Gebhard (Lothringen)

Gebhard von Lothringen (auch der Jüngere genannt, * um 865; † im Juni 910, wohl am 22., gefallen bei Augsburg[1]) aus der Familie der Konradiner war Herzog von Lothringen von 903 bis zu seinem Tod. Seine Eltern waren Udo im Lahngau und eine unbekannte Tochter des Grafen Konrad I. von Auxerre. Je nach Zählweise wird er auch Gebhard II. nach seinem Großvater Gebhard I. im Lahngau genannt.[2]

Leben und Wirken

Erste Jahre

Gebhard ist erstmals 888 bezeugt und wird 897 und 906 als Graf im Oberrheingau erwähnt, im Jahr 909 als Graf in der Wetterau. Beide Grafschaften waren zuvor im Besitz der fränkischen Babenberger. Er war ein Angehöriger einer der zu dieser Zeit mächtigsten Familien des Reiches, die als (einzige) Verwandte des Kaisers Arnulf und seines unmündigen Sohnes König Ludwig das Kind am Wechsel vom 9. zum 10. Jahrhundert eine zentrale Rolle spielten. Arnulf von Kärnten nahm bereits 887 den Babenbergern nach und nach ihre Grafschaften ab, wobei die Verwandten Konradiner stets halfen und ihn unterstützten. Anschließend setzte Arnulf die Konradiner als Grafen in den aberkannten Grafschaften ein, wodurch ein erster Höhepunkt in der entstehenden Fehde erreicht wurde.

Babenberger Fehde

Gebhards älterer Bruder Konrad der Ältere wurde als Markgraf in Thüringen eingesetzt, sein jüngerer Bruder Rudolf als Bischof von Würzburg, womit Arnulf der Familie damit eine vorherrschende Stellung in Franken verschaffte. Im Jahr 902 trafen die Konradiner und die Babenberger erstmals in einer Schlacht, vermutlich im Zusammenhang mit der Belagerung der Babenburg (um die sich das heutige Bamberg entwickelte) aufeinander. Während des Zusammentreffens fiel der Babenberger Graf Heinrich und sein Bruder Adalhard verlor durch einen Hieb ins Gesicht sein linkes Auge, wurde gefangen genommen und daraufhin von Gebhard enthauptet. Auf der Seite der Konradiner starb Gebhards älterer Bruder Eberhard wenige Tage nach der Schlacht ein seinen Verletzungen.[3]

Unter Ludwigs Königtum und der Herrschaft vor allem der Konradiner wurde Gebhard als drittem Bruder 903 der Titel, Graf in der Wetterau und ab 904 Herzog von Lothringen „dux regni quod a multis Hlotharii dicitur“ („Herzog des Königreiches, das von vielen dasjenige Lothars genannt wird“, gemeint ist das Lotharii Regnum, das spätere Lothringen), mit dem er – neben dem Grafen Reginhar – der herzogliche Statthalter des Königs in Lothringen war.

Mit dieser vergrößerten Macht der Konradiner und der gewonnenen Schlacht vor Bamberg war aber die sogenannte Babenberger Fehde noch nicht vorbei. Schließlich kam es bei Fritzlar am 27. Februar 906 zu einer weiteren Schlacht, die diesmal von den Babenbergern gewonnen wurde. Gebhards ältester Bruder Konrad der Ältere starb dabei, der Poppone Adalbert floh und verschanzte sich in seiner Burg Theres.[3] Anschließend wurde Adalbert als Hochverräter verurteilt und am 9. September 906 enthauptet.[4][5]

Die durch die Babenberger Fehde entstandene Macht der Konradiner im Herzogtum Franken führte letztendlich zu der Krönung von Gebhards Neffen Konrad den Jüngeren zum König des Ostfrankenreichs im Jahr 911, nachdem er 910 bereits Herzog von Franken war. Kurz vor dem Beginn der Babenberger Fehde ließ Gebhard in Wetzlar 897 eine Salvatorkirche (Erlöserkirche) an Stelle einer Vorgängerkirche auf dem späteren „Domberg“ weihen.

