Eugen Boulanger

Eugen Boulanger (* 9. September 1876 in Bonndorf im Schwarzwald; † 16. Juli 1947 in Mosbach) war von 1912 bis 1923 Stadtbaumeister in Singen und von 1924 bis 1933 Bürgermeister in Mosbach. Er wurde von den Nationalsozialisten aus dem Amt vertrieben und erhielt im November 1945 die Ehrenbürgerwürde von Mosbach.

Leben

Eugen Boulanger war der Sohn des Landgerichtsrats Karl August Boulanger (1843–1890) und kam in früher Jugend aufgrund eines Stellungswechsels des Vaters nach Mosbach, wo er die höhere Bürgerschule besuchte. Nach dem Tod des Vaters 1890 zog die Mutter mit den Kindern nach Karlsruhe. Dort studierte Boulanger an der Technischen Hochschule und wurde 1894[1] Mitglied der Karlsruher Burschenschaft Tulla, damals als A.I.V. Tulla bekannt.[2] 1904 machte er seinen Abschluss als Ingenieur im Bauwesen. 1915 wurde er zum Dr.-Ing. promoviert. Nach seinem Studium war er als Eisenbahnbauingenieur in der deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika, heutiges Tansania und war im Ersten Weltkrieg als Brückenbauingenieur tätig.

Die Stadt Singen beschloss im Jahr 1912 die Einrichtung eines Stadtbauamtes unter Leitung von Stadtbaumeister Eugen Boulanger, der bis in die 1920er-Jahre den Wandel der dörflichen Struktur von Singen mit Entwicklung der Stadtplanung maßgeblich gestaltete. Begleitend wurde bei der Technischen Hochschule in Karlruhe der Professor Karl August Hoepfner mit der Neufassung einer Bauordnung für die Stadt Singen betraut.[3] Um 1921 wurde Boulanger Mitglied im Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung.[4] In Mosbach war Boulanger Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr.[5]

1924 setzte er sich bei der Bürgermeisterwahl in Mosbach gegen sieben andere Kandidaten als Nachfolger des aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr angetretenen Jakob Renz durch. Überregionales Engagement für die Verkehrsinfrastruktur zeigte Boulanger zum Neckarkanal. Am 25. Januar 1926 beschloss der Neckarverkehrsverband den Weiterbau, nachdem sich Boulanger energisch dafür eingesetzt hatte.[6] Im März 1933 wurde er „auf Grund der veränderten politischen Verhältnisse“ seines Amtes enthoben.[7] Die Ausschreibung von Neuwahlen wurde jedoch durch die Nationalsozialisten mehrfach verzögert, die nach der so genannten Machtergreifung vom Januar 1933 bereits die Gleichschaltung der kommunalen Verwaltungen vorantrieben. Nach Absetzung der Badischen Regierung im März 1933 gab Reichskommissar Robert Wagner bekannt, dass die weitere Amtsführung der seitherigen Bürgermeister in Baden unerwünscht sei. Gleichzeitig wurde der örtliche NSDAP-Führer Wilhelm Staab der Gemeindeverwaltung als Staatskommissar beigeordnet, der alsbald den Ratsschreiber Wilhelm Schwarz beurlaubte und auch Boulanger kaltstellte. Boulanger versuchte zwar noch, einen Antrag auf Wiederwahl zu stellen, wurde jedoch regelrecht aus dem Amt vertrieben. Als es schließlich am 10. Juli 1933 im gleichgeschalteten Bürgerausschuss zur Wahl eines neuen Bürgermeisters kam, stimmte der Bürgerausschuss einstimmig für den NSDAP-Favoriten Theophil Lang, einen Parteigenossen aus Adelsheim, der zwei Wochen nach seiner Wahl Robert Wagner zum Ehrenbürger Mosbachs ernannte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die amerikanische Besatzungsmacht Wilhelm Schwarz als kommissarischen Bürgermeister ein. Dieser wollte auch den inzwischen 69-jährigen Boulanger wieder in die Verwaltung holen, was dieser jedoch aus gesundheitlichen Gründen ablehnte. Schwarz entzog in der ersten von ihm geleiteten Gemeinderatssitzung Wagner das Ehrenbürgerrecht, in der zweiten Sitzung vom 9. November 1945 verlieh er es Boulanger.

Eugen Boulanger starb 1947 in Mosbach.[8]

Schriften

  • Die Entwickelung des Weinheimer Allmendwesens mit einem Ausblick auf eine industrielle und städtebauliche Verwertung, (Diss. TH-Karlsruhe), Dell, Weinheim in Baden, 1914 OCLC 258019198
  • Mosbach in Baden, Deutscher Städte-Verlag, Hannover, 1930, OCLC 72487830
  • Mosbach im Elz- und Neckartal, Baden. (727–1927) Ein Führer aus der Vergangenheit in die Gegenwart., Verkehrsausschuß, Mosbach, Mosbach 1927, OCLC 72174989
  • Aus der Praxis einer Industriebahn, in Der Städtische Tiefbau - Zeitschrift für neuzeitlichen Ausbau, technische, gesundheitliche und wirtschaftliche Entwicklung der Städte, 11. Jahrgang 1920

Literatur

  • Karl Heinz Neser: Politisches Leben im Neckar-Odenwald-Kreis. (= Beiträge zur Geschichte des Neckar-Odenwald-Kreises, Band 2. Hrsg. vom Kreisarchiv des Neckar-Odenwald-Kreises) Heidelberg, Stuttgart, Basel 2021, S. 99–101.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 7: Supplement A–K. Winter, Heidelberg 2013, ISBN 978-3-8253-6050-4, S. 129–130.
  • Karl Heinz Neser: Profile der Region: Karl August und Eugen Boulanger. In: Unser Land, Heidelberg 1997, S. 187–188.
  • Karl Heinz Neser: Mosbachs Ehrenbürger Alt-Bürgermeister Dr. Eugen Boulanger (1876–1947). In: Mosbacher Jahresheft 2008, S. 127–131.

Einzelnachweise

  1. Willy Nolte (Hrsg.): Burschenschafter-Stammrolle. Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Burschenschaft nach dem Stande vom Sommer-Semester 1934. Berlin 1934, S. 51.
  2. Otto Wolfsperger: Meine Lebenserinnerungen, Köln Selbstverlag 1973, S. 49
  3. Britta Panzer, Stadtplanung in Singen im 19. und 20. Jahrhundert, in Online – Publikationen des Stadtarchivs Singen Nr. 1, 2017, Seiten 3–11 (Online-PDF).
  4. Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 49. Heft, Lindau i. B. 1921, S. 180. (Online)
  5. Hans Happes, Stefan Müller: Mosbach. Junge alte Fachwerkstadt (Die Reihe Archivbilder). Erfurt 2005, S. 65.
  6. Das untere Neckartal für den Weiterbau am Neckarkanal., in Zeitschrift für Binnenschiffahrt, Heft 2, 1926, Seite 59. (online bei archvive.org)
  7. Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) (1933 (Januar bis März)). 21. März 1933, S. 7, abgerufen am 26. August 2025.
  8. Nachruf in: Rhein-Neckar-Zeitung vom 17. Juli 1947.