Dokumentarfilm

Filmaufnahmen zu Der Mann mit der Kamera (1929) von Dsiga Wertow

Dokumentarfilm ist eine Bezeichnung für nichtfiktionale Filme.[1] Es gibt verschiedene Unterformen und verwandte Filmgenres.

Begriffsgeschichte

Die Gattung des Dokumentarfilms wird wissenschaftlich als filmische Beobachtung und Bearbeitung der Wirklichkeit definiert. Der Begriff sollte eine besondere Qualität des Authentischen unterstreichen. Diese stand nicht im Widerspruch zu erkennbar narrativen Überformungen der Wirklichkeit und zu inszenatorischen Eingriffen ins vorhandene „Tatsachenmaterial“. Dokumentarfilmische Authentizität ist vor allem als Rezeptionseffekt und nicht als spezifischer Wirklichkeitseindruck zu begreifen.[1]

An einen Dokumentarfilm wird der Anspruch erhoben, authentisch zu sein. Die Erwartungshaltung des Zuschauers an einen Dokumentarfilm ist anders als die Erwartung an einen Spielfilm. Bei fiktionalen Filmen erwartet der Zuschauer eine ausgedachte Erzählung – bei Dokumentarfilm erwartet der Zuschauer eine Erzählung, die auf der Wirklichkeit basiert.

Bei der Darstellung (Filmprozess) empfangen Filmemacher Zeichen der Wirklichkeit, bei der Vorstellung des Films werden Symbole ausgesendet, die die Wirklichkeit vertreten. Es geht um das filmische Einfangen von realen Menschen, realen Orten und realen Geschichten: Dokumentarfilmer brauchen das Gespür, den Blick für das wahrhaftige und unverwechselbare reale Leben.[2]

Der Filmtheoretiker Thomas Schadt meinte

„Für mich unterliegt ein Dokumentarfilm dramaturgisch ähnlichen Auflagen wie ein Spielfilm. Um den Zuschauer zu erreichen, zu fesseln, um Nähe und Identifikation herzustellen, um bewusst zu machen und nachdrücklich zu wirken, benötigt er ein Thema, einen Plot, eine Geschichte, sowie im dramaturgischen Aufbau eine rationale und/oder emotionale Logik und Motivation.“

Thomas Schadt: Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie des Dokumentarfilms. Dortmund 2002

Und der bedeutende Spielfilmregisseur Sergej Eisenstein schrieb 1925

„Für mich ist es ziemlich egal, mit welchen Mitteln ein Film arbeitet, ob er ein Schauspielerfilm ist mit inszenierten Bildern oder ein Dokumentarfilm. In einem guten Film geht es um die Wahrheit, nicht um die Wirklichkeit.“

Der künstlerische Dokumentarfilm unterscheidet sich formal oft von vielen eher journalistischen dokumentarischen Formaten durch das Fehlen einer allwissenden Kommentarstimme.

Arten des Dokumentarfilms

Es gibt verschiedene Formen von Dokumentarfilmen, die nach der Gestaltung, der Absicht oder dem hauptsächlichen Inhalt unterschieden werden können.

Nach der formalen strukturellen Gestaltung

Es gibt recht unterschiedliche Formen der strukturellen Gestaltung eines Dokumentarfilms

  • Direct Cinema, in den 1960er Jahren in den USA entstanden, der Filmemacher und sein Kamerateam machen sich so wenig präsent wie möglich, es wird nur das Geschehen gefilmt, ohne Eingriffe des Filmteams, die konsequenteste Form wäre die versteckte Kamera oder eine installierte Kamera ohne anwesende Person
  • Cinéma vérité, in den 1960er Jahren entstanden, hier ist der Filmemacher Teil des Geschehens, er lenkt dieses auch bei Bedarf und provoziert sogar mitunter Reaktionen der Beobachteten, die diese eigentlich gar nicht beabsichtigt hatten zu zeigen; wird bei Porträtfilmen oft verwendet
  • Interviewfilm, der überwiegend oder vollständig aus einem Interview mit einer oder mehrerer Personen, häufig nur in einem Raum
  • Inszenierte Dokumentarfilmszenen, bei denen die dargestellten Personen ihre eigenen Alltagshandlungen nachspielen, also zum Beispiel laufen sie auf der Straße, nachdem der Regisseur sie dazu aufgefordert hat; wird in der Gegenwart sehr häufig in Reportagen verwendet
  • Mischformen aus diesen, dazu gehören auch semidokumentarische Filme mit Spielfilmszenen, die keine reinen Dokumentarfilme mehr sind
  • Kompilationsfilm, zusammengestellt aus vorhandenem Archivmaterial, selten in reiner Form vorhanden
  • Experimenteller Dokumentarfilm, als Untergattung des Experimentalfilms, mit ungewöhnlichen Gestaltungselementen