Herzog von Lothringen

Während der Babenberger Fehde wird Gebhard 904 als Herzog des Reichs bezeichnet. Die Stellung eines Herzogs des Reichs dürfte darauf deuten, dass Gebhard ein Stellvertreter des Königs war, und dass sich seine Befugnisse innerhalb einer Amtsstellung über ganz Lothringen erstreckten. Gebhard erscheint allerdings lediglich als Stellvertreter des Königs, er besaß nicht die Befugnisse eines Stammesherzogs. Gebhard hielt sich außerdem ständig in der Umgebung des Königs auf und residierte nicht in Lothringen. Abseits des Königs wird er meist einfach als Graf tituliert.[6]

Man kann also von einer Ähnlichen Stellung wie des späteren Pfalzgrafen von Lothringen ausgehen. Gebhard war in Lothringen als fremder fränkischer Herrscher stets umstritten und wurde besonders von den Grafen Matfried und Gerhard im Metzgau, Söhne von Adalhard II. von Metz, nicht anerkannt. Als Gebhard mit seinen Brüdern mit den Babenbergern beschäftigt war, ergriffen Anfang des Jahres 906 die beiden entfernten Cousins ihre Chance und besetzten die Abteien St. Maximin und Oeren in Trier, von denen Gebhard der Vogt war.[6][1] Gebhards Neffe Konrad der Jüngere zog anschließend für Gebhard gegen Gerhard und Matfried und konnte ihnen die Klöster wieder entreißen. Der weitere Verlauf des Aufstandes ist nicht vollständig nachzuvollziehen, es kam aber nach einem kurzfristigen Waffenstillstand im Herbst 906 zum Eingreifen von König Ludwig.[1] Nach einem Verfahren in Metz wurden sämtliche Güter der Grafen Gerhard und Matfried konfisziert.

Der Lothringische Graf Reginhar war hingegen durchaus Einflussreicher in Lothringen als der landfremde Gebhard, beide teilten aber dieselben Interessen und waren Gegner der Matfriede.

Tod und Nachfolge

Gebhards Bruder Rudolf fiel am 3. August 908 in Thüringen, womit Gebhard der letzte überlebende Sohn von Udo II. im Lahngau war. Letztendlich fiel auch er nur wenige Jahre später am 22. Juni 910 beim Kampf gegen die Ungarn in der Nähe von Augsburg mit ungefähr 45 Jahren. Mit ihm starb auch am selben Tag sein Rivale Gerhard von Metz.[1] In der Wetterau und im Oberrheingau folgte ihm sein ältester Sohn Udo von der Wetterau, während der zweite Sohn Hermann später als Graf im Engersgau[7] und Herzog von Schwaben auftaucht. Der bereits mächtige Graf Reginhar in Lothringen folgte Gebhard als Herzog (Markgraf) von Lothringen.

Familie

Gebhard war der Ezzonin Hidda (Ida) vermählt,[8] die eine Tochter von Erenfried I. von Bliesgau war. Ida war damit Schwester des Erzbischofs Hermann I. von Köln († 924). Ida starb am 19. November eines unbekannten Jahres. Gebhard und Ida hatten zwei Söhne:

Abstammung

Ahnentafel von Gebhard von Lothringen
Urgroßeltern

Udo I. im Lahngau (* vor 798; † 834)

Ingeltrud von Paris

Ernst im Nordgau († vor 829)

Wartrun

Welf I. im Argengau († 3. September, vor 826)

Heilwig von Sachsen († nach 826)

Hugo von Tours (* um 780; † 20. Oktober 837)

Ava von Morvois († 839 oder um 840)

Großeltern

Gebhard im Lahngau (* um 815; † nach 879)

N. im Nordgau

Konrad I. von Auxerre († 21. September nach 862)

Adelheid von Tours († nach 866)

