Günther Balser



Günther Balser (* 29. Dezember 1923 in Neu-Isenburg[1][2] oder Frankfurt am Main[3]; † 2014 in Frankfurt) war ein deutscher Architekt.
Leben
Balser war ein Sohn des Architekten Ernst Balser. Nach dem Abitur war er für dreieinhalb Jahre Kriegsteilnehmer. 1945 wurde Balser aus der Kriegsgefangenschaft entlassen und studierte Archtektur[4] an den Universitäten und Technischen Hochschulen Darmstadt, Karlsruhe, Zürich, Lausanne und Stuttgart.[3] Vier Jahre arbeitete er in einem Büro in Zürich[2] und übernahm 1958 das väterliche Büro. Vorher arbeitete er bereits bei den Projekten Sachsenhäuser Berg und AOK-Verwaltungsgebäude (Aufstockung) mit dem Vater zusammen. Sein Bruder Gerhard Balser (1929–2013) wurde ebenfalls Architekt und gründete 1961 in Frankfurt ein Architekturbüro mit Rolf Schloen und Hubertus von Allwörden.[5]
Günther Balser entwarf einige prägende Bauten der Nachkriegsmoderne, die mittlerweile teilweise unter Denkmalschutz stehen. Briefe von Günther Balser an Ernst May wurden im Germanischen Nationalmuseum archiviert.[6] Das Modell seiner Dresdner Bank Filiale Freiburg befindet sich in der Sammlung des Deutschen Architekturmuseums.[7][8]
Balser war Mitglied im BDA.[1] Er blieb unverheiratet.[2]
Werk
Günther Balser realisierte sakrale Bauten, Hotels, Warenhäuser, Kliniken, Labor- und Forschungsbauten, Schulen, Kindergärten und Bürobauten. Er befasste sich ebenso mit Entwicklungen im Fertigteilbau. Seine Klinik für die Behandlung von Multipler Sklerose in Asbach war die erste Spezialklinik in Europa. Er errichtete das Stadtkrankenhaus Hanau und Teile der Kernforschungsanstalt Jülich. Von ihn stammt das Bürgerhaus Hausen, das Air Center am Frankfurter Hauptbahnhof und Hotels für den Hilton-Konzern in Kairo, Dschidda und Riad. Zu seinen Wohngebäuden gehören luxoriöse Einfamilienhäuser in Kronberg und Neu-Isenburg über die Bungalow- und Terrassenhaussiedlung in Bastenwald (Frankfurt) bis zum Wohnkomplex Sonnenhügel und Sonnenring (Frankfurt).[2]
Wohnhaus Balser
Der Bungalow am südlichen Stadtrand von Frankfurt ist ein Beispiel für die enge Verbindung zwischen Innenräumen und Garten. Erbaut wurde er 1956 in Frankfurt am Main. Die mäandernde Form des Grundrisses und die raumhohen Fenster binden das Haus in die Freiflächen ein. Der als separater Pavillon konstruierte Wohnraum mit dünnem, auskragendem Flachdach ist vollständig verglast und öffnet sich zum südlichen Garten und zum Außenpool.[9]
Haus der SPD
Der Entwurf von Günther Balser für die SPD in Frankfurt setzte sich 1958 bei einem Architekturwettbewerb durch. Das Haupthaus mit vier Geschossen liegt neben dem Sitzungstrakt auf V-Stützen. Die Bauzeit betrug nur ein Jahr. August Zinn und Erich Ollenhauer kamen zur Eröffnung.[10]
Terrassenvillen am Lorettoberg
Auf dem Gelände eines ehemaligen Steinbruchs am Lorettoberg in Freiburg im Breisgau errichtete Balser Villen, die terrassenförmig in den Hang gebaut wurden. Die Steigung des Hangs von bis zu 30 % ermöglichte es, dass die Dächer der unteren Häuser die Terrasse der oberen Häuser bildeten.[2]
Sonnenhügel, Sonnenring