Der Filmkritiker Bill Nichols unterschied diese Formen (mode) des Dokumentarfilms[3]

  • Poetic mode: impressionistische, experimentelle, an der Avantgarde orientierte Form des Dokumentarfilms (Beispielsweise Dsiga Vertov: Der Mann mit der Kamera, 1929)
  • Expository mode: illustrierende, logischen und narrativen Ordnungen folgende Darstellung von sozialen Themen, Aufklärung (Beispielsweise John Grierson: Drifters, 1929)
  • Observational mode: Tradition des direct cinema, reine Beobachtung
  • Reflexive mode: Tradition des cinéma vérité, selbstreflexiver Stil (das Medium reflektiert sich selbst)
  • Performative mode: subjektiv aus der Perspektive des Filmemachers erzählte Filme über die eigene Realität, Selbstversuche (Beispielsweise David wants to fly, 2010, oder Vergiss mein nicht, 2012)

Nach inhaltlichen Kriterien

Dokumentarfilme können verschiedene Inhalte und Absichten haben, die Zuordnungsgrenzen sind dabei fließend

  • Porträtfilm, Darstellung einer Person, Institution, oder ähnlichem
  • Reportage, Darstellung einer Gegend, Situation, eines Ereignisses, oder ähnlichem
  • Dokumentation, Darstellung von historischen Inhalten, mit ausführlicheren Hintergründen
  • Lehrfilm, Darstellung von Sachverhalten aus Naturwissenschaft, Geschichte, Technik oder ähnlichem zur direkten Wissensvermittlung, für Lehranstalten, aber auch für die private Fortbildung oder zur gezielten Information der Bevölkerung durch offizielle Behörden
  • Essayfilm, zurückhaltene, reflektierende, eher philosophische Gestaltung des Films
  • Naturfilm, der überwiegend Tiere, Pflanzen, Landschaften zeigt

Es können auch investigative Dokumentarfilme, Propagandafilme und weitere formale Kriterien wie Kinofilme, Fernsehfilme, Filme auf Streamingplattformen, und weiteres unterschieden werden.

Verwandte Formen

Einige Filme ahmen zwar Dokumentarfilme nach, sind aber reine Spielfilme

  • Doku-Drama, tatsächliche Geschehnisse werden von Schauspielern nachgespielt, meist sehr stark abweichend von den tatsächlichen Einzelheiten
  • Mockumentary ein meist satirisch initiierter vorgetäuschter Dokumentarfilm, der vollständig inszeniert ist
  • Scripted Reality eine vorgetäuschte Dokumentation, die aber nicht parodiert, sondern imitiert[4]

Geschichte

1895–1918

Die ersten bewegten Bilder waren Dokumentarfilme: einzelne Einstellungen, die Momente aus dem Leben auf Film bannten, zuerst Arbeiter verlassen die Lumière-Werke (1895) der französischen Brüder Lumière, kurz danach das Wintergartenprogramm der Brüder Skladanowsky in Berlin.[5] Im frühen Film dominierte die Darstellung von Ereignissen. Vor allem auf Grund technischer Grenzen wurden kaum Geschichten erzählt: Die großen Kameras hatten nur Platz für wenig Filmmaterial.

Der österreichische Ethnograph Rudolf Pöch konnte zwischen 1901 und 1906 wertvolle Aufnahmen der indigenen Völker Neuguineas in Bild und Ton bannen.