Eltern

Udo II. im Lahngau (* um 835; † nach 879)

Judith von Auxerre (* um 835)

Gebhard

Literatur

  • Eduard Hlawitschka: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“. 3. Auflage. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1987, ISBN 3-7995-6695-3
  • Paul Friedrich Stälin: Geschichte Württembergs (Bis 1268). Teil 1, Gotha 1882
  • Johannes Fried: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert. (In Papstgeschichte und Landesgeschichte. Festschrift für Hermann Jakobs zum 65. Geburtstag), 1995 Köln
  • Thilo Offergeld: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter (= Monumenta Germaniae Historica. Schriften. Bd. 50). Hahn, Hannover 2001, ISBN 3-7752-5450-1 (Zugleich: Bonn, Universität, Dissertation, 1999/2000: Das Königtum Minderjähriger im fränkisch-deutschen Mittelalter. Offergelds Schrift enthält eine differenzierte Analyse der Machtpolitik der Konradiner gegenüber den Babenbergern, Anmerkungen zur Rolle Hattos, des Herzogs Otto von Sachsen und anderer, sowie der Parteilichkeit der Schilderungen Reginos).
  • Wilhelm Störmer: Die konradinisch-babenbergische Fehde um 900. Ursachen, Anlass, Folgen. In: Hans-Werner Goetz (Hrsg.): Konrad I. Auf dem Weg zum „Deutschen Reich“? Winkler, Bochum 2006, ISBN 3-89911-065-X, S. 169–183, (Störmers Artikel enthält die Zusammenfassung der aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema sowie eine Eigenanalyse der Umstände der Babenberger Fehde).

Einzelnachweise

  1. a b c d Eduard Hlawitschka: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. (= Monumenta Germaniae Historica. Schriften. Bd. 21), 1968, ISBN 978-3-7772-6801-9, S. 189–193
  2. a b Gebhard von Lothringen bei "Genealogie Mittelalter"
  3. a b Robert Holtzmann: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit (900–1024). 6. Auflage, München 1979, ISBN 3-7667-0478-8, S. 40
  4. Thilo Offergeld: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter (= Monumenta Germaniae Historica. Schriften. Bd. 50). Hahn, Hannover 2001, ISBN 3-7752-5450-1 (Zugleich: Bonn, Universität, Dissertation, 1999/2000: Das Königtum Minderjähriger im fränkisch-deutschen Mittelalter. Offergelds Schrift enthält eine differenzierte Analyse der Machtpolitik der Konradiner gegenüber den Babenbergern, Anmerkungen zur Rolle Hattos, des Herzogs Otto von Sachsen und anderer, sowie der Parteilichkeit der Schilderungen Reginos).
  5. Wilhelm Störmer: Die konradinisch-babenbergische Fehde um 900. Ursachen, Anlass, Folgen. In: Hans-Werner Goetz (Hrsg.): Konrad I. Auf dem Weg zum „Deutschen Reich“? Winkler, Bochum 2006, ISBN 3-89911-065-X, S. 169–183, (Störmers Artikel enthält die Zusammenfassung der aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema sowie eine Eigenanalyse der Umstände der Babenberger Fehde).
  6. a b Walter Mohr: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Band I, 1974 Trier, ISBN 3-9212-3613-4, S. 14
  7. Hellmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwaldes. 3. Auflage. Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 1958/1999, ISBN 3-922244-80-7, S. 125 ff. (Digitalisat)
  8. Eduard Hlawitschka: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“. 3. Auflage. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1987, ISBN 3-7995-6695-3, S. 47–49 (Digitalisat)
  9. Gebhard von Lothringen bei Genealogie Bohrer
  10. Das Haus der Konradiner bei "Genealogie Mittelalter"
VorgängerAmtNachfolger
Die PopponenGraf im Oberrheingau und in der Wetterau
897/909–910
Udo I.
Ludwig das KindHerzog von Lothringen
um 903/904–910
Reginhar