Lautsprache, Gebärde und Schrift sollten so aufeinander abgestimmt werden, dass die Lautsprache zwar das Ziel des Unterrichts bleibt, Gebärde und Schrift aber als Unterrichtsmittel hinzutreten. Einige Jahre später vertrat Heidsiek allerdings völlig andere Ansichten und meinte nun, die Gebärde dem Gehörlosen entbehrlich zu machen und die Wortsprache zur Denk- und Ausdrucksform zu machen. Diese Forderung erfüllte allein Zenas Freeman Westervelt (1849–1918)[33][34][35][36] in Rochester (Rochester Methode). Die kombinierte Methode von Edward Miner Gallaudet, die er vorher angebriesen hatte, sah er als erledigt an, da sie der Gebärde zu viel Raum gäbe. Matthias Schneider (1869–1949) setzte sich ebenfalls für die Verwendung der Gebärde im Unterricht ein, nachdem er mit zunächst nach der reinen Lautsprachmethode unterrichtet hatte. Durch die Einbeziehung der Gebärde als Unterrichtsmittel wollte er die Selbsttätigkeit im Denken anregen und die geistig-sprachlichen Kräfte der Schüler wecken. Da für ihn die Erlernung der Lautsprache als Unterrichtsmittel unverzichtbar war und er den Einstieg in die Sprache mit Hilfe der Gebärde erdachte, fand sein Konzept zwar mehr Beachtung als Heidsieks, aber trotzdem keine Zustimmung.

Eine andere Methode ging von der Schriftsprache im Anfangsunterricht aus. Die Kritiker der reinen Lautspracherziehung (Schriftbildmethodiker) ließen sich von dem Gedanken leiten, dass gehörlose Kinder die Lautsprache ebenso sicher auffassen und lernen können wie hörende Kinder, wenn man ihnen zunächst die Schriftgestalt anstelle der Lautgestalt anbiete und das geschriebe Wort wurde zur Grundlage des Sprachunterrichts. Karl Emil Göpfert (1851–1906)[37][38] war der erste deutsche Gehörlosenlehrer, der die Schriftbildmethode vertreten hat. Die Methode hatte einen ganzheitlichen Ansatz, da das gehörlose Kind zunächst ganze Wörter und bald auch vollständige Sätze kennenlernte, die es anschließend schreiben, lesen und absehen lernte. Dieser ganzheitliche Einstieg über die Schrift musste allerdings wieder verworfen werden, wenn es ans Sprechenlernen ging. Weil dem Kind keinerlei Gliederungshilfen angeboten wurden, um die Schriftbilder zu differenzieren und somit Buchstaben zu erkennen und daraus wieder entsprechende Laute ableiten zu können, musste beim Sprechunterricht vom Einzellaut ausgegangen werden. Diese Schwachstelle versuchte Georg Forchhammer mit Hilfe des von ihm entwickelten Mund-Hand-Systems zu überwinden, um den gehörlosen Kindern vor allem beim Ablesen Gliederungshilfen zu bieten. Auch die Leipziger Gehörlosenpädagogen Rudolf Lindner (1880–1964)[39], Kurt Polster (1885–1973) und Walter Querll (1882–1947)[40] nutzten neben Göpfert dieses Hilfsmittel. Diese Methode machte Forchhammers Mund-Hand-System geradezu notwendig. Dem gehörlosen Kind wurde von Anfang an ein normal umgangssprachliches Umfeld angeboten, da Forchhammer die Hoffnung hatte, dass die Kinder früher oder später die Normalsprache nachahmen würden. Deshalb nannte er sein Verfahren auch imitativen Sprachunterricht. Dabei liegt die Betonung nicht so sehr auf der Sprachproduktion, sondern mehr auf dem sinnerfassenden Lesen. Dem Kind wird zuerst Sprache vermittelt, bevor es Sprechen lernt. Göpfert und Forchhammer vermittelten ihren Schülern ein reiches Angebot an Schriftsprache, wodurch diese viel Sprache verstehen lernten. Da sie sich aber nicht in gleicher Weise ausdrücken konnten, nahmen sie Zuflucht bei der Gebärde. Es handelt sich bei diesem Vorgehen aber eigentlich nicht um eine imitative Methode, da die Schüler die Schriftsprache nicht nachahmten, sondern sie nur rein passiv verwendeten. Den wichtigsten Bestandteil Alexander Graham Bells Verfahrens vernachlässigten Göpfert und Forchhammer aber komplett: das Gespräch. Sie übersehen auch, das Bell und Anne Sullivan es bei ihren imitativen Verfahren immer nur mit einem Kind zu tun hatten. Querell bot seinen Schülern auch ein imitatives Verfahren an. Er wollte sie auf natürlichem Weg in die Muttersprache einführen und bemühte sich deshalb wie eine Mutter zu ihnen zu sprechen. Hierfür wurden Sätze aufgeschrieben, den Kindern vorgehalten und der Text dazu gesprochen. Zusätzlich wurden natürliche Gebärden eingesetzt. Ablesen setzt im Allgemeinen einen Sprachbesitz voraus und eignet sich nicht zum Spracherwerb. Deshalb erwies sich dieses Verfahren als Utopie (wie Georg Alich (* 29. Dezember 1920)[41][42] bereits erkannte). Das gehörlose Kind benötigt auch Hilfen um die Struktur der Sprache zu erkennen, welche ihnen Querell nicht anbot.

Das Muttersprachverfahren blieb in Deutschland aber nicht bedeutungslos und Querell selbst kam zu der Erkenntnis, dass die Sprache schon in der Erziehung des gehörlosen Kleinkindes berücksichtigt werden muss. Deshalb forderte er die Schaffung von Beratungsstellen für gehörlose Kinder sowie von Sonderkindergärten. 1925 gab es im Deutschen Reich 73 Gehörlosenschulen und nur 6 Kindergärten für gehörlose Kinder, obwohl sich bereits Graser und Hill für eine frühe Spracherziehung einsetzten. Der erste Kindergarten für gehörlose Kinder im deutschen Sprachraum wurde 1916 in Wien eröffnet, was im Vergleich zu beispielsweise Englands erstem Kindergarten 1840 spät ist. Bis ungefähr 1925 wurde auch noch an fast allen deutschen Gehörlosenschulen nach Methode von Vatter unterrichtet, mit der man erst im Alter von 6 bis 7 Jahren beginnen kann.

Die von Querell und Schneider vertretene Idee, den Sprachunterricht muttersprachlich und erlebnisnah zu gestalten, ist auch von den Anhängern der Ganzheitspädagogik unterstützt worden, die auf der Suche nach einer kindgemäßen Methode waren und mit den Grundsätzen von Querell sowie Schneider übereinstimmten. Vor allem Constantin Malisch (1860–1925)[43][44] hat sich intensiv mit den Problemen des ersten Sprech-, Schreib- und Leseunterrichts am Sprachganzen befasst und damit eine völlig neue Idee in den deutschen Gehörlosenunterricht eingebracht. Sein Sprechunterricht ging vom Sprachganzen aus. Auch Göpfert, Wilhelm Paul (1851–1927) und Karl Kroiss (1861–1945)[45][46] bemühten sich um eine Korrektur der herkömmlichen Lautsprachmethode und befürworteten einen ganzheitlichen Unterricht. Jeder von ihnen hatte jedoch eine andere Ausgangsbasis. Göpfert ging vom Schriftbild, Paul von der Sprechsilbe und Kroiss vom Lallwort aus. Alle waren sich einig, dass der Sprachunterricht vom Erlebnis ausgehen müsse, um die Schüler zur Sprechbereitschaft zu führen. Den Vorrang des Erlernens der Schriftsprache vor dem Sprechenlernen nach Göpfert und Querell hielt Malisch für verkehrt. Gleichzeitig mit der Bedeutung des Wortes vermittelte Malisch seinen Schülern auch dessen Sprechbewegungsreihe, Mundbild, Schriftbild und Schriftbewegungsreihe. Um diese Verknüpfungen durchführen zu können, musste Malisch Sprachtexte konstruieren, die heute seltsam anmuten. Kroiss dagegen hatte mit seinem vom Lautwort ausgehenden Sprachunterricht ein feines Gespür für Sprache. Er berücksichtigte als erster die zentrale Bedeutung des Verbes und mit seinem Lallverfahren kam er der Sprache näher als Malisch, der mit Formulierungen umgehen musste, die in der Umgangssprache so nicht vorkamen. Die Vorbehalte wie von Heidsiek und anderen vor und nach dem Ersten Weltkrieg gegen die von Vatter und seinen Zeitgenossen vertretene reine Lautsprachmethode vorgebracht wurden, führten im Laufe der Zeit zu einem kindgemäßeren Sprechunterricht, einer vermehrten Hinzunahme der Schrift in den Erstsprachunterricht und zu einem Sprachaufbau, der den Bedürfnissen des gehörlosen Kindes als viele der früheren Verfahren. Ungefähr 350 Jahre nach Beginn der Lautspracherziehung traten nun wieder vermehrt die Zeichensysteme in den Vordergrund: Gebärde, Schrift und Mund-Hand-System statt Fingeralphabet. Das Zeichensystem blieb jedoch weiter nur eine Ausgangsbasis um zur Lautsprache zu gelangen. Als Reaktion auf den nicht überzeugenden imitativen, muttersprachlichen Sprachunterrichts kam es auch bald zu einer Überbetonung des Sprachformenunterrichts. Es war vor allem Franz Ruffieux (1889–1964)[47][48] der den von Ernst Huber (1886–1933)[49] geprägten Begriff der Sprachselektion aufgriff und eine Elementarsprache für gehörlose Kinder festlegte, für deren Einübung er Unterrichtsbücher zur Verfügung stellte.

Ausnutzung der noch verbliebenen Hörfähigkeit

Bei den Lautsprachverfahren, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in deutschen Gehörlosenschulen zum Einsatz gelangten, lernten gehörlose Kinder die ihnen zuteil werdende Sprache vom Mund absehen und in einem Artikulationsunterricht (Kombination aus visueller Nachahmung und taktiler sowie kinästhetischer Empfindung) sprechen. Dabei wurden ihnen auch die Sprachinhalte und Sprachstrukturen vermittelt. Bereits zu Lebzeiten Vatters bahnte sich die allmähliche Ausnutzung der vielen damaligen Schülern von Gehörlosenschulen verbliebenen Hörfähigkeit an. Außerhalb des deutschen Sprachgebietes hat es eine Ausnutzung des noch vorhandenen Hörvermögens bereits viel früher gegeben wie z. B. in Frankreich. R. Ernaud, Pereira und Deschamps de Champloiseau können als Vorreiter von Jean Itard angesehen werden, der als Erster bereits um 1800 eine systematische Hörerziehung auf unisensorischer Grundlage betrieben hat. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Ideen von Itard von Viktor Urbantschitsch wieder aufgegriffen. Auch er ging bei der Hörerziehung überwiegend unisensorisch vor und erreichte mit seinem individuellen Hörerziehungsprogramm bei den Schülern der Wiener Gehörlosenschule beachtliche Erfolge. Daraufhin ging er davon aus, dass ein geschwächtes Hörvermögen durch methodische Hörübungen zu verbessern möglich wäre. Friedrich Bezold sprach sich gegen die Idee Urbantschitsch mit einem aus der Inaktivitätslethargie geweckten und belebten Hörnerv aus. Er erklärte die von ihnen beiden erlangten Erfolge damit, dass die Schüler gelernt hätten ihre Hörreste für die Sprachwahrnehmung zu nutzen. Seine Hör-Sprach-Erziehung begann er mit ganzen Worten und nicht mit Einzellauten. Durch die Arbeiten dieser beiden Männer wurde eine Entwicklung eingeleitet, die als erste Hörbewegung bezeichnet wird. Diese verdankt vor allem Kroiss mächtige Impulse. Er hat nicht nur als erster eine Methode zur Hörerziehung vorgelegt, sondern durch seine Arbeit auch die Voraussetzung dafür geschaffen, dass in Deutschland bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Schwerhörigenschulen geschaffen wurden. Da es damals noch keine Hörgeräte gab, wurden dort nur schwerhörige Kinder unterrichtet. Die Hörerziehungsmaßnahmen wurden an selbständigen Schwerhörigenschulen wieder aufgegeben und nur in Hörklassen an Gehörlosenschulen fortgesetzt. Das änderte sich um 1930 als Gustav Barczi[50][51] seine neue Methode des Hörerweckens und Hörerziehens vorstellte. Durch die dabei praktizierte Zusprache ans Ohr machte er bei Kindern, die keine oder nur sehr geringe Hörreste besaßen, eine Ausnutzung dessen möglich, was Artur Kern und Erwin Kern später als Tastfühlhörstruktur beschrieben haben. Bei ihrer Anwendung führte sie zu einer beachtenswerten Verbesserung des Sprechrhythmus und der Sprechmelodie. Damit beeinflusste er die Hörerziehung in Europa und Nordamerika. Henk Huizing (1903–1972) bezeichnete sie später als akupädische Methode der Hörerziehung.