Der Wohnkomplex Sonnenring bestand bei der Eröffnung 1975 aus rund 300 Luxuswohnungen unterschiedlicher Größe, die im Grundriss halbringförmig angeordnet sind. Das Terrassenhaus zeichnet sich durch einen Blick über die Innenstadt Frankfurt aus.[11]
Um den Gebäudekomplex rankt sich der Helaba-Skandal, die Albert Osswald, damals hessischer Ministerpräsident und Verwaltungsratsvorsitzender der Helaba, zum Rücktritt zwang.[12]
Im Grundriss überlappen sich zwei verschieden große Ringsegmente leicht. Der Sockel hat eine Höhe von vier Normalgeschossen und verfügt über einen integrierten Swimmingpool. 16 Stockwerke sind in abnehmender Größe übereinander gestapelt. Die Betonbänder der Balkonbrüstungen verstärken den Eindruck der Halbringform. Das dazu gehörende Hotel ist mit 100 Metern das zweithöchste Gebäude in Sachsenhausen.[11][13] Der Baukomplex, der zwar zur „ungeliebten Moderne“ gehört, verfügt trotz vieler Vorurteile und Vorbehalte über architektonische Qualitäten.[14]
„By building the Sonnenring Günther Balser not only created a residential complex, the building also embodies a vision of living in general, corresponding to the demands of the New Brutalism for a social relevance of the architecture.“
„Mit dem Bau des Sonnenrings schuf Günther Balser nicht nur eine Wohnanlage, sondern verkörpert auch eine Vision des Wohnens im Allgemeinen, die den Ansprüchen des Neuen Brutalismus an eine gesellschaftliche Relevanz der Architektur entspricht.“
Der BDA Hessen nominierte die Wohnbebauung Sonnenring neben dem Baumhaus von Ot Hoffmann und dem Ludwig-Georgs-Gymnasium von Max Taut in der Kategorie „Klassik-Nike“ für die im September 2025 in Erfurt zu vergebenden Nike-Auszeichnungen.[15]
Bauten (Auswahl)
- 1956: Wohnhaus Balser[16]
- 1959: Vorsorgehaus (mit Ernst Balser),[17] Denkmalschutz[18] ⊙
- 1962: Ladenbau Foto-Koch, Kaiserstraße
- 1962: Haus der SPD in Frankfurt[19] ⊙
- 1962–1964: Landratsamt in Dieburg[3]
- 1965/66: Terrassenhaus am Lorettoberg in Freiburg[3] ⊙
- 1965–1967: Multiple-Sklerose-Klinik in Asbach[3] ⊙
- 1967–1968: Lessing-Gymnasium Frankfurt (mit Lothar Menzel und K. Egeli, Keramik-Relief Aufbruch von Ferdinand Lammeyer)[20] ⊙
- 1964: Sparkasse in Hausen[21]
- 1969–1975: Großwohnkomplexe Sonnenhügel, Sonnenring mit Eurotel in Frankfurt-Sachsenhausen[15][22] ⊙
- 1970: Büro- und Geschäftshaus der Dresdner Bank in Freiburg im Breisgau[23] ⊙
- vor 1972: Kindergarten in Eschborn[24] (nach Wettbewerbsgewinn 1960)[25]
Literatur
- Balser, Günther. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 6, Saur, München u. a. 1992, ISBN 3-598-22746-9, S. 514.
- Architektur und Wohnform / Innendekoration 66. Jahrgang, 1957/58, Verlag Alexander Koch, Stuttgart, S. 183 ff.
- Architektur und Wohnform / Innendekoration 70. Jahrgang, 1962, Verlag Alexander Koch, Stuttgart, S. 303–308.
- Kunst 58: 1959/60, S. 419 ff.[3]
Einzelnachweise
- ↑ a b Ulrich Bücholdt: Baader – Bamm | archthek (Register) | Ulrich Bücholdt. In: Baugeschichtliches Personenregister. Abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ a b c d e Balser, Günther. In: German Biographical Archive. De Gruyter Saur, Berlin / Boston 2006.