Seit 1907 gab es Wochenschauen, zuerst in Frankreich, dann in anderen Ländern, die über wichtige oder interessante Ereignisse aus Gesellschaft und Politik berichteten (Besuch des englischen Königspaares in Berlin am 9.2.1909). Zwischen 1914 und 1918 wurden diese im Ersten Weltkrieg in den verschiedenen Ländern vor allem mit Propagandainhalten gezeigt, einige davon gezielt für das Ausland.[6] In Sowjetrussland wurden nach der Oktoberrevolution von 1917 Wochenschauen vor allem genutzt, die neue gesellschaftliche Entwicklung im Lande zu unterstützen.

1918–1933

Wege zu Kraft und Schönheit (1926), mit Leni Riefenstahl

Im Deutschen Reich entwickelte die UFA um 1919 eine besondere Abteilung, die Kulturfilme produzierte, populärwissenschaftliche Lehrfilme aus Wissenschaft, Natur, Medizin, Literatur und weiteren Themenbereichen, die als Vorfilme zu Spielfilmen im Kino gezeigt wurden.[7] Dabei entstanden auch die ersten längeren deutschen Dokumentarfilme wie Das Wunder des Schneeschuhs (1921) von Arnold Fanck, als weltweit erster Dokumentarfilm in Spielfilmlänge[8], der sehr freizügige Wege zu Kraft und Schönheit (1926) von Wilhelm Prager und der Evolutionsfilm Natur und Liebe (1927).

In den USA produzierte Robert J. Flaherty den abendfüllenden ethnographischen Film Nanuk, der Eskimo (1922), der allerdings viele inszenierte Szenen enthält, einige sogar bewusst vom Regisseur naturalisiert, so musste der Hauptdarsteller traditionelle Jagdgeräte verwenden, obwohl er ein Gewehr besaß. [9]

Seit Mitte der 1920er Jahre entstanden in mehreren europäischen Ländern einige innovative künstlerisch sehr hochwertige Dokumentarfilme, die das Leben in Großstädten möglichst authentisch darstellen wollten. So zeigte Rien que les heures (1926) von Alberto Cavalcanti einen Tag in Paris, Berlin: Die Sinfonie der Großstadt (1927) von Walter Ruttmann und Markt in Berlin (1929) eindrucksvolle Bilder aus der deutschen Reichshauptstadt.

Szene aus Der Mann mit der Kamera (1929) von Dziga Vertov

Einer Höhepunkt des Dokumentarfilms in dieser Zeit war Der Mann mit der Kamera (1929) von Dsiga Wertow, der mit experimentellen Mitteln verblüffende Bilder schuf und als einer der wichtigsten Dokumentarfilme seiner Art gilt.

In Großbritannien verwendete John Grierson in seinem Film Drifters (1929) über die Heringsfischrrei in der Nordsee vor allem spontane, nicht inszenierte Aufnahmen, da diese das Leben unmittelbarer spiegelten. 1932 beschrieb er seine First Principles of Documentary und verwendete damit erstmals den Begriff documentary für eine bestimmte Art von Filmen. Er begründete die neue Dokumentarfilmbewegung in Großbritannien und Kanada.

Die Einführung von Tonfilmen seit etwa 1930 bot zwar für den Dokumentarfilm neue Möglichkeiten, sie war aber anfangs schwer zu handhaben, da die technische Entwicklung noch nicht besonders weit fortgeschritten war.

1933–1945

Seit 1933 wurden im Deutschen Reich die Kulturfilme zu den verschiedensten Themen weitergeführt.[10] Ihre Anzahl übertraf die der Spielfilme bei weitem. Leni Riefenstahl entwickelte besonders in ihren Dokumentationen Triumph des Willens und Olympia (1936/38) ungwöhnliche Blickperspektiven, die trotz ihrer ideologischen Ausrichtung bis in die Gegenwart als künstlerisch hochwertig eingestuft werden.

Die Wochenschauen wurden in den folgenden Jahren zunehmend ideologischer, während die meisten Kulturfilme durch die Verantwortlichen bewusst unpolitisch gehalten wurden, was von der Bevölkerung sehr geschätzt wurde. Die meisten dieser Filme waren aber aus heutiger Perspektive künstlerisch nicht bedeutend.

