Gasparo Contarini

Gasparo Kardinal Contarini
Kardinalswappen von Gasparro Contarini (links) im Ingeram-Codex

Gasparo Contarini (* 16. Oktober 1483 in Cannaregio, Venedig; † 24. August 1542 in Bologna) war ein venezianischer Gelehrter, Diplomat, Politiker, Prälat und später Kardinal der Römischen Kirche.[1]

Leben

Gasparo Contarini entstammte der alten venezianischen Adelsfamilie der Contarini und wurde vermutlich im Palazzo Contarini dal Zaffo geboren.[2] Er war der erstgeborene Sohn von Alvise di Federico dei Contarini, der zum Familienstamm der Madonna dell'Orto e di Pofissena von Tommaso Malipiero gehörte.

Zuhause durch einen Privatlehrer oder in einer Quartierschule lernte er zuerst Grammatik, Rhetorik und Mathematik. Da der Vater sein sprachliches Talent entdeckt hatte, schickte er ihn im Alter von etwa zwölf Jahren auf die humanistische Schule San Marco bei der Cancelleria, wo er den Unterricht bei Giorgio Valla und Marc'Aurelio Sabellico besuchte. Ab Januar 1500 wechselte er an die Schule für Logik und Philosophie in Rialto, wo er den Vorlesungen von Antonio Giustinian folgte, der Logik, Naturphilosophie, Theologie, Mathematik und Astronomie lehrte.[3] Danach studierte er von 1501 bis 1509 an der Universität Padua die Fächer Griechisch, Mathematik, Philosophie und Theologie.

Nach Abschluss seiner Studien kehrte er nach Venedig zurück und wurde dort als Mitglied des Großen Rates mit einem Amt betraut, das für die Verwaltung der Staatsschulden zuständig war. 1520 wurde als Vertreter Venedigs zum Reichstag zu Worms geschickt. Er war am Friedensschluss von 1523 mit Kaiser Karl V. beteiligt, den er anschließend auf seinen Reisen in die Niederlande, nach England und nach Spanien begleitete.

1525 kehrte er nach Venedig zurück und übernahm das Amt eines savio der terraferma. 1527 vertrat er die Republik bei der Heiligen Liga von Cognac, einem gegen die Vormachtbestrebungen des Kaisers gerichteten Bündnis, das jedoch in der Folge des Sacco di Roma auseinanderfiel. An dem Friedensschluss zwischen dem Kaiser und Venedig im Januar 1530 in Bologna war Contarini maßgeblich beteiligt. Nach seiner Rückkehr nach Venedig bekleidete er dort mehrere hohe Ämter.

Im Konsistorium vom 21. Mai 1535 wurde der Laie Contarini von Papst Paul III. zum Kardinal kreiert und kurz darauf erst zum Kardinaldiakon, dann zum Kardinalpriester der Titeldiakonie Santa Maria in Aquiro erhoben. Die niederen Weihen erteilte ihm Gian Carlo Carafa, später folgte die Priesterweihe. Noch im selben Jahr wurde er zum Kardinalpriester der Titelkirche San Vitale ernannt, ein Jahr später zum Bischof der Diözese Belluno. Die Bischofsweihe spendete ihm am 17. Februar 1538 in der Sixtinischen Kapelle Papst Paul III. selbst. Von besonderer Bedeutung war Kardinal Contarinis Berufung als Vorsitzender einer Kommission, die Vorschläge für eine innere Reform der Kirche erarbeiten sollte. Dieser Kommission gehörten unter anderem die Kardinäle Gian Carlo Carafa, der spätere Papst Paul IV., sowie Giovanni Morone, Reginald Pole, Pietro Bembo, Peter Martyr Vermigli und der Humanist Marcantonio Flaminio an. In dem von der Kommission erarbeiteten Dokument Consilium de emendanda ecclesia von 1537 wurde dem Papst geraten, seine Macht nicht zu missbrauchen, und den Bischöfen, ihre Diözesen und ihren Klerus besser zu überwachen. Die Empfehlungen verliefen jedoch im Sande. 1537 erhielt Kardinal Contarini die Titelkirche Santa Balbina, 1539 wechselte er zu Sant’ Apollinare.

Contarinis Grab in Madonna dell’Orto

1541 wurde er auf ausdrücklichen Wunsch von Karl V. als päpstlicher Legat zum Regensburger Religionsgespräch entsandt, wo er ein Dokument über eine Einigung zwischen den Protestanten und den Katholiken vorbereiten sollte. Das Vorhaben erwies sich trotz aller Bemühungen und diplomatischer Geschicklichkeit von Contarini und Philipp Melanchthon, dem Vertreter der Protestanten, als hoffnungslos, da beide Parteien keine Einigung wollten. 1542, im Jahr seines Todes, wechselte er zur Titelkirche Santa Prassede.