Der von Erwin Kern entwickelte ganzheitliche Sprachunterricht hat auch zu einer Verbesserung der Sprechrhythmen und Sprechmelodie geführt. Dort sind nicht nur die ganzheitlichen Ansätze von Göpfert, Malisch und Querell zu einem geschlossenen und in Theorie sowie Praxis in gleicher Weise überzeugenden System zusammengefasst, sondern neben der Entwicklungs- und Gestaltpsycholohie spielt auch Barczis Idee eine Rolle. Damit sollte das gehörlose Kind die Sprache so umfassend wie möglich aufnehmen. Er wies damit in der Praxis nach, dass das in die Hand gesprochene Wort und der gesprochene Satz vom gehörlosen Kind auch ohne gleichzeitiges Ablesen vom Mund in ihrer Gestalt ganzheitlich aufgefasst werden können. Mit Hilfe der Schrift führt er das Kind am leichtesten und kürzesten zur Sinnfunktion der Sprache. Sobald dann die Sinnfunktion erfasst wurde, wird der intentiale Akt auf das Ablese- und Mundbild, auf die Tastfühlgestalt und schließlich die Sprechbewegungsgestalt übertragen. Da Kern Leiter der Heidelberger Ausbildungsstätte war, verbreitete sich sein Konzept dadurch weitläufig. Kritiker gab es natürlich auch. Clemens Shuy (1890–1965)[52] und seine Anhänger waren nicht wie die Vertreter der Gestaltpsychologie davon überzeugt, dass der Einsatz der Tastfühlhörstruktur prägnante sprachmotorische Gestalten enthält, sondern hielten an der Übung des Einzellautes bzw. der Lautelemente für ein gutes Sprechen fest. Er wandte sich nicht nur gegen den ganzheitlichen Ansatz im ersten Sprechunterricht, sondern legte auch eine zu den Erkenntnissen der Sprachwissenschaft, Sprachphilosophie und Phonetik orientierten Methodik des Sprachunterrichts vor, die für die Arbeiten von Heribert Jussen, Klaus Schulte und Johannes Tigges richtungsweisend waren.

Zustimmung fand das ganzheitliche Verfahren bei den Gehörlosenpädagogen, die in den 1950er Jahren die zweite Hörbewegung einleiteten. Bereits 1927 war in Nürnberg die erste Vielhöreranlage in Betrieb genommen worden. Die Hörerziehung, die zu einem festen Bestandteil der Lautsprachmethode geworden war und durch Barczi erneut großen Auftrieb erhielt, konnte der sich hier nicht nur erstmals erforderlichen Hör-Sprech-Anlage bedienen (in enger Zusammenarbeit zwischen Gehörlosenschulen und Hörmittelindustrie entwickelt), sondern hatte mit Kerns Verfahren auch eine Zielsetzung in idealer Weise gefunden. Hans Steinbauer (1910–1971)[53] belebte zusammen mit Karl Hofmarktsrichter (1900–1976)[54][55] in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg die Hörerziehung neu, in dem er sie aus dem Schattendasein eines bloßen Unterrichtsfachs herausholte und zum Unterrichtsprinzip erhob, und in dem von Kern praktizierten Unterricht (Methode Kern) einen günstigen Unterbau gesehen. Otto Kröhnert (1925–1993)[56][57] sah in dem Einstieg in die Hörerziehung allerdings einen Gegensatz zwischen Kern und Steinbauer, sodass er Kern als Hörsprecherzieher und Steinbauer als Geräuscherzieher bezeichnete. Zeitbedingt sahen sowohl sahen sowohl Kern als auch Steinbauer die Hörerziehung als ausschließliche Aufgabe der Schulpädagogik an und wiesen ihr folgenden Aufbau zu: 1.–3. Schuljahr Hörerziehung durch Zusprache ans Ohr, 4.–6. Schuljahr Einsatz der Hör-Sprech-Anlage im Klassenunterricht und 7.–8. Schuljahr Übergang zum individuellen Hörgerät. Kern vertrat mit seiner Methode der schulischen Hörerziehung den unlogischen Lehrsatz, dass die gehörlosen Kinder erst mit seiner Methode Sprache erlernt haben mussten, bevor ihnen die Hör-Sprech-Anlage und das individuelle Hörgerät zur Wahrnehmung angeboten werden durften. Manche Befürworter dieser Methode haben die Möglichkeiten aber auch überschätzt und von den technischen Hilfsmitteln zu viel erwartet. Eine wesentliche Ursache war auch die Beschulung von schwerhörigen Kindern in Gehörlosenschulen. Heute wird das behinderungsspezifische Ziel der Hörerziehung in der Gehörlosenpädagogik so gesehen, dass eine visuell-auditive Grundeinstellung herbeigeführt werden soll, bei der die vornehmlich visuelle Wahrnehmungshaltung durch das Ausnutzen der vorhandenen Hörreste bei schwerhörigen Kindern unterstützt wird. Beim Sprachunterricht des gehörlosen Kindes soll dazu beigetragen werden, dass sowohl bei der Sprachwahrnehmung als auch beim eigenen Sprechen nicht nur auf kinästhetische, taktile und optische Informationen angewiesen ist, sondern diese im Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten durch akusto-vibratorische Eigen- und Fremdwahrnehmung ergänzen kann.

Isolation der deutschen Gehörlosenbildung und deren Überwindung

Die kleinen deutschen Gehörlosenschulen waren im 19. Jahrhundert nach der verkehrsmäßigen Erschließung durch die Eisenbahn das Ziel zahlreicher Besucher. Die in diesen Schulen beobachteten Erfolge trugen zur Anerkennung der deutschen Methode bei und fand weltweite Beachtung. Dazu haben vor allem die Reiseberichte der ausländischen Besucher beigetragen. Die Veröffentlichung von Georg Jörgensen (1838–1903)[58][59] veränderte bereits 1881 die dänische Gehörlosenbildung. Die deutsche Gehörlosenbildung wurde ihrer Vorbildrolle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht gerecht. Es herrschte ein Mangel zur Bereitschaft an internationalen Kongressen teilzunehmen und fanden sich erst spät zu eigenen Kongressen zusammen. Erst 1884 fand in Berlin die erste offizielle Versammlung statt und 1894 wurde erst in Augsburg ein Berufsverband gegründet. Viele andere Staaten suchten die internationale Zusammenarbeit, um die Entwicklung der eigenen nationalen Gehörlosenbildung voranzubringen. Erst ab 1854 erschien auch eine Fachzeitschrift. Für die Isolation gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gibt es mehrere Erklärungen. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden die Volksschullehrer in Lehrerseminaren ausgebildet, um dort die Fächer kennenzulernen, die im damaligen Lehrplan der Volksschule enthalten waren und hatten eher keine Seminare für moderne Fremdsprachen. Durch die Konferenz 1880 in Mailand, durften die deutschen Gehörlosenlehrer auch annehmen, dass ihre Methode richtig ist und sahen deshalb keine Notwendigkeit für Kontakte zu ausländischen Kollegen. Auch die wirtschaftliche Lage des Deutschen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg und die politische Situation von 1933 bis 1945 sowie die daraus resultierenden Folgen machten es bis 1955 deutschen Gehörlosenlehrern nahezu unmöglich, im fremdsprachigen Ausland fachliche Kontakte zu knüpfen.

Der jungen Lehrergeneration nach dem Zweiten Weltkrieg fiel durch das Studium englischsprachiger Fachliteratur und der Beobachtung namhafter Gehörlosenpädagogen, auch aus dem Ausland, auf, dass die deutsche Gehörlosenbildung als Folge der jahrelangen Isolation wichtige Entwicklungen versäumt hatte. Einige dieser Junglehrer gaben sich nicht nur mit dem Wiederaufbau der Schulen zufrieden, sondern suchten auch nach einer neuen Konzeption. Werner Josef Bechinger (1897–1975)[60][61] konnte das beispielsweise nicht nachvollziehen. Die neuen Ideen, die seit etwa 1958 die deutsche Gehörlosenbildung zu beeinflussen begannen, gingen vor allem auf die Arbeiten von Antonius van Uden, Irene Ewing (1883–1959)[62] und Alexander Ewing zurück. Die Anregungen aufgreifend errichtete Armin Löwe 1959 in Heidelberg die erste Pädoaudiologische Beratungsstelle für Eltern gehörloser Kinder im deutschsprachigen Raum und machte sie zum Zentrum für frühe Haus-Spracherziehung. Bereits wenige Jahre nach ihrer Einführung war sie bereits Gegenstand der von Hans Wolfgart[63] und Nikolaus Hartmann vorgelegten Dissertationen. Die Haus-Spracherziehung hörgeschädigter Kinder dokumentierte sich dabei als pädagogische Extremsituation, weil es den laienhaften Eltern zugemutet wurde, den schwierigen Schritt der Hörgeschädigtenbildung zu vollziehen, ihre Kinder in Wesen und Funktion der Sprache einzuführen. Während in der Schule die Folgen der Gehörlosigkeit beseitigt wurden, ist es das Anliegen der frühen Haus-Spracherziehung diese zu verhindern. Van Uden spricht deshalb von einer Vorbeugung einer Verstummung, Vertaubung und Gebärdensprache. Für einen frühen Erfolg ist es wichtig, möglichst die kritische Periode (bis 8. Monat), auf jeden Fall aber die sensitive Periode (bis 2. Lebensjahr) intensiv ausnutzen. Der Erfolg ist aber auch von der frühen Versorgung passender Hörhilfen abhängig. Die Wahl der pädagogischen, psychologischen und methodisch-didaktischen Komponenten bei ihrem Einsatz zu wählen sind, haben Alfred Braun und Löwe zusammen mit Peter Billich aufgezeigt. Bei gehörlosen Kindern ohne Hörrest ist aber auch ein Einsatz der von Klaus Schulte zusammen mit Heinrich Rössler und Herbert Ding[64] entwickelten akusto-vibratorischen Kommunikationshilfe Fonator zu denken.