Auch in anderen Ländern wurden Dokumentarfilme vermehrt für die Propaganda im Zweiten Weltkrieg genutzt. In den USA schuf Frank Capra mit Why We Fight (1942–1945) eine siebenteilige Filmreihe, die im Auftrag der Regierung das heimische Publikum von der Notwendigkeit überzeugen sollte, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten

1945–1960

1953 schuf der US-Amerikaner James Algar mit Die Wüste lebt einen der erfolgreichsten Tierfilme. Durch seine hohe ästhetische Qualität (Schnitt, Musik) wurde dieser Film zum Ausgangspunkt eines neuen Genres von Tierfilmen, die besonders ein Familienpublikum ansprachen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland waren Tier- und Naturfilme in dieser Zeit die erfolgreichsten und qualitativ hochwertigsten, darunter Kein Platz für wilde Tiere (1956) und Serengeti darf nicht sterben (1959) von Bernhard und Michael Grzimek, der als erster deutscher Dokumentarfilm einen Oscar erhielt. Weitere bekanntere Naturfilmer waren in dieser Zeit die Deutschen Hans Hass und Heinz Sielmann sowie der Franzose Jacques-Yves Cousteau, der mit Lichter unter Wasser (1952) als einer der ersten einen Film mit Unterwasseraufnahmen machte.

Die Filme in den westdeutschen Wochenschauen wurden von der Regierung Adenauer kontrolliert und beeinflusst. In vielen Ländern entstanden in dieser Zeit mit der Gründung vion Fernsehanstalten (in der BRD 1952) eine Konkurrenz zum Kinofilm, deren Bedeutung in den folgenden Jahrzehnten weiter zunahm.

1960–2000

1960 entwickelte sich in Frankreich die Richtung des cinéma vérité, vor allem mit dem Film Chronique d’un été von Jean Rouch. Bei dieser ist das Filmteam Teil des Geschehens, das aufgenommen wird, und beeinflusst dieses gegebenenfalls auch durch sein Verhalten.

Im gleichen Jahr entwickelte sich in den USA die Richtung des Direct Cinema, die sich dagegen darum bemüht, im Hintergrund zu bleiben, und das Geschehen möglichst unbeeinflusst aufnehmen zu können. Beide Richtungen prägten in den folgenden Jahrzehnten die Gestaltung von Dokumentarfilmen, wobei das aktiv eingrreufende Cinéma verité sich mehr durchsetzte. In dieser Zeit entstanden in vielen westlichen Ländern gesellschaftskritische Filme mit verschiedenen Schwerpunkten.

In der Bundesrepublik Deutschland gehörten Peter Nestler, Eberhard Fechner und Klaus Wildenhahn zu den aktivsten kritischen Dokumentarfilmern. Zu deren Themen gehörten vor allem kritische Alltagsbeschreibungen von einfachen Leuten, sowie das Aufzeigen von gesellschaftlichen Missständen. Einer der bekanntesten Filme aus dieser Zeit war Der Polizeistaatsbesuch (1967) von Roman Brodmann, der den Besuch des persischen Schahs in West-Berlin, die Studentenproteste dagegen sowie die Erschießung von Benno Ohnesorg zum Inhalt hatte. Seit Septemberweizen (1980) von Peter Krieg wurden auch Globalisierungsthemen kritisch beschrieben.

Der argentinische Film La Hora de los hornos (Die Stunde der Hochöfen , 1968) von Octavio Getino und Fernando E. Solanas begründete eine neue Richtung von kapitalismus- und neokolonialismuskritischen Filmen in Lateinamerika und beeinflusste eine ganze Generation von Filmemachern.

Seit 1990 entstanden einige Filme ostdeutscher Filmemacher, die die neuen Möglichkeiten nutzten, über die Gegenwart, die Ereignisse der Jahre 1989/1990 und Aspekte der schwierigen Vergangenheit unbehindert darzustellen.

