Francium

Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Francium, Fr, 87
Elementkategorie Alkalimetalle
Gruppe, Periode, Block 1, 7, s
Aussehen unbekannt
CAS-Nummer

7440-73-5

Massenanteil an der Erdhülle 1,3 · 10−18 ppm[1]
Atomar[2]
Atommasse 223,0197 u
Kovalenter Radius 260 pm
Van-der-Waals-Radius 348[3] pm
Elektronenkonfiguration [Rn] 7s1
1. Ionisierungsenergie 4.0727410(11) eV[4]392.96 kJ/mol[5]
2. Ionisierungsenergie 22.4(1,9) eV[4]2160 kJ/mol[5]
3. Ionisierungsenergie 33.5(1,5) eV[4]3230 kJ/mol[5]
4. Ionisierungsenergie 39.1(1,7) eV[4]3770 kJ/mol[5]
5. Ionisierungsenergie 50.0(1,9) eV[4]4820 kJ/mol[5]
Physikalisch[2]
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt 298[6] K (25 °C)
Siedepunkt extrapoliert: 950 K[1] (677 °C)
Verdampfungsenthalpie ca. 65 kJ·mol−1
Schmelzenthalpie ca. 2 kJ·mol−1
Chemisch[2]
Oxidationszustände +1
Normalpotential ca. −2,92 V (Fr+ + e → Fr)
Elektronegativität 0,7 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZA ZE (MeV) ZP
222Fr {syn.} 14,2 min β 2,033 222Ra
223Fr 100 % 21,8 min β 1,149 223Ra
α 5,430 219At
Weitere Isotope siehe Liste der Isotope
Gefahren- und Sicherheitshinweise
Radioaktiv
Radioaktiv
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[7]
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Francium [ˈfrantsi̯ʊm] ist ein radioaktives chemisches Element mit dem Elementsymbol Fr und der Ordnungszahl 87. Das Element ist ein Metall, steht in der 7. Periode, 1. IUPAC-Gruppe (Gruppe der Alkalimetalle) und gehört damit zum s-Block.

Francium besitzt von allen Elementen bis zur Ordnungszahl 103 die in ihrer Gesamtheit instabilsten Isotope. Selbst das langlebigste Francium-Isotop 223Fr besitzt eine Halbwertszeit von nur 21,8 Minuten.[8] Wegen dieser Eigenschaft und des Fehlens einer effizienten Kernreaktion zur Herstellung von Francium (223Fr entsteht in 1 % beim Zerfall von 227Ac) kann es nicht in nennenswerten Mengen hergestellt werden. Francium kann nur als Salz in verdünnten Lösungen und hoch verdünnt als Amalgam studiert werden.[9]

Experimente zeigen, dass Francium ein typisches Alkalimetall ist und seinem leichteren Homologon Caesium sehr ähnlich ist. So ist es in wässriger Lösung positiv einwertig und lässt sich analog zu Caesium in Form schwerlöslicher Salze, z. B. als Perchlorat, Tetraphenylborat und Hexachloroplatinat, ausfällen.[10][11]

Geschichte

1871 sagte Dmitri Iwanowitsch Mendelejew bei seiner Aufstellung des Periodensystems erstmals die Existenz eines Elementes unterhalb des Caesiums voraus, das er systematisch Ekacäsium nannte. Er berechnete das relative Atomgewicht des Elementes auf etwa 175, dies war gegenüber dem späteren Francium auf Grund der noch unklaren Stellung der Lanthanoide zu niedrig angesetzt.[12][13]

Ab Beginn des 20. Jahrhunderts versuchten viele Chemiker, häufig durch die Analyse des caesiumreichen Pollucits, das noch fehlende Element 87 bzw. Eka-Caesium zu entdecken. Hierbei wurde vor allem die Röntgenspektroskopie genutzt. Auch die Radioaktivität von Alkalimetallerzen, die in Wirklichkeit auf der Strahlung des Kaliumisotops 40K beruht, wurde mit Eka-Caesium in Verbindung gebracht. Einige Chemiker vergaben Namen für das von ihnen postulierte Element, so Gerald J. F. Druce und Frederick H. Loring Alkalinium, Dmitri Dobroserdow Russium, Fred Allison Virginium, Horia Hulubei und Yvette Cauchois 1937 Moldavium. Keine dieser Entdeckungen konnte bestätigt werden.[14]

Entdeckt wurde das fehlende Element 1939 von Marguerite Perey am Institut du Radium in Paris. Sie untersuchte den radioaktiven Zerfall des Actiniumisotops 227Ac genauer. Perey reinigte das Actinium, bis keine weiteren strahlenden Elemente enthalten waren und maß dann die β-Strahlung, die das Actinium ausstrahlte. Unerwarteterweise war die β-Strahlung am Anfang nicht messbar und stieg in den ersten beiden Stunden schnell, danach langsam und linear an. Die Halbwertszeit des Zerfalls betrug etwa 20 Minuten. Diese Strahlung konnte nicht vom Actinium kommen, sondern musste von einem unbekannten Tochterisotop stammen. Als sie mit verschiedenen Experimenten ermittelte, um welches Element es sich handeln könnte, stellte Perey fest, dass bei einer Vermischung mit Caesiumperchlorat die Strahlung exponentiell zurückging. Das unbekannte Element musste sich daher wie ein Alkalimetall verhalten, war also sehr wahrscheinlich Element 87.[15][16]