Der taub geborene Schüler Wladislaus Zeitlin bestand 1925 im Alter von 18 Jahren an einem Berliner Reform-Gymnasium sein Abitur mit hervorragenden Noten. Vor ihm hatten das mindestens schon drei weitere Schüler geschafft und ein Universitätsstudium mit Promotion abgeschlossen. Da Zeitlin Angaben zu seinem Bildungsweg gemacht hat, ist bekannt, dass er Sprechen durch seine Mutter gelernt hat und bereits mit 5 Jahren in ganzen Sätzen sprechen konnte. Neben seiner russischen Muttersprache beherrschte er auch Deutsch, Englisch und Französisch. Dieser Bildungserfolg gab der Forderung nach einer höheren Bildung für Gehörlose großen Auftrieb. Besonders Felix Reich (1885–1964, Sohn von Markus Reich) tat sich hervor und führte 1927/28 an der Staatlichen Gehörlosenschule in Berlin zur Errichtung einer gehobenen Klasse, die gehörlose Schüler aus allen deutschen Ländern aufnahm. Da es jedoch viele Schulen ablehnten ihre hochbegabten Schüler nach Berlin abzugeben, kam es zu keiner Klassenbildung. Die schwierigen Schulverhältnisse nach 1945 ließen erst 1957 wieder die Errichtung einer Aufbauabteilung begabter gehörloser Schüler zu und erfolgte auf Drängen von Otto Schmähl[65] in Dortmund. Bereits wenige Jahre später wurde die Abteilung in eine Realschule umgewandelt und heutzutage bestehen viele Realschulklassen gehörloser Schüler, die wenigstens eine Fremdsprache lernen müssen. Bereits 1959 wurde von Rudolf Naujok die Errichtung eines Gymnasiums vorgeschlagen und von Georg Rammel[66][67] unterstützt. 1980 wurde daraufhin in Essen an der Kollegschule der Rheinisch-Westfälischen Schule für Hörgeschädigte im berufsbildenden Bereich ein Angebot für besonders begabte gehörlose Jugendliche gemacht.

Anton Hofbauer (1865–1957)[68] stellte wenige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs fest, dass es zu allen Zeiten das Hauptziel der deutschen Gehörlosenbildung war, ihren Schülern unter sorgfältiger Aufgabe der Lautsprache die Volksschule, soweit es das Gehörgebrechen erlaubt, zu ersetzen. Die Berufsbildung erfolgte erst im Anschluss. Anders wiederum vermittelten die belgischen, englischen und französischen Gehörlosenschulen ihren Schülern auch eine möglichst vollkommene berufliche Ausbildung. Die Entwicklung der sozialen und gewerblichen Verhältnisse im Deutschen Reich hat es mit sich gebracht, dass etwa seit der Jahrhundertwende in speziellen Fortbildungs- und Fachschulen der beruflichen eine erhöhte Sorgfalt zuteilwurde. Dieselbe Pflicht galt für die Gehörlosenschulen. Zu diesem Zweck wurden an vielen Gehörlosenschulen Fortbildungsklassen eingerichtet, aus denen sich eigene Berufsschulklassen entwickelt haben, denen zum Teil Lehrwerkstätten angegliedert waren. Die Lehrwerkstätten verfügten allerdings nur über ein begrenztes Ausbildungsangebot und dienten vor allem der Ausbildung leistungsschwächerer Jugendlicher. Für eine Ausübung eines Berufes mitten im Leben, sollte man auch mitten im Leben ausbilden. Dieser Grundsatz gilt auch heute noch und gilt vor allem für die deutschsprachige Schweiz, in der sich das duale System, bestehend aus allgemeinbildendem Unterricht durch Gehörlosenlehrer und Fachunterricht durch Gewerbelehrer auf der einen und Ausbildung in der freien Meisterschule auf der anderen Seite, z. B. in der von Hans-Rudolf Walther (1915–1975) aufgebauten interkantonalen gewerblichen Berufsschule in Zürich als eine besonders integrationsfreundliche Konzeption bewährte. Dagegen besteht in Deutschland die Tendenz die Berufsausbildung zu zentralisieren. So gibt es sodann Berufsbildungswerke für Hörgeschädigte, die zum Teil aus früheren Berufsschulen und Lehrwerkstätten entstanden sind und sich sowohl als Berufsschule und Ausbildungsstätte verstehen. In einigen Einrichtungen werden gehörlose Jugendliche auch bis zur Fachhochschulreife gefördert.

Seit mehr als 200 Jahren werden gehörlose Kinder im deutschen Sprachraum fast ausschließlich in Sonderschulen in völliger räumlicher Trennung von hörenden Kindern unterrichtet. Diese Form wird heutzutage als schulische Segregration bezeichnet. Es hat zu allen Zeiten aber auch gehörlose Kinder gegeben, die gemeinsam mit hörenden Kindern unterrichtet wurden. Die in Deutschland bekanntesten Beispiele sind Zeitlin und Pierre Gorman. Beide hatten das Glück, dass ihnen alle für ein gutes Mitkommen in der Regelschule notwendigen sonderpädagogischen Hilfen gewährt worden waren. Diese Beschulung bezeichnet man heute als schulische Integration bzw. Inklusion. Als die deutschen Gehörlosenlehrer 1927 in Hamburg dem 200. Geburtstag Heinickes gedachten, ließen sie sich von Philipp Michels (1885–1933) einen Blick in die Zukunft der Gehörlosenpädagogik geben. Die Vorstellungen Michels einer gemeinsamen Erziehung gehörloser Kinder mit hörenden Kindern in der Familie oder in Sonderklassen an Regelschulen, ist heute für immer mehr Kinder in vielen Ländern der Welt Wirklichkeit. Michels war überzeugt davon, dass allein eine solche Erziehung eine natürliche Lautsprachentwicklung und einen normalen Lautsprachgebrauch gewährleisten. Gehörlosenschulen führen für ihn eher in die Isolation. Alfred Willer setzte Michels Idee als junger Lehrer Ende der Fünfziger um und übernahm auf Drängen der Eltern eine Außenklasse der Wiener Gehörlosenschule und zu guten Sprach- und Schulleistungen geführt. Die im Vergleich mit Innenklässlern wesentlich besseren Leistungen waren auf das natürliche Umfeld der Kinder zurückzuführen. Die Außenklassenschüler glichen nach Ende ihrer Schulzeit in Erscheinungsbild und Auftreten mehr den Normalhörenden als Gehörlosen. 1971 forderte der damalige Deutsche Bildungsrat ein Gutachten über Gehörlose und ihre Bildung an, damit zu Fragen der schulischen Integration gehörloser Kinder Stellung bezogen werden konnte. In diesem Gutachten wird sich für die Teilintegration einer Klasse gehörloser Kinder in eine Regelschule (mit eigenem Schulzimmer und Lehrer sowie allen erforderlichen technischen Hilfsmitteln) für die Kinder anzubieten, für die diese Form der Beschulung bessere Entwicklungschancen verheißt als die herkömmliche segrierte Beschulung. Als dieses Gutachten dann 1974 befand sich die erste so beschulte Klasse in Meggen bereits im 2. Schuljahr. Gegen Ende des 4. Schuljahres die von Susann Schmid-Giovannini unterrichteten gehörlosen Kinder eine mündliche und schriftliche Sprachbeherrschung erreicht, die der gleichaltriger hörender Kinder nahe kam. Da in Mengen auch ganz bewusst die Zusammenarbeit mit hörenden Kindern gepflegt wurde, geht die dort erreichte Sprachbeherrschung weit über das Sprachniveau der Wiener Außenklassen hinaus.

Gegenwärtige Situation

Viele Lehrer richten ihre Hoffnung auf eine besser vorhandene Früherfassung und Frühförderung, noch bessere Hörhilfen, intensivere Mitarbeit der Eltern (früher als unerwünscht angesehen), einen vermehrten Einsatz audio-visueller Medien und mehr Kontakt mit hörenden Kindern. Das sind manchmal Schwachstellen an Gehörlosenschulen. Für diese Bereiche kommen viele Anregungen wie bei der Früherziehung und integrierten Erziehung aus dem Ausland.

Die sonderpädagogische Diagnostik hat es mit audiologischen, medizinischen, pädagogischen, phonetischen, psychologischen, soziologischen und sprachwissenschaftlichen Herausforderungen zu tun. In dieser umfänglichen Sichtweise hat sie erst eher in wenigen Gehörlosenschulen Einzug gefunden. So wie im medizinischen Bereich eine gründliche Diagnose für eine gute Behandlung nötig ist, so ist auch eine pädagogische Frühförderung eines gehörlosen Kindes nur dann möglich, wenn dieses zuvor umfassend untersucht wurde. Häufig wird die sonderpädagogische Diagnose nur als eine einmalige Feststellung der vorhandenen Hörreste mit Hilfe der Tonaudiometrie und der Intelligenz durch sogenannte sprachfreie Verfahren verstanden. Angesichts der weltweit beobachteten Zunahme von Mehrfachbehinderungen (ca. 30 % bei gehörlosen Kindern) reichen diese Verfahren nicht mehr aus. Die sonderpädagogische Diagnose sollte auch immer eine diagnostische Therapie beinhalten, deren Ergebnisse in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Sie hat sich laut gegenwärtigem Wissensstand vor allem auch auf die Gebiete des Aufspürens der gehörlosen Kinder mit Dyspraxie in der Fein- und Grobmotorik, mit intermodalen Schwierigkeiten wie beim zuordnen der Wortbedeutung und mit Sehschwächen. Wie Andreas Markides 1972 aufzeigte, muss auch die Umgebung des gehörlosen Kindes beachtet werden. Wenn die sich daraus ergebenden Probleme nicht gelöst werden, gibt es keine lautsprachliche Kommunikation zwischen Kindern, Eltern und in der Gehörlosenschule. Ähnlich wie eine Diagnose ohne Therapie sinnlos ist, so wie auch bei den Kindern eine Diagnose sinnlos ist, bei denen keine Konsequenzen daraus gezogen werden, die für die unterschiedlichen pädagogischen Bedürfnisse der verschiedenen Gruppen gehörloser Kinder notwendig sind. Diese wurden auch im Gutachten an den Deutschen Bildungsrat aufgezeigt. Differenzierte pädagogische Angebote sind deshalb unerlässlich, da gehörlose Kinder nicht als undifferenzierte einheitliche Gruppe angesehen werden können. Sonderprogramme sind deshalb für gehörlose Kinder mit weiteren Behinderungen notwendig.

Wenn die Kinder im Sprachunterricht gebärdend kommunizieren, dann liegt die Ursache nicht ausschließlich darin, dass mehrfachbehindert gehörlose Kinder mit unterrichtet werden, sondern auch in einem stark konstruierenden Sprachunterricht, der das Gesprächsbedürfnis der Kinder untereinander nicht berücksichtigt. Es gibt kaum noch Unterricht nach den Prinzipien des imitativen Sprachunterrichts. Es wird dagegen eher ein konstruierendes Sprachaufbauprogramm mit vorgegebenen Texten eines Sprachbuches unterrichtet, in dem das Gespräch keine Rolle spielt. Die Schüler verständigen sich deshalb gebärdend untereinander. Dass gehörlose Kinder auch schon früh zum Gespräch geführt werden können, haben nicht nur Schmid-Giovannini und Leahea Grammatico bewiesen, sondern auch schon van Uden mit seinem muttersprachlich reflektieren Lautsprachunterricht. Grundlage seiner Methode ist das lautsprachlich geführte rhythmische Gespräch, bei dem mit der Sprache ein wirklicher Austausch von Gedanken und nicht nur eine bloße Versprachlichung irgendwelcher Abläufe stattfindet. Nach dem Gespräch wird der Inhalt schriftlich festgestellt, wobei der Text in normaler Umgangssprache gehalten wird. Diese Niederschriften werden dann Gegenstand des Leseunterrichts, der von Anfang an in normaler Sprache gehalten ist. Durch diese Methode werden die unterrichteten Kinder in einem bisher nicht dagewesenen Umfang befähigt, auch solche Bilder zu lesen, die nicht eigens für gehörlose Kinder in einfacher Sprache verfasst wurden. Den hohen Leistungsstand den gehörlose Kinder bei konsequenter Befolgung der Prinzipien der reflektiven Methode erreichen (nicht nur in Lautsprache, sondern auch im sinnerfassenden Lesen) sind deutliche Hinweise darauf, dass diese Methode, die von früher Kindheit an normale Umgangssprache mit dem Unterricht in Regeln zu kombinieren versucht, gehörlose Kinder weitaus besser für die Integration mit der hörenden Welt vorzubereiten vermag, als dies bisher z. B. mit den vorgestellten systemtischen Verfahren von Heribert Jussen, Schulte und Tigges möglich gewesen ist. Auch das von Horst Kreye[69] empfohlene textaufbauende Verfahren verspricht keinen grundlegenden Wandel.