Seit 2000

Mit dem Film Bowling for Columbine (2002) von Michael Moore, der sehr aktiv die Politik der damaligen US-amerikanischen Regierung krisierte, und der sehr erfolgreich war, stieg das Interesse US-amerikanischer Filmgesellschaften an Dokumentarfilmen. So wurden in den folgenden Jahren einige mit einem großen finanziellen und technischen Aufwand produziert, von denen Fahrenheit 9/11 (2004) ebenfalls von Michael Moore, die Rekordeinnahmen von 227 Millionen Dollar einspielte. Die Themen dieser teuer produzierten Dokumentarfilme sind zumeist Politskandale, gesellschaftliche Katastrophen der jüngeren Vergangenheit und aufwändig gestaltete Naturfilme.

In der Zeit der geschlossenen Kinos 2020/2021 wurden auch einige Dokumentarfilme nur auf der Streamingplattform Netflix sehr erfolgreich gezeigt (Ich bin Celine Dion).

Besondere Dokumentarfilme

Nicht deutschsprachigee Dokumentarfilme

Zu den wichtigsten nichtdeutschsprachigen Dokumentarfilmen gehörten (sehr hohe Zuschauerzahlen oder mindestens zehn Preise oder besondere filmgeschichtliche Bedeutung)[11]

Jahr Titel Regisseur Land Bemerkungen
1895 Arbeiter verlassen die Lumière-Werke Brüder Lumière Frankreich erster öffentlich gezeigter Film weltweit
1922 Nanuk, der Eskimo Robert J. Flaherty USA erster abendfüllender Dokumentarfilm außerhalb Deutschlands, mit nachgespielten Szenen
1926 Nichts als die Zeit Alberto Cavalcanti Frankreich Aufnahmen über einen Tag lang in Paris
1927 Der Mann mit der Kamera Dsiga Wertow UdSSR einer der innovativsten Dokumentarfilme der Filmgeschichte
1929 Drifters John Grierson Großbritannien über Fischfang in der Nordsee, Beginn der Dokumentarfilmbewegung in Großbritannien
1942–1945 Why We Fight Frank Capra USA siebenteilige Propagandareihe durch die US-Regierung für die Unterstützung des Kampfes im Zweiten Weltkrieg, etwa 54 Millionen Zuschauer
1953 Die Wüste lebt, James Algar USA erfolgreichster Tierfilm dieser Zeit
1958 Nacht und Nebel Anatole Dauman Frankreich erster umfassender Dokumentarfilm über Vernichtungslager in Europa
1966 Die schweigende Welt Jacques-Yves Cousteau, Louis Malle Frankreich erster Unterwasserfilm
1968 Die Stunde der Feuer Claudio Getino, Fernando Solanas Argentinien wichtigster Dokumentarfilm in Lateinamerika
1982 Koyaanisqatsi Godfrey Reggio USA nur Landschaften und Städte, ohne gesprochene Texte
1985 Shoah Claude Lanzman Frankreich über Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg
2002 Bowling for Columbine Michael Moore USA gegen Politik der US-Regierung, erfolgreichster Dokumentarfilm zu dieser Zeit
2004 Fahrenheit 9/11 Michael Moore USA über den Anschlag vom 11. September 2001 und dessen Folgen, erfolgreichster Dokumentarfilme zu dieser Zeit
2005 Die Reise der Pinguine Luc Jacquet, Frankreich Naturfilm, vierterfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten
2007 Unsere Erde Alastair Fothergill, Mark Linfield USA an über 200 Orten weltweit, einer der erfolgreichsten Naturfilme
2009 Michael Jackson’s This Is It Kenny Ortega USA erfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten, mit 267 Millionen US-Dollar Einnahmen[12]
2012 Searching for Sugar Man Malik Bendjelloul Schweden, Großbritannien über zwei südafrikanische Fans, die nach einem US-Sänger suchen, etwa 25 Preise
2014 Citizenfour Laura Poitras USA über den Whistleblower Edward Snowden, Oscar und zahlreiche weitere Preise
2014 The Look of Silence Joshua Oppenheimer Dänemark über Massaker in Indonesien 1966/1967, über 40 Preise
2016 Der 13. Ava DuVernay USA über Rassismus und Gefängnisinsassen in den USA, über 20 Preise
2020 Mein Lehrer, der Krake Pippa Ehrlich, James Reed Südafrika über Begegnungen mit einem Oktopus, 20 Preise, darunter Oscar
2023 20 Tage in Mariupol Mstyslaw Tschernow Ukraine unmittelbare Darstellung des Beginns des Krieges in der Stadt mit vielen Zerstörungen; etwa 30 Preise
2024 All That Breathes Shaunak Sen Indien über zwei junge Menschen in Neu Delhi, die verletzte Vögel einsammeln, etwa 20 Preise
2024 No Other Land Palästina, Norwegen über den Alltag in Palästina, Oscar und über 20 Preise