Contarini erkrankte am 17. August 1542 und starb eine Woche später in Bologna. Er wurde in der Benediktinerkirche S. Procolo beigesetzt, von wo aus er 1563 nach Venedig in die Familienkapelle, die sich in der Kirche Madonna dell'Orto befindet, überführt wurde.[4]

Nachlass

Contarini hinterließ er eine bedeutende Bibliothek und zahlreiche Schriften. Die Familie Contarini plante eine Ausgabe seiner Werke und betraute 1554 Giovanni Della Casa dessen Biografie zu schreiben. Sie blieb wegen dessen Tod 1556 zuerst unvollendet und wurde 1561 von Vettori fertiggestellt. Nach dem Konzil von Trient wurden die Schriften des Kardinals im November 1563 Egidio Foscarari zur Überarbeitung übergeben, sie konnten aber erst 1571 durch seinen Neffen Alvise Contarini bei S. Nivelle in Paris erscheinen. Im Februar 1572 wurden sie dennoch von der Inquisition unter Leitung des Kardinals Scipione Rebiba verboten. Nach einer weiteren Zensur durch den Dominikaner und Bischof Marco Medici konnten seine Werke 1578 von Aldo Manuzio in Venedig veröffentlicht werden.[5]

Schriften (Auswahl)

De republica Venetorum, 1626
  • De potestate Pontificis quod divinitus sit tradita commentarius, 1529 und 1562.
    • Von des Bapstes zu Rom gewalt, Dilingen 1560.
  • Confutatio articulorum seu quaestionum Lutheri, nach 1530.
  • Tractatus seu Epistola de iustificatione, 1541.
  • De magistratibus et republica veneta, Paris 1543.
    • The commonwealth and government of Venice, 1599 und 1969.
    • Della republica et magistrati di Venetia, 1630 (libri V).
  • De sacramentis christianae legis et catholicae ecclesiae libri quatuor, Laurentius Torrentinus, Florenz 1553.
  • Catechesis oder kurze Summa der Lehren der heiligen christlichen Kirchen, Dillingen 1560.
  • Opera, Paris 1571, Venedig 1578, 1961 und 1968.
  • De immortalitate animae, 1571; Traugott Bautz, Nordhausen 2020.
  • Regesten und Briefe des Cardinals Gasparo Contarini (1483-1542), Herausgeber: Franz Dittrich, Emil Bender, Braunsberg 1881; Kessinger Publishing, Norderstedt 2010, ISBN 978-1-1602-4459-6.

Literatur

Lexika

Monografien

  • Beccadelli: Vita del Cardinal Gasparo Contarini. Venedig 1832.
  • Hubert Jedin: Kardinal Contarini als Kontroverstheologe (= Katholisches Leben und Kämpfen im Zeitalter der Glaubensspaltung. Bd. 9). Münster 1949.
  • Manfred E. Welti: Kleine Geschichte der italienischen Reformation (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. Bd. 193). Mohn, Gütersloh 1985, ISBN 3-579-01663-6, S. 17–138 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Elisabeth G. Gleason: Gasparo Contarini: Venice, Rome, and Reform. University of California Press, Berkeley 1993.
  • Claus Arnold: Die römische Zensur der Werke Cajetans und Contarinis (1558-1601). Grenzen der theologischen Konfessionalisierung. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2008, ISBN 978-3-506-76437-9.
Commons: Gasparo Contarini – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gasparo Contarini in der Deutschen Digitalen Bibliothek (abgerufen am 18. September 2025)
  2. J.-Ch. Rößler: Palazzo Contarini dal Zaffo (abgerufen am 2. Oktober 2016)
  3. Gigliola Fragnito: CONTARINI, Gasparo, Dizionario Biografico degli Italiani - Volume 28 (1983), Website treccani.it (italienisch, abgerufen am 18. September 2025)
  4. Gigliola Fragnito: CONTARINI, Gasparo, Dizionario Biografico degli Italiani - Volume 28 (1983), Website treccani.it (italienisch, abgerufen am 18. September 2025)
  5. Gigliola Fragnito: CONTARINI, Gasparo, Dizionario Biografico degli Italiani - Volume 28 (1983), Website treccani.it (italienisch, abgerufen am 18. September 2025)