Galeriegräber von Schmerlecke

Die Galeriegräber von Schmerlecke liegen westlich von Erwitte in der Soester Börde, im Kreis Soest in Nordrhein-Westfalen. Die Anlagen gehören zur sogenannten „Soester Gruppe“, in der lößreichen Börde. Ihr werden die Galerien von Hiddingsen, Ostönnen, Schmerlecke (drei Anlagen), Uelde und Völlinghausen zugerechnet. Die Entdeckungsgeschichte des Fundplatzes beginnt im Jahre 1880.
In Schmerlecke befinden sich mitten im Feld an der L 856 (ehemals Bundesstraße 1) drei Galeriegräber. Sie wurden in der Jungsteinzeit aus großen ortsfremden Kalksteinplatten errichtet. Die Galeriegräber sind zwischen 3500 v. Chr. und 2800 v. Chr. von den Trägern der Trichterbecherkultur (TBK) errichtet und genutzt worden.
Verglichen mit zeitgleichen Gräbern der TBK in Norddeutschland wurden den Toten in Schmerlecke wenig Beigaben mitgegeben. Doch brachten die Ausgräber durchlochte Tierzähne und Hälften von Wildtierunterkiefern, in geringer Anzahl auch Bernstein- und Kupferschmuck, Pfeilspitzen und Feuersteinklingen, Felsgesteingeräte wie Äxte und Beile und Knochengeräte wie Meißel und Pfrieme ans Tageslicht.
Die Funde von Hiddingsen und Schmerlecke finden besondere Berücksichtigung im Rahmen des „Wegs der großen Steine“ der westfälischen Etappe der „European Route of Megalithic Culture“, eines Kulturwegs des Europarats.[1]
Das Galeriegrab von Erwitte-Schmerlecke I
Das heute nicht mehr obertägig sichtbare megalithische Grab lag westlich von Schmerlecke auf dem höchsten Punkt der Feldflur „Hunnenbrink“. Es gehört zu der sogenannten „Soester Gruppe“ der hessisch-westfälischen Megalithik und liegt am nördlichen Rand des Verbreitungsgebiets der Wartberg-Kultur, der es aufgrund der Funde und der Bauweise auch zugeschrieben werden kann. Die Nutzungszeit konnte auf 3500 bzw. 3400 bis 2900 v. Chr. bestimmt werden.
Erstmals entdeckt wurde die Anlage bereits 1880. Zum damaligen Zeitpunkt wurden große Teile des Grabes aufgedeckt und der Großteil der zum Bau verwendeten Kalksteinplatten entfernt oder zertrümmert. Eine genaue Lokalisierung war lange Zeit nicht möglich, bis 2006 und 2007 geophysikalische Messungen sowie Surveys zur Wiederentdeckung des Grabes führten. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die Anlage allerdings noch nicht mit dem 1880 zerstörten Monument gleichgesetzt, sondern für ein neues Grab III gehalten. In den folgenden, langwierigen Ausgrabungen konnte dieser Irrtum jedoch ausgeräumt werden. Das in der Literatur teilweise erwähnte Grab III muss also mit Grab I gleichgesetzt werden.
Die Reste des Galeriegrabs wurden zwischen 2008 und 2013 im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgegraben.[2]
Das Galeriegrab von Erwitte-Schmerlecke II
Das heute nicht mehr obertägig sichtbare megalithische Grab lag westlich von Schmerlecke in der Feldflur „Hunnenbrink“, nur wenige Meter nordöstlich von Grab I. Es gehört somit ebenfalls zur sogenannten „Soester Gruppe“ der hessisch-westfälischen Megalithik und wurde gleichfalls von Trägern der Wartberg-Kultur errichtet. Die Nutzungszeit konnte auf 3500 bzw. 3400 bis 2900 v. Chr. bestimmt werden. Somit waren beide Gräber der Nekropole gleichzeitig in Benutzung.
Erstmals entdeckt und in kleinen Teilen ausgegraben wurde die Anlage im Jahre 1953. Da ihre genaue Lage zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht vermerkt wurde, geriet sie in Vergessenheit. Zur Wiederentdeckung führten schließlich geophysikalische Messungen und Begehungen in den Jahren 2006 und 2007.
Trotz der intensiven ackerbaulichen Nutzung des Areals waren die Reste des Galeriegrabs deutlich besser erhalten, als die des benachbarten Grabes I. Sie wurden zwischen 2008 und 2013 im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgegraben.[3]
Siehe auch
Literatur
- Eva Cichy, Kerstin Schierhold: Von Kollektiv- zu Einzelbestattungen – die Kreisgräben von Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2011 (2012), S. 52–56 (Online).
- Maximilian Gottstein: Befundung jungsteinzeitlicher Zahn- und Kieferfunde aus dem Megalithgrab II von Erwitte-Schmerlecke (Soest) und deren Einordnung in ein Konzept von Ernährung, Mundhygiene und Krankheiten des Craniomandibulärsystems. Ein paläopathologischer Beitrag zur Aufarbeitung des Neolithikums in Westdeutschland. Dissertation, Göttingen 2019 (Online).