Deutschsprachigee Dokumentarfilme

Zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dokumentarfilmen gehören[13][14]

Jahr Titel Regisseur Land Bemerkungen
1895 Wintergartenprogramm Max Skladanowsky Deutsches Reich erste öffentlich aufgeführte Filme im Deutschland
1926 Wege zu Kraft und Schönheit Wilhelm Prager Deutsches Reich Plädoyer für gesunde körperliche Bewegung, zweitwichtigster Dokumentarfilm der Weimarer Republik
1927 Berlin – Die Sinfonie der Großstadt Walter Ruttmann Deutsches Reich Aufnahmen aus Berlin, mit rhythmischer Gestaltung der Bilder, einer der künstlerisch bedeutendsten deutschen Dokumentarfilme überhaupt
1936/38 Olympia Leni Riefenstahl Deutsches Reich mit ungewöhnlicher Blickwinkel und formalen Gestaltungen
1956 Serengeti darf nicht sterben Bernhard und Michael Grzimek BR Deutschland Naturfilm, erster deutscher Dokumentarfilm mit einem Oscar
1961–2007 Die Kinder von Golzow Winfried und Barbara Junge DDR, dann Deutschland Langzeitdokumentation über Bewohner eines Dorfes in der Uckermark
1967 Der Polizeistaatsbesuch Roman Brodmann BR Deutschland über umstrittenen Shahbesuch in West-Berlin, wichtiger gesellschaftskritischer Film in dieser Zeit
1978 Deutschland im Herbst Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge, und acht weitere BR Deutschland über Gesellschaft zur Zeit der RAF
1988 Winter adé Helke Misselwitz DDR ungewöhnlich kritischer Film über Frauen in der DDR
1988 Flüstern und Schreien Dieter Schumann DDR
1999 Buena Vista Social Club Wim Wenders Deutschland über kubanische Band mit über 80-jährigen Musikern, mehrere Preise
2001 Black Box BRD Andreas Veiel Deutschland über RAF, mehrere Preise
2004 Darwin's Alptraum Hubert Sauper Österreich, Frankreich, Belgien über ökologische Katastrophe am Victoria-See in Tansania, über 500.000 Zuschauer, viele Preise
2005 We Feed the World Erwin Wagenhöfer Österreich über Massenproduktion von Nahrungsmitteln, erfolgreichster österreichischer Dokumentarfilm, mit über 800.000 Zuschauern
2008 Let’s Make Money Erwin Wagenhöfer Österreich über internationale Finanzverflechtungen, über 330.000 Zuschauer
2011 Taste the Waste Valentin Thun Deutschland über Lebensmittelverschwendung, zehn Preise
2012 More than Honey Markus Imhof Schweiz über Bienensterben , erfolgreichster Schweizer Dokumentarfilm
2024 Die Unbeugsamen Torsten Körner Deutschland über westdeutsche Politikerinnen bis 1990, über 150.000 Zuschauer, 37 Wochen im Kino

Dokumentarfilmfestivals und Dokumentarfilmpreise

Festivals

Deutschsprachige

Internationale (Auswahl)

Eine umfassende Liste ist hier abrufbar:[15]

Preise

International

Die wichtigsten internationalen Dokumentarfilmpreise sind der Oscar/Bester Dokumentarfilm, sowie gegebenenfalls bei wichtigen allgemeinen Filmfestivals wie in Cannes oder Venedig. Weitere spezielle Dokumentarfilmpreise sind