Die Einbeziehung manueller Kommunikationshilfen beeinflusste die Lautspracherkennung und -beherrschung stark und sollte deshalb nicht als Hilfsmittel verwendet werden, haben umfangreiche Studien von J. John und Markides belegt. Diese Untersuchungen sowie die Gipper aus Sicht der Sprachwissenschaft gegen die Verwendung von Gebärden vorgetragenen Bedenken lassen verstehen, dass die von van Uden auf dem 1. Internationalen Symposium über die Lautspracherziehung gehörloser Kinder vorgeschlagen hat, fortan nur noch die folgende Definition von Lautspracherziehung zu gebrauchen und darauf hinzuwirken, dass die für so eine verstandene Lautspracherziehung notwendigen Bedingungen überall geschaffen werden. Die Lautspracherziehung beinhaltet ein Kommunikationssystem, das auch bei der spontanen Unterhaltung, sei diese von natürlichen Gesten begleitet oder nicht, sich ausschließlich auf Sprechen, Ausnutzung der Hörreste, Absehen und/oder vibro-taktile Stimulation nutzt. Mit Lautspracherziehung wird ferner ein Unterrichtskonzept gemeint, bei dem sowohl der Sprachunterricht als auch der Unterricht in allen anderen Fächern ausschließlich in der Lautsprache und in der Schriftsprache erteilt wird.

In Hamburg[70][71] und Berlin[72][73] wurden bilinguale Schulversuche gestartet, um die Gebärdensprache als natürliche Sprache der Gehörlosen in den Unterricht zu integrieren. Mittlerweile wird in vielen Gehörlosenschulen auch in Gebärdensprache unterrichtet.

Schwerhörigenpädagogik

Schwerhörigenpädagogik als Einzeldisziplin

Dem ersten besonderen Schulunterricht für schwerhörige Kinder begegnet man im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts.[74] Der bayrische Privatlehrer Gotthard Guggenmoos machte 1816 in Hallein eine Lehranstalt für schwerhörige und schwersprechende Kinder auf, mit der er 1829 nach Salzburg übersiedelte. 1835 musste die Lehranstalt wieder schließen. Über Guggenmoos Artikulationsunterricht ist nicht viel bekannt. Bekannt ist, dass er ein Anhänger der damals ungebräuchlichen Lautiermethode war und den ersten Lehrplan für den Unterricht Geistigbehindeter aufgestellt hat. Er selbst sprach von taubstummen Kindern, die er durch tägliches Lesen und Sprechen derart gefördert habe, dass sich die Sprach- und Gehörorgane merkbar verbesserten. Es waren also schwerhörige Kinder. Die Anstalt war die erste Schule im deutschen Sprachraum, die harthörige oder halbtaubstumme Kinder, zusammen mit sprachgestörten und geistigbehinderten, nach einem hörverbessernden Verfahren unterrichtete. Hilscher nannte die Institution die erste deutsche Schwachsinnigenschule. Man könnte auch von der ersten deutschsprachigen Schwerhörigen-, Sprachbehinderten- oder Kretinenschule sprechen. Richtiger wäre aber, Guggenmoos Einrichtung als erste deutschsprachige Behindertenschule anzusehen, in der die Schüler noch nicht nach Behinderungsarten differenziert wurden. Das Hauptaugenmerk lag sicherlich, dank Guggenmoos, auf der Hör- und Sprachbehindertenpädagogik. In der Folge gab es 1825 in Weimar die Anstalt J.F.Ch. Vollraths, 1934 in Kirmisse die Anstalt I.Th. Scherrs, 1839 in Eisenach die Anstalt F. Kerns und 1856 in Baden bei Wien die Anstalt J.D. Georgens. Es entstanden auch Institute, die sich ausschließlich der Gehörverbesserung widmeten. Für die Ohrenheilkunde galt es keineswegs als gesichert, dass Taubheit ein abgeschlossener Prozess ist. Das hatte zum einen die Folge, dass Gehörlosenschulen rein operative Behandlungsarten aufgedrängt wurden und zum anderen, dass eine Reihe von Ohrenärzten Heilbehandlungen gegen Taubheit vornahmen. Die Erfolge dieser Behandlungen sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Patienten, denen das Gehör wiedergegeben wurde, oft nur stark schwerhörig und nicht taub waren.

Im Zuge der Heilbehandlung von Taubheit entstanden private Institute, die von Ärzten gegründet und geleitet wurden sowie in erster Linie dem Heilzweck dienten. 1825 gründete der Arzt Goldbeck in Altona eine solche Einrichtung, in der er gehörlose Schüler heilen wollte. Die Behandlung sollte über die Stärkung der zentralen Systeme, die Belebung des Gehörorgans und Kräftigung der Sprachwerkzeuge erfolgen und 2–3 Jahre dauern. Die Anstalt bestand bis 1831. Zugleich machte der Taubstummenarzt Carl Barries[75] in Hamburg ein ähnliches Heilinstitut auf. Barries veröffentlichte Zeugnisse, die seine Heilerfolge belegen sollten. Darunter befindet sich ein Zeugnis über einen Schüler, dessen Gehör er wieder hergestellt haben wolle. Das Hauptbuch der Leipziger Anstalt bezeugt, dass die Behandlung in Hamburg bei diesem Schüler erfolglos geblieben sei. Durch solche Empfehlungen gelang es Barries, Hufeland für seine Pläne zu inszenieren, der ihm über den preußischen Minister von Altenstein 1835 die Türen der Taubstummenanstalt in Berlin öffneten. Hier experimentierte er monatelang unter Anwendung von Elektrizität und Magnetismus an den Schülern herum, ohne das die eingesetzte Kommission wirkliche Heilerfolge feststellen konnte. Die bei einigen Schülern konstantierte größere Aufmerksamkeit für Gehöreindrücke wurde seinen Gehör- und Sprachübungen zugeschrieben. Zeigten die Behandlungserfolge Barries auch keine direkten Erfolge, so bewirkten sie doch, dass Ludwig Graßhoff sein Augenmerk auf die partiell Hörenden richtete, die er von den Gehörlosen getrennt unterrichtet wissen wollte. Das Provinzial-Schulkollegium hatte jedoch Bedenken, der Anstalt die Verfolgung so verschiedenartiger Zwecke zuzuweisen und so unterblieb die geplante Trennung. Das veranlasste den Privatlehrer Tappe dazu, eine Anstalt für Gehörlose mit Hörresten einzurichten. Das private Institute wurde 1836 konzessioniert und vom Magistrat gefördert. Es bestand bis 1842, als es wegen ungenügendem Zuspruch wieder aufgegeben wurde und Tappe eine Privatschule zur Vorbereitung auf das Gymnasium eröffnete. 1835 wurde in Hamburg durch Johann Behrmann ein Schwerhörigenunterricht eingerichtet. Von 1835 bis 1841 sind an der Hamburger Gehörlosenschule 6 schwerhörige Kinder und 1 spätertaubtes Kind unterrichtet worden. Behrmann unterrichtete diese harthörigen Kinder. Da der Umgang dieser Schüler mit gehörlosen Schülern ihrer Vervollkummnung in der artikulierenden Sprache und der damit verbundenen Übung und Schärfung des Gehörs nachteilig war, hat Behrmann diese Kinder in der Anstalt, aber abgesondert von den gehörlosen Kindern unterrichtet. Gemeinsamen Unterricht erhielten die Kinder in den Turn-, Zeichen-, Rechen- und Schönschreibstunden. Lorenz Haug stellte die Arbeit von Behrmann und Aeplinius[76][77] in Halberstadt 1846 auf der ersten deutschen Gehörlosenversammlung in Esslingen als unbefriedigend hin und mussten deshalb wieder aufgegeben werden. Das Behrmanns Ergebnisse so negativ waren, ist unwahrscheinlich, da sich das Gehör bei 2 schwerhörigen Schülern so verbessert hat, dass sie mit hörenden Kindern in einer Schule unterrichtet werden konnten. Hier lässt sich ein leichter integrativer Ansatz erkennen. Es ist allerdings nicht bekannt, warum Behrmann wieder mit dem Schwerhörigenunterricht aufgehört hat. Um 1840 hatte David Christian Ortgies (1786–1859)[78][79][80] den Plan an der Bremer Gehörlosenschule eine besondere Klasse für schwerhörige Kinder einzurichten, der allerdings nicht umgesetzt wurde. Kurz vor Ausbreitung der sogenannten Hörbewegung, die mit der Entwicklung der Schwerhörigenbildung in Zusammenhang gebracht werden kann, wurde nochmal eine Behindertenschule ohne behinderungsspezifische Schülerdifferenzierung in Bern eingerichtet. J. Zurlinden gründete die Schule 1880. Schon lange vor der Einrichtung von Schwerhörigenschulen wurden schwerhörige Kinder vielfach gemeinsam mit gehörlosen Kindern unterrichtet.

Die Hörbewegung in der Gehörlosenpädagogik und ihre Auswirkungen auf die Schwerhörigenpädagogik