Das neu gefundene Element wurde von Perey zunächst der üblichen Konvention für Zerfallsreihen folgend Actinium-K genannt. 1946 schlug sie in ihrer Doktorarbeit den Namen Francium und das Elementsymbol Fa nach Frankreich vor. Ihren ursprünglichen Vorschlag Catium (aufgrund der elektropositiven Eigenschaften des Elements) verwarf sie, unter anderem da Irène Joliot-Curie eine Assoziation mit dem englischen „cat“ anstelle von „cation“ befürchtete. Der Name Francium wurde akzeptiert, jedoch das Elementsymbol auf Vorschlag von Bertrand Goldschmidt auf Fr geändert.[15][17]

Francium war das letzte Element, das in natürlichen Stoffen gefunden wurde und nicht zuerst synthetisch hergestellt wurde.[17]

Eigenschaften

Die physikalischen Eigenschaften sind im Wesentlichen Schätzungen, die durch Extrapolation der Eigenschaften der Alkalimetalle oder durch Modellrechnungen bestimmt wurden. Untersuchungen an kompakten Proben des Metalls oder seiner Verbindungen sind durch die geringen herstellbaren Mengen (wenige Attogramm, ≈10.000 Atome) und die hohe Radioaktivität (Aktivität ist etwa 2-Mio.-mal höher als die der gleichen Menge von 238Pu: sichtbare Mengen würden sofort verdampfen) kaum möglich.

Entgegen der Systematik ist nicht Francium, sondern Caesium das Element mit der geringsten ersten Ionisierungsenergie. Der Grund dafür sind relativistische Effekte.[15]

Sicherheitshinweise

Einstufungen nach der CLP-Verordnung liegen nicht vor, weil diese nur die chemische Gefährlichkeit umfassen und eine völlig untergeordnete Rolle gegenüber den auf der Radioaktivität beruhenden Gefahren spielen. Auch Letzteres gilt nur, wenn es sich um eine dafür relevante Stoffmenge handelt.

Literatur

  • Jean-Pierre Adloff, George B. Kauffman: Francium (Atomic Number 87), the Last Discovered Natural Element, The Chemical Educator, 10(5), 2005, S. 387–394, doi:10.1333/s00897050956a.
  • Eric Scerri: A tale of seven elements, Oxford University Press, Oxford, 2013
Wiktionary: Francium – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Francium – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Harry H. Binder: Lexikon der chemischen Elemente, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 3-7776-0736-3.
  2. Die Werte für die Eigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, aus www.webelements.com (Francium) entnommen.
  3. Manjeera Mantina, Adam C. Chamberlin, Rosendo Valero, Christopher J. Cramer, Donald G. Truhlar: Consistent van der Waals Radii for the Whole Main Group. In: J. Phys. Chem. A. 2009, 113, S. 5806–5812, doi:10.1021/jp8111556.
  4. a b c d e Eintrag zu francium in Kramida, A., Ralchenko, Yu., Reader, J. und NIST ASD Team (2019): NIST Atomic Spectra Database (ver. 5.7.1). Hrsg.: NIST, Gaithersburg, MD. doi:10.18434/T4W30F (physics.nist.gov/asd). Abgerufen am 13. Juni 2020.
  5. a b c d e Eintrag zu francium bei WebElements, www.webelements.com, abgerufen am 13. Juni 2020.
  6. V. V. Oshchapovskii: A new method of calculation of the melting temperatures of crystals of Group 1A metal halides and francium metal. In: Russian Journal of Inorganic Chemistry. 59, 2014, S. 561–567, doi:10.1134/S0036023614060163.
  7. Die von der Radioaktivität ausgehenden Gefahren gehören nicht zu den einzustufenden Eigenschaften nach der GHS-Kennzeichnung. In Bezug auf weitere Gefahren wurde dieses Element entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  8. William M. Haynes: CRC Handbook of Chemistry and Physics, 96th Edition. CRC Press, 2015, ISBN 978-1-4822-6097-7, S. 14 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Earl K. Hyde: The Radiochemistry of Francium. National Academies, 1960, S. 3 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. John Emsley: Nature's Building Blocks An A–Z Guide to the Elements. OUP Oxford, 2011, ISBN 978-0-19-960563-7, S. 186 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. R. K. Sharma: Chemistry of Chemical Bonding. Discovery Publishing House, 2007, ISBN 978-81-8356-224-9, S. 310 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. Dmitri Mendelejew: Die periodische Gesetzmäßigkeit der chemischen Elemente. (übersetzt von Felix Wreden) In: Liebigs Annalen. 8. Supplementband, 1871, S. 133-239 (genauer S. 196-197, Online in der HathiTrust digital library).
  13. Philip Stewart: Mendeleev’s predictions: success and failure. In: Foundations of Chemistry. 2018, Band 21, Nummer 1, S. 3–9 doi:10.1007/s10698-018-9312-0.
  14. Marco Fontani, Mariagrazia Costa, Mary Virginia Orna: The Lost Elements. Oxford University Press, 2015, ISBN 978-0-19-938334-4, S. 321–325.
  15. a b c Jean-Pierre Adloff, George B. Kauffman: Francium (Atomic Number 87), the Last Discovered Natural Element. In: The Chemical Educator. Band 10, Nr. 5, 2005, S. 387-394, doi:10.1333/s00897050956a (online im Internet Archive).
  16. Marguerite Perey: Sur un élément 87, dérivé de l'actinium. In: Comptes Rendus. 208, 1939, S. 97-99 (Digitalisat auf Gallica).
  17. a b Paweł Miśkowiec: Name game: the naming history of the chemical elements—part 3—rivalry of scientists in the twentieth and twenty-first centuries. In: Foundations of Chemistry. 2022, Band 25, Nummer 2, S. 235–251 doi:10.1007/s10698-022-09452-9.