Flugsicherungsingenieur
Der Flugsicherungsingenieur ist ein Spezialberuf in der operativen Flugsicherung bei der Bundesanstalt Für Flugsicherung (BFS) vom 23. März 1953 bis zum 1. Januar 1993 sowie ab dem 1. Januar 1993 bei der Deutschen FlugSicherungs GmbH (DFS). Aufgabe der Flugsicherungsingenieure und Flugsicherungstechniker ist die Bereitstellung, Inbetriebhaltung und Überwachung technischer Systeme für die Flugverkehrskontrolle und Flugdatenbearbeitung. Hierzu gehören Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb der für die Flugverkehrskontrolle und Flugdurchführung notwendigen Communication-, Navigation- und Surveillance- (CNS) Systeme, als Ausbilder an der Flusicherungsschule (BFS), bzw. derzeit Flugsicherungsakademie der DFS.
Flugsicherungsingenieur bei der BFS
Bei der Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) waren bis Ende 1992 und Übernahme der Aufgaben durch die DFS Flugsicherungsingenieure in der Zentralstelle der BFS (BFS-Z) im Referat II Technik und zum Teil auch im Referat I Betrieb, an Flugsicherungsregionalstelle, Flugsicherungsaußenstellen, an Radaranlagen und bei der gemeinsamen Flugvermessung der BFS und der Bundeswehr oder als Lehrer an der Flug-Sicherung-Schule (FSS) der BFS, ab 1. Januar 1993 Flugsicherungsakademie der DFS, eingesetzt. Unterstützt wurden die Flugsicherungsingenieure durch Techniker mit abgeschlossener technischen Ausbildung und/oder Meistertitel, die dem mittleren Dienst zugeordnet waren.
Voraussetzung für die Einstellung bei der BFS waren ein abgeschlossenes Studium der Elektrotechnik, Nachrichtentechnik oder Informatik an einer Fachhochschule für die Laufbahngruppe des Gehobenen Technischen Dienst (GHT) und einer Universität oder Technischen Hochschule für den höheren technischen Dienst. Erst nach erfolgreichem Durchlaufen der Laufbahnausbildung und der abschließenden Prüfung erfolgte ein Einsatz zur Wahrnehmung von hoheitlichen Aufgaben für die BFS. Es gab jedoch in den Anfangsjahren ab 1953 der BFS nur Einstellungen als Angestellte bei der BFS.
Durch erfolgreichen Abschluss der Laufbahnausbildung gab es keine Einschränkungen für den Einsatz als Flugsicherungsingenieur innerhalb der BFS, oder auch ein Wechsel zu anderen Behörden mit technischen Laufbahnen war möglich, z. B. Bundespost. Anders als bei der DFS musste sich ein Flugsicherungsingenieur nicht erneut bei Wechsel des Tätigkeitsbereiches für eine Aufgabe Zertifizieren, sondern konnte nach erfolgreicher Einarbeitung und Nachweis der notwendigen Befähigung diese Tätigkeit übernehmen.
Flugsicherungsingenieure der BFS betreuten vorwiegend flugsicherungstechnische Systeme, die weitestgehend folgenden Systemen und Aufgaben zugeordnet waren
- Flugsprechfunk- und Peiler-Anlagen, Datenaufzeichnung und Überwachung an Flugsicherungsstellen, Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb
- Flugnavigationsfunkanlagen, und Überwachung an Flugsicherungsstellen, Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb
- PSR-Radarsensoren (Primary Surveillance Radar) und Überwachung an Flugsicherungsstellen, z. B. GRS, SRE-LL, SRE-M, ASR, ASDE, Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb
- SSR-Radarsensoren, (Secondary Surveillance Radar) und Überwachung an Flugsicherungsstellen, sowie Parrots, Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb
- Digitale Radardatenverarbeitung an Radaranlagen, z. B. TRN-86, Beschaffung, Aufbau und Wartung
- Analoge und Digitale Darstellung an Flugsicherungsstellen für den Betriebsdienst, z. B. DERD-MC (Darstellung Extrahierter Radardaten-MiniComputergesteuert), Beschaffung, Aufbau und Wartung
- Flugdatenbearbeitungssysteme, z. B. AFTN (Aeronautical Fixed Telecommunication Network), SVS (Sprach Vermittlung System), Beschaffung, Aufbau, Wartung und Betrieb
- Zentrale Flugvermessung der Flugsprechfunk und Peileranlagen, von Flugnavigationsfunkanlagen und PSR- und SSR-Radarsensoren
Eine kleine Anzahl von Flugsicherungsingenieuren nahm auch (anlassbezogen oder dauerhaft) an der Gremienarbeit von nationalen und internationale Organisationen teil, z. B. bei ICAO, ITU, NATO durch das Frequenzmanagement des Referats I5, Mitarbeit bei Normungsgremien, z. B. ARINC, EUROCAE, RTCA.[1]
Flugsicherungsingenieur bei der DFS
Seit 1. Januar 1993 wurden alle BFS-Flugsicherungs-Ingenieure und -Techniker durch die DFS GmbH übernommen, es erfolgten aber keine weiteren Einstellungen für die Laufbahn des gehobenen und höheren sowie mittleren Flugsicherungtechnischen Dienst. Stattdessen wurden Flugsicherungsingenieure nach von der DFS GmbH neu erstellten Vorgaben eingestellt.