Deutschsprachig

Die wichtigsten deutschen Preise für Dokumentarfilme sind der Deutsche Filmpreis/Bester Dokumentarfilm und der Grimme-Preis für Fernsehdokumentationen, in einigen seltenen Fällen auch bei der Berlinale. Daneben vergeben die deutschsprachigen Dokumentarfilmfestivals Preise. Weitere sind

Urheberrecht und Zugangsmöglichkeiten

Dokumentarfilme sind nach § 94 UrhG urheberrechtlich geschützt, bis 50 Jahre nach der ersten Ausstrahlung. Dennoch gab es wiederholt Schwierigkeiten bei der vollen Anerkennung der Schöpfungshöhe.[16][17]

Kopien von Dokumentarfilmen können käuflich erworben oder ausgeliehen werden, einige sind auch für eine begrenzte oder längere Zeit online abrufbar, zum Beispiel in Mediatheken. Daneben gibt es Video-on-Demand-Angebote, bei denen sie gegen eine geringe Gebühr (wie bei der Site DocAlliance) oder völlig kostenlos (wie etwa bei UBUweb) abgerufen werden können.

Literatur

  • Rüdiger Steinmetz, Helfried Spitra (Hrsg.): Dokumentarfilm als „Zeichen der Zeit“. Vom Ansehen der Wirklichkeit im Fernsehen. 2. Auflage. Ölschläger, München 1992, ISBN 3-88295-154-0.
  • Erik Barnouw: Documentary. A History of the Non-Fiction Film. 2. revised edition. Oxford University Press, New York NY u. a. 1993, ISBN 0-19-507898-5 (englisch).
  • John Barnes u. a.: Anfänge des dokumentarischen Films. Stroemfeld, Basel/Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-87877-784-1.
  • Europäisches Dokumentarfilm-Institut (Hrsg.): Texte zum Dokumentarfilm. Vorwerk 8, Berlin seit 1996, ZDB-ID 2240279-2.
  • Eva Hohenberger (Hrsg.): Bilder des Wirklichen. Texte zur Theorie des Dokumentarfilms. (= Texte zum Dokumentarfilm. Band 3). Vorwerk 8, Berlin 1998, ISBN 3-930916-13-4.
  • Peter Zimmermann (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. 3 Bände. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-030031-2.
  • Monika Grassl: Das Wesen des Dokumentarfilms. Möglichkeiten der Dramaturgie und Gestaltung. VDM, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-0104-3.
  • François Niney: Die Wirklichkeit des Dokumentarfilms. 50 Fragen zur Theorie und Praxis des Dokumentarischen. Hrsg. und Übersetzung aus dem Französischen Heinz-B. Heller. Schüren, Marburg 2012, ISBN 978-3-89472-728-4.
  • Matthias Leitner, Daniel Sponsel, Sebastian Sorg (Hrsg.): Der Dokumentarfilm ist tot, es lebe der Dokumentarfilm. Über die Zukunft des dokumentarischen Arbeitens. Schüren, Marburg 2014, ISBN 978-3-89472-822-9.
  • Daniel Sponsel (Hrsg.): Der schöne Schein des Wirklichen: Zur Authentizität im Film. UVK Verlag, Konstanz 2011, ISBN 978-3-86764-019-0.
  • Ingo Kammerer, Matthis Kepser (Hrsg.): Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Schneiderverlag, Hohengehren, ISBN 978-3-8340-1415-3.
  • Olaf Jacobs, Theresa Lorenz: Wissenschaft fürs Fernsehen, Dramaturgie, Gestaltung, Darstellungsformen. Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-02422-2, S. 49–109.
  • Thorolf Lipp: Spielarten des Dokumentarischen. Einführung in Geschichte und Theorie des nonfiktionalen Films. 2., überarbeitete Auflage. Schüren, Marburg 2016, ISBN 978-3-89472-928-8.
  • Bill Nichols: Introduction to Documentary, Bloomington, Ind.: Indiana University Press, 3. Auflage 2017. ISBN 978-0-253-02685-9
  • Ian Aitken (Hrsg.): The Concise Routledge Encyclopedia of the Documentary Film (Paperback), London und New York 2017, ISBN 978-1-138-10784-7, 1096 S.
  • Elisabeth Büttner, Vrääth Öhner und Lena Stölzl: Sichtbar machen. Politiken des Dokumentarfims (Texte zum Dokumentarfilm, hrsg. von der dfi-Dokumentarfilminitiative Band 20). Vorwerk 8, Berlin 2017, ISBN 978-3-940384-96-6.