Die Tatsache der Hörrestigkeit war bei vielen gehörlosen Kindern bekannt und bildete bei einigen Gehörlosenlehrern den Ausgangspunkt für bestimmte didaktische Maßnahmen, die aber verhältnismäßig eher unbeachtet blieben. Der Verdienst um die Hörrestigkeit und ihre Ausnutzung in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der Fachwelt gerückt zu haben, kommt Viktor Urbantschitsch und Friedrich Bezold zu. Sie sorgten für den endgültigen Durchbruch. In einer auch kulturhistorisch interessanten Studie verfolgte G. Panconcelli-Calzia das Hören durch die Zähne viele Jahre. Dabei ging es um die deutende Nutzung der Schwingungen, die entstehen, wenn laut auf eine mit den Zähnen gehaltene Eisenklinge zugesprochen wird. Das ist ein mehr kurativ-therapeutischer Vorläuferzweig der Entwicklung. Die vom Pariser Arzt Perolle angestellten akustischen Versuche sind der Anfang einer ununterbrochenen Bewegung zu planmäßiger akustischer Erziehung der die des Gehörlosen verbliebenen Hörreste und zum Einsatz oder zur Ergänzung der akustischen Auffassung durch operative Hilfen nutzt. Perolle im Jahre 1777 an mehreren Schülern l'Épées vorgenommenen Versuche bestanden im Sprechen gegen die Schläfe mit und ohne Hörrohr. Perolle war damit der erste in einer langen Kette, aber nicht der erste überhaupt. Urbantschitsch erwähnte noch einen Lanfranchi, der Hörübungen mit leiser Stimme empfiehlt. Ein Vierteljahrhundert nach Perolles Versuchen kam an der gleichen Stelle, am National-Taubstummeninstitut in Paris, der Arzt Jean Itard auf den Gedanken, einen schon bei Geburt gelähmten Sinn zu heilen. Er nahm eine genaue Einteilung der Gehörlosen nach ihrem Resthörvermögen in 5 Gruppen vor und eröffnete 1805 einen Hörkurs mit 6 ausgewählten Schülern. Itards Theorien wurden in Deutschland zum ersten Mal von Eduard Wilhelm Aeplinius (1800–1880) in die Praxis übertragen. 1837 gab er die Hörübungen wieder auf, weil er sich überzeugt hatte, dass dauerhafte Erfolge ausblieben. Ähnliche Versuche stellten Josef Anton Weiß[81] in München und Carl Oehlwein[82][83] in Weimar an. Diese neue Welle der Hörübungen, welche im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts von Wien und München ausging und die die Gehörlosen- und Schwerhörigenbildung nachhaltig beeinflusste, stellte also weder in der Theorie noch in der Praxis etwas absolut Neues dar. Urbantschitsch, der damals Professor für Ohrenheilkunde an der Wiener Universität war, nahm 1888/1889 an einem gehörlosen Jungen methodische Hörübungen vor, wobei er eine sehr überraschende Hörbesserung erzielte. Durch diese Erfolge ermutigt, stellte er 1892 in der Niederösterreichischen Landestaubstummenanstalt Wien-Döbling weitere Versuche an. Im Direktor der Anstalt A. Lehfeld und dem Lehrerkollegium fand er dabei sachverständige Mitarbeiter. Urbantschitsch entwickelte den bereits von Itard ausgesprochenen Gedanken, der schon bei Geburt gelähmte Sinn müsse geheilt werden, weiter und hielt dafür, dass eine Hörminderung einerseits bei normal funktionierenden, schallempfindenden Organ durch zu schwache Impulse bedingt sei, während andererseits die in genügender Stärke einwirkenden Schallwellen das erkrankte akustische Empfindungsorgan nicht in entsprechende Erregung zu versetzen vermögen. Indem er eine therapeutische Behandlung im großen Ganzen als ergebnislos betrachtete, versprach er sich gleich Itard durch eine Hörgymnastik eine physische Besserung der in einer Inaktivitätslethargie befindlichen Endorgane der Schnecke. Die Übungen begann er damit, dass er den Resthörigen einzelne Vokale laut und gedehnt ins Ohr rief. Fand sich die erste Hörspur nach wiederholten Übungen noch nicht, ließ er einem den Übungsvokal entsprechenden Harmonikaton längere Zeit auf das Ohr einwirken. Urbantschitsch bediente sich dabei einer besonders konstruierten Harmonika im Tonbereich E-1 bis e4). Sobald die akustische Erregbarkeit des nervalen Teils des Hörapparates so weit geweckt wurde, dass einzelne Vokale richtig aufgefasst und wiedergegeben wurden, ging Urbantschitsch zu leicht auffassbaren Wörtern über. Durch wiederholtes Einsprechen dieser Wörter und später auch kurzen Sätzen wollte er den Resthörigen möglichst viele Hörbilder verschaffen. Moritz Brunner von der Israelitischen Taubstummenanstalt in Wien zog aus den Anfangserfolgen Urbantschitschs die schulorganisatorischen Folgerungen, dass schwerhörige Kinder mit deshalb verkümmerter Sprache nicht in eine Gehörlosenschule gehören und nur jene schwerhörigen Kinder, die sprachlos sind, dort hingehören.

Karth berichtete, wie sich die Zeitungen den Hörübungen annahmen und manchmal wurden damit unbegründete Hoffnungen bei Eltern gehörloser Kinder geweckt. So blieb es nicht aus, dass eine harte Kritik sowohl an der Konzeption als auch an der Methodik der Hörübungen Urbantschitschs einsetzte. Adam Politzer meinte 1894 auf dem XV. Medizinischen Kongress in Rom, dass man vor einer Möglichkeit zur Verbesserung des restlichen Gehörvermögens einen Blick auf die pathologisch-anatomischen Veränderungen des Ohres werfen sollte. Hier handele es sich um Prozesse, welche eben die absolute Taubheit verursachen, an deren Verbesserung nur dann zu denken wäre, wenn eine Verbesserung der anatomischen Verhältnisse erzielt werden könnte, woran man bei abgeschlossenen Prozessen jedoch nicht denken kann. Die erwähnten Verbesserungen entbehren deshalb jeder anatomischen Erklärung. Der skeptische Eduard Walther schrieb 1895, besonders in Bezug auf Hemmes, lakonisch, dass in neuerer Zeit fast in allen Taubstummenanstalten systematische Hörübungen vorgenommen worden und nur ein geringer Erfolg zu sehen war. Herrmann Gutzmann nannte die Hörübungen ein Dressurergebnis. Schwendt und Wagner wandten ein, dass man bei der Harmonika keine Garantie habe, dass die bei der Tongebung entstehende Vibration nicht mit Gehörempfindungen verwechselt würde. Johann Heidsiek[84] schrieb nach einem 1895 erfolgten Besuch der Döblinger Anstalt, dass es sich hier um einen verhängnisvollen Irrtum handelt, der lediglich geeignet ist, den Gehörlosen die kostbare Unterrichtszeit zu verkürzen. Nach diesem Echo auf die Bestrebungen Urbantschitschs und angesichts der Erkenntnis, dass der Kraft- und Zeitaufwand der Lehrer und Schüler bei den Hörübungen kaum im angemessenen Verhältnis zum erzielten Erfolg stand, zog die Aufsichtsbehörde der Döblinger Anstalt 1898 die Genehmigung zum Betrieb der akustischen Übungen zurück. Aber Urbantschitsch konnte kurz darauf in der Israelitischen Taubstummenanstalt Wien weiterarbeiten. Wanner, als Assistent Bezolds, kam wohl zu dem gerechtesten Urteil, dass Urbantschitschs Tätigkeit zwar auf einem Irrtum beruhte, sodass er eine tatsächliche physische Besserung des Gehörs und eine Vergrößerung des Tonbereichs für möglich hielt, so hat er sich doch den Verdienst erworben, die von ihm aufgedeckten Hörreste als Erster an einer größeren Zahl von Gehörlosen systematisch durch ein eigens ausgebildetes Verfahren für den Unterricht verwertet und damit zweifellos ausgezeichnete Erfolge erzielt zu haben. Fast gleichzeitig mit Urbantschitsch war sein Münchner Kollege Friedrich Bezold an die Untersuchung des Gehörs der Gehörlosen herangegangen. Bezolds wissenschaftliche Basis fußte allerdings auf der Hörtheorie von Hermann von Helmholtz. Die Lehre von Helmholtz hat Bezold von der Notwendigkeit eine unseren gesamten Tonbereich umfassende Reihe von reinen Tönen für die Funktionsprüfung des gesunden wie des kranken Ohres zu besitzen überzeugt. Mit der kontinuierlichen Tonreihe stand Bezold ein Instrument zur Verfügung, dass sich durch wesentliche Vorzüge gegenüber der von Urbantschitsch verwendeten Harmonika auszeichnete. Die Stimmgabeln erzeugten weniger Obertöne, ließen sich in der Tonintensität besser regulieren und gaben den hörgeschädigten Prüflingen bei der Luftleitungsprobe kaum Gelegenheit, Vibration mit Hören zu verwechseln. Nach Vorversuchen begann Bezold 1893 mit der Untersuchung der 79 Schüler des Zentral-Taubstummeninstituts in München. An Stimmgabelprüfungen schloss sich die Prüfung des Gehörs für Vokale, Konsonanten und Wörter (besonders Zahlen) an. Bei der Auswertung seiner Resultate stieß er auch auf die Frage welcher Hörbereich für die Aufnahme der Sprache unbedingt in Takt sein müsse. Die Perzeption von den Tönen b' bis g umfassenden Strecke in der Tonskala war dafür notwendig. Er kam zu dem Schluss, dass mindestens ein Drittel aller in den Gehörlosenschulen untergebrachten Schüler noch so große Hörreste besitzen, dass die Erlernung der Lautsprache durch einen Hörergänzungsunterricht möglich erscheine. Wenn man sein Ergebnis mit den von Urbantschitsch (unter anderen Voraussetzungen) ermittelten vergleicht, zeigt sich, dass das von Bezold viel mehr innerhalb der von den Gehörlosenpädagogen ohne exakte Untersuchungen festgestellten Grenzen blieb. Bei seinen pädagogischen Interessen ist es gar nicht so verwunderlich, dass er seine Forschungsergebnisse in konkrete schulorganisatorische Vorschläge ummünzte, in dem er eine dreifache Gliederung der gehörlosen Schüler in absolut Taube, im späteren Kindesalter Ertaubte mit in Erinnerung gebliebenen Sprachresten und Gehörlose mit partiellem Hörvermögen. Für die Gruppen 2 und 3 verlangte er einen Unterricht, bei der die bis dahin vernachlässigte akustische Perzeption der partiell hörenden Kinder größere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. 1900 nahm er diesen Vorschlag wieder auf. Bei den Ohrenärzten fanden die Vorschläge 1899 weitgehend Zustimmung. Das bayrische Staatsministerium machte es 1896 an den öffentlichen Gehörlosenschulen des Landes zur Pflicht, Hörunterricht in der von Bezold beschriebenen Weise für die Partiellhörenden und -sprechenden kursmäßig zu erteilen. Die Realisierung dieser Forderung stieß in den bayrischen Schulen auf Schwierigkeiten, weil die meisten von ihnen auf Kreisbasis organisiert waren und deshalb eine zu geringe Schülerzahl hatten, um die Trennung der Schüler nach dem Restgehör rationell durchführen zu können. Den Hörresten der Schüler wurde, wie aus der großen Zahl der Verwaltungs-, Rechenschafts- und anderen Berichten vieler deutscher Gehörlosenschulen kurz vor der Jahrhundertwende hervorgeht, besondere Bedeutung geschenkt. Die Hörübungen wurden dort widerwillig durchgeführt. Der Satz, von jeher hätten Schüler manche Schüler die Sprache durchs Gehör auffassen gelernt, will dem Leser klarmachen, es handle sich hier um absolut nichts Neues, sagt ungewollt aber etwas aus über das mangelnde Engagement, mit der mancherorts die Hörbewegung zum Versanden gebracht wurde. Und schließlich sagt der Satz auch noch, dass mindestens in Würzburg (und vielleicht auch woanders) schon immer Schwerhörige in der Gehörlosenschule mitbeschult wurden. Dass nicht nur resthörig-taube, sondern auch schwerhörige Kinder gemeinsam Unterricht mit volltauben erhielten, wurde mehr und mehr als pädagogisch unbefriedigend empfunden. Dieser Anlass für den Beginn und die spätere Ausbreitung der sogenannten Hörbewegung erscheint als legitim, wenn man bedenkt, wie sehr die schwerhörigen Schüler zu kurz kamen in einem Unterricht, der ganz auf konstruktiven Sprachaufbau und visuelle Lautsprachperzeption hin konzipiert war. Nach Vorschlägen von Ohrenärzten, die die Umgestaltung der schulorganisatorischen Gefüge der Gehörlosenbildung der damaligen Zeit zum Ziel hatten, diskutierte die Gehörlosenlehrerschaft Deutschlands die Trennungsfrage mit großer Anteilnahme, aber mit wenig Neigung zur Veränderung. Auch die Gehörlosenlehrer die der Schülertrennung nach Hörgraden skeptisch oder gar ablehnend gegenüberstanden, sagten ihre Meinung nicht rundheraus. Wie die Dinge nun einmal lagen, konnten sie ihre ablehnende Haltung hinter Argumenten verbergen, die teils vernünftig waren und teils vernünftig schienen. Manche Gehörlosenpädagogen meinten, reale Möglichkeiten für eine Trennung bestünden solange nicht, wie noch eine beträchtliche Anzahl gehörloser Kinder unbeschult blieben. Außerdem gereiche die Trennung, wenn sie nach dem Hörgrad erfolgt, den leistungsfähigen volltauben Schülern zum Nachteil, ohne den leistungsschwachen resthörigen wirklich zu nutzen. Vor der Trennung nach Hörgraden habe eine Differenzierung nach Begabung zu erfolgen, wie dies 1856 schon Eichler und 1870 schon Rößler gefordert sowie teilweise erreicht hatten. Die Deutsche Otologische Gesellschaft lud 1899 ein paar Gehörlosenpädagogen zu ihrer Tagung nach München ein. Schuhmann berichtet darüber, dass der Forderung Passows auf regelmäßige ohrenärztliche Untersuchungen der tauben Kinder und stetige ohrenärztliche Beratung der Gehörlosenschulen zugestimmt wurde. In Bezug auf die Einführung des Hörunterrichts kam es aber infolge der Haltung der Gehörlosenpädagogen zu keinem Beschluss. 1899 und 1900 wurde die entscheidende Auseinandersetzung über die Einführung des Hörunterrichts und über die Trennungsfrage ausgetragen. Der Entscheidung, die 1900 auf der Hamburger Gehörlosenversammlung gefällt wurde, ging eine rege publizistische Tätigkeit der Anhänger der Trennung nach Befähigungen voraus. Insbesondere beteiligten sich daran Gotthilf Kull[85][86][87], Eduard Walther und Friedrich Werner. Werner bescheinigte den Hörübungen in einer widerspruchsvollen Argumentation vollkommene Zwecklosigkeit. Standespolitisch waren damit die Weichen gestellt. Im Herbst 1900 beschäftigte sich dann der Bund deutscher Taubstummenlehrer in Hamburg mit dem Thema des Sprachunterrichts durch das Ohr und dessen Einreihung in den Plan der Taubstummenanstalten. Das Referat hielt der Bezold-Anhänger F. Holler und das Korreferat Gustav Wende.[88] Die Mehrheit der Versammlung billigte die Leitsätze Wendes, die eine Trennung nach dem Restgehör als verfrüht bezeichneten, solange die Gegenwartsforderungen nach Schulzwang und mindestens achtjähriger Unterrichtszeit für gehörlose Kinder noch nicht voll erfüllt seien. Nach Erfüllung dieser Forderung stünde einer weiteren Trennung nach Gehörresten, wo sie möglich sei, nichts mehr im Wege. Ziemlich unbeachtet blieben die Leitsätze von Julius Arendt, der die Hörbewegung ähnlich wie Kull nicht nur unter dem Aspekt der besseren Förderung resthöriger gehörloser Kinder, sondern auch der Hilfe für die schwerhörigen sah. Da die Standespolitik ins Spiel kam, denn man fühlte sich von den Ohrenärzten bedrängt, war offenbar kein Raum mehr für differenzierte Sichtweisen von der Art Arendts. Der Beschluss der Hamburger Versammlung hemmte die methodische Fortentwicklung und die räumliche Ausbreitung der Hörübungen, obwohl er nicht imstande war, das Weiterleben der Bezoldschen Hörübungen dort, wo sie eingeführt waren, sofort zu unterbinden. Insbesondere in Süddeutschland wurden sie weitergeführt. Auch nördlich der Mainlinie gab es danach noch vereinzelt Versuche, den Sprachunterricht vom Ohr aus zu betreiben. Aber die Hörbewegung war nun keine Bewegung mehr. Die Nutzung der Hörreste, die sich an Gustav Barczi und seinem Ansatz der Hörerziehung orientierte, fiel in eine Zeit, in der ein Schwerhörigenbildungswesen in Deutschland bereits zu bestehen begonnen hatte. Die Diskussion um die Surdomuticas corticalis berührte die Schwerhörigenbildung nur am Rande, weil sie eher die Resthörigen betraf. Dasselbe gilt für den Ansatz zur Hörrestenutzung, der nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem in Bayern entwickelt wurde und an die Namen Karl Hofmarktsrichter und Hans Steinbauer[89] geknüpft war. Für schwerhörige Kinder gewann dieser Ansatz erst Bedeutung durch die Überlegungen von Antonius van Uden, wie sich gehörlose und schwerhörige Kinder sinnvoll differenzieren ließen. Ferner ergab sich erst durch die von Armin Löwe 1958 inaugurierte Haus-Spracherziehung hörbehinderter Kleinkinder, die auch das stärker schwerhörige Kind erfassen muss, eine Relevanz jener späten Hörbewegungsrenaissance für die Schwerhörigen. Die schulorganisatorische Entwicklung der Gehörlosenschulen war im Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende an einem Punkt angelangt, an dem systematische Hörübungen als rationell erscheinen konnten. Denn um 1890 hatte sich der Trend von der kleineren zur größeren Gehörlosenschule mit mehreren aufsteigenden Klassen durchgesetzt. So konnte es aussichtsreich erscheinen, für die resthörigen Schüler einen besonderen Hörunterricht zu fordern. Auf diese Weise wäre eine Effektivitätssteigerung des Unterrichts zu erwarten gewesen. In dem die Majorität der Gehörlosenlehrer die Differenzierung nach der Begabung dagegen erfolgreich ausspielte, war die pädagogische Legitimation der Hörbewegung in Frage gestellt. Der Gehörlosenpädagoge Hofbauer hatte einen Einfluss auf die Entwicklung der Schwerhörigenschule mit seiner Ansicht, dass die Erfolge der Hörklassen den Anstoß zur Errichtung von Schwerhörigenklassen und -schulen gegeben hätten. Der Schwerhörigenpädagoge Stobschinski sah es ähnlich. Die Wirkungen der Hörbewegung auf das Entstehen einer besonderen Schwerhörigenbildung, außerhalb von Gehörlosen- und Volksschule, auf einer anderen Ebene. Sie machte der pädagogischen Öffentlichkeit klar, dass eine große Anzahl von Schülern der Gehörlosenschulen nicht volltaub, sondern teils hörrestig und teils schwerhörig waren. Einige Gehörlosenpädagogen veranlasste es zu Vorschlägen der Beschulung von schwerhörigen Kindern in besonderen Schulen. Es entwickelten sich auch Hörprüfungsmethoden, die die Differenzierung schwerhöriger Schüler von gehörlosen Schülern wie auch normalhörenden gestattete. Das führte zu einer Erleichterung der Einführung eines besonderen Schwerhörigenunterrichts.