Bei der Deutschen Flugsichrungs GmbH ist für die Einstellung als Flugsicherungsingenieur im Allgemeinen ein abgeschlossenes Studium der Elektrotechnik, Nachrichtentechnik oder Informatik an einer Universität, Fachhochschule, Berufsakademie (BA) bzw. Dualen Hochschule (DH) notwendig, bevor er bei der Flugsicherung gemäß den Bestimmungen der FSPersAV[2] einen sog. Erlaubnislehrgang absolviert und fFlugsicherungs-systemspezifische Berechtigungsprüfungen unter Aufsicht des Bundesaufsichtsamts für Flugsicherung (BAF) ablegt. Wie jeder Fluglotse und Flugdatenbearbeiter muss der Flugsicherungsingenieur regelmäßig seine Kenntnisse nachweisen. Die Regeln für die Ausbildung und den Regelmäßigen Kentnisnachweis sind auch in der EU-Verordnung enthalten.[3] International haben die Flugsicherungsingenieure die englische Bezeichnung „Air Traffic Safety Electronics Personnel“, ATSEP.[4]
Tätigkeitsbereich bei der DFS
Ein Flugsicherungsingenieur betreut flugsicherungstechnische Systeme. Diese Systeme sind in folgende Bereiche unterteilt:
- Kommunikationseinrichtungen
- Flugfunk
- Telefon
- Datenkommunikation zwischen Flugsicherungsstellen
- Notfallsysteme
- Navigationsanlagen
- Drehfunkfeuer (VHF Omnidirectional Radio Range)
- Ungerichtetes Funkfeuer (Non Directional Beacon)
- Instrumentenlandesystem (ILS)
- Distance Measuring Equipment (DME)
- Ground Based Augmentation System (GBAS)
- Radardatengewinnung
- Primärradar, PSR
- Sekundärradar, SSR Mode A,C und S (aktive Kommunikation zwischen Bodenstelle und Flugzeug)
- Wide Area Multilateration (WAM, Auswertung ADS-B Squitter von Mode S fähigen Transpondern)
- Radardatenverarbeitung und -Darstellung
- Flugplandatenverarbeitung und -darstellung
- Unterstützungssysteme wie beispielsweise Short Term Conflict Alert (STCA) und Minimum Safe Altitude Warning (MSAW)
- Wetterdatenaufbereitung und -darstellung
- Datenaufzeichnung und Dokumentation von Flugsprechfunk und Radardaten
Weitere Tätigkeiten umfassen die Entwicklung neuer Systeme (oft gemeinsam mit Herstellern von Funk-, Navigations- oder Radaranlagen oder Software-Firmen) bzw. die dezentrale Unterstützung bei der Entwicklung neuer Systeme. Ferner, die technische Beratung der Flugverkehrskontrolldienste (z. B. als wachhabender Ingenieur in der Flugverkehrskontrollzentrale ("Engineer- on-Duty", EOD)).
Nur zugelassene technische Flugsicherungsprovider kommen für den Flugsicherungsingenieur als mögliche Arbeitgeber in Frage. Da aber das zugrundeliegende Studium ihn für weitere Tätigkeiten qualifiziert, ist eine Tätigkeit außerhalb der Flugsicherung (z. B. bei Herstellern von Funk-, Navigations- oder Radaranlagen oder Software-Firmen) ebenfalls möglich – im Gegensatz zum Fluglotsen, dessen Ausbildung ihn nur und ausschließlich auf seine hochspezialisierte Tätigkeit festlegt, sofern er nicht eine anderweitige Qualifikation erwirbt.
Siehe auch
Weblinks
- DFS Deutsche Flugsicherung GmbH – in Deutschland der Arbeitgeber aller Flugsicherungsingenieure
- GdF Gewerkschaft der Flugsicherung
- IFATSEA (International Federation of Air Traffic Safety Electronics Associations)
- ATCNEA (Verband österreichischer Flugsicherungsingenieure und -Techniker)
Einzelnachweise
- ↑ Laufbahnausbildungsunterlagen für den GHT der BFS der BFS Flugsicherungsschule der Bundesanstalt für Flugsicherung.
- ↑ Verordnung über das erlaubnispflichtige Personal der Flugsicherung und seine Ausbildung (Flugsicherungspersonalausbildungsverordnung – FSPersAV)
- ↑ DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) Nr. 1035/2011 DER EU KOMMISSION zur Festlegung gemeinsamer Anforderungen an die Erbringung von Flugsicherungsdiensten und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 482/2008 und (EU) Nr. 691/2010. In: https://eur-lex.europa.eu. Europäische Union, 17. Oktober 2011, abgerufen am 23. August 2024.
- ↑ Air Traffic Safety Electronics Personnel. In: https://skybrary.aero. EUROCONTROL, abgerufen am 23. August 2024 (englisch).