Europameisterschaften im Steherrennen

Die Europameisterschaften im Steherrennen sind ein kontinentaler Wettbewerb im Bahnradsport, der in der Disziplin Steherrennen ausgetragen wird, um den europäischen Titelträger zu ermitteln. Nachdem das Steherrennen als Disziplin anlässlich der Bahnradsport-Weltmeisterschaften 1994 abgeschafft wurde, ist die Europameisterschaft der wichtigste internationale Wettkampf der Steher.

Geschichte

Die ersten Europameisterschaften fanden auf Initiative privater Rennveranstalter statt. 1896 wurde der erste Titelträger ermittelt, es gewann Lucien Lesna. Später übernahm die Union Cycliste Internationale (UCI), der internationale Radsportverband, die Meisterschaft und übertrug die Austragung einzelnen Veranstaltern. 1920 beschloss die UCI auf dem Antwerpener Kongress, die Europameisterschaften abzuschaffen. Im September 1948 wurden von der Vereinigung der Winterbahn-Veranstalter Europameisterschaften neu ins Leben gerufen, die nach einem Konflikt mit der UCI den Namen „Criterium d’Europe“ trugen und inoffiziellen Charakter hatten. Ab 1956 veranstaltete die Union Internationale des Vélodromes (UIV) (ein internationaler Verband der Betreiber von Radrennbahnen und Organisatoren von Profirennen im Bahnradsport) die Meisterschaft. In dieser Zeit fanden die Titelkämpfe überwiegend auf Winterbahnen und zum Teil innerhalb von Sechstagerennen statt. Startberechtigt zu dieser Zeit waren auch außereuropäische Radrennfahrer. In einigen Jahren wurde die Meisterschaft in mehreren Läufen auf verschiedenen Winterbahnen nach einer Punktewertung vergeben. Von 1971 bis 1990 waren die Titelkämpfe dann von der UCI als offizielle Meisterschaften anerkannt. Seit Bestehen der Union Européenne de Cyclisme (UEC) (Europäischer Radsportverband) 1995 richtet dieser die Meisterschaft aus. Seit Ende der 1990er Jahre wurden Steherrennen in immer weniger Ländern veranstaltet, so dass auch die Zahl der Teilnehmer an den Europameisterschaften kleiner wurde. 2019 in Pordenone waren noch Fahrer aus sieben Ländern am Start. Die Distanzen der Meisterschaften betrugen zwischen 70 und 100 Kilometer oder auch ein Stunde. In einigen Jahren wurde der Titel zweimal im Jahr vergeben. Erfolgreichste Fahrer mit jeweils fünf Titeln sind bisher Thaddäus Robl, Adolph Verschueren, Wilfried Peffgen und Dieter Kemper.[1][2][3][4]