Erste Schwerhörigenklassen und -schulen

Die erste bekannte Äußerung aus medizinischer Sicht über das Verhältnis von Schulleistung und Schwerhörigkeit kam 1872 vom Medizinprofessor Anton Friedrich von Tröltsch. Direkte Erhebungen hinsichtlich der Hörfähigkeit der Volksschulkinder hat in Deutschland zuerst Weil um 1880 durchgeführt und eine Gehörherabsetzung bei einem Drittel der Kinder. Danach wurden immer häufiger solche Untersuchungen durchgeführt. Diese Mitteilungen über Untersuchungen verfehlten ihre motivierende Wirkung auf Fachleute nicht. Bald kamen auch von pädagogischer Seite Anregungen, besondere Heil- und Erziehungsanstalten einzurichten. Friedrich Rau leitete als erster 1891 aus der Verbreitung der Hörschäden in der Volksschule die Forderung nach besonderen Hilfsschulen ab. Raus Forderung wurde bald durch die im Frühjahr 1894 erfolgte Gründung der Lehr- und Erziehungsanstalt für Schwerhörige und Ertaubte unter Karl Brauckmann in Jena realisiert. Diese Anstalt war die erste (private) Schule in Deutschland, die ausschließlich schwerhörige und im Sprachbesitz ertaubte unterrichtete und erzog. Brauckmann publizierte 1896 seine pädagogischen Anschauungen zur Schwerhörigenbildung (Jenaer Verfahren). Ihm missfiel, dass schwerhörige Kinder in Volks-, Gehörlosen- sowie Hilfsschulen unterrichtet wurden und dass ertaubte Kinder mit Sprachbesitz in Gehörlosenschulen einer geistigen Verkümmerung ausgesetzt waren. Die Schule schloss nach seinem Tode 1938. Die Schulgründung Brauckmanns unterstützte die späteren Bestrebungen Hartmanns auf Errichtung besonderer öffentlicher Bildungseinrichtungen für Schwerhörige. 1898 veröffentlichte Ohrenarzt Arthur Hartmann zwei Fälle von nicht erkannter Schwerhörigkeit. Die beiden Schüler hatten 4–5 Jahre in der untersten Volksschulklasse gesessen und galten als vollkommen unbefähigt. Dieser Artikel ging auch in die Tagespresse ein und fand Beachtung bei den Behörden. Im gleichen Jahr wurde Hartmann Mitglied der Berliner städtischen Schuldeputation. Er fand auch die Unterstützung von den Gehörlosenpädagogen Kull und Arendt. Julius Arendt wandte sich 1900 dagegen, dass man Schwerhörige und Ertaubte den eigentlichen Gehörlosen gleichstellte. Sie litten darunter als gehörlos zu gelten. Er empfahl deshalb, alle Schwerhörigen und Ertaubten in eigenen Klassen oder Anstalten nach denselben pädagogischen Grundsätzen wie Hörende unterrichtet und im Ablesen der Sprache vom Mund geschult werden. Kurz darauf veröffentlichte er für die Bundesversammlung der Gehörlosenlehrer 1900 Leitsätze, welche die Notwendigkeit der Schaffung von Schwerhörigenschulen begründete. Der Spracharzt Albert Liebmann[90] wies 1901 auch darauf hin, dass schwerhörige Kinder durch den dauernden Kontakt mit Gehörlosen der Lautsprache entfremdet und an den Gebrauch der Gebärde gewöhnt werden. Im Frühjahr 1902 wurde von ihm bei der Berliner städtischen Schuldeputation einen Antrag gestellt, um schwerhörige Volksschüler zu einer Sonderklasse zusammenzubringen. Dieser Antrag wurde genehmigt und am 1. April 1902 eröffnete Deutschlands erste Schwerhörigenklasse. Dionys Reinfelder[91][92] wurde damals als Gehörlosenlehrer im Volksschuldienst mit dem Unterricht betraut. Die Klasse wurde als Nebenklasse und für schwachsinnige Kinder bezeichnet, was sich als schädlich für diese auswirkte. Nach Schorsch und Reinfelder sei diese Bezeichnung aus taktischen Gründen gewählt worden, weil die Einrichtung der Klasse damals im Zusammenhang mit dem nach 1898 in Berlin aufgekommenen Nebenklassensystem leichter durchzusetzen war. Widerstand wurde entgegengebracht, weil die Namensgleichheit der Schwerhörigenklassen mit den Nebenklassen in der Öffentlichkeit den Anschein erweckte, die Schüler der Schwerhörigenklassen seien ebenfalls schwachsinnig. Reinfelder erkannte aber, dass die Hilfsschulbewegung in Berlin die Schwerhörigenbildung bereitwillig in sich aufnahm und förderte. 1 Jahr später berichtete Reinfelder der Schuldeputation, dass er mit der Hälfte der Schüler unter Anwendung der von ihm konstruierten Vielhöreranlage überraschende Erfolge erzielt habe. Die Sprache war jetzt mit der von Hörenden vergleichbar. Die andere Gruppe zeigte auch bei Anwendung der Vielhöreranlage keine oder nur eine schwankende Perzeption der Konsonanten. Aber auch hier hatte sich die Aussprache gebessert. Die Erfolge veranlassten die Berliner Schuldeputation 1903 dazu, an gleicher Stelle eine weitere Nebenklasse für schwerhörige Kinder zu eröffnen. Die erste deutsche öffentliche Schwerhörigenschule wurde 1907 im Berliner Norden unter der Bezeichnung XVI. Hilfsschule (Hörschule) errichtet und Direktor wurde Reinfelder. 1908 folgte eine Schwerhörigenschule in Charlottenburg (aus Absehkurs für schwerhörige Kinder entstanden) und 1910 eine Schwerhörigenklasse in Neukölln (damals Rixdorf), die bald darauf zur Schule wurde. Ein Gegner der Schwerhörigenklassen war der Berliner Direktor der Städtischen Taubstummenanstalt Albert Gutzmann. 1903 verlangte er, dass die schwerhörigen Kinder der Nebenklassen nach der Unterrichtsmethode der Gehörlosenschulen unterrichtet werden müssen, in die sie gehörten. In einer gemeinsamen Sitzung brachte er den Verein für Sprachpflege, die pädagogische Vereinigung und die Vereinigung für Schulgesundheitspflege 1904 zusammen, in denen er mit seinem Sohn Herrmann Gutzmann großen Einfluss besaß. Die Versammlung stimmte Sätzen zu, denen zufolge keine Schwerhörigenklassen eingerichtet werden sollen, denn stark schwerhörige Kinder sollen in Gehörlosenschulen gehen, während nicht so stark schwerhörige Kinder in der Volksschule täglich 1 Stunde Artikulations- und Absehunterricht erhalten könnten. Albert Gutzmann hatte die gleichen von Uhlmann erwähnten besonderen Gründe wie bei der Verhinderung öffentlicher Stottererkurse in Berlin, deren Einrichtung er an anderen Orten förderte. Es drängt sich allerdings noch die wahrscheinlichere Vermutung auf, dass Gutzmann, der private Stotterer- und Absehkurse veranstaltete, sich durch persönliche Rücksichten zu seiner Handlungsweise bestimmen ließ. Die junge Schwerhörigenbildung wurde dadurch in ihrer kritischen Anfangsphase getroffen, in der sie abträglichen Urteilen Einflussreicher gegenüber am meisten verwundbar war. Gutzmanns Schritte haben das Verhältnis zwischen Gehörlosen- und Schwerhörigenlehrerschaft empfindlich getrübt. Einige Autoren behaupteten deshalb, dass die Gehörlosenschule sich geweigert habe, ihre besten Schüler abzugeben, damit die Lehrer dort nicht demotiviert werden. Ein aus der Regelschule stammendes System der Schülerdifferenzierung betraf auf indirekte Weise auch die Schwerhörigenpädagogik, sodass die schwerhörigen Schüler in diesem System teilintegriert gefördert werden sollten. Das Mannheimer System differenzierte Schüler nach den Kriterien ihrer Schulleistung. Joseph Anton Sickinger wollte 2 Gruppen von behinderten Kindern in dem System berücksichtigen, in dem er eine achtstufige Hauptklasse für Normalbegabte, achtstufige Schwerhörigenklassen für schwerhörige Normalbegabte, sieben- bis sechsstufige Förderklassen für Schwachnormale, vierstufige Hilfsklassen für krankhaft Schwachveranlagte und fünf- bis achtstufige Sprachklassen für Besserbefähigte erdachte. Von 1900 bis 1934 fand das System große Beachtung und hat die Einrichtung besonderer Schwerhörigenschule eher gefördert. Die Mannheimer Schwerhörigenklassen wurden 1912 aus dem Volksschulsystem herausgelöst und zu einer Schwerhörigenschule vereinigt. In welchem Maß sich die Volksschule Ende des 19. Jahrhunderts fähig zeigte, das Mitkommen eines schwerhörigen Schülers im Unterricht zu fördern, zeigt ein Beispiel von Adolf Streuli, der in seiner Schulzeit im züricher Horgen-Käpfnach neben einem schwerhörigen Jungen saß, der nur durch Abschreiben von ihm und dem Studium dieser Mitschriften in der Klasse integriert war. Die gesonderte Schwerhörigenbildung wurde durch weitere Gehöruntersuchungen an Volksschülern fortgesetzt und gefördert, die von allgemeinen Schulärzten und Ohrenärzten im ganzen deutschen Sprachgebiet durchgeführt wurden. Einige Ohren-, Sprach- und Nervenärzte suchten auch im Schülerbestand der damals noch wenig profilierten Hilfsschulen nach Schwerhörigen. Beide Richtungen dieser Untersuchungswelle stehen in engem Zusammenhang mit der im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts aufblühenden Tätigkeit der Schulärzte in den größten Städten des Reiches. 