Gabriele Scheler
Gabriele Scheler (geboren 1960 in Göttingen) ist eine deutsch-amerikanische Informatikerin und Neurowissenschaftlerin.
Frühes Leben und Ausbildung
Scheler wuchs in Göttingen auf, als Tochter von Fritz Scheler und Elisabeth Scheler geb. Correns, der Tochter von Carl Wilhelm Correns, der prägenden Einfluss auf seine Enkelin hatte. Sie schloss das Theodor-Heuss-Gymnasium in Göttingen drei Jahre vorzeitig als Jahrgangsbeste im Jahr 1977 ab. Nach einem Jahr an der Eberhard Karls Universität Tübingen wechselte sie an das Institut für Logik und Wissenschaftstheorie der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Sie promovierte 1989 an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Logik und Wissenschaftstheorie bei Godehard Link über ein Prolog-basiertes Sprachinterpretationssystem unter Verwendung eines Fragments des Englischen. Das System nutzte eine mittel-tiefe lexikalische Analyse von Oberflächenlexemen in semantische Primitive, kombiniert mit der Übersetzung von NL-Sätzen in Prädikatenlogik erster Stufe (Horn-Klauseln).[1] 1989-1992 war sie wissenschaftliche Assistentin an der Universität Heidelberg am Institut für Computerlinguistik (Lehrstuhl Prof. Peter Hellwig). Danach hat sie am Max-Planck Institut für Biochemie im Bereich Bioinformatik gearbeitet (Munich Institute for Protein Sequences. MIPS Prof. Mewes), und konnte schliesslich (1993-1998) an das Institut für Informatik der Technischen Universität München (Lehrstuhl Prof. Brauer) wechseln, in die einzige Gruppe, die damals in München bereits Neuroinformatik erforschte.
Karriere
Scheler war eine Pionierin der neuronalen Netzforschung zur linguistischen Phonologie, Semantik und grammatikalischen Kategorien.[2] und Mitherausgeberin des ersten Buches über ML in der NLP.[3] Während ihrer Tätigkeit in der Gruppe von Wilfried Brauer an der Technischen Universität München erhielt sie ein Stipendium der TU und ein 2-jähriges DFG Stipendium im Bereich "Sprache und Neuronale Netze" [3] und arbeitete zusammen mit Sepp Hochreiter.[4] an einem neuen Ansatz zur Klassifikation basierend auf adaptiven Distanzmaßen,[5] der später von Yann LeCun und seiner Gruppe aufgegriffen wurde.[6][7] 1998 wechselte sie an das Salk Institute, wo sie an Themen wie Dopamin und Neuromodulation,[8] neuronaler Synchronisation und neuronaler (intrinsischer) Plastizität arbeitete.[9]
An der UC Berkeley arbeitete sie von 2001 bis 2004[4] mit dem Redwood Neuroscience Institute zusammen. Von 2005 bis 2010 war sie an der Stanford University im Department of Computer Science tätig, wo sie den Biological Modelling Club leitete und regelmäßig Vorträge über Computational Biology hielt. Dies führte zu ihrer Arbeit über Proteinsignalisierung,[10][11][12] zunächst mit David Dill.
Sie erfand eine Methode zur Berechnung von Dosis-Wirkungs-Matrizen in Proteinsignalkaskaden mit Anwendungen in der Medikamentenentwicklung.[13] Seit ihrer Arbeit mit der Carl Correns Foundation nahm sie frühere Arbeiten zu lognormalen Verteilungen neuronaler Frequenzen und synaptischer Stärken aus dem Jahr 2006 wieder auf.[14][15]
Carl Correns Foundation for Mathematical Biology
Scheler ist Mitbegründerin der Carl Correns Foundation for Mathematical Biology,[16] einem gemeinnützigen Institut zur Förderung von Forschung und Wissenschaft auf dem Gebiet der Mathematik in der Biologie. Das Institut wurde 2011 gegründet und nahm 2016 seinen Betrieb auf. Es wurde nach ihrem Urgroßvater Carl Erich Correns benannt, der ein Pionier in der Anwendung mathematischer und statistischer Methoden in der biologischen Forschung war.
Mehrere Forschende wurden von der Carl Correns Foundation gefördert, darunter Arbeiten zu Booleschen neuronalen Netzwerken.[17][18] Mit der Carl Correns Foundation veröffentlichte sie Arbeiten zur symbolischen Abstraktion durch eine Form von lokalistischer Gedächtnisbildung,[19] die einen neuartigen Beitrag[20] zum Feld der neuro-symbolic AI darstellt. Am bedeutendsten ist ihre Pionierarbeit an einer neuen Theorie neuronaler Plastizität („there is room on the inside“), ein wesentlicher Fortschritt zur Hebbschen Theorie der synaptischen Plastizität (LTP/LTD: „Neurons that fire together, wire together“).[21]
Weblinks
- Die Sprache des Gehirns - Zoomposium mit Dr. Gabriele Scheler auf YouTube, Interview, 24. November 2018
Einzelnachweise
- ↑ Gabriele Scheler: LISL - konzeptionelle Repräsentation natürlichsprachlicher Information. Doctoral Dissertation, LMU Munich. 1989 (worldcat.org).