Palmarès

Jahr Sieger Zweiter Dritter
1896 FrankreichFrankreich Lucien Lesna Deutsches Reich Paul Mündner FrankreichFrankreich Alphonse Baugé
1897 OsterreichÖsterreich Franz Gerger Belgien Henri Luyten Deutsches Reich Alfred Köcher
1898 FrankreichFrankreich Lucien Lesna Deutsches Reich Wilhelm Struck Deutsches Reich Paul Becker
1899 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Arthur Adalbert Chase Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Albert Edward Walters FrankreichFrankreich Émile Bouhours
1900 NiederlandeNiederlande Piet Dickentman FrankreichFrankreich Constant Huret FrankreichFrankreich Edouard Taylor
1901 Deutsches Reich Thaddäus Robl NiederlandeNiederlande Piet Dickentman Schweiz Fritz Ryser
1902 Deutsches Reich Thaddäus Robl FrankreichFrankreich Henri Contenet Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Jimmy Michael
1903 Deutsches Reich Thaddäus Robl FrankreichFrankreich Paul Dangla NiederlandeNiederlande Piet Dickentman
1904 Deutsches Reich Thaddäus Robl Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Tommy Hall NiederlandeNiederlande Piet Dickentman
1905 FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Thaddäus Robl FrankreichFrankreich Louis Darragon
1906 FrankreichFrankreich Paul Guignard Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Robert Walthour Deutsches Reich Thaddäus Robl
1907 Deutsches Reich Thaddäus Robl NiederlandeNiederlande Piet Dickentman Belgien Arthur Vanderstuyft
1908 Deutsches Reich Arthur Stellbrink FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Peter Günther
1909 FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Albert Schipke Deutsches Reich Thaddäus Robl
1910 Deutsches Reich Fritz Theile Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Robert Walthour Schweiz Fritz Ryser
1911 (1) Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Jimmy Moran FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Willi Mauss
1911 (2) Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Robert Walthour Deutsches Reich Peter Günther Deutsches Reich Richard Scheuermann
1912 FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Peter Günther Deutsches Reich Karl Saldow
1913 Belgien Victor Linart FrankreichFrankreich Paul Guignard Deutsches Reich Gustav Janke
1914 Deutsches Reich Peter Günther Deutsches Reich Jacob Esser
1920 FrankreichFrankreich Georges Sérès sr. FrankreichFrankreich Jules Miquel Belgien Karel Verkeyn
1948–1949 Schweiz Jacques Besson ItalienItalien Elia Frosio Belgien August Meuleman
1950 Schweiz Jacques Besson FrankreichFrankreich Raoul Lesueur ItalienItalien Elia Frosio
1951 FrankreichFrankreich Raoul Lesueur ItalienItalien Elia Frosio NiederlandeNiederlande Cor Bakker
1952 Belgien Adolf Verschueren FrankreichFrankreich Raoul Lesueur Deutschland Erich Bautz
1953 FrankreichFrankreich Roger Queugnet Belgien Adolph Verschueren FrankreichFrankreich Roger Godeau
1954 Belgien Adolph Verschueren Deutschland Horst Holzmann FrankreichFrankreich Guy Bethery
1955 (1) Deutschland Lothar Schiller Belgien Adolph Verschueren Schweiz Jacques Besson
1955 (2) Deutschland Karl-Heinz Marsell Belgien Adolph Verschueren AustralienAustralien Graeme French
1956 Belgien Adolph Verschueren FrankreichFrankreich Roger Godeau AustralienAustralien Graeme French
1957 Deutschland Karl-Heinz Marsell Belgien Paul Depaepe Schweiz Walter Bucher
1959 (1) Belgien Adolph Verschueren SpanienSpanien Guillermo Timoner Deutschland Valentin Petry
1959 (2) Deutschland Karl-Heinz Marsell SpanienSpanien Guillermo Timoner NiederlandeNiederlande Norbert Koch
1961 (1) Belgien Adolph Verschueren NiederlandeNiederlande Wout Wagtmans Deutschland Otto Altweck
1961 (2) Belgien Paul Depaepe FrankreichFrankreich Jean Raynal Deutschland Karl-Heinz Marsell
1963 Belgien Paul Depaepe Deutschland Karl-Heinz Marsell SpanienSpanien Guillermo Timoner
1964 Belgien Paul Depaepe SpanienSpanien Guillermo Timoner Belgien Leo Proost
1965 (1) Belgien Leo Proost NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk ItalienItalien Domenico De Lillo
1965 (2) Belgien Leo Proost Deutschland Ehrenfried Rudolph SpanienSpanien Guillermo Timoner
1967 (1) Deutschland Dieter Kemper Belgien Romain De Loof Deutschland Ehrenfried Rudolph
1967 (2) NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk Deutschland Ehrenfried Rudolph Belgien Romain De Loof
1969 (1) Deutschland Dieter Kemper NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk Deutschland Ehrenfried Rudolph