1902 berichtete Bezold vom Fall eines schwerhörigen Jungen, der in einem kurzen Sonderunterricht mehr gelernt hatte als vorher in mehreren Jahren in der Volksschule, wo er obendrein einer empörend unpädagogischen Behandlung von seiten des Lehrers ausgesetzt war. Er forderte deshalb für diese Kinder gesonderte Anstalten. Der Schularzt Loch führte an den Erfurter Volksschulen 1902/03 eine Erhebung über Gehörschäden und Erkrankungen der Ohren und des Nasen-Rachen-Raumes durch. Bei seinen Ergebnissen wiesen 1,6 % der Volksschüler Gehörstörungen (Schwerhörigkeit, Taubheit) auf. Der Oberbezirksarzt von Rumburg Eduard Quirsfeld veröffentlichte 1905 nach einer Untersuchung einen Anteil von 5,44 % schwerhörigen Kindern. In den meisten Fällen ging eine Erkrankung von Scharlach voraus. Ohrenleiden wurden bei insgesamt 9 % der Kinder festgestellt. Im gleichen Jahr berichtete der Arzt Traugott Pilf[93] von einem Fall von verkannter Schwerhörigkeit, der ihm bei einer gelegentlichen Schulbesichtigung in einer preußischen Ostprovinz vorgekommen war. Der Bericht warf ein bezeichnendes Licht auf das Schicksal schwerhöriger Kinder in der Volksschule der damaligen Zeit. Durch ihn konnte in diesem Fall Abhilfe geleistet werden. Die Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge versandte im Sommer 1908 an alle deutschen Städte einen Fragebogen über die schulhygienischen Verhältnisse. Es ist allerdings zweifelhaft, dass 1908 an 12 Orten Schwerhörigenunterricht in besonderen Klassen stattgefunden haben soll, weil 4 Jahre später nur 5 Städte mit besonderem Schwerhörigenunterricht bekannt waren. Durch die Umfrage wurde allerdings eine große Anzahl kommunaler Behörden wieder auf das Problem der Schwerhörigen in den Volksschulen hingewiesen. Der erste der auf die große Anzahl schwerhöriger Kinder in den sich um die Jahrhundertwende rasch entwickelnden Hilfsschulen hinwies, war der Plauener Bezirksarzt Dillner. In Plauen sonderte man 1893 aus den Volksschulen 38 Kinder in Schwachsinnigenklassen aus. Dillner fand unter ihnen 9 Schwerhörige. Im nächsten Jahr fand er unter 30 Kindern wieder 9 Schwerhörige. Alle 18 Kinder waren von der Schule als geistig minderwertig eingestuft worden und keines als schwerhörig. Brauckmann warnte 1899 die Volksschulen im Interesse der betroffenen Kinder vor der Anwendung dieses allzu bequemen Verfahrens. Der Dortmunder Arzt Hansberg veröffentlichte in der Festschrift zur Deutschen Lehrerversammlung von 1908 den Aufsatz Schule und Ohr. Er fand darin die Behauptung für Dortmund bestätigt, dass normal veranlagte aber schwerhörige Kinder in größerer Zahl in Hilfsschulen untergebracht seien. Daher empfahl er die Anstellung von Schulohrenärzten und die Einrichtung von Schwerhörigenklassen. 1911 setzte er die Einrichtung von 3 Schwerhörigenklassen in Dortmund durch. Der Ausbau zur Schwerhörigenschule wurde durch den konfessionellen Charakter der Klassen gehemmt und es war deshalb nicht möglich, die Klassen zu einer Schule zusammenzuführen. 1910 wurden in Bern Schüler von Spezialklassen untersucht. Freida Raschkowski[94] fand bei fast der Hälfte der Kinder Schwerhörigkeit und bei einem großen Rest adenoide Wucherungen. Die Berichte über bedenkliche Auslesepraktiken bei der Überweisung von Schülern in Hilfsschulen und -klassen veranlasste die preußische Unterrichtsverwaltung zu einer Umfrage, die 1907 mit einem Anteil von 6,6 % schwerhörigen Kindern veröffentlicht wurde. Aus den Ergebnissen entwickelten sich Diskussionen über die Frage nach einem kausalen Zusammenhang zwischen Schwerhörigkeit und Leistungsschwäche bzw. Debilität. Durch die Untersuchungsergebnisse wurde der Eindruck erweckt, dass es sich bei den schwerhörigen Kindern in der Hilfsschule durchweg um solche handelt, die wegen ihrer Hörschädigung in Hilfsschulen gekommen wären. Das unter diesen Kindern auch lernbehinderte waren, wurde oft übersehen. 1908 untersuchte der Ohren- und Spracharzt Franz Kobrak[95] die Beziehungen zwischen Lernbehinderung und Schwerhörigkeit in dem er die Klassenleistungen und Hörfähigkeit von Breslauer Hilfsschülern miteinander verglich. Da kam er zu dem Ergebnis, dass wenn schwerhörige Kinder in Hilfsschulen bessere Leistungen zeigen als normalhörende Lernbehinderte, so liegt der Vorteil der Schwerhörigenklassen darin, dass ihre Schüler wie Normalhörende gefördert werden können. Das Verhältnis von Schulleistung und Hörfähigkeit zeigte aber, dass in den Hilfsklassen auch Schwerhörige mit schlechten Schulleistungen saßen. Auch der Ohrenarzt Max Nadoleczny korrigierte 1912 die aufgetauchten Meinungen, weil es bei einer Hörprüfung auf den guten Willen und ein gewisses Verständnis sowie Konzentrationsfähigkeit von den Kindern ankomme, die ihnen oft abgehe. Georg Wehle von der sächsischen Landeserziehungsanstalt in Chemnitz-Altendorf machte 1910 Vorschläge, die auf eine integrative Förderung der schwerhörigen Schüler hinauslief. 1910 stellte der Gehörlosenpädagoge Wilhelm Fehling an der Hamburger Volksschule einen Antrag auf gesonderten heilpädagogischen Unterricht für die schwerhörigen Schüler aus Volks- und Gehörlosenschulen. Direktor Söder der Gehörlosenschule stellte sich wie schon bei Danckert 1899 quer. Es wurde damit begründet, dass für stark schwerhörige Schüler die Gehörlosenschule und für mittelschwerhörige Schüler die Volksschule da sei. Die in diesem Argument vermutete integrative Intention verliert an Glaubwürdigkeit, wenn die Gehörlosenlehrer befürchteten ihrer besten Schüler beraubt zu werden. 1911 wurden 2 Schwerhörigenklassen gegründet, aus denen sich die Hamburger Schwerhörigenschule entwickelte. Die Dresdener Staatliche Anstalt für Schwerhörige und Ertaubte entwickelte sich aus der Gehörlosenschule zu einer selbstständigen Einrichtung. Die Gehörlosenschulen in Dresden und Leipzig bedurften der Entlastung, sodass eine dritte Schule ohne Zweckbestimmung genehmigt wurde. Es konkurrierten die 2 Vorschläge einer Schule für schwachbefähigte Gehörlose oder einer Schule für Schwerhörige und Ertaubte. Die sächsische Regierung wies 1910 die Dresdener Filialschule zunächst den schwachbefähigten Gehörlosen zu. Von 1915 an diente sie dann als Internatsschule den Schwerhörigen und Ertaubten, wobei allerdings bereits 1911 2 Schwerhörigenklassen gebildet worden waren. Johannes Wagner hatte sich bereits 1906 in Württemberg für einen besonderen Unterricht schwerhöriger und ertaubter Kinder ausgesprochen. Als Rektor der Hilfsschule in Stuttgart baute er ab 1914 innerhalb weniger Jahre eine Schwerhörigenschule auf. Später wurde Wagner Rektor der Nürtinger Gehörlosenschule, die in der Bezoldschen Hörbewegung als Anstalt für partiellhörende Taubstumme Bedeutung erlangte. In seiner Amtszeit setzte er durch, dass sich diese Schule besonders ab 1920 praktisch zur Schule für hörrestige, schwerhörige und ertaubte Kinder entwickelte. Kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs hatten sich in Deutschland an mehreren Orten Schulen/Klassen für schwerhörige Schüler etabliert. Diese rasche Entwicklung verblüfft, da die erste Einrichtung dieser Art erst 1902 in Berlin eröffnet worden war. Der Unterricht für nichtbehinderte und mindersinnige (blinde, gehörlose) Kinder ist im wesentlichen gewährleistet. Darin lag eine erfüllte Vorbedingung dafür, dass die Gesellschaft daran gehen konnte, solche Kinder in besonderer Weise zu fördern, die weder ziemlich schwer behindert (gehörlos/blind) noch unbehindert waren. Die Entwicklung des Hilfsschulwesen hatte im gesamten deutschen Sprachgebiet deutlich früher eingesetzt als die des Schwerhörigenbildungswesens. Die Schülerschaft der Hilfsschulen, selbstständigen Hilfsklassen und Spezialklassen (Schweiz) könnte man heute mit gewissen Vorbehalten heute als lernbehindert (mittlere und schwerere Grade) bis geistig behindert (leichtere Grade) charakterisieren. Die drei Entwicklungsintervalle des Behindertenschulwesens im deutschen Sprachgebiet lassen sich in ältere Behindertenschulen mit Gehörlosenschule (Leipzig 1778), Blindenschule (Wien 1804), Körperbehindertenschule (Internatsform, München, 1832), Geistigbehindertenschule (Internatsform, Interlaken, 1841) und Verhaltensgestörtenschule (Internatsform, Hamburg, 1833); Lernbehindertenschulen mit verschiedenen Verlaufsformen (Mitte 19. Jahrhundert) und Nachilfeschule (Dresden, 1867) sowie jüngere Behindertenschulen mit Schwerhörigenschule (Berlin, 1902), Sprachbehindertenschule (Halle/Saale, 1910), Körperbehindertenschule (Hamburg, 1910), Sehbehindertenschule (Mülhausen/Elsass, 1907), Krankenhausschule (Tagesform, mehrere Gründungen um 1900), Schule im Jugendstrafvollzug (Hamburg-Hanöfersand, 1921), Verhaltensgestörtenschule (Tagesform, Zürich, 1926) und Geistigbehindertenschule (Tagesform, Düsseldorf, 1921). Die Gründe für die Entstehung der Hilfsschulen findet man in der Situation der Volksschulen um 1880 bis 1890 gleichermaßen im deutschen Sprachraum. Aufgabe der Volksschulen war es ihre Schüler so weit zu fördern, dass sie nach ihrer Schulentlassung den Anforderungen des Produktionsprozesses in Industrie und Handwerk gewachsen waren. Die Volksschulen reagierten mit der Tendenz solche Schüler auszusondern, die z. B. wegen leistungsmindernden Behinderungen die Unterrichtsergebnisse drückten. Reine Aussonderung war für die ausgeschlossenen Volksschüler aber keine Lösung, sodass sie besser eine Schulbildung erhalten sollten, die ihnen eine Einbeziehung in den Arbeitsprozess ermöglichen sollte. Die Hilfsschule wurde zur Institution, die diese Kinder aufnahm, wenn es nicht die älteren Behindertenschulen taten. Es zeigte sich allerdings, dass Überweisungen von schwerhörigen/sehbehinderten/sprachbehinderten Schülern in die Hilfsschulen und -klassen nicht zu legitimieren war. Den Schulärzten kommt mit einigen Pädagogen der besondere Verdienst zu, der Öffentlichkeit klar gemacht zu haben, dass solche Kinder nicht in die Hilfsschule gehören. Der Integrationsgedanke war damals noch nicht weit verbreitet. In dieser Zeit konnten die Volksschulen mit ihren hohen Schülerzahlen pro Klasse die wichtigste Vorbedingung integrierter Beschulung durch individuelle Förderung eines behinderten Schülers noch gar nicht leisten konnte. So sah man die Lösung darin, neben den älteren Behindertenschulen und Hilfsschulen eine dritte Kategorie von Behindertenschulen zu kreieren, worunter auch Schwerhörigenschulen fielen. Der innere Zusammenhang dieser Gründungen innerhalb von 25 Jahren war ursprünglich gedacht zur Entlastung der Volksschulen, musste diese dann aber wegen dem Druck der pädagogischen Öffentlichkeit, Schulärzten und auch couragierter Eltern auf eine differenzierte Weise tun, in dem zwischen der Volksschule und den älteren Behindertenschulen (wie z. B. Gehörlosenschulen) in Gestalt von Schwerhörigen-, Sehschwachen-, Sprachheil- usw. -schulen besondere Schulformen neben der Hilfsschule (teilweise mit den Lernplanzielen der Volksschule) entstanden, die eine behinderungsspezifische Förderung eher leisten konnten als alle bis dahin vorhandenen Schulformen. Das schwerhörige Kind aus dem Volke hatte davor bis 1902 bzw. 1907 nur die Möglichkeit, fehlbeschult zu werden.