  • Thomas Bräutigam: Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms. Schüren, Marburg 2019, ISBN 978-3-7410-0322-6.
  • Fahle, Oliver: Theorien des Dokumentarfilms. Zur Einführung. Hamburg, Junius 2020., ISBN 978-3-96060-313-9.
  • Peter Zimmermann: Dokumentarfilm in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung 2022, 398 S., ISBN 978-3-8389-7206-0 PDF
  • Erika Balsom, Hila Peleg und Haus der Kulturen der Welt (Hrsg.): Feminist Worldmaking and the Moving Image, MIT Press, Cambridge, Mass. 2022
  • Jill Godmilow: Kill the Documentary. A Letter to Filmmakers, Students and Scholars, Vorwort von Bill Nichols, Columbia UP, New York 2022, ISBN 978-0-231-20277-0
  • Zeitschriften: Documentary box – (1992–2007), Images documentaires – seit 1990
Commons: Dokumentarfilm – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Dokumentarfilm – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Heinz-B. Heller: Reclams Sachlexikon des Films. Hrsg.: Thomas Koebner. 2. Auflage. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010625-9.
  2. Thomas Schadt: Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie im Dokumentarfilm. Dortmund 2002, S. 21 ff.
  3. Bill Nichols: Introduction to Documentary. Indiana 2001.
  4. Zapp (Memento vom 18. Juni 2010 im Internet Archive), ARD-Sendung vom 9. Juni 2010.
  5. Uli Jung, Martin Loiperdinger (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 1. Kaiserreich (1895–1918). Reclam, Stuttgart 2005 (PDF); detaillierte historische Darstellung, mit wissenschaftlichen Aufsätzen.
  6. Thomas Bräutigam, Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms, Marburg 2019, S. 11; mit kurzer Einführung in die Geschichte des Dokumentarfilms.
  7. Klaus Kreimeier, Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2. Weimarer Republik. Reclam, Stuttgart 2005 (PDF).
  8. Ingo Kammerer, Matthis Kepser: Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Eine Einführung. In: Ingo Kammerer, Matthis Kepser (Hrsg.): Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Schneider Verlag, Hohengehren 2014, ISBN 978-3-8340-1415-3, S. 11–72, hier S. 27, Anm. 19.
  9. Nanuk, der Eskimo. In: cinema.arte.tv. Arte, 2. Dezember 2018, archiviert vom Original am 12. Juni 2018; abgerufen am 2. Dezember 2023.
  10. Kay Hoffmann, Peter Zimmermann (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 3. Drittes Reich (1933–1945). Reclam, Stuttgart 2005 PDF.
  11. Die 50 wichtigsten Dokumentarfilme Die besten 50 Dokumentarfilme. In: Moviepilot, einige dieser Filme waren tatsächlich bedeutend.
  12. List of the highest-grossing documentary films, auf en Wikipedia, mit den einnahmestärksten Dokumentarfilmen aller Zeiten.
  13. Die zehn wichtigsten deutschen Dokumentarfilme. In: Goethe-Institut, von Uli Gaulke, Dokumentarfilmer und Juryvorsitzender.
  14. Thpmas Bräutigam, Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms, Marburg 2019 Auszüge; mit etwa 100 Filmen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg.
  15. Film Festivals – Documentary Film Festival Listings, Announcements, Documentary Film Festival Directories, Films. Abgerufen am 20. Februar 2019.
  16. Thomas Hoeren, Urheberrechtliche Probleme des Dokumentarfilms, in GRUR (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht), 1992, Heft 3, S. 45–50 (PDF).
  17. @1@2Vorlage:Toter Link/www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) KG Berlin, Urteil vom 28. März 2012, Az. 24 U 81/11, Volltext; einige Bildberichte über aktuelle Ereignisse wurden nur als Laufbilder nach § 95 eingestuft.

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