- ↑ a b c d e f Christoph Mohr: Balser, Günther. In: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon - Internationale Künstlerdatenbank - Online. K. G. Saur, Berlin / New York 2021.
- ↑ Günther Balser. In: Baukunst und Werkform. Vereinigt mit der Zeitschrift "die neue stadt". Monatsschrift für alle Gebiete der Gestaltung. Band 14. Verlag Nürnberger Presse, Nürnberg 1961, S. 552.
- ↑ Balser, Ernst | Frankfurter Personenlexikon. Abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ Archivaliensuche | Katalog Deutsches Kunstarchiv. Deutsches Nationalmuseum, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ ohne Titel - Liste mit Werken von Gerhard und Günther Balser. In: dam-online.de, Deutches Architekturmuseum. 26. Mai 2020, abgerufen am 11. Mai 2025.
- ↑ Luise Rellensmann, Alexander Stumm (Hrsg.): "Architekturen des Engagements: Fünf Ansätze einer Praxis". Die Abrissfrage. Jovis, Berlin / Boston 2025, S. 138–145.
- ↑ Carola Ebert: California dreaming in West German suburbia: modernist bungalow architecture and its middle-class aspirations. In: Christiane Cantouw, Anne Caplan, Elisabeth Timm (Hrsg.): Housing the Family. Jovis, Berlin 2019, ISBN 978-3-86859-543-7, S. 269–272.
- ↑ Ein Haus mit Geschichte › SPD Hessen-Süd. 1. August 2012, abgerufen am 10. Mai 2025 (deutsch).
- ↑ a b Selma Georgi, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz: Sonnenring Residential Complex and Bürotel (today Leonardo Royal Hotel). In: sosbrutalism.org. Abgerufen am 10. Mai 2025 (englisch).
- ↑ Wohnkomplex Sonnenhügel / Sonnenhügel residential complex, Wohnkomplex Sonnenring und Leonardo Royal Hotel / Sonnenring residential complex and Leonardo Royal hotel. In: Hochhausstadt Frankfurt. Bauten und Visionen seit 1945. Philipp Sturm, Peter Cachola Schmal, Deutsches Architekturmuseum, 2014, abgerufen am 11. Mai 2025.
- ↑ Der BDA Hessen nominiert Bauten für „Nike“ und „Klassik-Nike“. Architekturblatt, 16. Januar 2025, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ Terrassenhäuser begehrt wie nie: Doch warum sieht man neue selten? FAZ, 14. Juni 2024, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ a b Ungeliebte Moderne? Der Sonnenring | DAM Online. DAM Deutsches Architekturmuseum, 19. September 2020, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ Günther Balser's 'Bungalow-Haus' ResearchGate, abgerufen am 9. Mai 2025
- ↑ Frankfurter Denkmalschutz: Ein Flugdach, eine Münze und ein gefesselter Germane. In: FAZ. 9. Februar 2024, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ Heike Kaiser: Denkmaltopographie Stadt Frankfurt am Main. Nachträge. Limitierte Sonderauflage (Materialien zum Denkmalschutz in Frankfurt am Main 1). Henrich, Frankfurt am Main 2000, S. 9.
- ↑ SPD Hessen: Ein Haus mit Geschichte
- ↑ db Heft 12/2016 Knicken und Falten
- ↑ Glasforum, Heft 4/1964
- ↑ Schön: Bauten der 70er Jahre in Frankfurt. In: Frankfurter Rundschau. 10. Januar 2019, abgerufen am 10. Mai 2025.
- ↑ Europaviertel Freiburg
- ↑ Walter Meyer-Bohe: Bauten für die Jugend. Stuttgart, A. Koch, 1972, ISBN 978-3-87422-528-1 (archive.org [abgerufen am 10. Mai 2025]).
- ↑ Internet Archive: Bauen + Wohnen. Building and home. Construction et habitation 1960-05: Vol 15 Iss 5. Mai 1960 (archive.org [abgerufen am 10. Mai 2025]).