1969 (2) Deutschland Hennes Junkermann NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk Deutschland Ehrenfried Rudolph
1971 Deutschland Ehrenfried Rudolph Deutschland Dieter Kemper NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk
1972 Deutschland Dieter Kemper Belgien Theo Verschueren NiederlandeNiederlande Jacob Oudkerk
1973 Deutschland Dieter Kemper Belgien Theo Verschueren NiederlandeNiederlande Piet de Wit
1974 NiederlandeNiederlande Cees Stam NiederlandeNiederlande Piet de Wit Belgien Romain De Loof
1975 Deutschland Dieter Kemper NiederlandeNiederlande Cees Stam Deutschland Wilfried Peffgen
1976 (1) NiederlandeNiederlande Cees Stam Deutschland Dieter Kemper NiederlandeNiederlande René Pijnen
1976 (2) Deutschland Wilfried Peffgen Schweiz René Savary ItalienItalien Walter Avogadri
1977 Deutschland Wilfried Peffgen Schweiz René Savary Belgien Willy De Bosscher
1978 Deutschland Wilfried Peffgen Deutschland Horst Schütz NiederlandeNiederlande Martin Venix
1979 Deutschland Wilfried Peffgen Deutschland Horst Schütz NiederlandeNiederlande Martin Venix
1980 Deutschland Wilfried Peffgen Deutschland Horst Schütz NiederlandeNiederlande Martin Venix
1981 Deutschland Horst Schütz NiederlandeNiederlande René Kos Deutschland Wilfried Peffgen
1982 Deutschland Horst Schütz Schweiz Max Hürzeler Deutschland Wilfried Peffgen
1983 Schweiz Max Hürzeler NiederlandeNiederlande Martin Venix ItalienItalien Bruno Vicino
1984 Deutschland Werner Betz Belgien Constant Tourné Deutschland Horst Schütz
1985 Deutschland Werner Betz Schweiz Max Hürzeler ItalienItalien Bruno Vicino
1986 Schweiz Max Hürzeler NiederlandeNiederlande Mathieu Hermans Schweiz Peter Steiger
1987 Schweiz Max Hürzeler Schweiz Peter Steiger Belgien Constant Tourné
1988 AustralienAustralien Danny Clark Belgien Constant Tourné Deutschland Torsten Rellensmann
1989 Deutschland Torsten Rellensmann Deutschland Roland Günther Schweiz Peter Steiger
1990 Deutschland Torsten Rellensmann Schweiz Andrea Bellati Deutschland Roland Günther
1995 Schweiz Arno Küttel Deutschland Carsten Podlesch OsterreichÖsterreich Roland Königshofer
1996 Deutschland Carsten Podlesch Schweiz Richi Rossi Schweiz Roland Königshofer
1997 ItalienItalien Sabino Cannone Schweiz Hanskurt Brand Deutschland Carsten Podlesch
1998 Schweiz Hanskurt Brand NiederlandeNiederlande Ronald Rol NiederlandeNiederlande Patrick Kops
2000 Deutschland Carsten Podlesch Deutschland Stefan Klare ItalienItalien Sabino Cannone
2001 Deutschland Carsten Podlesch ItalienItalien Sabino Cannone Deutschland Stefan Klare
2006 Schweiz Giuseppe Atzeni Deutschland Carsten Podlesch Deutschland Timo Scholz
2007 Deutschland Timo Scholz Deutschland Mario Vonhof Schweiz Peter Jörg
2008 Deutschland Timo Scholz NiederlandeNiederlande Reinier Honig Schweiz Peter Jörg
2009 Schweiz Giuseppe Atzeni Deutschland Mario Vonhof Schweiz Peter Jörg
2010 Schweiz Giuseppe Atzeni NiederlandeNiederlande Patrick Kos NiederlandeNiederlande Bob Stöpler
2011 NiederlandeNiederlande Patrick Kos Schweiz Giuseppe Atzeni Schweiz Mario Birrer
2012 abgebrochen
2013 Schweiz Mario Birrer Deutschland Florian Fernow Schweiz Giuseppe Atzeni
2014 Schweiz Mario Birrer Deutschland Stefan Schäfer NiederlandeNiederlande Patrick Kos
2015 nicht ausgetragen
2016 Deutschland Stefan Schäfer Deutschland Franz Schiewer Schweiz Giuseppe Atzeni
2017 Deutschland Franz Schiewer NiederlandeNiederlande Reinier Honig Deutschland Stefan Schäfer
2018 Deutschland Franz Schiewer NiederlandeNiederlande Reinier Honig Deutschland Daniel Harnisch
2019 NiederlandeNiederlande Reinier Honig Deutschland Christoph Schweizer Deutschland Daniel Harnisch
2020–2021 nicht ausgetragen
2022 FrankreichFrankreich Kévin Fouache Schweiz Giuseppe Atzeni Deutschland Daniel Harnisch
2023 NiederlandeNiederlande Reinier Honig Deutschland Daniel Harnisch Deutschland Robert Retschke
2024 nicht ausgetragen

Siehe auch

Ergebnisse von Steherrennen bei Bahnradsport-Weltmeisterschaften

Einzelnachweise

  1. UEC Track European Championships. Abgerufen am 12. Januar 2025 (englisch).
  2. Cyclisme sur piste - Championnats d'Europe de demi-fond - Palmarès. Abgerufen am 12. Januar 2025 (französisch).
  3. European Stayer Championships - Elite. Abgerufen am 12. Januar 2025.
  4. Fredy Budzinski: Taschen Rad-Welt. Ein radsportliches Lexikon. Verlag der Rad-Welt, Berlin 1911, S. 68.