Schulorganisatorischer Ausbau; methodische Festigung; Existenzkrise im größten Teil des deutschen Sprachgebietes

Schwerhörigen- und Gehörlosenpädagogik: Teilbereiche der Hörgeschädigtenpädagogik

In der Gehörlosenpädagogik wird vorrangig in Gebärdensprache unterrichtet und deutsche Schriftsprache gelehrt.

Die Schwerhörigenpädagogik (auch Audiopädagogik) ist eng mit der Gehörlosenpädagogik verbunden. Früher zum Beginn der Gehörlosenbildung wurden Schwerhörige auch teilweise mit Gehörlosen unterrichtet, da es noch nicht so viele gute Hilfsmittel gab. Heute kann die Hörgeschädigtenpädagogik auch als Oberbegriff zwischen Gehörlosenpädagogik und Schwerhörigenpädagogik begriffen werden, um einerseits Grenzen und andererseits das Spektrum zu benennen.

In der Schwerhörigenpädagogik wird häufig eher versucht, Gebärden als Hilfsmittel zur Unterstützung der Lautsprache in Form von Gebärden-unterstützter Kommunikation wie Lautsprachunterstützenden Gebärden bzw. Lautsprachbegleitenden Gebärden zu verwenden.[96] Es wird auch mit Hörtrainings z. B. in Form vieler Sprechübungen versucht, dass vorhandene Hören zu erhalten oder zu verbessern.

An der LMU München kann man beispielsweise getrennte Schwerpunkte auf Gehörlosenpädagogik oder Schwerhörigenpädagogik im Master setzen.[97] Im Bachelor erfolgt im 4. Semester eine Schwerpunktsetzung auf „Gehörlosenpädagogik“[98] oder „Schwerhörigenpädagogik“.[99][100][101][102]

Literatur

  • Peter A. Jann: Die Erziehung und Bildung des gehörlosen Kindes. Zur Grundlegung der Gehörlosenpädagogik als Wissenschaft (= Heidelberger Sonderpädagogische Schriften. Band 18). Schindele, Heidelberg 1991, ISBN 3-89149-170-0.
  • Anouk Gallati Kauer, Kristina Scheffrahn: Zajra – anders als wir? Zajra, Zürich 2001, ISBN 978-3-9522279-0-9.
  • Harlan Lane: Mit der Seele hören. Die Lebensgeschichte des taubstummen Laurent Clerc und sein Kampf um die Anerkennung der Gebärdensprache. dtv, München 1990, ISBN 978-3-423-11314-4 (amerikanisches Englisch: When the Mind Hears. A History of the Deaf Random House. New York 1984. Übersetzt von Martin Pfeiffer, Ungekürzte Ausgabe).
  • Annette Leonhardt: Grundwissen Hörgeschädigtenpädagogik. Mit 100 Übungsaufgaben und zahlreichen Abbildungen und Tabellen. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Ernst Reinhardt, München 2019, ISBN 978-3-8252-5062-1.
  • Annette Leonhardt, Thomas Kaul (Hrsg.): Grundbegriffe der Hörgeschädigtenpädagogik. Ein Handbuch. Kohlhammer, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-17-037234-4.
  • Oliver Sacks: Stumme Stimmen. Reise in die Welt der Gehörlosen. Rowohlt E-Book, Reinbek 2019, ISBN 978-3-644-00089-6 (amerikanisches Englisch: Seeing Voices. A Journey Into the World of the Deaf House. Berkeley 1989. Übersetzt von Dirk van Gunsteren).
  • Klaus Schulte: Standortbestimmungen. Für Forschung, Lehre und Praxis der Gehörlosenpädagogik und der Schwerhörigenpädagogik. Neckar, Villingen-Schwenningen 1995, ISBN 3-7883-0282-8.
  • Maria Wallisfurth: Lautlose Welt – Das Leben meiner gehörlosen Eltern. Droemer Knaur Taschenbuchverlag, München 2005, ISBN 3-426-77781-9.
  • Annette Leonhardt & Kirsten Ludwig: 200 Jahre Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogen(aus)bildung in Bayern Vom Jahreskurs zum interdisziplinären Studium an der Universität. median-verlag, München 2017, 224 Seiten, ISBN 978-3-941146-72-3.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Arbeitsstelle Kleine Fächer: Blogbeitrag Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik auf dem Portal Kleine Fächer. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  2. Arbeitsstelle kleine Fächer: Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  3. SGB-FSS: Charta der Gehörlosenselbsthilfe
  4. Geschichte der Sonderpädagogik. S. 12-48, abgerufen am 24. August 2025.
  5. Los inicios de la educación oralista en el Real Colegio de Sordo-mudos de Madrid (1814-1823) – Cultura Sorda. 23. August 2025, abgerufen am 24. August 2025 (spanisch).
  6. Lasius, Otto Benjamin: Ausführliche Nachricht von der geschehenen Unterweisung der taub und stumm gebohrnen Fräulein von Meding, welche nach zweijährigem Unterrichte so weit gekommen, daß man schriftlich mit ihr dialogiren, sie selbst aber die nothwendigsten Fragen aus der Religion beantworten können, mit eingestreuten pädagogischen Anmerkungen (Leipzig, 1775). Abgerufen am 24. August 2025.
  7. Deutsche Biographie: Lasius, Otto Benjamin - Deutsche Biographie. Abgerufen am 24. August 2025.
  8. John Braidwood (1784-1820) – Find a Grave... Abgerufen am 24. August 2025.
  9. GREEN, FRANCIS. Abgerufen am 24. August 2025.
  10. Josef May im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  11. Storkgasse im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  12. 'versinnlichte denk- und sprachlehre, mit anwendung auf die religions- und sittenlehre und auf das leben : mit 72 kupfertafeln' - Digitalisat | MDZ. Abgerufen am 25. August 2025.
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  100. Lehrstuhl für Sonderpädagogik - Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation einschließlich inklusiver Pädagogik - Lehrstuhl für Gehörlosenpädagogik - LMU München. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  101. Studiengangsplanung - Lehrstuhl für Gehörlosenpädagogik - LMU München. Abgerufen am 18. Juni 2024.
  102. FAQs - Lehrstuhl für Gehörlosenpädagogik - LMU München. Abgerufen am 18. Juni 2024 (Frage: Wie unterscheiden sich die Studieninhalte hinsichtlich des Schwerpunktes?).