Europäische Nuklearallianz

Die Europäische Nuklearallianz (französisch Alliance européenne du nucléaire) ist eine Vereinigung von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die sich mit dem Ziel eines verbesserten Klimaschutzes und höherer Versorgungssicherheit auf eine verstärkte Kooperation beim Ausbau der Kernenergie geeinigt haben.
Mitgliedsstaaten sind Belgien, Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Finnland, Frankreich, Ungarn, Italien, Niederlande, Rumänien, Slowenien, Slowakei, Schweden und Polen. Estland hat einen Beobachterstatus und Großbritannien nimmt als Gast an den Gesprächen teil.
Ziele
Als eines der Hauptziele nennt die Allianz die Vollendung der Energiewende ihrer Mitgliedsstaaten, d. h. die Dekarbonisierung der Energieerzeugung in der Europäischen Union durch die Nutzung von Kernenergie als Ergänzung zu Erneuerbaren Energien.[1] Weiter wird eine zuverlässige und kostengünstige Stromversorgung der EU-Bürger angestrebt.[2]
Die Mitgliedsstaaten streben einen Ausbau der EU-weit installierten Leistung von Kernenergie auf 150 GW im Jahr 2050 an. Mit dieser Steigerung von 50 % bzw. 30 bis 45 neuen Reaktoren soll der Anteil von 25 %, den Kernenergie an der Stromerzeugung in der EU momentan hat, auch bei steigendem Bedarf erhalten bleiben.[3]
Die Staaten bekunden zudem die Absicht, bei der Entwicklung und Standardisierung von neuen Reaktoren inkl. kleiner modularer Reaktoren wie den Small Modular Reactor (SMR) zusammenzuarbeiten. Zusammengearbeitet werden soll auch bei der Forschung, Ausbildung, Entwicklung von Sicherheitsstandard und den Themen des Rückbaus sowie des Umgangs mit abgebrannten Brennelementen. Für den Wissensaustausch sollen Austauschprogramme für Techniker und Ingenieure gefördert werden.[3][1]
Geschichte
Im Februar 2023 verabredeten die Energieminister von 11 EU-Mitgliedsstaaten am Rande eines Ministerratstreffens in Stockholm eine verstärkte Zusammenarbeit zur Förderung der Kernenergie. Das Treffen war von Agnès Pannier-Runacher, der französischen Ministerin für die Energiewende, initiiert worden. Neben Frankreich waren Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Finnland, Niederlande, Polen, Rumänien, Slowakei und Slowenien die Erstunterzeichner einer gemeinsamen Deklaration. Auch Schweden nahm an den Gesprächen, trat aufgrund seiner zur Neutralität verpflichtenden EU-Ratspräsidentschaft noch nicht bei.[4] Deutschland, Österreich und Luxemburg äußerten eine Ablehnung des Kernenergieausbaus.[5]
Im März 2023 trat die Gruppe anlässlich eines Treffens des Europäischen Energierats in Brüssel erneut zusammen. Als Gäste erstmals mit dabei die Minister von Italien und Belgien. Gleichzeitig tagte die von der österreichischen Ministerin Leonore Gewessler als Gegenreaktion zur Allianz gegründete Staatengruppe Freunde der Erneuerbaren.[6][7] Gewessler warf der pro-nuklearen Allianz vor, gegen die Interessen der EU zu arbeiten. Nach einem anfänglichen Streit um eine Einladung, konnte Frankreich nach Hinweis auf den hohen Anteil heimischer erneuerbarer Stromerzeugung an späteren Treffen der Erneuerbaren-Allianz teilnehmen.[8]
Bei einem dritten Treffen in Paris im Mai 2023 verabschiedeten die Mitglieder zusammen mit Italien als Beobachter sowie Großbritannien als Gast eine Erklärung mit u. a. der Forderung an die Europäische Kommission, Kernenergie zum Teil der europäischen Energiestrategie zu machen.[9]
Im Februar 2025 wechselte Belgien von seiner Position als Beobachter zu einem regulären Mitglied.[10]
Im Juni 2025 erklärte der italienische Minister für Umwelt und Energiesicherheit Gilberto Pichetto Fratin die Absicht seines Landes der Allianz beizutreten.[11] Kurz darauf bekundete auch der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis die Bereitschaft eines Beitritts, nannte aber kein konkretes Datum. Mitsotakis begründete das Interesse seines Landes mit der These, dass Klimaneutralität ohne Kernenergie unmöglich sei und dass auch der Einsatz in Griechenlands Schiffsflotte zu prüfen sei.[12]
Im Juni 2025 nahm die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) als Beobachterin an einem Treffen teil und zog damit Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners SPD sowie von Vertretern der Grünen auf sich.[13]
Weblinks
- Joint Statement – Erklärung vom Mai 2023 (eng., frz.)
- European Nuclear Alliance Leader’s declaration – Erklärung vom März 2024 (eng., frz.)
Einzelnachweise
- ↑ a b Nuclear power in the European Union. In: The European Institute for International Relations. 4. Juli 2023, abgerufen am 4. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Tracey Honney: Alliance urges EC recognition of nuclear. In: Nuclear Engineering International. 23. Oktober 2024, abgerufen am 4. Juli 2025 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b Nina Hamann: Europäische Atomkraft-Allianz will Kapazität von 150 GW bis 2050. In: Euractiv. 17. Mai 2023, abgerufen am 4. Juli 2025.
- ↑ Tracey Honney: Eleven EU energy ministers champion nuclear energy. In: Nuclear Engineering International. 2. März 2023, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Atomallianz: Elf EU-Länder rufen zu einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie auf. In: Nuklearforum Schweiz. 28. Februar 2023, abgerufen am 4. Juli 2025.
- ↑ Nuclear vs renewables: Two camps clash in Brussels. The European Council for an Energy Efficient Economy (eceee), 30. März 2023, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Christoph Eisenring: Die Kernenergie polarisiert: Der Streit über AKW spaltet Europa in zwei Lager. In: Neue Zürcher Zeitung. 12. Oktober 2023, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 2. Juli 2025]).
- ↑ Europäische Erneuerbaren-Allianz: Frankreich bleibt trotz Streit ein Mitglied. In: www.euractiv.de. 21. Juni 2023 (euractiv.de [abgerufen am 2. Juli 2025]).
- ↑ Monika Dulian: Nuclear energy in the European Union. (PDF; 773 kB) European Parliamentary Research Service, 2023, abgerufen am 3. Juli 2025 (englisch).
- ↑ The Brussels Times: Belgium becomes full member of the Nuclear Alliance. 18. Februar 2025, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Meeting of the Nuclear Alliance in the margin of the Energy Council, June 16, 2025. Government Offices of Sweden, 17. Juni 2025, abgerufen am 2. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Harry Aposporis: Greece to participate in European Nuclear Alliance. In: Balkan Green Energy News. 19. Juni 2025, abgerufen am 5. Juli 2025 (englisch).
- ↑ Jannik Pentz: SPD kritisiert Wirtschaftsministerin Reiches Atom-Treffen. In: tagesschau.de. 17. Juni 2025, abgerufen am 2. Juli 2025.