- Susan Klingner, Michael Schultz: Erste Ergebnisse zu den anthropologisch-paläopathologischen Untersuchungen der Bestatteten in den Galeriegräbern von Erwitte-Schmerlecke. In: Martin Hinz, Johannes Müller (Hrsg.): Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 2). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2012, ISBN 978-3-7749-3813-7, S. 431–441.
- Susan Klingner, Michael Schultz: Physical strain on megalithic grave builders from Wartberg and Funnel Beaker Culture in Northern Germany – Erwitte-Schmerlecke, Völlinghausen, Calden I, Großenrode II and Rheine. In: Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hrsg.): Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Proceedings of the international conference »Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe« (16th–20th June 2015) in Kiel (= Frühe Monumentalität u. soziale Differenzierung. Band 18/3). Habelt, Bonn 2019, ISBN 978-3-7749-4213-4, S. 1083–1097 (Online).
- Christian Meyer, Kerstin Schierhold: Auf den Hund gekommen – Tierzahnschmuck aus den Gräbern von Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2012 (2013), S. 41–44 (Online).
- Kerstin Schierhold: Studien zur Hessisch-Westfälischen Megalithik. Forschungsstand und -perspektiven im europäischen Kontext (= Münstersche Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie. Band 6). Leidorf, Rahden/Westf. 2012, ISBN 978-3-89646-284-8.
- Kerstin Schierhold: Case study of Erwitte-Schmerlecke, Westphalia. An archaeological contribution to Hessian Westphalian megaliths and their role in early monumentality of the northern European plain. In: Johannes Müller, Martin Hinz, Maria Wunderlich (Hrsg.): Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe. Proceedings of the international conference »Megaliths – Societies – Landscapes. Early Monumentality and Social Differentiation in Neolithic Europe« (16th–20th June 2015) in Kiel (= Frühe Monumentalität u. soziale Differenzierung. Band 18/1). Habelt, Bonn 2019, ISBN 978-3-7749-4213-4, S. 289–318 (Online).
- Kerstin Schierhold et al.: Häuser für die Toten – die spätneolithischen Galeriegräber in Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2010 (2011), S. 35–38 (Online).
- Kerstin Schierhold, Ralf Gleser, Michael Baales: Zur Genese und Struktur der hessisch-westfälischen Megalithik am Beispiel der Soester Gruppe. In: Martin Hinz, Johannes Müller (Hrsg.): Siedlung, Grabenwerk, Großsteingrab. Studien zur Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt der Trichterbechergruppen im nördlichen Mitteleuropa (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 2). Rudolf Habelt Verlag, Bonn 2012, ISBN 978-3-7749-3813-7, S. 411–430.
- Kerstin Schierhold, Norbert Reuther: Frühe Bestattungsriten – Abschluss der Grabungen in Erwitte-Schmerlecke. In: Archäologie in Westfalen-Lippe. 2013 (2014), S. 59–62 (Online).
- Waldtraut Schrickel: Westeuropäische Elemente im neolithischen Grabbau Mitteldeutschlands und die Galeriegräber Westdeutschlands und ihre Inventare (= Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie des Mittelmeer-Kulturraumes. Band 4). Habelt, Bonn 1966.
- Waldtraut Schrickel: Katalog der mitteldeutschen Gräber mit westeuropäischen Elementen und der Galeriegräber Westdeutschlands (= Beiträge zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie des Mittelmeer-Kulturraumes. Band 5). Habelt, Bonn 1966.
- Konstantin Schütz: Ursachen und Häufigkeit der Arthrose und Enthesopathien an den Unterextremitäten der neolithischen Population aus Erwitte-Schmerlecke (Soest, Grab II) – Ein Beitrag zur Rekonstruktion einer neolithischen Population. Dissertation, Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen 2023 (Online).
- Burkard Steinrücken: Untersuchung der Galeriegräber von Soest-Hiddingsen und Beckum-Dalmer auf astronomische Auffälligkeiten. (PDF)
Belege
- ↑ Vera Brieske/Lea Kopner: Galeriegräber der Soester Gruppe: Etappen der Europäischen Kulturstrasse(sic!) Megalithic Routes. In: Soester Zeitschrift, Heft 134, S. 9–18; vgl. auch Blog der Altertumskommission des LWL mit Hinweisen zum Aufbau der Route (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2025. Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., abgerufen am 11. Dezember 2023
- ↑ Das Galeriegrab von Erwitte-Schmerlecke I. Altertumskommission für Westfalen, abgerufen am 27. Juli 2025.
- ↑ Das Galeriegrab von Erwitte-Schmerlecke II. Altertumskommission für Westfalen, abgerufen am 27. Juli 2025.
Weblinks
- Genese und Struktur der hessisch-westfälischen Megalithik am Beispiel der Soester Gruppe
- WWU Münster: Forschungsprojekt „Genese und Struktur der hessisch-westfälischen Megalithik am Beispiel der Soester Gruppe“ im SPP 1400 der DFG: „Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Zur Entstehung und Entwicklung neolithischer Großbauten und erster komplexer Gesellschaften im nördlichen Mitteleuropa“
- The Megalithic Portal: Grab 1, Grab 2, Grab 3
- DFG ScienceTV: DFG ScienceTV Giganten der Steinzeit – 05: Knochenarbeit
Koordinaten: 51° 35′ 44,5″ N, 8° 14′ 13,6″ O