- ↑ Gabriele Scheler: Connectionist, Statistical and Symbolic Approaches to Learning for Natural Language Processing (= Lecture Notes in Computer Science. Band 1040). Springer, 1995, ISBN 978-3-540-60925-4, Generating English plural determiners from semantic representations: A neural network learning approach, S. 61–74, doi:10.1007/3-540-60925-3_38 (englisch, researchgate.net).
- ↑ a b S. Wermter, E. Riloff, G. Scheler (Hrsg.): Connectionist, Statistical, and Symbolic Approaches to Learning for Natural Language Processing (= Lecture Notes in Computer Science. Band 1040). Springer LNCS 1040, 1996, ISBN 978-3-540-60925-4, doi:10.1007/3-540-60925-3 (englisch, springer.com).
- ↑ a b High-Tech Connect: Interview with Dr. Scheler on NeuroAI auf YouTube, 2024 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler: Feature Selection with Exception Handling - An Example from Phonology. 1992 (englisch).
- ↑ Yann LeCun: Learning Similarity Metrics. (PDF) In: nyu.edu. 14. September 2007, abgerufen am 7. Juli 2025 (englisch).
- ↑ S. Chopra, R. Hadsell, Y. Lecun: 2005 IEEE Computer Society Conference on Computer Vision and Pattern Recognition (CVPR’05). Band 1, 2005, ISBN 0-7695-2372-2, Learning a Similarity Metric Discriminatively, with Application to Face Verification, S. 539–546, doi:10.1109/CVPR.2005.202 (englisch, ieee.org).
- ↑ Gabriele Scheler and Johann Schumann: Proceedings of the International Joint Conference on Neural Networks, 2003. Band 1. Proceedings of the International Joint Conference on Neural Networks, 2003, ISBN 0-7803-7898-9, Presynaptic modulation as fast synaptic switching: state-dependent modulation of task performance, S. 218–223, doi:10.1109/IJCNN.2003.1223347, arxiv:cs/0401020 (englisch, ieee.org).
- ↑ Gabriele Scheler: Regulation of neuromodulator receptor efficacy—implications for whole-neuron and synaptic plasticity. In: Progress in Neurobiology. 72. Jahrgang, Nr. 6. Progress in Neurobiology 72(6), 2004, S. 399–415, doi:10.1016/j.pneurobio.2004.03.008, arxiv:q-bio/0401039 (englisch, sciencedirect.com).
- ↑ Gabriele Scheler: Extracellular-to-intracellular signal transfer via G-proteins. 2005, arxiv:q-bio/0503031 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler: Dynamic re-wiring of protein interaction: The case of transactivation. 2006, arxiv:q-bio/0609014.
- ↑ Gabriele Scheler: Transfer functions for protein signal transduction: application to a model of striatal neural plasticity. In: PLOS ONE. 8. Jahrgang, Nr. 2. PLoS One, 8(2), 2013, S. e55762, doi:10.1371/journal.pone.0055762, PMID 23405211, PMC 3565992 (freier Volltext), arxiv:1208.1054, bibcode:2013PLoSO...855762S (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler: Determination of output of biochemical reaction networks. Patent: US 20130246019 A1, 2013 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler and Johann Schumann: Diversity and stability in neuronal output rates. Society for Neuroscience annual Meeting, 2006, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch, 10.13140/RG.2.1.1862.8967).
- ↑ Gabriele Scheler: Logarithmic distributions prove that intrinsic learning is Hebbian. In: F1000Research. 6. Jahrgang. F1000Res, 6:1222, 2017, S. 1222, doi:10.12688/f1000research.12130.2, PMID 29071065 (englisch).
- ↑ Website. In: Carl Correns Foundation for Mathematical Biology. Abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Sergey Nasonov: Design and Analysis of a Novel Boolean Neuron Model. Thesis for Master’s Degree. Technical University of Munich, 2018, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler and Johann Schumann: Boolean analysis of dendritic structure. F1000Posters 2014, 5:552, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler, Martin L Schumann, and Johann Schumann: Localist neural plasticity identified by mutual information. J Comput Neurosci, 2025, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch, 10.1101/658153).
- ↑ Brainwaves Consulting: 'High achiever' neurons carry the brunt of memories. NewsWires, 2024, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Gabriele Scheler: Sketch of a novel approach to a neural model. Januar 2023, arxiv:2209.06865 (englisch).